Innovation hier und now

Gab es im Lawblog eigentlich schon mal ein Video?
Ich glaube nicht. Also wird es Zeit. Das Video hier ist genau richtig für jene, die nach dem Wochenende durchhängen und etwas Anschub brauchen, um in Schwung zu kommen.
Der Typ spielt sehr flott. Warum er für das Classic-Metal-Dideldi bei You Tube bislang fast 55.000 Kommentare gekriegt hat, ist mir nicht ganz klar. So was haben z.B. Yngwie J. Malmsteen aus Stockholm oder Dirk Rampoldt aus Düsseldorf schon vor vielen Jahren gemacht. Rampoldt würde wahrscheinlich sagen: „Das muss viel präziser gespielt werden!“
Egal, ob im Takt oder nicht – für den Wochenauftakt absolut hörenswert.

Siegburger Folteropfer: Mutter will Geld vom Land NRW

Die 54-jährige Marianne H. aus dem Bergischen Land hat ihren Sohn Hermann 21 Jahre nach dessen Geburt im Gefängnis von Siegburg verloren. Dort wurde er, wie berichtet, in der Nacht zum 12. November vorigen Jahres von drei Mithäftlingen in der gemeinschaftlichen Zelle grausam gequält und schließlich getötet.
Gegen das Trio hat vor fünf Tagen die Staatsanwalt Bonn ihre Anklage wegen Mordes erhoben. Doch Marianne M. sieht auch eine Verantwortung des Landes: „Hermann starb unter hoheitlicher Obhut“. Deswegen fordert sie Schadensersatz, der aber vom zuständigen Justizministerium bislang abgelehnt wird. „Wären wir in den USA, käme eine Millionenforderung auf das Land zu“, so schätzt es Ulrich Rimmel, der Anwalt der Mutter.
Er rügt das Verhalten der Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU). Die wollte seiner Mandantin zwar eine Anteilnahme aussprechen, aber keine Verantwortung übernehmen. Er wollte bei Gesprächen dabei sein, sei aber, so behauptet der Anwalt, vom Justizministerium zweimal ausgeladen worden.
Ministeriumssprecher Ulrich Hermanski widerspricht: „Herrn Rimmel wurden zwei Termine genannt, beide haben ihm nicht gepasst“. Zudem habe der Anwalt zur Bedingung gemacht, auch über Geld zu sprechen – also finanzielle Forderungen zu stellen. Weil das Ministerium ablehnte, gab es bis heute keinen persönlichen Kontakt zwischen der Ministerin und der Mutter. Anwalt Rimmel denkt jetzt an eine Amtshaftungsklage gegen das Land und dabei an einen fünfstelligen Betrag: „Der Sohn meiner Mandantin ist unter der Aufsicht von Landesbediensteten gequält und getötet worden!“ (pbd)

Hinweis: Urheber dieses Beitrages ist das Pressebüro Düsseldorf (pbd). Ich habe den Text lediglich mit meinem Account reingestellt und erscheine jetzt irrtümlicherweise als Autor. Ich weiß aber nicht, wie man das für ein einzelnes Posting ändert. AK

Reisepass mit Fingerabdrücken

Fast schon untergegangen in der Diskussion um den Direktzugriff auf alle Pass- und Ausweisbilder:

In Potsdam läuft bereits der erste Feldversuch zur Erfassung von Fingerabdrücken im Reisepass. Ab November 2007 werden dann, ein Einverständnis des Bundespräsidenten zum neuen Passgesetz vorausgesetzt, neben dem Foto auch die Fingerabdrücke der beiden Zeigefinger auf dem RFID-Chip im Reisepass gespeichert.

Offen bleibt die Frage, ab wann dann der Forderung nach Direktzugriff auf diese Fingerabdrücke nachgegeben wird.

Erst Zahlen, dann zahlen

Lebensversicherer müssen zahlreichen Kunden gekündigter Lebensversicherungen einen Nachschlag zahlen (Folge eines BGH-Uteil) – und sie müssen den Ex-Kunden genau sagen, wie sich der Nachschlag berechnet.
Ein schlichtes „stimmt so“ reicht nicht. So hat jedenfalls u.a. das Landgericht München I (Az. 31 S 8182/06) entschieden.

Focus Online berichtet über das Urteil und bringt zugleich umfassende Infos, welche Ex-Kunden von Lebensversicherungen von der „Nachschlag-Rechtsprechung“ profitieren können.

In Österreich gibt es übrigens mittlerweile eine vergleichbare Situation: Der
Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat vor kurzem geurteilt, dass die so genannten Rückkaufswert-Regeln von Lebensversicherern gesetzwidrig sind , wenn sie nicht deutlich auf die Nachteile bei einem vorzeitigen Ausstieg hinweisen. Mehr dazu hier.

Abwesenheitsnotiz

Ich verabschiede mich in den Urlaub.

Aber das ist kein Grund, nicht weiter law blog zu lesen. Drei Autoren übernehmen hier die Abteilung Information und Unterhaltung:

Andreas Kunze,

Mario Sixtus und

Florian Holzhauer.

Außerdem ist vielleicht noch mit einem Überraschungsgast zu rechnen.

Ich wünsche viel Spaß. Spätestens am Montag, 7. Mai, melde ich mich wieder.

Usenet: Betreiber haftet nicht für illegale Inhalte

Das LG München I hat in einem heute veröffentlichten Urteil (Az: 7 O 3950/07) entschieden, dass Usenet-Provider für Urheberrechtsverletzungen ihrer Kunden nicht verantwortlich gemacht werden können.

Im Februar 2007 hatte ProMedia ermittelt, dass über einen Newsserver des Usenet-Providers United Newsserver die Aufnahme „Das Beste“ von „Silbermond“ aus dem Usenet abgerufen werden konnte. Da die Aufnahme dort jedoch ohne Einwilligung der Sony BMG veröffentlicht worden war, nahm die Kanzlei Rasch (Hamburg) im Auftrag der Sony BMG den Provider auf Unterlassung in Anspruch. Dieser ließ die Abmahnung jedoch zurückweisen, weshalb gegen United Newsserver vor dem LG München I der Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt wurde.

Mit der Abweisung des Verfügungsantrags hat das LG München I jetzt klargestellt, dass der Haftung von Providern in Deutschland durch die bestehenden gesetzlichen Regelungen klare Grenzen gezogen werden.

Das Gericht verneinte zunächst unter Hinweis auf § 10 TDG (§ 9 TMG) einen Vorsatz des Usenet-Providers wegen der Urheberrechtsverletzungen, selbst wenn dieser mittelbar über die erzielten Einnahmen aus dem Betrieb des Newsservers von den Rechtsverletzungen profitieren würde. Auch eine Haftung des Providers als Störer wurde vom Gericht abgelehnt.

Dazu das Gericht im Urteil:

Der Antragsgegnerin ist es nicht zuzumuten, den Datenverkehr händisch zu überprüfen bzw. ihren Usenetserver ganz abzuschalten, denn derart drastische Maßnahmen wären nur dann verhältnismäßig, wenn alle bzw. ein Großteil der im Usenet vorhandenen Inhalte rechtswidrig wären […] Vorliegend würde selbst die Schließung des Usenetservers der Antragsgegnerin nicht dazu führen, dass die streitgegenständliche Musikdatei für immer aus dem Usenet verschwindet. Sie wäre vielmehr weiterhin über andere Usenetserver abrufbar.

Rechtsanwalt Sascha Kremer, der United Newsserver in diesem Rechtsstreit vertritt, hofft darauf, dass die Entscheidung auch in der absehbaren Berufungsinstanz Bestand haben wird:

Das Gericht hat sich intensiv mit Usenet-Providing auseinandergesetzt. Dabei hat es die sich aus dem TDG (jetzt: TMG) ergebenden Privilegierungen für den Provider bei der Reichweite der Störerhaftung angemessenen berücksichtigt und klargestellt, dass von Providern nichts Unmögliches verlangt werden darf.

Erleichtert ist auch Heinz-Dieter Elbracht, Geschäftsführer der Elbracht Computer NGS GmbH, dem Betreiber von United Newsserver:

Eine Filterung der vielen hundert Terrabyte an Daten, die täglich weltweit durch das Usenet gehen, ist wirtschaft und technisch unmöglich. Wir als Provider versuchen alles, um unsere Newsserver von Rechtsverletzungen freizuhalten. Mit dem sog. ‚Notice & Take Down‘ Verfahren gibt es ein etabliertes Instrument, mit dem jede Nachricht umgehend weltweit aus dem Usenet entfernt werden kann. Leider machen die Rechteinhaber von diesem wirkungsvollen System keinen Gebrauch.

Noch im Februar hatte das LG Hamburg (Az: 308 O 32/07) einem anderen Usenet-Provider auf Antrag der GEMA untersagen lassen, bestimmte Aufnahmen u.a. von Tokyo Hotel und den Sportfreunden Stiller über das Usenet öffentlich zugänglich zu machen. Dabei war insbesondere die aggressive Werbung für das Usenet als der „besseren Tauschbörse“ ausschlaggebend für diese Entscheidung. Eine derartige Werbung konnte das LG München I bei United Newsserver aber gerade nicht feststellen.

Pressemitteilung

Keine Zierde des Berufsstands

„Herr Tank ist gewiss keine Zierde für unseren Berufsstand.“ Meint der Vorsitzende des Osnabrücker Anwaltsvereins, Karl-Wilhelm Höcker. Höcker zeigt „keinerlei Verständnis“ für das Verhalten des Inkasso-Anwalts Olaf Tank. Tank vertritt die Gebrüder Schmidtlein, welche mit zweifelhaften Internetabos ihr Geld verdienen.

Höcker empfiehlt Betroffenen, die die Zahlungsaufforderungen der Kanzlei Tank erhalten haben, Anzeige zu erstatten. Es muss nach seiner Auffassung dem Juristen Tank klar sein, dass die Schmidtleins in betrügerischer Absicht handelten. Und ein Rechtsanwalt, der seine Mandanten beim Betrug unterstütze, mache sich der Beihilfe schuldig.

Quelle: Neue Osnabrücker Zeitung

Nachtrag: Der Vorsitzende des Osnabrücker Anwaltsvereins hat inzwischen gegenüber RA Tank eine Unterlassungserklärung wegen seiner Äußerungen abgegeben.

Hallo, rechtloses Objekt

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble möchte nun sogar die Unschuldsvermutung außer Kraft setzen. Dem Stern erklärte er:

Die Unschuldsvermutung heißt im Kern, dass wir lieber zehn Schuldige nicht bestrafen als einen Unschuldigen zu bestrafen. Der Grundsatz kann nicht für die Gefahrenabwehr gelten. Wäre es richtig zu sagen: Lieber lasse ich zehn Anschläge passieren, als dass ich jemanden, der vielleicht keinen Anschlag begehen will, daran zu hindern versuche. Nach meiner Auffassung wäre das falsch.

Schäuble lässt also demnächst Menschen wegsperren oder sogar per finalem Rettungsschuss behandeln, obwohl sie keinen Anschlag begehen wollen? Nur, weil jemand ohne ausreichenden Verdacht (und damit irrigerweise) mutmaßt, der Betreffende sei irgendwie gefährlich?

Damit rechtfertigt der amtierende Innenminister Justizwillkür. Er redet dem Totalitarismus das Wort. Er macht den (unschuldigen) Bürger wissentlich zum rechtlosen Objekt, mit dem der Staat nach Belieben verfahren kann. Das ist der Abschied von der Menschenwürde, wie wir sie kennen. Und bisher das Ungeheuerlichste überhaupt, was in der Debatte über Schäubles Lippen gekommen ist.

Wenn das der Preis ist, den der Staat für seine angebliche Rundum-Verpflichtung zu zahlen bereit ist, die Sicherheit der Bürger zu gewährleisten, bleibt in letzter Konsequenz nur die Schutzhaft. Und zwar für jeden, der sich in diesem einstmal freiheitlichen Land aufhält oder dumm genug ist, es freiwillig zu betreten.

Natürlich werden aber zunächst nur die weggesperrt, gegen die man nichts in der Hand hat, aber die man für potenzielle Täter hält. Oder deren Nase jemandem nicht passt. Wenn ich als Bürger bislang gedacht hätte, mich geht der Sicherheitswahn des Innenministers nichts an und ich könne ja ohnehin nur davon profitieren, würde ich jetzt umdenken. Denn letztlich kann sich in einem Staat, der ohne Tatverdacht zugreift, niemand mehr sicher sein, ob er nicht zur falschen Zeit am falschen Ort war und ins Raster geraten ist.

Die Unschuldsvermutung steht übrigens in Artikel 6 Absatz 2 der Europäischen Menschenrechtskonvention. Abweichungen sind nur zulässig, wenn durch Krieg oder einen anderen öffentlichen Notstand nichts Geringeres bedroht ist als „das Leben der Nation“.

SZ zum Thema: Drei Fragen an Heribert Prantl

Im Gegenzug

„Hallo Herr Vetter, wir von TOMORROW sind große Fans Ihres Blogs und haben uns daher erlaubt, Ihnen im Gegenzug ein Freiabo unserer Zeitschrift einzurichten.“

Freut mich. Meine Mandanten wahrscheinlich auch. Wenn sie mal warten müssen.

Drängeln: Hohes Risiko auch in der Stadt

Drängeln kann auch im Stadtverkehr Nötigung sein. Das Bundesverfassungsgericht verwarf die Beschwerde eines Mannes, der bei 40 bis 50 Stundenkilometern innerhalb geschlossener Ortschaft zu dicht auffuhr, Hupe und Lichthupe betätigte.

Allerdings betont das Bundesverfassungsgericht, dass wegen der niedrigeren Geschwindigkeit sehr sorgfältig geprüft werden müsse, ob tatsächlich Gewalt im Sinne körperlich empfindbaren Zwanges ausgeübt werde.

Näheres bei beck-aktuell.

NRW: Erster Ombudsmann für Strafvollzug

Der bundesweit erste Ombudsmann für den Strafvollzug heisst Rolf Söhnchen. Bei dem gerade pensionierten Richter aus Remscheid können und sollen sich künftig alle 18 000 Gefangenen in Nordrhein-Westfalen über Zustände beschweren, die ihnen nicht passen. Aber auch die 8 000 Frauen und Männer des Gefängnispersonals dürfen sich direkt an den neuen Ombudsmann wenden.

Der 65-Jährige hat sein Büro mit fünf Mitarbeitern in Wuppertal und ist dem Justizministerium unterstellt, das die Einrichtung in diesem Jahr mit 186 900 Euro finanziert. Söhnchen bietet vertrauliche Sprechstunden in den 37 Gefängnissen des Landes an, die er auch ungemeldet besuchen und kontrollieren will.

Bei seiner Arbeit steht das Schlichten im Vordergrund. Er hat allerdings die Möglichkeit, von Vollzugsbehörden Auskünfte innerhalb einer Frist zu fordern. „Nur wenn Sie mir das eine oder andere Mal Schwierigkeiten bereiten, dann werden Sie Ihren Job gut machen“, meinte gestern Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU). Sie ist jederzeit für den Ombudsmann zu sprechen, der ihr jährlich seinen Erfahrungsbericht vorlegt. (pbd)