Mofafahnder rüsten auf

Einsatzbericht eines Polizisten:

„Da ich den Eindruck hatte, dass sich das Tatfahrzeug mit erheblich höherer Geschwindigkeit als 25 km/h genähert hatte, wurde ein HEMO Rollenprüfstand von mir angefordert.“

Das ist ja wohl der Schrecken aller Mofafahrer. In meiner Jugend gab es so was zum Glück noch nicht.

Ich bin ja Arzt

Wichtigwichtig. Eiligeilig. „Ich bin ja Arzt“, sagt mir der Herr auf der Gegenseite. Er könne sich einfach nicht um jeden Kleinkram kümmern. Dazu gehörten definitiv auch die läppischen Forderungen meines Mandanten.

Kann ich mir gut vorstellen, dass er viel zu tun hat. Schon allein wegen der Strafverfahren, die gegen ihn laufen. Die Anzeigen wegen Missbrauchs von Titeln und Berufsbezeichnungen scheinen ihn aber nicht sonderlich zu beeindrucken.

Doppelmord: Anwältin unter Beschuss von Kollegen

Nach dem Doppelmord in Mönchengladbach-Rheydt nehmen örtliche Anwälte den Familienrichter in Schutz. Gleichzeitig geben sie der Anwältin der Opfer eine Mitschuld an dem Vorfall. Die 17 Anwälte haben einen Brief an die Justizbehörden geschrieben. Darin heißt es:

U.E. war eine Rechtsanwältin, die Kenntnis von der Existenz eines Haftbefehls erlangt, verpflichtet, rechtzeitig vor dem familiengerichtlichen Termin StA und Polizei von dem anstehenden Termin zu unterrichten und den zuständigen Familienrichter hiervon in Kenntnis zu setzen.

Zur Rolle des Richters stellen die Anwälte fest:

Die Übergabe eines wie auch immer gearteten Dokumentes erst im Termin (es soll sich lediglich um eine keineswegs vollstreckbare Kopie einer Mitteilung, daß Haftbefehl erlassen worden sei, gehandelt haben) setzte nach hiesigem Dafürhalten den Familienrichter keineswegs in den Stand, Vollstreckungsmaßnahmen einleiten zu können.

Vielmehr blieb ihm lediglich die von ihm auch genutzte Möglichkeit, sich bei der StA zu erkundigen, ob tatsächlich ein Haftbefehl erlassen wurde und dieser aktuell auch in Kraft ist. Da zum fraglichen Zeitpunkt Informationen seitens der StA nicht zu erlangen waren, hatte der Familienrichter keinerlei Handlungsmöglichkeiten.

Woraus sich die Verpflichtung der Anwältin ergeben soll, erklären die Juristen – vorwiegend Fachanwälte für Familienrecht – leider nicht. Tatsächlich gibt es hierfür keine Rechtsnorm. Es gibt auch keine Berufspflicht, den Ermittlungsbehörden bei ihrer Arbeit zu helfen. Nach dem bisherigen Informationsstand ging niemand davon aus, dass der Mann tatsächlich erscheint. Vor diesem Hintergrund bezweifle ich, dass Polizei oder Staatsanwaltschaft überhaupt Beamte zu dem Termin geschickt hätten.

Auch die Vorstellung der Familienrechtsanwälte, zur Verhaftung einer gesuchten Person bedürfe es einer „vollstreckbaren“ Ausfertigung des Haftbefehls, spricht nicht gerade für besondere Kenntnis der Materie. Zur Vollstreckung eines Haftbefehls genügt es, dass dieser sich unterschrieben in der Ermittlungsakte befindet. Im Original muss das Dokument nicht vorliegen.

Der betreffenden Anwältin also Vorwürfe zu machen, ist reichlich neben der Sache. Mehr als dem Richter Bescheid zu geben, nachdem der spätere Täter zum Termin erschien, konnte und musste sie nicht tun.

Nachvollziehbarer sind die Argumente hinsichtlich des Richters. Dieser hat ja bei der Staatsanwaltschaft angerufen und dort offensichtlich keine vernünftige Auskunft erhalten. Ob er dann tatsächlich die Wachtmeister des Amtsgerichts hätte rufen müssen, hängt wohl von der Aussagekraft des „Belegs“ ab, dem ihm die Anwältin für die Existenz des Haftbefehls präsentierte.

So lange der Richter nicht sicher von der Existenz des Haftbefehls wusste, konnte er den Mann schlecht festsetzen lassen. Wäre das zu Unrecht geschehen, wäre er später mit dem Vorwurf der Freiheitsberaubung konfrontiert worden.

Fragwürdig ist das Verhalten der Staatsanwaltschaft. Die Anfrage des Richters wurde nicht beantwortet. Und falls dieser auf die Idee gekommen wäre, bei der Polizei anzurufen, hätte das auch nichts genutzt. Wie sich aus diesem Bericht ergibt, soll der Haftbefehl nicht an die Polizei gemeldet worden sein. Die Beamten hätten also nichts im Fahndungscomputer gefunden.

Rationalisierung mit Bremseffekt

Wäre es ein Einzelfall, Schwamm drüber. Aber was Friedhelm H. in Dormagen erlebt hat, ist so vielen passiert, dass es nicht einmal genaue Zahlen darüber gibt. Am 10. Januar bekam der Dormagener, der die Stadtverwaltung dort vorübergehend vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf verklagt hatte, von der Oberjustizkasse Hamm einen positiven Bescheid. Er bekomme „unaufgefordert“ eine Gerichtsgebühr erstattet. Als die 49,50 Euro Mitte März noch nicht auf seinem Konto waren, fragte er nach: „Wir sind überlastet!“ hieß es in Hamm.

Diesen Zustand bestätigt Behördensprecher Arnd Fiolka: „Wir mussten nach der Zentralisierung der Kassen im Land beim Düsseldorfer Gericht jeden einzelnen Posten abfragen: Kontoinhaber, Kontonummer, Bankleitzahl“. Denn diese Zentralisierung hat es in sich. Zum Kassieren von Justizkosten aber auch zu deren Erstattung hat die Oberjustizkasse Hamm seit Juli vorigen Jahres die Geldgeschäfte aller Verwaltungs-, Sozial- und Finanzgerichte im Lande übertragen bekommen. Den Grund bringt Ralph Neubauer vom Justizministerium auf einen eher abstrakten Nenner: „Es geht um die grundsätzliche Rationalisierung von Arbeitsabläufen“.

Die Folge: Während 14 Mitarbeiter bei der Oberjustizkasse vorher rund 70 000 Vorgänge jährlich erledigt haben, haben im vergangenen Jahr 70 Behördenangehörige an 959 000 Akten gearbeitet. Und mit den verzögerten Überweisungen von Erstattungen auch wohl ein bisschen Geld in die Staatskasse gespült. Auf seinen Hinweis, die Oberjustizkasse Hamm schulde ihm doch noch Zinsen für die zehnwöchige Verspätung, bekam Friedhelm H. in Dormagen die Antwort: „Nein! An einer Arbeitsüberlastung können wir auch nichts ändern!“ (pbd)

Computer-GEZ: Hat sich der Gesetzgeber ausgetrickst?

Auf akademie.de erklärt Dietrich von Hase, wieso die meisten Gewerbetreibenden und Freiberufler auch seit Jahresanfang keinen PC bei der GEZ anmelden müssen. Der Autor verweist auf das Gesetz, wonach die Rundfunkgebühr für einen PC nur anfällt, wenn auf dem gleichen „Grundstück“ noch kein anderes Rundfunkgerät angemeldet ist.

Von Hase erklärt, was nach seiner Meinung unter „Grundstück“ zu verstehen ist: die jeweilige Parzelle. In der Konsequenz bedeute dies, dass für die weitaus meisten Betroffenen, die in mehrfach genutzten Objekten sitzen, keine Gebührenpflicht entsteht. Denn irgendwer – und sei es eine Familie – habe sicher schon ein Rundfunkgerät angemeldet.

Von Hase: „Der Gesetzgeber hat sich hier über den Grundstücksbegriff gewissermaßen selbst ausgetrickst.“

Zum Beitrag auf akademie.de.

Danke fürs Gespräch

Heute war Montagsdemo in Düsseldorf. Motto laut Plakat:

„Weg mit Hartz IV!“

Weil mich einer der Leute am Stand ansprach, habe ich gefragt:

„Okay, aber wovon wollen Sie dann leben?“

Bitte, war nur ein blöder Scherz. Leider war keine Gelegenheit, das klarzustellen. Ich musste weiter, denn für gewisse Schimpfworte haben die Kinder in meiner Begleitung noch ein paar Jährchen Zeit.

Nichts in der Post

Manchmal ist nichts zu machen. Wir erklärten also vor einigen Wochen für den Mandanten, dass er die Forderung anerkennt. Das Gericht konnte ein Anerkenntnisurteil erlassen. Und zwar im schriftlichen Verfahren.

Jetzt die gegnerische Anwältin in der Leitung. Sie warte immer noch auf das Anerkenntnisurteil. Das Gericht habe ihr gesagt, es könne ihr nicht zugestellt werden, denn wir hätten auf die (vorherige) Zustellung an uns nicht reagiert und das Empfangsbekenntnis nicht zurückgesandt.

Dazu kann ich nur sagen: Wir haben bislang kein Urteil erhalten. Würde mich schon interessieren, ob das die Post verbockt hat. Oder ob wir armen Anwälte jetzt tatsächlich schon als Sündenböcke für überlastete Gerichte herhalten müssen.

Wir sind eine Behörde

Der Anrufer stellt sich als Mitarbeiter eines Jugendamtes vor. Seine Behörde sei jetzt Beistand der nichtehelichen Tochter eines Mandanten.

„Im Familienrecht vertrete ich Herrn T. nicht.“

„Ich will ja auch nur seine Adresse wissen. Unsere Briefe kommen zurück.“

„Die Adresse kann ich Ihnen nicht geben.“

„Wieso nicht?“

„Anwaltsgeheimnis. Ohne Einverständnis gebe ich keine persönlichen Daten raus.“

„Wir sind aber eine Behörde. Wir haben einen Auskunftsanspruch.“

„Haben Sie nicht.“

„Ach, meinen Sie?“

„Ja.“

„Gut, dann rufe ich jetzt bei der Anwaltskammer an und beschwere mich. Das ist mir ja noch nie passiert.“

Entweder hat der Gute bisher nur mit wenigen Anwälten telefoniert. Oder die Kollegen haben es nicht so mit dem Datenschutz. Ich tendiere zu Ersterem.

Beherzt gefahndet

Von Mathias Schindler

Wir bei Wikimedia Deutschland sind zwar nicht Betreiber der Wikipedia, helfen aber als Ansprechpartner, so gut wir können.

Neulich rief eine Polizistin eines ostdeutschen Polizeipräsidiums an. Offenbar hat jemand unter falschem Namen Autos in eine Verkaufsseite eingestellt und nun rufen die vermeintlichen Käufer bei der realen Person gleichen Namens an. Mit der IP-Adresse des Einstellers, offenbar von der Verkaufsseite, konnte die Polizistin wenig anfangen. Wohl auch, weil sie selbst keinen Zugang zum Netz hat.

Also rief sie die Auskunft an und fragte nach, wem die IP-Adresse gehört. Die Auskunft (die mit dem Blubb) hat dann einfach nach dieser IP-Adresse Google gefragt und dem PP dann das erste Resultat per FAX geschickt. Erster Google-Treffer war Wikipedia, irgendeine Diskussionsseite der englischsprachigen Wikipedia. Die IP-Adresse ging übrigens in die Niederlande.

Die Wikipedia-Kollegen im Ausland sind, soweit wir wissen, noch auf freiem Fuß.

Below the belt

Morgen beginnt der Mordprozess gegen Phil Spector. Die Verhandlung wird live übertragen und hat damit das Zeug zur dominierenden Seifenoper für die nächsten Monate. Einen guten Anteil daran dürfte auch Spectors Hauptverteidiger haben. Vorausgesetzt, Bruce Cutler ist noch so aggressiv und unberechenbar wie in seinen besten Zeiten.

Insgesamt dreimal hat Cutler Ende der Achtziger mit dafür gesorgt, dass der New Yorker Pate John Gotti sich den Spitznamen „The Teflon Don“ verdiente. Trotz solider Beweislage bescherte Cutler seinem Auftraggeber mehrere Freisprüche. Beim letzten Verfahren wurde Cutler ausgeschlossen, weil er sich angeblich durch Mandate für Gottis „Unternehmen“ in einem Interessenkonflikt befand. Prompt wanderte Gotti wegen des Mordes an seinem Rivalen Paul Castellano lebenslang hinter Gitter, wo er 2002 starb.

John H. Davis beschreibt Cutlers Stil in seiner spannenden Doku Mafia Dynasty:

He dominated the courtroom, upstaging everyone else with his flamboyant, combative style. He was much given to mangling of presecution witnesses, leading them into traps and then hitting them below the belt. And he was particularly adept at influencing jurors by directing improper questions at witnesses. Asking witnesses outrageous questions, which would be strenuously objected to by the prosecution, with the objections always sustained by the judge, the question, though stricken from the court report, nevertheless would remain firmly lodged in the jurors’s minds.

Bericht zum Prozessauftakt