KEIN GESCHENK

Aus dem Polizeibericht:

Am 08.02.2006 um 18.15 Uhr beobachtete ein Detektiv in einem Kaufhaus an der Bahnhofstraße einen 27-jährigen Mann aus Bremen beim Diebstahl. Der Tatverdächtige hatte 25 Mascara-Stifte im Wert von 260 Euro in seine Jackentasche gesteckt. Er wollte das Kaufhaus ohne zu zahlen verlassen. Als der Detektiv ihn ansprach, kam es zu einer kurzen Rangelei. Anschließend übergab er den Tatverdächtigen der Polizei. Die Beamten nahmen ihn fest und brachten ihn ins Polizeigewahrsam. Heute hat er in seiner Vernehmung die Tat gestanden. Auf Antrag der StA Essen führte das AG Gelsenkirchen heute ein beschleunigtes Verfahren durch. Der zuständige Richter verurteilte den 27-Jährigen zu 8 Monaten Haft ohne Bewährung. Das Urteil ist rechtskräftig. Anschließend kam der Tatverdächtige in die Justizvollzugsanstalt Gelsenkirchen.

Nach § 418 Abs. 4 Strafprozessordnung muss dem Beschuldigten im beschleunigten Verfahren ein Verteidiger beigeordnet werden, wenn eine Freiheitsstrafe von über sechs Monaten zu erwarten ist. Stellt sich erst in der Verhandlung raus, dass so eine hohe Freiheitsstrafe verhängt werden könnte, muss der Verteidiger nachträglich bestellt werden. Die bisherigen Teile der Verhandlung sind in seiner Anwesenheit nachzuholen (Meyer-Goßner, StPO, § 418 Rdnr. 12).

Wenn ich den Polizeibericht lese, kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass an der Verhandlung ein Verteidiger mitgewirkt hat. Jedenfalls keiner, der nüchtern war. Vor allem kann ich mir nicht erklären, wieso das Urteil rechtskräftig geworden ist. Acht Monate ohne Bewährung sind bei dem Tatvorwurf ja nicht gerade ein Geschenk.

(Link gefunden bei Recht und Alltag)