DER MISSTRAUISCHE STAAT

Die Republik der Fahnder. Im Visier: Hunde. Feierabendhandwerker. Steuerflüchtlinge. Und es gibt viel zu schnüffeln. Spiegel online berichtet aus dem Grenzgebiet zur Schweiz:

Obwohl die Freigrenze für jede Person noch bei 15.000 Euro Bargeld liegt, gehen den Beamten immer mehr Schwarzgeld-Schmuggler ins Netz. Im vergangenen Jahr fanden die Zollbeamten im Mieder einer Seniorin aus Berlin 88.000 Euro, aus dem Büstenhalter einer 62-Jährigen aus Hessen quollen 19.000 Euro. Eine Frau aus Nordschwaben holte bei der Kontrolle einen Gefrierbeutel mit 14.500 Euro aus ihrem Schlüpfer, zwischen den Scheinen fand sich zusätzlich ein Notizzettel über ihre sämtlichen Schwarzgeldanlagen.

Solche Unterlagen bringen die Beamten häufig auf die richtige Spur. Auf den ersten Blick ist so manches Papier nur ein leerer Umschlag, Zöllner erkennen ihn dagegen als gängiges Kuvert einer Schweizer Bank. Manchmal hilft eine Hundenase: Einer von 34 Zollhunden des Singener Amtes ist ein Bargeldspürhund.

(c) wulkan (www.wulkan-comic.de)

WEB-SPERRE

Öfter mal was Neues: Der Provider Freenet sperrt laut heise online Internetseiten, die sich kritisch mit Service oder Geschäftspolitik des Unternehmens auseinander setzen. Stattdessen wird der Kunde ungefragt auf Freenet-Werbeseiten umgeleitet. Als nächstes könnte man Kunden ja umsonst surfen lassen – sofern sie kritische Seiten über die Konkurrenz aufsuchen.

(link über Vertretbar.de)

MACHTFÜLLE

MACHTFÜLLE

Die bloße Bekanntschaft mit einem Spiegel-Reporter brachte einer Ermittlungsrichterin in Heidelberg mächtig Ärger ein. Obwohl noch zahlreiche andere Beteiligte – darunter mehrere Verteidiger – im Verfahren gegen mutmaßliche islamische Terroristen als Informanten der Presse in Frage kamen, wurde die Richterin als Verdächtige ausgeguckt. Einziger Grund: Sie soll Herrn K. vom Spiegel „gekannt“ haben.

Wohnung und Büro der Richterin wurden durchsucht, ihre Telefone gefilzt. Die sorgfältig begründeten begründeten Beschwerden gegen die Aktionen wies das zuständige Landgericht Karlsruhe mit ziemlich nichtssagenden Floskeln zurück.

So nicht, entschied jetzt das Bundesverfassungsgericht. Jeder Bürger habe einen Anspruch darauf, dass sich das Gericht mit seinen Argumenten auseinandersetzt und diese, sofern es ihnen nicht folgen will, widerlegt. Dieser Beschluss des Verfassungsgerichts zieht – mal wieder – gerade den Beschwerdegerichten Grenzen. In ihrer Machtfülle – es ist ja kein Rechtsmittel außer der Verfassungsbeschwerde mehr gegeben – nehmen sie es mit der Begründung nämlich mitunter nicht so genau. Ob das auf Faulheit oder Arroganz beruht, lassen wir mal offen.

KEINE FRAGEN

Im Bereich der Oberfinanzdirektion Chemnitz haben bisher ganze zwei Steuersünder von der Amnestie Gebrauch gemacht, die seit Januar Steuersündern günstigere Konditionen als ehrlichen Stuerzahlern einräumt. Das brachte der örtlichen Finanzkasse laut beck-aktuell lumpige 14.000 Euro ein.

Sieht so aus, als wird die Aktion ein Flop. Möglicherweise wird die Skepsis aber übertrieben. Ich habe bislang an einer größeren Generalbeichte mitgewirkt. Trotz heikler Materie gab es keinerlei kritische Fragen. Würde mich nicht wundern, wenn den Beamten bedeutet wurde, selbst „umständliche“ Amnestieerklärungen besser nicht zum Anlass für Ermittlungen zu nehmen.

ALLTÄGLICH

ALLTÄGLICH

Turbo-Rolf wirkt bewusstseinverändernd. Jedenfalls schaffen es an sich alltägliche Meldungen in die Schlagzeilen. Zum Beispiel Spiegel online:

Dass er während seiner Fahrt auf der linken Spur von einem Fiat-Fahrer aufgehalten wurde, hat einen Mercedes-Fahrer völlig aus der Fassung gebracht. Er zwang den Gegner zur Vollbremsung versuchte ihn aus dem Wagen zu zerren.

Ich arbeite für einen Autofahrer, dessen Wagen auf der A 44 einen anderen Fahrer im Weg war. Nach der Ausfahrt Ratingen bummste der andere von hinten sein Auto an, zerrte meinen Mandanten aus dem Auto und schlug ihn brutal nieder. Mutige Augenzeugen nahmen den Kerl in den Schwitzkasten, bis die Polizei kam.

SCHNÜFFLER

SCHNÜFFLER

Die Stadt Düsseldorf setzt private Hundeschnüffler ein. Bis Juli soll die Kolonne jeden der 320.000 Haushalte kontrolliert haben. Die sogenannte Projektleiterin tönt schon mal im Express:

„Wenn sich jemand weigert, uns Auskunft zu erteilen, melden wir das dem Steueramt.“

Wieder so eine Aktion, die nur Widerwillen erzeugt. Flächendeckende Kontrollen belästigen die Bürger. Muss ich – ohne jeden konkreten Verdacht – wirklich mit unangemeldeten Kontrolleuren diskutieren, sie in meiner Privatsphäre schnüffeln lassen? So ein generelles Misstrauen dem Bürger gegenüber ist einfach nur widerlich. Dass die Mitarbeiter wie Zeitschriftendrücker nach Erfolg bezahlt werden, macht die Sache auch nicht besser.

Wenn einer bei mir klingelt, stecke ich ihm die Privatadresse von Joachim E. Mit dem heißen Tipp, dass der mir als schwarzer Hundehalter bekannt ist.

ALL YOU NEED IS L@W

ALL YOU NEED IS L@W

Einen aktuellen Überblick über das „Anwaltliche Berufsrecht“ (62 Seiten PDF) hat Kai von Lewinski für das Institut für Anwaltsrecht der Humbold-Universität verfasst. Wer mal wieder herzlich lachen will, lese ab Seite 42 die Ausführungen zum Werberecht:

Sprachwitz ist grundsätzlich erlaubt, jedoch darf sie die allgemeinen berufsrechtlichen und wettbewerbsrechtlichen Grenzen nicht überschreiten. So ist die Formulierung „So kommen Sie zu Ihrem Recht“ im Zusammenhang mit einer Anfahrtsskizze zulässig, ebenso wie die Slogans „All you need is l@w“, „optimale Interessenwahrnehmung“ und „Ihre Rechtsfragen sind unsere Aufgabe“. Als unzulässig sind „Wenn der Steuerfahnder 3x klingelt“ und „Alles, was Recht ist“ angesehen worden. Zu Zeiten der Berliner Mauer war in Berlin (West) auch „sozialistisches Anwaltskollektiv“ verboten.

Selbstverständlich gab es zu jeder dieser weltbewegenden Fragen ein Gerichtsverfahren.

(link gefunden im Handakte WebLAWg)

GURKEN-BUSINESS

Bei ebay werden dutzendfach Gurken versteigert. Die von Küblböcks Unfall. Laut Süddeutsche Zeitung hat die Staatsanwaltschaft Landshut erklärt, „Original Daniel Küblböck Unfallgurken“ seien keine Hehlerware. Nach anderen Berichten soll es aber bereits (Vor)Ermittlungen geben.

Die in der Süddeutschen zitierte Meinung, die Gurken seien durch den Frost wertlos und könnten damit nicht mehr Gegenstand einer Straftat sein, wird der Staatsanwalt sich bestimmt noch einmal überlegen. Schon die Versteigerungen beweisen ja, dass die Gurken durchaus einen wirtschaftlichen Wert haben können. Im Übrigen können auch wertlose Sachen gestohlen werden.

Die Strafverfolgung bei geringwertigen Sachen (Grenze: 25 – 50 Euro) hängt allerdings davon ab, ob der Bestohlene Strafantrag stellt. Unabhängig davon kann die Staatsanwaltschaft auch ein öffentliches Interesse bejahen und die Täter von Amts wegen verfolgen. Beim offensichtlichen Ausnutzen eines Unglücksfalles könnte man schon darüber schon mal nachdenken. Zumindest, wenn man als Staatsanwalt ein bisschen Presse braucht.

Wer Küblböck – Gurken versteigert, die in Wirklichkeit aus dem Sparmarkt um die Ecke stammen, begeht einen Betrug.

SORGFALT

Bei einem möglichen ebay-Betrug geht es darum, ob eine bestimmte Person in einem Haus an der Frohnhauser Straße in Essen wohnt. Oder ob ein Deckname verwendet wurde.

Der ermittelnde Beamte fragt beim Einwohnermeldeamt nach. Dort liegt keine Anmeldung auf diesen Namen vor. Daraus schließt der Polizist, eine Person mit diesen Personalien sei – das ist jetzt kein Witz – nicht existent.

Schlampige Ermittlungsarbeit gepaart mit unscharfer Logik. Immer wieder eine Garantie, dass Unschuldige in Verdacht geraten. Wie in diesem Fall.

ABSTIEG

Im Knast war der Bonner Ex-Anwalt schon. Doch im offenen Vollzug machte er angeblich munter weiter mit windigen Geschäften. Versprach Promotionen und billige Aktien. Jetzt droht ihm, so der Express, neben einer neuen Haftstrafe sogar die Sicherungsverwahrung.

GLEICH

Am Mittwoch rief ein Mandant an. Ob er gleich mal vorbeikommen kann. Vorhin, gut 48 Stunden später, stand er in der Tür. Auf die Frage meiner Sekretärin, ob er einen Termin hat, konterte er ganz gelassen: „Ja klar, der Herr Vetter hat gesagt, ich kann vorbeikommen.“

Immerhin brachte er einen mittelgroßen Blechschaden mit…

LEERE VERSPRECHEN

Die Sachbearbeiter bei der HUK-Coburg haben Anrufbeantworter. Auf dem Tonband kehrt auch immer der schöne Spruch wieder, dass man ganz bestimmt noch am gleichen Tag zurückgerufen wird. Ich habe jetzt schon die zweite (oder dritte?) Nachricht hinterlassen – und immer noch keine Reaktion.

Schlimmer Verdacht: Ein Consultant hat die Ansage kreiert. Und die Mitarbeiter wissen nichts davon…

PUTZFIMMEL

Wer sich über hohe Nebenkosten ärgert, sollte checken, wie oft das Treppenhaus und die Fenster gereinigt werden. Mehr als eine Treppenhausreinigung pro Woche gilt nämlich als unwirtschaftlich. Die Fenster dürfen höchstens zweimal im Jahr gereinigt werden. So hat es das Amtsgericht Regensburg entschieden. Die Richter reduzierten damit die Putzkosten, an denen sich der verklagte Mieter beteiligen muss, auf rund die Hälfte.