FESSELND

Gestern mit einem Richter gestritten, ob es erforderlich ist, dass ein 16-jähriger Angeklagter im Gerichtssaal mit Handschellen gefesselt ist. Die Wachtmeister beriefen sich auf einen Laufzettel der Haftanstalt, wonach Fluchtgefahr bestehen soll. Auf die Beanstandung hin mopperte der Richter erst einmal los:

Wenn das Gefängnis so etwas anordnet, haben die schon ihre Gründe. Die sind ja nicht doof. Da muss ein dickes Ding vorgefallen sein. Die Anordnung ist auch immer sorgfältig begründet.

Ich habe darum gebeten, dass die Begründung verlesen wird. Die Wachtmeister kramten in ihren Unterlagen. Auf dem Laufzttel stand aber nur „Gefesselt halten“. Ohne Begründung.

Der Herr Vorsitzende verzog sich grummelnd in sein Zimmer. Er wollte telefonieren. Nach ein paar Minuten kam er wieder und verkündete lapidar:

Die Handschellen können abgenommen werden.

Soviel zur stets sorgfältigen Begründung. Scheint eher, als seien Druckfehler nicht ausgeschlossen.