DRUCK

Demnächst wird gegen einen ehemaligen Paketboten verhandelt. Er soll mindestens 200 Pakete unterschlagen haben. Die Staatsanwaltschaft hat in der Anklageschrift unsinnigerweise alle in Frage kommenden Absender als Zeugen benannt. Das sind immerhin 153 Personen.

Bei der Abstimmung des Termins fragt mich der Richter, ob ich Wert auf alle benannten Zeugen lege. Da ich die Akte nicht vor mir liegen habe, sage ich natürlich erstmal „ja“. Am anderen Ende der Leitung wird es still, dann japst er leise. „Wissen sie was, wenn sie das durchziehen, vertage ich die Sache bis in den September. Im August gehe ich nämlich in Rente.“

Ich verzichte also auf die Absender-Zeugen. Weiß sowieso nicht, was der Absender eines Paketes zu einer späteren Unterschlagung sagen soll. Aber schönes Gefühl, dass ich im Prozess auf Vernehmung jedes einzelnen bestehen kann. Zur Not könnte ich ja auch noch ca. 150 Empfänger als Zeugen aufmarschieren lassen.

Würde mich wundern, wenn bei diesen „Druckmitteln“ nicht ein relativ mildes Urteil machbar ist…