Dann kam er wieder

Eigentlich hatte ich mich heute auf einen langen Verhandlungstag eingestellt. Doch nach einer halben Stunde ging die Tür auf, ein Wachtmeister trat ein. Er ging zielstrebig zum Staatsanwalt und flüsterte diesem etwas zu. Der Staatsanwalt bat um fünf bis zehn Minuten Pause und verschwand mit dem Wachtmeister.

Bei mir schrillten die Alarmglocken. Wurde da die Verhaftung meines Mandanten vorbereitet? Wenn ja, hätte ich dieses allzu offensichtliche Vorgehen doch als indirekte Beleidigung aufgefasst. Nun ja, mein Mandant ist zum Glück einer von der ruhigen Sorte. Er kennt die Risiken und wir waren beide der Meinung, dass Haftprüfung und Beschwerden allemal aussichtsreicher wären als eine Flucht.

Nach zehn Minuten kam der Staatsanwalt wieder. Ohne Wachtmeiser. Er sprach kurz mit der Vorsitzenden Richterin. Nach dem Gespräch eilte die Richterin davon. Nach einer knappen Viertelstunde kam sie wieder und sagte lediglich, dass sie die Sitzung abbrechen muss.

Nun ja, ich habe einiges zu den Hintergründen gehört. Aber da man in so heiklen Sachen fairerweise nur geprüfte Fakten berichten sollte, überlasse ich die Schilderung der Düsseldorfer Lokalpresse. Der Umstand, dass die Journalisten in einer für sie unergiebigen Wirtschaftsstrafsache von Anfang an zahlreich vertreten waren und geduldig ausharrten, hatte mich von Anfang stutzig gemacht.

Ein Wachtmeister sagte zwischen Tür und Angel noch, so was habe es ja noch nie gegeben. Wir dürfen also gespannt sein.

Gäfgen-Stiftung sittenwidrig

Aus der Stiftung des verurteilten Kindesmörders Magnus Gäfgen wird vorerst nichts werden. Die Aufsichtsbehörde in Rheinland-Pfalz verbietet das Projekt, mit dem Gäfgen misshandelten Kindern und Jugendlichen helfen wollte, berichtet Spiegel online.

Die Kontrollbehörde stuft die Stiftung als sittenwidrig ein, sie verletzte das Anstandsgefühl und die guten Sitten. Kritiker haben schon geäußert, Gäfgen und sein an der Stiftung mitarbeitender Anwalt seien ohnehin nur auf Publicity aus.

Blog eines künftigen Ex-Redakteurs

Während die neue Chefin – sicherlich mit Grund – derzeit öffentlich schweigt, melden sich eben die (künftigen) Berufsblogger zu Wort: WAZsolls? verspricht Insiderberichte eines noch anonymen Redakteurs aus Essen über den Schwenk des Zeitungskonzerns in Richtung Internet.

Bislang kommt die neue Chefin gar nicht so schlecht weg. Auch wenn anonyme Insiderblogs sicher nicht in ihrem Konzept auftauchen.

Noch was: Wenn der Insider so weiter schreibt, ist er ohnehin bald Ex-Redakteur. Und zwar völlig zu Recht. Ich brauche dann endlich nicht mehr dieses Stewardessen-Beispiel aus Amerika zu bemühen, wenn ich in einem Interview zu Risiken und Nebenwirkungen des eigenen Blogs gefragt werde.

Forenhaftung wieder entschärft?

Das Oberlandesgericht Hamburg hat das „Heise-Urteil“ des Landgerichts vermutlich etwas entschärft. Zwar wurde die Berufung des Verlags gegen die Entscheidung des Landgerichts verworfen; Heise hat also verloren. Dennoch soll die mündliche Urteilsbegründung Grund zur Entwarnung geben. Danach bestehe eine Kontrollpflicht nur, wenn der Forenbetreiber „konkret auf dort bereits stattgefundene Rechtsverstöße hingewiesen wurde“.

Das Landgericht Hamburg war in seinem Urteil erster Instanz weiter gegangen. Es hatte Foren als gefährliche Einrichtungen angesehen und dem Forenbetreiber eine umfassende Kontrollpflicht auferlegt; diese ist allerdings schwerlich mit dem Gesetz zu vereinbaren. Es gibt mittlerweile auch Urteile, etwa vom Oberlandesgericht Düsseldorf, welche den Forenbetreiber weniger streng in die Pflicht nehmen.

Näheres bei heise online.

(Danke an Dominik Boecker für den Link)

Nach Stunden

Oh, Gott. (Hier aber jetzt bitte nicht die Diskussion im Madonna-Artikel wiederholen.) Ich habe gerade gesehen, welche unanständige Summe ein Mandant aus den Aktienoptionen bei seinem Arbeitgeber erlöst hat. Da war mein Vorschlag, nach Stunden abzurechnen, wirklich selbstlos. Um nicht zu sagen blöd.

Ich schlage jetzt den Kopf ein paarmal auf den Schreibtisch, dann geht’s schon wieder.

Hamburg: Junge Juristen auf der Wartebank

Hamburger Jurastudenten müssen derzeit etwa ein Jahr warten, bis sie ihre Prüfungsergebnisse erhalten. Eine Umstellung der Prüfungsordnung habe zu einem Ansturm geführt, berichtet die Welt. Für einen Prüfungstermin hätten sich alleine 600 Studenten angemeldet, so viele wie sonst im ganzen Jahr.

Grund für die Umstellung: Künftig fällt die Hausarbeit im Staatsexamen weg. Die schriftliche Prüfung besteht nur aus Klausuren. Viele Studenten scheinen zu denken, dass sie mit einer Hausarbeit bessere Ergebnisse einfahren können.

Mein Gefühl war immer andersrum. Deshalb habe ich mich auch gefreut, dass ich Mitte der Neunziger zu den ersten gehörte, die sich im Zweiten Staatsexamen für eine reine Klausurenprüfung entscheiden konnten. Mit dem wonnigen Effekt, dass sich auch noch das langweilige Referendariat um Monate verkürzte.

(Link gefunden in der Walfischbucht)

Passwort

Aus der Auftragsbestätigung eines Telefonanbieters:

Ihr selbst gewähltes Kundenkennwort (zur Identifizierung, keinesfalls für Dritte zugänglich machen): Peters.

Wer rät, wie der Kunde heißt?

Madonna provoziert nicht (genug)

Der Düsseldorfer Staatsanwalt Johannes Mocken war mit der strafrechtlichen Prüfung des ersten Auftritts von Madonna in Deutschland betraut, lehnt aber die Eröffnung eines Verfahrens gegen die Pop-Sängerin ab. Der Auftritt am Sonntagabend „mag geschmacklos gewesen sein“, sagte Mocken heute, „war aber nicht strafbar“.

Madonna hatte sich ans Kreuz hängen lassen, trug eine Dornenkrone wie einst Jesus Christus. Dieses Verhalten war nicht geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören, so wertet es Mocken. Madonna habe Jesus nicht verhöhnt, zumal auch der Text des Liedes „Live to Tell“ neutral war.

Ein Mann aus Dormagen, der vorab eine Anzeige erstattet hatte, bekommt Post von Mocken: „Es gibt keinen Anfangsverdacht“. Der Staatsanwaltschaft hatte vom Konzert nichts gesehen, sondern es beobachten lassen. Während Madonna rund 45 000 Besucher in der Düsseldorfer LTU-Arena begeisterte, aßen Mocken und Ehefrau belegte Brote und gingen früh zu Bett: „Wir müssen morgens um viertel vor fünf aufstehen“. (pbd)

Lern- und merkfähig

Die GEZ erweist sich als lern- und merkfähig:

Wir haben den Sachverhalt erneut geprüft und haben das Teilnehmerkonto unter Berücksichtigung der ersten Mitteiung vom 03.07.2003 mit Ablauf des Monats 07.2003 abgemeldet.

Obgleich die „erste Mitteilung“ sich ja in den Unterlagen befunden haben muss, hat die GEZ gegen meinen Mandanten fleißig Gebührenbescheide erlassen und sogar nach eigener Ankündigung die Vollstreckung begonnen. Insgesamt sollten schon weit über 500 € offen sein. Der Mandant hat selbst ein paar Mal angerufen. Er wurde aber immer nur abgewatscht: Eine Kündigung liege nicht vor, deshalb müsse er für die zurückliegenden Jahre zahlen.

Wie dick sind denn solche GEZ-Akten? Kann man das Kündigungsschreibens eines Teilnehmers wirklich übersehen, vor allem, wenn man danach sucht?

Pleite-Shopping auf ebay

Am 30. Oktober 2005 ersteigerte Herr J. auf ebay privat einen Anhänger. Von meinem Mandanten. Gezahlt hat er nicht. Sondern sich nur darum bemüht, dass er erst den Anhänger bekommt, und zwar abweichend von der vereinbarten Vorkasse.

In der Vollstreckung stellt sich heraus, dass Herr J. die eidesstattliche Versicherung abgegeben hat. Und zwar am 20. Oktober 2005.

Jetzt bin ich wirklich gespannt, ob Herr J. wirklich Wert auf eine Strafanzeige legt. Spätestens in der Hauptverhandlung wegen Betrugs legt er ohnehin den Kaufpreis auf den Tisch, darauf wette ich.

Hilferuf

Sehr geehrter Herr Vetter,

bitte entschuldigen sie, dass ich so dreist ihre Zeit beanspruche, ich recherchier seit einer Woche für eine Hausarbeit habe aber eine Sache immer noch nicht herausfinden können. Parlandt, MüKo und Staudinger durch, aber es steht nicht das drinnen was ich brauche. Vereinfachtes Beispiel meiner Hausarbeit:

A bestellt ein Auto mit Klimaanlage bekommt aber das Auto ohne Klimaanlage.

Ist das eine (Teil)Nichtleistung oder eine (Teil)Schlechtleistung?

Wenn es eine (Teil)Schlechtleistung wäre wird nach Lorenz davon ausgegangen, dass es sich um eine Zuweniglieferung nach § 434 III BGB handelt. Der Parlandt sagt aber, dass dies eine Mindermeinung sei. Er schreibt aber leider nicht, wo und ob nach herrschender Meinung eine Zuweniglieferung bei einer einheitlich verkauften Sache als Mangel eingeordnet wird.

Könnten sie mir da Bitte weiterhelfen?

Ein verzweifelter Student

Lieber verzweifelter Student,

ich bin in erster Linie auf dem Gebiet des Strafrechts tätig. Deshalb fiele es mir schwer, Ihre Frage ohne größeren (kostenpflichtigen) Aufwand auf unversitär verwertbarem Niveau zu beantworten. Außerdem würde eine Antwort, vermute ich, als Täuschungsversuch gewertet werden. Daran darf ich mich nicht beteiligen.

Mit freundlichen Grüßen
Udo Vetter, RA und Fachanwalt für Strafrecht

Abrechnung künftig im Minutentakt?

Von Eibo Richter

Das Oberlandesgericht Düsseldorf stellt mit einem Urteil (24 U 196/04) vom 8. Juni 2006 die bundesweit gängige Praxis in Frage, Zeithonorar in einem Zeittakt von 15-Minuten-Abschnitten abzurechnen. Hierbei stützt sich der 24. Zivilsenat auf das Transparenzgebot des AGBG sowie auf die technische Möglichkeit, Zeithonorar minütlich abzurechnen zu können und somit zu müssen.

Hat diese Entscheidung Bestand, könnte das Vergütungssystem vieler Anwaltskanzleien ins Wanken geraten.

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