Da kommt Arbeit auf dich zu

Beim Anblick der mir bekannten Dame habe ich gestern spontan gedacht: Da kommt Arbeit auf dich zu. Blutunterlaufene Augen, blaue Flecken um die Schläfenknochen, schimmelgrüne Wangen. Und eine unförmige Schiene mitten im Gesicht.

Aus der Nebenklage wird aber nichts. Sie hat sich nur die Nase machen lassen.

Unterwanderung der Justiz

Ein bloggender Verteidiger. Ein bloggender Vertreter der Staatsanwaltschaft. In der gleichen Gerichtsverhandlung. Ich bin ziemlich sicher, das war eine Premiere.

Von Unterwanderung der Justiz möchte ich allerdings noch nicht sprechen.

Unfall: Mietwagen nur zu günstigem Tarif

Wer nach einem Verkehrsunfall nicht den möglichst niedrigsten Tarif für einen Ersatz-Mietwagen wählt, bleibt oft auf immensen Kosten sitzen. Darauf weist das Landgericht Dortmund mit seiner Rechtsprechung hin (AZ: 4 S 129/06, 4 S 163/06 und 4 S 165/06).

So hatte ein Unfallbeteiligter für 15 Tage einen Mietwagen der hohen „Unfallersatztarif“-Klasse zu insgesamt 3.031,27 Euro gefahren. Die gegnerische Versicherung musste ihm aber nur 1.741,25 Euro ersetzen, entschied die 4. Kammer des Landgerichts. Den Rest musste der Unfallbeteiligte selber zahlen, weil er sich nicht nach dem günstigsten Tarif (etwa einer Mehrtages- oder Wochenpauschale) erkundigt hatte. (pbd)

Juristencheck

Anfrage, ob ich Lust hätte, ein Anwaltsbewertungsportal mitzugründen. Vorbild könnte spickmich.de sein; dort benoten Schüler ihre Lehrer.

Ich bin kein Web-Unternehmer, deshalb fiel mir das Nein leicht. Über die zahlreichen zu erwartenden Prozesse können wir ja gern noch reden.

Ich verzichte

Heute war ich als Pflichtverteidiger am Amtsgericht Bochum. Nach der Verhandlung, die dank einer aufgeschlossenen Richterin prima lief, habe ich im Café gegenüber dem Gericht noch was getrunken. Dabei E-Mails gelesen und so viele beantwortet, wie ich es geschafft habe.

Das Parkhaus kostete für zwei Stunden 2,20 Euro. Ich werde bei der Abrechnung aber eine Stunde auf meine Kappe nehmen. Ich kann den Staat ja schlecht für meine Zeit im Café zur Kasse bitten. Noch besser, ich verzichte gleich auf die kompletten Parkgebühren. Wenn ich nämlich nur 1,10 Euro ansetze, kommt wahrscheinlich eine Rückfrage des Kostenbeamten, ob ich mich vertan habe. Eine Erläuterung zu diktieren, habe ich keine Lust.

Einen Blogbeitrag beizufügen, noch weniger.

Nicht bedürftig?

Anruf einer Mandantin. Sie ist besorgt. Ein Sachbearbeiter von der ARGE habe sich ihre Kontoauszüge angesehen. Eine Kontrolle, wie das halt so ist. Dabei sei ihm aufgefallen, dass die Mandantin meistens erst relativ spät an das überwiesene Arbeitslosengeld II gehe. Einmal habe sie erst nach zwei Wochen Bargeld am Geldautomaten geholt.

Der Mitarbeiter will jetzt prüfen, ob die Mandantin überhaupt „bedürftig“ ist. „Wir können ja auch mal einen Monat aussetzen, wenn Ihnen das nicht weh tut.“ Soll er gesagt haben. Dass die Frau, vor nicht langer Zeit eine ordentlich verdienende Angestellte, einfach panisch ist, nicht bis zum Ende des Monats auszukommen, wollte der Sachbearbeiter angeblich nicht glauben.

Was habe ich ihr geraten? Geld sofort nach Eingang abheben, unters Kopfkissen legen. Und wiederkommen, wenn der Beamte weiter auf der Schiene reitet.

Käuflich?

Warum sollte Udo Vetter jemals sein Blog verkaufen?

Fragt Robert Basic, angeregt durch Überlegungen von Don Alphonso.

Seine Antwort gefällt mir:

Ich glaube, Udo wird auch dann noch dort bloggen, wenn er sein RA-Dasein längst an den Nagel gehangen hat und als Rentner seinem Hobby frönt.

Meine Antwort behalte ich erst einmal für mich. Ich wusste bis heute gar nicht, dass es einen Markt für Blogs geben könnte. Aber um ehrlich zu sein, mich hat – mit Ausnahme einiger Werbeanbieter – noch niemand gefragt, ob ich in Sachen Weblog käuflich bin.

Testfahrten

Ein Mandant erzählt mir beiläufig vom Navigationssystem, das er importiert hat. Das Gerät führt gleich ein Fahrtenbuch. Es schickt auf Wunsch nach jeder Fahrt ein Routenprotokoll per Mail. Letzteres war der Werkstatt, in welcher der schicke Wagen zu einer mehrtätigen Reparatur war, anscheinend nicht bekannt.

Die unverschämt hohe Kilometerzahl lässt sich vielleicht noch mit „Testfahrten“ rechtfertigen. Dass die Touren aber ausschließlich an Ziele gingen, wo man(n) sich vergnügen kann, wäre sicher schwerer zu erklären. Vor allem angesichts der Pausen, in denen das Fahrzeug laut Navi auf den Parkplätze einschlägiger Etablissements stand. Jeweils 20 Minuten. 30 Minuten. Kommt schon hin, irgendwie.

Diagnose

Der Rechnung meines Arztes entnehme ich, wie man ein kleines Missgeschick auch nennen kann:

Hautabszess, atypischer (dysplastischer) Nävuszellnävus, Follikulitis, Beinphlegmone, Ulcus cruris.

Wäre jetzt nicht ausgerechnet eine Besprechung, hätte ich etwas Mitleid mit mir selbst.

Abschalten, jawoll

Das böse Internet. Jetzt kritisieren Schüler sogar ihre Lehrer – und schlagen dabei mitunter über die Stränge. Aber zum Glück sind emsige Politiker nicht weit, wie etwa die nordrhein-westfälische Schulministerin und ihre Kollegin aus dem Justizressort. Die Damen holen die obrigkeitliche Keule raus:

Die Schulministerin wies die Bezirksregierungen an, die Sperrung von Persönlichkeitsrecht verletzenden Inhalten zu veranlassen …

Wohlgemerkt, es geht nicht um Aufrufe zu Gewalttaten. Es geht nicht um die Verherrlichung des Nationalsozialismus. Oder um verbotene Pornografie. Es geht um Lehrer, die sich – zu recht oder auch zu unrecht – beleidigt fühlen.

Ich schlage vor, die Aktion auszuweiten. Auf Abgeordnete, Parteivorsitzende (auch Ortsgruppen), Stadträte, Bürgermeister, Polizisten, Gemeindepfarrer, Träger des Bundesverdienstkreuzes und B-Promis. Dann haben die Beamten in der anerkannt nutzlosen Bezirksregierung wenigstens was zu tun.

Aber bitte vorher daran denken, das Zensurverbot abzuschaffen.

Pressemitteilung der Landesregierung NRW

Fremde Profile

Die neue Version des Firefox interpretiert das Herunterfahren des Computers als unerwartetes Schließen des Browsers. So kommt beim Anschalten des Computers und dem anschließenden Browserstart die Frage, ob man die vorige Sitzung wieder herstellen möchte.

Das ist auf der einen Seite nervig. Auf der anderen aber auch interessant. Zumindest an fremden Computern. Man kann dann sehen, welche Seiten zuletzt angesurft wurden. Wie ich vorhin feststellte, ergibt sich bei zahlreichen geöffneten Tabs schon ein recht umfangreiches Persönlichkeitsprofil.

Von der Prävention zur Willkür

Die Netzeitung berichtet über die neuesten Gedanken des Bundesinnenministers.

Ihm passt die deutsche Rechtsordnung nicht mehr. Die internationale auch nicht. Auf seinem Feldzug gegen den Terrorismus will er alles umkrempeln. Er denkt unter anderem darüber nach, den Kombattantenstatus einzuführen. Wobei er wohl meint, dass für diese Personen die Europäische Menschenrechtskonvention, der grundgesetzlich zugesicherte Schutz der Menschenwürde und der Anspruch auf ein faires Verfahren nicht mehr gelten würde. Von der Strafprozessordnung wollen wir gar nicht sprechen.

Schäuble propagiert damit nicht mehr die Präventionsgesellschaft. Sondern den Willkürstaat. Wenn Menschen keine Rechte mehr haben, weggesperrt und spezialbehandelt werden, bloß weil sie von Sicherheitsbeamten als „verdächtig“ eingestuft werden, sind wir tief gesunken. In so ein Elend könnte dieses Land nicht mal eine ganze Armada von Terroristen bomben.