UM DEN BAUM GEWICKELT

Wer Autos mietet, sollte damit rechnen, dass die Vermieter ihn unnachsichtig in die Mangel nehmen. Vom kleinen Kratzer über den angeblich nicht aufgefüllten Tank bis zum Totalschaden: Kaum jemand sonst nimmt die eigenen Kunden so gerne und unbarmherzig in Regress wie die Mietwagenbranche. So zumindest mein Eindruck.

Aktueller Fall:

Herr S. hatte, wie schon häufig zuvor, ein Fahrzeug gemietet. Er war als einziger Fahrer eingetragen und hatte auch nicht vor, jemandem das Fahrzeug zu geben. Ein Freund von ihm nahm den Autoschlüssel, als Herr S. schlief. Der Freund hatte kurz zuvor seinen Führerschein verloren, was Herr S. nicht einmal wusste. Ebenso wenig war ihm bekannt, dass der Freund gar kein eigenes Auto mehr hatte.

Der Mann wickelte das Auto um einen Baum.

Die Vermietfirma verlangt 9.000 € – von Herrn S. Der Anwalt des Unternehmens behauptet, Herr S. sei verpflichtet gewesen, das Fahrzeug unbeschädigt zurückzugeben. Beleg: das „geltende Mietrecht“. Da Herr S. dies nicht getan habe, hafte er zu 100 %.

Okay, grundsätzlich ist der Mieter verpflichtet, die Sache zurückzugeben. Das steht so tatsächlich im geltenden Mietrecht, nämlich in § 546 BGB.

Für den Fall, dass die Sache beschädigt zurück geht, gelten die allgemeinen Vorschriften über den Schadensersatz. Sagt zumindest Palandt. Also insbesondere § 280 BGB. Dort steht aber in Absatz 1 S. 2 ausdrücklich, dass der Schuldner die Pflichtverletzung zu vertreten haben muss. Mit anderen Worten: Er muss schuldhaft, das heißt zumindest fahrlässig gehandelt haben.

Ein Verschulden kann ich – den Sachverhalt als richtig unterstellt – nicht erkennen. Es gibt doch keine Pflicht, den Schlüssel eines Mietwagens wegzuschließen. Zumindest dann nicht, wenn man überhapt nicht mit einem Missbrauch rechnen muss.

Genau das hält der Anwalt der Mietwagenfirma aber für unbedingt erforderlich. Was ja dann folgerichtig bedeutet, dass man ein Auto nur mieten darf, wenn man einen Tresor gemäß DIN sowieso in der Bude hat. Denn hätte der Freund eine verschlossene Schublade aufgebrochen, käme als Argument, der Schlüssel sei nicht ausreichend gesichert gewesen.

Sehr selbstsicher schreibt der Kollege:

Im Übrigen rege ich im Kosteninteresse an, dass Ihr Mandant nunmehr kurzfristig den Forderungsbetrag ausgleicht. Die gegen Ihren Mandanten bestehende Forderung kann sich nur noch erhöhen.

Wir könnten allerdings auch den Prozess gewinnen.