Anonym

Aus einer Mail mit rechtlichen Fragen:

Sie verstehen wahrscheinlich auch dass ich es vorziehe anonym zu bleiben, hier ist meine Einwegadresse anonyme-einwegadresse@… .com.

Ich hoffe, der Absender erwartet keine Antwort, bevor die Beratungsgebühren bezahlt sind.

A.C.A.B. beleidigt Polizisten

Wer Polizisten „A.C.A.B.“ zuruft, macht sich wegen Beleidigung strafbar. Dies hat das Oberlandesgericht Stuttgart entschieden.

Der Angeklagte war wegen Beleidigung zu einer Geldbuße von 200.- € verurteilt worden. Der zur Tatzeit 17-jährige Krankenpflegeschüler rief einem Polizeibeamten, der mit einer Unfallaufnahme beschäftigt war, aus einiger Entfernung laut „A.C.A.B.“ zu und zeigte dabei mit ausgestrecktem Arm auf den Polizeibeamten.

In seinem Beschluss führt das Oberlandesgericht aus, es sei revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass der Tatrichter der genannten Buchstabenkombination den Sinngehalt „all cops are bastards“ beigemessen habe. Denn die Abkürzung „A.C.A.B.“ werde in Jugendsubkulturen und auch in der rechten Szene für diese englischsprachige Parole verwendet und andere Deutungen seien im vorliegenden Fall auszuschließen.

Die individuelle Bezeichnung eines Polizeibeamten („cop“) als „bastard“ sei sowohl in der englischen wie auch in der deutschen Sprache objektiv ehrverletzend und sei nach den Urteilsfeststellungen auch subjektiv gewollt als ehrverletzend geäußert worden, ohne dass es dazu irgendeinen Anlass gegeben hätte.

Die Formalbeleidigung sei daher weder durch Wahrnehmung berechtigter Interessen gemäß § 193 Strafgesetzbuch noch durch das Grundrecht der Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz gerechtfertigt.

Das Gericht weist in seiner Pressemitteilung darauf hin, es sei anders zu beurteilen, wenn sich die Buchstabenfolge „A.C.A.B.“, zum Beispiel als Aufdruck eines T – Shirts, ohne nähere Bezeichnung gegen eine nicht abgegrenzte Personenmehrheit von Polizeibeamten richtet. In diesen Fällen kann es sich um eine nicht ausreichend konkretisierbare Kollektivbezeichnung handeln. Diese wäre straflos.

Beschluss vom 23. Juni 2008 (1 Ss 329/08)

Die Zeiten sind schlecht

„Die Zeiten sind schlecht für Leute, die Kinder missbrauchen. Ganz schlecht.“

Sagte ein Richter, bevor er einen 40-Jährigen für neun Jahre ins Gefängnis schickte.

Vielleicht wären die Zeiten insgesamt besser, wenn Richter einfach Urteile anhand des Gesetzes sprächen und sich vielsagende Andeutungen zu ihren Motiven sparten.

T-Mobile und die Terroristen

Starker Tobak von T-Mobile. Die Firma lässt einen Mitbewerber abmahnen, der anonyme Prepaidkarten verkauft. In der Begründung heißt es unter anderem:

… durch die Veräußerung „anonymer SIM-Karten“ missbräuchliches Verhalten, von belästigenden Telefonanrufen bis hin zur Vorbereitung terroristischer Handlungen, gefördert wird, wenn die Nutzer der SIM-Karten „anonym“ bleiben.

Gerade einem Telekommunikationsunternehmen stünde es besser an, die Freiheit der Kommunikation zu verteidigen und Nutzer nicht als potenzielle Kriminelle anzusehen, die staatlicher Überwachung bedürfen. Aber man kann sich natürlich auch sein eigenes Grab schaufeln. Sogar mit einer ziemlich lächerlichen Argumentation. Die Person, auf welche eine SIM-Karte beim Kauf registriert wurde, muss noch lange nicht der Nutzer sein.

Quelle der Links

Keine Mieterhöhung wegen unwirksamer Klauseln

Der Bundesgerichtshof hatte darüber zu entscheiden, ob ein Vermieter im Rahmen einer Mieterhöhung einen Zuschlag zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen kann, wenn eine in einem Formularmietvertrag enthaltene Klausel, die den Mieter zu Schönheitsreparaturen verpflichtet, unwirksam ist.

Das hält der Bundesgerichtshof in seiner heute bekannt gegebenen Entscheidung für unzulässig. Zu entscheiden hatte das Gericht folgenden Fall:

Der Beklagte ist Mieter einer (nicht preisgebundenen) Wohnung der Kläger. Der Formularmietvertrag enthält eine Klausel, die den Mieter verpflichtet, die Schönheitsreparaturen „regelmäßig“ innerhalb bestimmter Fristen auszuführen. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind Schönheitsreparaturklauseln unwirksam, wenn sie dem Mieter eine Renovierungspflicht nach einem starren Fristenplan ohne Rücksicht auf den Zustand der Wohnung auferlegen.

Die Kläger, die die von ihnen verwendete Klausel nach dieser Rechtsprechung für unwirksam halten, boten dem Beklagten den Abschluss einer Ergänzungsvereinbarung an, mit der die Verpflichtung zur Vornahme der Schönheitsreparaturen durch den Mieter anderweitig geregelt werden sollte.

Da der Beklagte damit nicht einverstanden war, verlangten die Kläger die Zustimmung zur Erhöhung der Miete um einen Zuschlag zur ortsüblichen Vergleichsmiete für die von ihnen als Vermietern zu erbringenden Schönheitsreparaturen in Höhe von monatlich 0,71 € je qm. Das entspricht dem Betrag, der im öffentlich geförderten Wohnungsbau bei der Kostenmiete angesetzt werden darf, wenn der Vermieter die Kosten der Schönheitsreparaturen trägt (§ 28 Abs. 4 Satz 2 der Zweiten Berechnungsverordnung). Der Beklagte verweigerte die Zustimmung zu einer Erhöhung der Miete um diesen Zuschlag.

Der daraufhin erhobenen Klage auf Zustimmung zur Mieterhöhung um monatlich 0,71 € je qm hat das Amtsgericht stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen, soweit die Kläger die Zustimmung zur Erhöhung der Miete um monatlich mehr als 0,20 € je qm verlangt haben.

Der Bundesgerichtshof hat auf die Revision beider Parteien entschieden, dass der Vermieter nicht berechtigt ist, einen Zuschlag zur ortsüblichen Miete zu verlangen, wenn der Mietvertrag eine unwirksame Klausel zur Übertragung der Schönheitsreparaturen enthält. Nach § 558 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Vermieter lediglich die Zustimmung zur Erhöhung der Miete bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen; einen darüber hinausgehenden Zuschlag sieht das Gesetz nicht vor.

Er ließe sich auch nicht mit dem vom Gesetzgeber vorgesehenen System der Vergleichsmiete in Einklang bringen. Insoweit bilden die jeweiligen Marktverhältnisse den Maßstab für die Berechtigung einer Mieterhöhung. Der begehrte Zuschlag orientiert sich aber an den Kosten für die Vornahme der Schönheitsreparaturen. Mit der Anerkennung eines Zuschlags würde daher im nicht preisgebundenen Mietwohnraum ein Kostenelement zur Begründung einer Mieterhöhung ohne Rücksicht darauf herangezogen, ob diese Kosten am Markt durchsetzbar wären.

Die Kläger können die beanspruchte Mieterhöhung auch nicht im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung nach §§ 133, 157 BGB verlangen, weil eine durch die Unwirksamkeit einer Vertragsklausel entstandene Lücke nur dann der Vervollständigung bedarf, wenn dispositives Gesetzesrecht hierfür nicht zur Verfügung steht und die ersatzlose Streichung der unwirksamen Klausel keine angemessene, den typischen Interessen der Vertragsparteien Rechnung tragende Lösung bietet. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Nach der gesetzlichen Regelung hat der Vermieter die Last der Schönheitsreparaturen zu tragen (§ 535 Abs. 1 Satz 2 BGB). Wenn dasselbe Ergebnis als Folge einer unwirksamen vertraglichen Abwälzung der Renovierungslast auf den Mieter eintritt, stellt dies keine den typischen Interessen der Vertragspartner widersprechende Regelung dar.

Ebenso wenig kann die Forderung nach einem Zuschlag zur ortsüblichen Vergleichsmiete auf einen Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) gestützt werden. Für eine Berücksichtigung von Störungen der Geschäftsgrundlage besteht kein Raum, wenn nach der gesetzlichen Regelung derjenige das Risiko zu tragen hat, der sich auf die Störung der Geschäftsgrundlage beruft. Das Risiko der Unwirksamkeit von Formularklauseln hat gemäß § 306 Abs. 2 BGB derjenige zu tragen, der derartige Klauseln verwendet. Denn nach dieser Bestimmung richtet sich der Vertrag im Falle der Klauselunwirksamkeit nach den sonst zur Anwendung kommenden gesetzlichen Regelungen. Das bedeutet hier, dass mangels wirksamer Abwälzung der Schönheitsreparaturen die Kläger als Klauselverwender nach § 535 Abs. 1 Satz 2 BGB die Instandhaltungslast in vollem Umfang zu tragen haben.

Urteil vom 9. Juli 2008 – VIII ZR 181/07

Wildwest-Manieren

Von Wildwest-Manieren im Straßenverkehr berichtet die Kölner Polizei. Der 36-jährige Fahrer eines Sattelzuges hatte vorgestern – angeblich unbemerkt – das Auto eines 20-Jährigen beschädigt. Der sprang auf das Trittbrett des Lkw und schlug auf den Fahrer ein.

Der Fahrer wiederum fuhr Zick-Zack-Kurs und trat auf die Füße des 20-Jährigen. Nachdem der verletzt abgeschüttelt worden war, verfolgte er mit seinem Auto den Lkw über mehrere hundert Meter und bremste ihn aus. Dabei wurden andere Autofahrer erheblich gefährdet. Die Bilanz der Polizei: Beiden Männern wurden die Führerscheine abgenommen. (pbd)

Alles erledigt…

Die Gegenseite macht einen Vorschlag, ihre Schulden zu bereinigen. Danach würden auf die „bestehende Verbindlichkeit von 1.520,20 €“ einmalig 500,00 € gezahlt. „Damit sind alle gegenseitigen Rechte und Pflichten erledigt“, heißt es in dem Schreiben.

Das klingt ja erst mal diskussionfähig. Bei Durchsicht der Akte stelle ich allerdings fest, dass die erwähnten 1.520,20 € lediglich die Kosten des Rechtsstreits sind. Die Hauptforderung gemäß Urteil beträgt 7.662,19 € und kommt hinzu.

Da kommen wir mit 500,00 € nicht ganz hin.

Blubb-Blubb

Aus einer Mitteilung des Amtsgerichts Düsseldorf:

Falls Sie die Versagung der Restschuldbefreiung beantragen wollen, muss der Antrag einschließlich der vollständigen Unterlagen zur Glaubhaftmachung der Zulässigkeitsvoraussetzungen dem Gericht fristgerecht vorliegen. Für den Versagungsantrag gelten die gleichen Voraussetzungen, Fristen und Verfahrensregeln wie für einen Antrag während der Wohlverhaltenszeit (§ 300 Abs. 2, §§ 296 bis 298 InsO).

Könnte man nicht zumindest in verständlichem Deutsch ergänzen, wie lange die Frist nun ist? Der Bürger hat ja nicht immer eine Insolvenzordnung zur Hand. Und selbst wenn, wird er die Paragrafen-Monster womöglich nicht verstehen.

Unverständliches Verhalten

Die ständigen Kontrollen auf grenznahen Bahnhöfen machen Pendler mürbe. Kein Wunder, dass manch einer unwirsch reagiert, wenn er auf dem Bahnsteig schon wieder von Bundespolizisten gefilzt wird.

Für ihre Strafanzeigen wegen Beleidigung scheinen die Bundespolizisten jetzt sogar schon über Textbausteine zu verfügen:

Dieses ehrverletzende Werturteil richtete der Beschuldigte mit klarer Mimik und Gestik gegen die beiden Beamten. Durch diese Kundgabe der Geringschätzung („…“) und das unverständliche Verhalten des Beschuldigten fühlten sich die beiden Beamten in ihrer persönlichen Ehre sowie in ihrer beruflichen Stellung als Polizeivollzugsbeamte verletzt.

So lese ich das nicht zum ersten Mal.

Ich habe niemanden

Weil ein 49-Jähriger aus Köln immer wieder ohne Fahrerlaubnis fuhr, ist die ihm für acht Jahre richterlich entzogen worden. Wegen derselben Taten saß er in Haft und wurde mit der Auflage entlassen, sich einmal wöchentlich bei der Polizei zu melden.

Das hat der Mann am vergangenen Samstag auch getan, aber nicht mit der Pfiffigkeit eines 33-jährigen Polizeikommissars gerechnet. Der interessierte sich nämlich dafür, wie der Mann zur Wache gekommen war und folgte ihm. Er sah, dass der 49-Jährige in ein Auto stieg und losfuhr, dann von dem Beamten aber angehalten wurde. Die Erklärung des auf frischer Tat ertappten Wiederholungssünders klingt glaubwürdig: „Ich hatte niemanden, der mich zur Wache fahren konnte“. (pbd)

Ausrutscher

„Ein Alkoholrausch macht in etwa deine Trainingsbemühungen der letzten drei Wochen zunichte“, erklärt mir gerade die Mc Fit Mitgliederzeitschrift 07/08. Wie passend, da habe ich mich von Freitag auf Samstag ja ungefähr auf den Stand von Mitte Mai gebracht.

Aber langsam geht’s wieder.

Vorsorgemaßnahmen

Ich bewundere mitunter die Kreativität von Anwälten. Zum Beispiel jener, welche die Idee hatten, zwei Einbrecher auf ganz besonderen Schadensersatz zu verklagen.

Die Einbrecher hatten ein Motorradgeschäft ausgeräumt. Danach wurde noch öfter in das Geschäft eingebrochen; hier konnten die Täter aber nicht festgestellt werden. Die Gebäudeversicherung des Motorradhändlers wollte den Versicherungsschutz nur aufrechterhalten, wenn das Geschäft mit einer Alarmanlage ausgestattet wird. Die Kosten für die Alarmanlage verlangte der Händler von den Einbrechern.

Dazu das Oberlandesgericht Hamm:

Die Zielrichtung des Einbaus der Alarmanlage ging nicht dahin, dass durch sie der durch den Einbruch von Anfang Dezember 2004 entstandene Schaden beseitigt oder vermindert werden sollte, sondern diente der Abwehr künftiger ähnlicher Schadensfälle.

Der von den Beklagten Anfang Dezember 2004 unternommene Einbruch war – neben den weiteren Einbrüchen, die Anfang Januar 2005 stattgefunden haben – lediglich ein Indiz dafür, dass die Gefahr weiterer ähnlicher Ereignisse nicht gering war, und dass deswegen weitergehende Abwehrmaßnahmen sinnvoll waren. Diese sollten aber ausschließlich der Abwehr künftiger ähnlicher Schadensfälle dienen.

Aufwendungen des Geschädigten zur Abwendung künftiger Rechtsgutverletzungen sind auch dann, wenn die Entschließung für solche Maßnahmen durch den vorangegangenen Vorfall herausgefordert worden sind, nicht dem Urheber jenes Schadensfalls zuzurechnen, weil dessen Belastung mit den Kosten für eine Vorsorgemaßnahme, die gar nicht ihm, sondern der Abwehr künftiger Schädiger gegolten hat, den Rahmen haftungsrechtlicher Zurechnung sprengen würde.

Aber ein netter Versuch, das muss man einräumen.

(OLG Hamm, Urteil vom 16. 8. 2007 – 6 U 67/07)