CHRONISCH

Aus dem Schreiben eines Prozessgegners, der nach einer fast halbstündigen Diskussion die Forderung vor Gericht anerkannt hat und dem wir jetzt die Vollstreckung angedroht haben:

Wie ich erst jetzt erfuhr, habe ich mich, durch Unkenntnis, vor Gericht bereit erklärt, die Forderung zu bezahlen. Ich bin gerade dabei, dieses unrechtmäßige Anerkenntnisurteil anzufechten und für nichtig erklären zu lassen. So lange das nicht geklärt ist, ist eine Vollstreckung unwirksam, wegen laufendes Verfahren.

Ferndiagnose: chronische Unkenntnis, dadurch bedingt massiver Realitätsverlust. Vermutlich unheilbar…

FALSCHE SCHEU

Der andere Law-Blog berichtet von einer neuen (?) Masche der Internetabzocker:

An offenbar zufällig ausgewählte Personen werden Zahlungsaufforderungen versandt. In diesen wird behauptet, man hätte sich auf einer Seite kostenpflichtig aufgehalten und solle das Entgelt zahlen. Auf der Seite findet sich Material, das zumindest hart an der Grenze zur Kinderpornographie rangiert. Offenbar wird hier darauf spekuliert, dass der zur Zahlung Aufgeforderte aus Angst um seinen Ruf in einer gerichtlichen Auseinandersetzung in aller Stille zahlt.

Die Kollegen warnen zu Recht davor, aus falscher Scheu das Geld zu überweisen. Zunächst wird man hierdurch einen Ehrenplatz in der Kundenkartei bekommen und auch künftig solche Post erhalten. Zum anderen ist eine Zahlung später ein ziemlich starkes Indiz dafür, dass an der Sache etwas dran ist. Man kann sich, mit einigem Pech, den Ärger also noch potenzieren.

Ignorieren oder Strafanzeige – das wären meine Verhaltenstipps.

GRENZE

Jurabilis weist auf einen der wichtigsten Sätze hin, den das Bundesverfassungsgericht jemals in eine Entscheidung geschrieben hat (Band 71, 115):

„Der mögliche Wortsinn des Gesetzes markiert die äußerste Grenze zulässiger richterlicher Interpretation.“

Es gibt Richter und (Staats-)Anwälte, die erst festlegen, was nach ihrem Bauchgefühl bei einer Sache rauskommen muss. Und dann nach der „passenden“ Begründung suchen. Dieser schwierigen Spezies steht der Wortlaut des Gesetzes öfter im Weg. Es kann sich also lohnen, die Damen und Herren daran zu erinnern, dass Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Gesetzeskraft haben.

SO TOLL

Ein Rechtsanwalt spielt die beleidigte Leberwurst:

Es ist sicherlich auch wenig hilfreich, dass Ihr Mandant nun versucht, mich beruflich abzuqualifizieren, nachdem er sich früher entgegengesetzt geäußert hat. Ihr Mandant wird Ihnen sicherlich auch mitgeteilt haben, dass ich nicht nur bei der Finanzverwaltung und beim Finanzgericht war, sondern auch bei der Schwerpunkt-Staatsanwaltschaft Wirtschaftskriminalität.

Interessant wäre freilich zu wissen, warum er dort nicht mehr ist.

VORNAMEN

Chenekwahow Tecumseh Migiskau Kioma Ernesto Inti Prithibi Pathar Chajara Majim Henriko Allesandro wollte eine Mutter ihren Sohn nennen. Das Oberlandesgericht lehnte zwölf Namen ab. Mehr als fünf Namen seien eine Belästigung für das Kind. Das Bundesverfassungsgericht segnete, so die FAZ, das Urteil im Grundsatz ab. Allerdings hätte man nach Auffassung der obersten Richter auch auf eine andere Zahl kommen können.

AB UND ZU

Wer gelegentlich Cannabis konsumiert, ist dadurch nicht zwangsläufig ungeeignet zum Autofahren. Das hat das Verwaltungsgericht Braunschweig in einem Eilverfahren entschieden (Aktenzeichen: 6 B 91/04). In dem veröffentlichten Beschluss gaben die Richter einem Kurierfahrer Recht. Dass die Polizei im Fahrzeug des Mannes zwei Mal geringe Mengen Haschisch gefunden habe, sei allein kein Grund ein Drogenscreening anzuordnen und ihm die Fahrerlaubnis zu entziehen.

(Quelle: Anwaltsuchservice)

ANKLAGE

Focus:

Der Frankfurter Polizeivizepräsident Wolfgang Daschner wird angeklagt, weil er dem Entführer und Mörder des Bankierssohns Jakob von Metzler bei einer Vernehmung hatte Gewalt androhen lassen.

Richtig so. Hoffentlich verliert er auch seinen Job. Das wäre bei einer Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr der Fall. Wenn bei Turbo-Rolf Abschreckung wichtig ist, dann gilt das auch hier.

(C) wulkan (www.wulkan-comic.de)

TÜCKEN DES DETAILS

TÜCKEN DES DETAILS

Manche Rechtsgebiete sind tückisch kompliziert. Ein Beispiel: Zwangsversteigerung. Selbst nach dem Zuschlag bleibt es kompliziert. Die Kaufsumme ist nämlich mit 4 % zu verzinsen. Und zwar bis zum sogenannten Verteilungstermin, in dem das Geld spätestens komplett auf dem Konto der Justizkasse sein muss. Wer als Ersteigerer die Zinsen vermeiden will, wird das Geld direkt auf das Konto der Justizkasse zahlen, das ihm vom Gericht mitgeteilt wird.

Hierdurch entfallen aber die Zinsen nicht wie erhofft. Das geht nur, wenn man das Geld förmlich hinterlegt. Die Hinterlegung erfolgt wiederum nur auf Antrag. Der Betrag muss interessanterweise auf ein anderes Konto der Justizkasse eingezahlt werden.

Obwohl das Gericht also in beiden Fällen über das Geld bis zum Verteilungstermin verfügt, kostet der falsche Zahlungsweg 4 % auf den Betrag X (in meinem Fall: 230.000 Euro). Für einen Zeitraum von sechs bis zehn Wochen. Gut, dass ich noch mal bei der freundlichen Rechtspflegerin nachgefragt habe, bevor ich meinem Mandanten einen Rat gegeben habe.

LAW-BLOG

Neben dem law blog gibt es brandneu auch den „Law-Blog“. Die Münchner Rechtsanwälte Arne Trautmann und Dr. Christian Obermaier beschäftigen sich mit „IT, Technologie, IP und Gewerblicher Rechtsschutz“. Ich werde den Law-Blog schon deshalb lesen, weil ich Ahnungsloser jetzt wissen will, was sich hinter IP verbirgt :-)

LUSTISCH

Düsseldorf gähnt wie immer den Motiven der Rosenmontagswagen entgegen.

Um die Spannung zu erhöhen, lässt Narrenchef Günther Pagalies laut NRZ folgendes durchsickern: „Ein Motto ist so heiß, das habe ich mir durch einen Rechtsanwalt absegnen lassen.“

Schwerer Fehler. Wenn ein Anwalt sein o.k. gibt, kann es nicht mehr lustig sein.

STARRSINNIG

Der Politiker Kurt Biedenkopf ist mit einer Klage gegen die DENIC gescheitert. Er wollte die Domain „kurt-biedenkopf.de“ für alle Nutzer – auch gleichen Namens – sperren lassen. Das alles hätte er sich auch sparen können, indem er die schon mal freigeklagte Domain auf seinen Namen registriert. Aber dazu hat Biedenkopf keine Lust, berichtet die FAZ. Die Gründe für den Starrsinn des Politikers erwähnt der Bericht leider nicht.