WESTLICH

Unfallschilderung:

Herr M. befuhr die V-Straße Richtung Norden auf dem westlichen der beiden vorhandenen Fahrstreifen. An der Einmündung der D-Straße fuhr der Zeuge S. vor ihm auf der als Linksabbiegerspur gekennzeichneten Fahrbahn und beabsichtigte in die D-Straße abzubiegen. Als sich Herr M. nun dem gerade an der Grünlicht zeigenden Lichtzeichenanlage anfahrenden Fahrzeug des Zeugen S. von hinten näherte, scherte er nach links in die Fahrbahn des Gegenverkehrs aus … Es kam zur Kollision der Fahrzeuge, wodurch das Fahrzeug des Herrn M. gegen das vor der Rotlicht zeigenden Lichtzeichenanlage stehende Fahrzeug des Zeugen R. geschleudert wurde, welches seinerseits das dahinter stehende Fahrzeug des Zeugen K. beschädigte.

Natürlich von einem Juristen.

DAS WEBLOG DER VERTEIDIGUNG

Die Online Journalism Review zu einem Trend in der US-Strafverteidigung:

„High-profile defendants have found a new way to temper the media circus and get more control over the spin on their stories: by becoming Web publishers.“

Es gibt sicher Fälle, in denen sogar ein Weblog ein probates Mittel für die Verteidigung sein könnte. Ich überlege nur mal so spontan, welchen Effekt auf die öffentliche Meinung ein Weblog des „Kannibalen von Rotenburg“ und seines Verteidigers haben könnte…

(link gefunden bei Handakte WebLAWg)

UNFREUNDLICH

Das Finanzgericht Gotha hat das Thüringer Arbeitsamt zu bürgerfreundlicherem Verhalten ermahnt. Nachdem einer Mutter zu Unrecht Kindergeld verweigert worden war, lehnte das Amt auch den Widerspruch ab, ohne eine Begründung der Mutter abzuwarten. Die auf Klage entstandenen Anwaltskosten muss es nun tragen (Az.: III 224/03), berichtet beck-aktuell.

Nach Auffassung des Richters muss eine moderne, rechts- und sozialstaatlich orientierte Verwaltung darum bemüht sein, einem Bürger zu seinem Recht zu verhelfen, und dürfe ihm durch eine vorschnelle Entscheidung nicht die Geltendmachung seiner Rechte im Verwaltungsverfahren erschweren.

Das wird das Selbstverständnis vieler Bürokraten schwer erschüttern.

(via Vertretbar.de)

SCHWEISS

Wegen der Blogawards steht vielen Bloggern ja deutlich Schweiß auf der virtuellen Stirn. Oder wie kann man sonst die „Nominiert mich! Nominiert mich!“ – Befehle (wörtliches Zitat!) interpretieren, die einem plötzlich aus jedem zweiten Weblog entgegenblinken?

HALTEN UND PARKEN

Ein Mandant bringt seine Eltern frühmorgens zum Bahnhof. Er will sie nur rauslassen, 2 Koffer aus dem Kofferraum nehmen. Wegen gesundheitlicher Probleme muss auch direkt dort gehalten werden. Ein Parkwächter will partout 1 Euro kassieren – so viel kosten 30 Minuten. Der Mandant weigert sich. Jetzt mahnt die Parkfirma das Geld schriftlich an. Und macht gleich noch 14 Euro Bearbeitungsgebühren geltend.

§ 12 Abs. 2 Straßenverkehrsordnung schreibt vor:

Wer sein Fahrzeug verlässt oder länger als drei Minuten hält, der parkt.

Solange der der Fahrer „jederzeit abfahrbereit“ ist, hat er sein Auto nicht verlassen. Das ist der Fall, weil der Mandant jederzeit hätte losfahren können. Aussteigen allein ist überdies auch wörtlich nicht unbedingt ein „Verlassen“, weil damit die räumliche Trennung zwischen Fahrer und Auto gemeint ist. Verlassen ist also etwas anderes als Aussteigen.

Grundsätzlich hat der Mandant also eher nicht geparkt. Eine andere Frage ist, ob eine private Firma für den von ihr bewirtschafteten Grund etwas anderes vorschreiben kann. Und ob das in Allgemeinen Geschäftsbedingungen möglich ist. Da auf dem Bahnhofsvorplatz die Straßenverkehrsordnung gilt, wird der Betreiber wahrscheinlich Probleme haben, sich auf eventuelle anderslautende Bedingungen zu berufen. Zumindest würde eine solche Klausel ja von der gesetzlichen Unterscheidung zwischen Halten und Parken gravierend abweichen. Sie wäre „überraschend“ und damit unwirksam.

Sollen wir das durchfechten?

ARGH

Ein Anbieter von „Telefon-Erotik“ hat Strafanzeige erstattet. Weil ein Mandant angeblich die Dienstleistungen von Biggi, Samantha und Veronika nicht bezahlt hat.

Jetzt versuchen wir mal, einer deutschen Richterin den Sachverhalt zu vermitteln:

Mein Mandant hat die Karte zwar gekauft. Aber er hat sie an seinen Bruder weitergegeben. Und der sagt, er hätte sie weiter verschenkt.

Wieso verschenkt Ihr Mandant denn sein Handy?

Nicht das Handy, die Karte.

Ja, aber ohne Karte hat das Handy doch keine Telefonnummer.

Doch, mein Mandant hat sich eine Karte mit Vertrag zugelegt. Deshalb hat er die Karte nicht mehr gebraucht und sie seinem Bruder geschenkt. Das alte Handy hat er bei ebay versteigert, weil bei dem Vertrag ein neues dabei war. Und der Bruder hatte auch schon ein Handy. Der brauchte nur die Karte.

Und welche Nummer hatte dann Ihr Mandant?

Eine neue.

Und der Bruder?

Die alte, die auf der verschenkten Karte gespeichert ist.

Aber warum hat Ihr Mandant dann die Karte nicht abgemeldet?

Weil es eine CallYa-Karte ist, die läuft automatisch aus, wenn kein Guthaben mehr drauf gespeichert ist.

Verstehe ich nicht, wenn ich mein Telefon abmelde und eine neue Nummer will, muss ich einen Antrag stellen.

Aber nicht bei einer CallYa-Karte. Die kann man einfach so weitergeben, und dann kann jemand anderes damit telefonieren.

Aber der Name steht doch noch bei der Telefonfirma drin. Ist das kein Beweis dafür, wem die Karte gehört? So wie mir mein Telefon gehört – zumindest, wenn meine Tochter nicht zu Hause ist.

Frau Vorsitzende, das Bundesverwaltungsgericht hat gerade erst entschieden, dass die Telefonfirmen bei Prepaid-Karten die Namen und Adressen der Käufer nicht speichern müssen. Im Übrigen: Wenn ich einen Fön kaufe und für die Garantie meine Adresse angebe, kann ich den Fön auch weiter verkaufen, ohne dass ich die Adresse ändern muss. Bloß weil der Händler meine Adresse hat, muss ich nicht unbedingt der sein, der später den Fön jemanden in die Badewanne wirft.

Also, jetzt wird es mir zu kompliziert. Ich glaube wir hören uns beim nächsten Mal den Bruder als Zeugen an.

Besser is das.

ERFAHRUNGEN

Herr L. vom Mehrzweckbeutel macht schlechte Erfahrungen mit der Justiz:

Nach deutscher Rechtsauffassung handeln Unternehmen immer in direktem finanziellen Interesse. Wenn eines also Dienste für ein anderes leistet, ist immer davon auszugehen dass diese berechnet werden. Falls dem nicht so sein soll, muss der Leistungsempfänger das beweisen. Das heißt im Klartext: Nicht der Kläger muss seinen Anspruch belegen, sondern der Beklagte muss nachweisen dass unentgeltliche Arbeit vereinbart wurde. Kann er dies nicht, weil eben nur mündlich vereinbart wurde, verliert er den Rechtsstreit. So erklärte die Richterin heute und sprach das Urteil.

Fazit:

Allen Lesenden sei hiermit empfohlen, auch bei unentgeltlichen Arbeiten verstärkt auf die Schriftform zu setzen …

Dem schließe ich mich uneingeschränkt an.

DER ARME BRUDER

Gute Frage gestern beim VHS-Vortrag zum Thema Sozialhilferegress:

Mein Bruder ist alkoholkrank. Er bekommt Sozialhilfe. Kann das Sozialamt Geld von mir verlangen?

Unterhaltspflichten gibt es nur zwischen Ehegatten und Verwandten gerader Linie, die unmittelbar voneinander abstammen. Also zwischen Eltern und Kindern, aber ggf. auch zwischen Enkeln und Großeltern. In der Seitenlinie gibt es grundsätzlich keine Unterhaltsansprüche, auch nicht zwischen Geschwistern. Schon gar keine Unterhaltsansprüche gibt es gegenüber der Schwägerschaft.

Ich erzähle das, weil es fast die Hälfte der Kursteilnehmer es zunächst anders gesehen hat.

AUF DEN ERSTEN BLICK

Ein fremdes Landgericht. Sicherheitsschleusen. Personenkontrolle. Der Wachtmeister guckt mich an, winkt mich kommentarlos durch die Plexiglastür.

Eigentlich bedenklich, wenn man dem Klischee so gut genügt.

ICH – AG

Flüche bannen kostet 100 Euro, ein Stück Zauberwurzel dagegen nur 10 Euro. Dass die Polizei die Geschäftsmethoden einer Wahrsagerin auf dem Bonner Weihnachtsmarkt für Betrug hält und gleich die Handschellen klicken lässt, könnte sich als voreilig erweisen. Immerhin dürfte der Beweis des Gegenteils ziemlich schwierig werden. Und wer weiß, vielleicht ist das Ganze sogar eine Ich-AG. Immerhin munkelt man ja schon länger, dass das Arbeitsamt nicht nur Hundefriseure von der Leine lassen kann.

(Quelle: Express)

EIN KÄMPFER

EIN KÄMPFER

Die Formulierung „durchgeknallter Staatsanwalt“ könnte Zeit-Herausgeber Michael Naumann 9000 Euro kosten – und eine Vorstrafe. Der Journalist will aber „für die Meinungsfreiheit“ kämpfen. Deswegen hat er laut Spiegel online Einspruch gegen eine Strafbefehl eingelegt. Verhandelt wird am 19. Januar 2004.

Wenn man den Kontext betrachtet, böte sich eigentlich eine Einstellung an. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Naumanns Verteidiger seinem Mandanten von einer Zahlung an die Staatskasse oder an eine gemeinnützige Organisation abraten würde.

Kleines Problem: Der Staatsanwalt muss zustimmen. Ob man in der Berliner Behörde zu derartigem Großmut neigt, darf allerdings bezweifelt werden.

SCHWARZE LISTE

Wer-zahlt-was-nicht.de soll die „überregionale Warndatei im Internet zur Erfassung offener Forderungen aus gewerblicher Leistung“ sein:

Ziel ist hierbei, die Teilnehmer dieses Dienstes vor Forderungsausfällen zu bewahren, indem diese vor bestimmten Vertragsabschlüssen online Bonitätsauskünfte einholen können.

Ob es besonders schlau ist, sich ausgerechnet mit dem Titel „schwarze Liste“ zu schmücken? Weniger witzig auch der Einfall, jede eingetragene Forderung mit einer Gutschrift zu honorieren. Je mehr man also anschwärzt, desto preiswerter wird die Nutzung der Datenbank.

Privatpersonen werden nach Angaben des Betreibers nicht erfasst.