DURCHGEKNALLT II

Beschimpft worden bin ich ja schon schriftlich (vgl. 2. April 2003 „Fachanwalt“). Heute war Kammertermin vor dem Arbeitsgericht. Der Herr Assessor hatte seinen Geschäftsführer mitgebracht. Zwei schneidige Herren, die nicht grüßen und dumm grinsen.

Die Tiraden gingen gleich weiter. Unsere Seite lügt und trägt verletzend vor. Ein Wunder, dass die beiden nicht gleich nach amnesty international gerufen haben.

Die Richterin blieb cool. Ich weigerte mich ganz einfach, überhaupt was zu diesen Dingen zu sagen. Die Beisitzer grinsten; die Referandare auch.

Die Richterin versuchte es nochmal mit einem Vergleichsgespräch. Ich: „Wir sind seit Anfang an vergleichsbereit. Abfindung nach der Faustregel, dann sind die Parteien auseinander.“ Die Richterin greift zum Taschenrechner. „Ich komme auf 3.200,00 Euro.“ Fast schon resignierend wendet sie sich an die Gegenseite: „Ich versuch´s einfach mal, obwohl ich ja weiß, dass sie nein sagen.“

Der Geschäftsführer: „Nein, wir machen das. Ich zahle das Geld, dann verklagen mich wahrscheinlich nochmal ein paar Mitarbeiter und ich kann den Laden gleich zumachen. Ich bin Jahrgang 1940, wir sind ein anderer Schlag, gegen solche Rechtsverdreher“ – er schaut rüber zu mir – „hat das alles doch sowieso keinen Sinn.“

Die Richterin nutzt die Gunst der Sekunde. „Ich protokolliere dann mal schnell den Vergleich.“ Eine Minute später ist der gute Mann festgenagelt. Man merkt richtig, dass er eigentlich von seiner Zusage wieder runter möchte. Aber irgendwie kriegt er nicht mehr die Kurve. Und sein Assessor sitzt da, mit offenem Mund.

Nach dem Vergleich schäumt der Geschäftsführer nochmal wie Henkell Trocken. „Dann lügen sie mal weiter, Herr Strafverteidiger.“ Dann sind beide raus.

Die Richter sitzen noch oben. Sie können ihr Glück nicht fassen. Das war die letzte Sache für heute. Jeder hat mit einem mindestens anderthalbstündigen Gemetzel gerechnet; jetzt ist es nach fünf Minuten vorbei.

Meine Mandantin heult vor Glück. Sie kann das Geld wirklich brauchen. „Auf der Weihnachtsfeier“, erzählt sie mir, „hat der Chef den Assessor noch belobigt. Weil er es immer schafft, dass die Firma keine Abfindungen zahlen muss.“

Na, hoffentlich gab´s heute nachmittag nicht zuviel Haue…