VERJUBELT

Bringen sie ihr Geld doch nach Luxemburg. Mit diesem Tipp haben unsere ehrenwerten Banken tausende Familien ins Unglück gestürzt. Denn leider waren die Banker zu doof, die Transaktionen narrensicher zu verschleiern. Findige Steuerfahnder haben nach großen Durchsuchungsaktionen Passwörter und Nummerncodes geknackt und die Querverbindungen zwischen Luxemburg und deutschen Konten hergestellt.

Das Erwachen kommt meist erst, wenn die Steuerfahndung klingelt und einen Durchsuchungsbefehl präsentiert. Wie bei Frau S., einer Mandantin von mir. Deren Eltern hatten eine knappe Million in Lux angelegt. Mitte der Neunziger sind sie verstorben. Frau S. hat das Geld gleich abgeholt. In bar. Die Tausender haben gerade noch in die Handtasche gepasst.

Vor nicht allzu langer Zeit kam Frau S. auch ins Visier der Steuerfahndung. Der Aktenberg ist dort noch lange nicht abgearbeitet. Der zuständige Beamte hatte bei der Durchsuchung schon die Dollarzeichen in den Augen. Schließlich wusste er natürlich schon, dass in den Steuerklärungen von Frau S. Zinserträge nicht auftauchen und auch keine Vermögenssteuer (gab´s bis ca. 1997) angemeldet ist.

Aber Frau S. ist keine Beamtin. Deshalb hat sie das Geld nicht auf die hohe Kante, sondern in den Kleiderschrank gelegt. Um sich zu bedienen wenn ihr der Sinn danach stand. Und das war anscheinend häufig der Fall. Statt Kontoauszügen präsentierte sie Quittungen von Nobelboutiquen, Reisebüros und einem Autohaus mit Spezialgebiet irre Flitzer. Mit den Belegen konnte sie spielend nachweisen, dass sie das Vermögen ihrer Eltern in knapp 2 Jahren – sorry, Frau S. – verjubelt hat.

„Es war eine schöne Zeit“, erinnerte sie sich. „Aber es ist schon lange nichts mehr da, außer meinem Golf und dem Gehalt als kaufmännische Angestellte.“ Ich glaube, sie hat sogar eine Träne aus dem Augenwinkel gewischt.

Die Sache ging dann einige Zeit hin und her. Irgendwie sträubte sich im guten deutschen Beamtenverstand alles gegen die an sich banale Einsicht, dass Geldausgeben weder steuerpflichtig noch strafbar ist. Doch schließlich half alles nichts gegen die Erkenntnis, dass nur arbeitendes Geld steuerliche Auswirkungen hat. Frau S. kam also mit einer lächerlich geringen Nachzahlung davon. Von Bestrafung war schon gar keine Rede mehr.

Neulich treffe ich sie wieder. „Was für ein Glück“, erzählt sie mir, „dass ich diese stinkendreiche Freundin habe. Die lebt in einem irren Luxus.“ Dann schwärmte Frau S. noch davon, dass sie demnächst mal wieder eine Reise in die Südsee macht.

So richtig kann ich diese vagen Andeutungen nicht einordnen. Allerdings gibt es ja auch kein Gesetz, wonach man seinem Anwalt immer die volle Wahrheit erzählen muss…