AUFREGUNG

Aufregung um einen Satz der Bundesjustizministerin. Frau Zypries hatte sich in einem Interview zur Strafbarkeit von Kinderpornografie geäußert. Sie sagte laut Spiegel online, dass „das, was man zum Eigengebrauch hat, nicht so strafwürdig ist, wenn es überhaupt strafwürdig ist, wie das, was man dealt“. Das sei auch vom Rauschgift her bekannt.

Die Reaktion der – teilweise selbsternannten – Opferschützer belegt, dass man mittlerweile von einer echten Hysterie sprechen kann, allerdings nicht auf Seiten der Ministerin. Der Strafrahmen für den Besitz von Kinderpornografie hat sich neulich verdoppelt: auf 2 (!) Jahre. Wenn man in der Praxis erlebt, wie lasch mitunter Leute bestraft werden, die Kinder real betatscht oder noch schlimmer missbraucht haben, ist diese Strafdrohung eine brutale Keule. Die auch geschwungen wird. Da der Besitz meist relativ problemlos nachweisbar ist, wird auch entsprechend hart geurteilt – und so manche Existenz gnadenlos vernichtet.

Im Strafrecht gilt aber nun mal der Grundsatz, dass jeder nach dem Grad seiner Schuld zu bestrafen ist (§ 46 Abs. Strafgesetzbuch). Wer Kinderpornos herstellt, lädt größere Schuld auf sich als derjenige, der sie verkauft. Hersteller und Verkäufer können nach dem neuen Recht bis zu fünf Jahren ins Gefängnis geschickt werden.

Hersteller und Vekäufer tragen wiederum größere Schuld als der, der diese Bilder besitzt. Ich betone, es geht hier nicht um Moral, sondern darum, nicht einfach jedes Augenmaß bei der Schuldfrage zu verlieren. Das ist einer der wesentlichen Punkte, die ein deutsches Strafgericht von einem Hexenprozess unterscheiden.

Ein gewichtiges Argument für die hohe Strafdrohjung ist immer, dass der Besitzer von Kinderpornografie den Markt am Leben hält und deshalb abgeschreckt werden muss. In den nicht gerade wenigen Verfahren, die ich in den letzten Jahren als Verteidiger erlebt habe, ist mir allerdings eines aufgefallen: Bei der harten Pornografie finden sich fast immer die gleichen Bilder oder Filme auf den Festplatten der Verdächtigen. Die meisten Medien sind nachweislich 15, 20 oder sogar schon 30 Jahre alt.

Nur ganz selten spielen Bilder oder Filme eine Rolle, die jüngeren Datums sein könnten. Ich habe natürlich keinen repräsentativen Überblick, aber nach meiner Einschätzung entspringt der florierende Kinderpornomarkt eher dem (Wunsch-)Denken mancher der erwähnten Hysteriker. Kann gut sein, dass sie damit nur ihren eigenen Umsatz in Form von gutgemeinten Spenden erhöhen wollen.

Wer in diesem Bereich etwas Gutes tun will, sollte Organisationen unterstützen, die etwas Vernünftiges gegen realen Missbrauch tun.