Überlange Verfahren

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte beanstandet, dass es in Deutschland keinen Rechtsbehelf gegen überlange Verfahrensdauer gibt. Er gab damit einem Unfallopfer recht, dessen Schadensersatzprozess auch nach über 16 Jahren nicht abgeschlossen ist.

Näheres bei beck-aktuell.

Madonna provoziert nicht (genug)

Der Düsseldorfer Staatsanwalt Johannes Mocken war mit der strafrechtlichen Prüfung des ersten Auftritts von Madonna in Deutschland betraut, lehnt aber die Eröffnung eines Verfahrens gegen die Pop-Sängerin ab. Der Auftritt am Sonntagabend „mag geschmacklos gewesen sein“, sagte Mocken heute, „war aber nicht strafbar“.

Madonna hatte sich ans Kreuz hängen lassen, trug eine Dornenkrone wie einst Jesus Christus. Dieses Verhalten war nicht geeignet, den öffentlichen Frieden zu stören, so wertet es Mocken. Madonna habe Jesus nicht verhöhnt, zumal auch der Text des Liedes „Live to Tell“ neutral war.

Ein Mann aus Dormagen, der vorab eine Anzeige erstattet hatte, bekommt Post von Mocken: „Es gibt keinen Anfangsverdacht“. Der Staatsanwaltschaft hatte vom Konzert nichts gesehen, sondern es beobachten lassen. Während Madonna rund 45 000 Besucher in der Düsseldorfer LTU-Arena begeisterte, aßen Mocken und Ehefrau belegte Brote und gingen früh zu Bett: „Wir müssen morgens um viertel vor fünf aufstehen“. (pbd)

Lern- und merkfähig

Die GEZ erweist sich als lern- und merkfähig:

Wir haben den Sachverhalt erneut geprüft und haben das Teilnehmerkonto unter Berücksichtigung der ersten Mitteiung vom 03.07.2003 mit Ablauf des Monats 07.2003 abgemeldet.

Obgleich die „erste Mitteilung“ sich ja in den Unterlagen befunden haben muss, hat die GEZ gegen meinen Mandanten fleißig Gebührenbescheide erlassen und sogar nach eigener Ankündigung die Vollstreckung begonnen. Insgesamt sollten schon weit über 500 € offen sein. Der Mandant hat selbst ein paar Mal angerufen. Er wurde aber immer nur abgewatscht: Eine Kündigung liege nicht vor, deshalb müsse er für die zurückliegenden Jahre zahlen.

Wie dick sind denn solche GEZ-Akten? Kann man das Kündigungsschreibens eines Teilnehmers wirklich übersehen, vor allem, wenn man danach sucht?

Pleite-Shopping auf ebay

Am 30. Oktober 2005 ersteigerte Herr J. auf ebay privat einen Anhänger. Von meinem Mandanten. Gezahlt hat er nicht. Sondern sich nur darum bemüht, dass er erst den Anhänger bekommt, und zwar abweichend von der vereinbarten Vorkasse.

In der Vollstreckung stellt sich heraus, dass Herr J. die eidesstattliche Versicherung abgegeben hat. Und zwar am 20. Oktober 2005.

Jetzt bin ich wirklich gespannt, ob Herr J. wirklich Wert auf eine Strafanzeige legt. Spätestens in der Hauptverhandlung wegen Betrugs legt er ohnehin den Kaufpreis auf den Tisch, darauf wette ich.

Hilferuf

Sehr geehrter Herr Vetter,

bitte entschuldigen sie, dass ich so dreist ihre Zeit beanspruche, ich recherchier seit einer Woche für eine Hausarbeit habe aber eine Sache immer noch nicht herausfinden können. Parlandt, MüKo und Staudinger durch, aber es steht nicht das drinnen was ich brauche. Vereinfachtes Beispiel meiner Hausarbeit:

A bestellt ein Auto mit Klimaanlage bekommt aber das Auto ohne Klimaanlage.

Ist das eine (Teil)Nichtleistung oder eine (Teil)Schlechtleistung?

Wenn es eine (Teil)Schlechtleistung wäre wird nach Lorenz davon ausgegangen, dass es sich um eine Zuweniglieferung nach § 434 III BGB handelt. Der Parlandt sagt aber, dass dies eine Mindermeinung sei. Er schreibt aber leider nicht, wo und ob nach herrschender Meinung eine Zuweniglieferung bei einer einheitlich verkauften Sache als Mangel eingeordnet wird.

Könnten sie mir da Bitte weiterhelfen?

Ein verzweifelter Student

Lieber verzweifelter Student,

ich bin in erster Linie auf dem Gebiet des Strafrechts tätig. Deshalb fiele es mir schwer, Ihre Frage ohne größeren (kostenpflichtigen) Aufwand auf unversitär verwertbarem Niveau zu beantworten. Außerdem würde eine Antwort, vermute ich, als Täuschungsversuch gewertet werden. Daran darf ich mich nicht beteiligen.

Mit freundlichen Grüßen
Udo Vetter, RA und Fachanwalt für Strafrecht

Abrechnung künftig im Minutentakt?

Von Eibo Richter

Das Oberlandesgericht Düsseldorf stellt mit einem Urteil (24 U 196/04) vom 8. Juni 2006 die bundesweit gängige Praxis in Frage, Zeithonorar in einem Zeittakt von 15-Minuten-Abschnitten abzurechnen. Hierbei stützt sich der 24. Zivilsenat auf das Transparenzgebot des AGBG sowie auf die technische Möglichkeit, Zeithonorar minütlich abzurechnen zu können und somit zu müssen.

Hat diese Entscheidung Bestand, könnte das Vergütungssystem vieler Anwaltskanzleien ins Wanken geraten.

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Wie wichtig es ist

Ich hatte im Supermarkt auch diesen Stand mit Spielzeugautos gesehen. Und konnte verstehen, dass der Junge unbedingt eins haben wollte. Die waren schon klasse, für 3,85 €. Seine Mutter zog ihn aber weiter. Er weinte ziemlich leise vor sich hin. Für mich ein Zeichen für Kinder, die Kummer gewohnt sind.

In der nächsten Viertelstunde begegnete ich den beiden mehrfach wieder. Oder hörte jedenfalls, was da abging. Erfreulich klang es nicht. Umso schöner fand ich es, dass die Mutter doch noch zu einem schwachen Augenblick in der Lage war. Der Kleine durfte zurückflitschen und sich ein Auto holen.

Bei den Süßwaren, nicht weit von den Kassen, dann das Drama. Die Frau hielt ihr Portemonnaie in der Hand und stellte fest, dass kein Geld drin war. Sie zeterte ziemlich laut, wobei die Versionen verdächtig schnell zwischen verloren, vergessen und beklaut schwankten. Der Kleine stand neben seiner tobenden Mutter und begriff langsam, dass es wohl mit dem Auto nichts mehr wird. Ich habe selten so ein Häufchen Elend gesehen.

Ich also dorthin, ohne groß nachzudenken, und drückte dem Kind fünf Euro in die Hand. „Hier, damit du dir dein Auto kaufen kannst.“ „Ach, das ist aber nett“, sagte die Frau. „Na ja, man merkt ja, wie wichtig es Ihrem Sohn ist.“

Kurz darauf wartete ich an Kasse sieben. Und sah, wie an Kasse fünf die Frau mit dem Geldschein zahlte. Das Gesicht des Jungen konnte ich nicht sehen; er reichte noch nicht übers Förderband. Und dann wurde er auch ganz schnell durch den Ausgang gezerrt.

Ich hoffe, die Frau erstickt an ihrer neuen Schachtel Marlboro.

Links 26

Eine Zusammenstellung interessanter Links. Jeweils mit Dank an die Einsender:

Ebay Express startet am Dienstag;

Sparkasse KölnBonn: Haus des Vorstandschefs durchsucht;

Der Caps-Lock-Taste soll es an den Kragen gehen;

Nur der Lamborghini fehlt;

Braun und blind: Hitlerkäfer sehr begehrt;

Zweifel am Mordgeständnis;

Bremer lebt seit 22 Jahen mit AIDS;

Eltern missbrauchen eigenen Sohn;

Beuys-Anzug Nr. 18 lüftet bei der Polizei;

Rechte: Immobiliengeschäfte nur PR-Trick?;

Agentur für Arbeit rechnet falsch;

Rent A Bag;

Müntefering zettelt Steuerdebatte an;

Der Aidskritiker von Toronto.

Schulverweigerer geht ins Gefängnis

In Hamburg muss ein Vater zunächst für eine Woche ins Gefängnis, weil er seine drei schulpflichtigen Kinder nicht in den Unterricht lässt. Das Oberverwaltungsgericht Hamburg verhängte die Erzwingungshaft, berichtet das Hamburger Abendblatt. Nach dem Bericht ist es das erste Mal, dass störrische Eltern mit Erzwingungshaft zur Räson gebracht werden sollen. Es soll in Deutschland mehrere hundert Familien geben, in denen die Schulpflicht missachtet wird.

(Link gefunden bei ElbeLaw)

Scherzgeschenk bringt US-Richter ins Gefängnis

Nachtrag zu andere Länder, andere Strafen: Der amerikanische Richter, der sich im Gerichtssaal mehrfach mit einer Penispumpe selbst befriedigt haben soll, ist nicht nur seinen Job los. Er wurde auch zu vier Jahren Gefängnis und 40.000 Dollar Geldstrafe verurteilt, berichtet die Netzeitung. Nach seinen Angaben war die Pumpe das Scherzgeschenk eines Freundes.

Bei uns gibt es, soweit ich sehe, keine passende Strafvorschrift im Richterrecht. Bliebe wohl nur Erregung öffentlichen Ärgernisses mit der Höchststrafe ein Jahr. Wobei auch hier höchst fraglich ist, ob sich der Richter strafbar gemacht hätte (öffentlich? wissentlich?).

Noch mal fliegen

Vorhin in aller Frühe Nachbarn begegnet, die Koffer in ein Taxi wuchteten:

Wir fliegen noch mal, bevor man sich dafür schämen muss.

Ich bin sicher, die Frau hat es witzig gemeint. Nur es klang nicht so.

Schulbücher: Lehrer muss nicht selbst zahlen

Das Verwaltungsgericht Münster hat der Bezirksregierung dort eine offensichtlich rechtswidrige Verfügung aus der Hand geschlagen. Mit der war ein Lehrer verpflichtet worden, seine für den Unterricht benötigten Schulbücher selbst zu finanzieren.

Zur Begründung hieß es in Absprache mit dem Schulministerium, es gehöre zum traditionellen Berufsbild des Lehrers, Teile seines Gehalts für die Beschaffung von Schulbüchern „für den von ihm zu verantwortenden Unterricht“ einzusetzen. Das Gerichts widersprach in seinem Eilbeschluss (AZ 4 L 471/06): „Bestehende Regelungen legen eher den Schluss nahe, die Beschaffung von Lehrmitteln ist nicht Aufgabe des Lehrers“.

Das Gericht verwies in diesem Zusammenhang auch auf den Hintergrund: Schulbuchverlage und Schulbuchhändler sind in jüngster Zeit (mit Rücksicht auf die Buchpreisbindung) dazu übergegangen, kostenlose Lehrerexemplare nicht mehr oder nur noch eingeschränkt zur Verfügung zu stellen. (pbd)

Links 25

Eine Zusammenstellung interessanter Links. Jeweils mit Dank an die Einsender:

Schufa will Negativeinträge schneller löschen;

Hysterie um eine kleine Giftspinne;

OK in Hamburg: Es mussten erst die Bayern kommen;

Top 8 Excuses für Stealing Other Peoples’s Content;

Die Tschüs-AG;

Heise-Forenurteil: Berufung wird verhandelt;

Viele Betriebsrentner bekommen zu wenig;

Frauen wollen bei Papstmesse gebären;

Monika Böttcher ist wieder frei;

Ausstempeln für die Zigarettenpause.