Gelbe Briefumschläge

Man kann ja so nachlässig sein, wie man will. Aber Post in gelben Briefumschlägen sollte man immer lesen. Das beherzigt künftig hoffentlich auch der Mandant, den ich vorhin darüber aufklären musste, dass ein per Strafbefehl angeordnetes Fahrverbot mit der Rechtskraft der Entscheidung beginnt. Und nicht erst dann, wenn man den Führerschein irgendwann mal beim Gericht abgibt.

Der Mandant dachte, er kann sich den Termin für das Fahrverbot aussuchen. Die Viermonatsfrist für den Antritt des Fahrverbots gibt es aber nur bei Bußgeldbescheiden (§ 25 Absatz 2a Straßenverkehrsgesetz). Und auch nur dann, wenn die Bußgeldstelle die Frist ausdrücklich gewährt. In Verkehrsstrafsachen gibt es diese Schonfrist nicht.

Mein Mandant wurde im Karneval kontrolliert und zeigte seinen Führerschein vor. Da das Fahrverbot schon im Computer stand, beschlagnahmte die Polizei den Führerschein. Damit läuft zumindest die Frist für das einmonatige Fahrverbot.

Aber das ist natürlich die kleinste Sorge. Denn jetzt gibt es ein neues Verfahren – wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis. An dessen Ende kann deutlich mehr stehen als der Monat Fahrverbot, mit dem alles angefangen hat.

Vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen

In Deutschland wird munter durchsucht – auch aus dem nichtigsten Anlass. Das Bundesverfassungsgericht hat in einem aktuellen Beschluss erneut klargestellt, dass vage Anhaltspunkte oder bloße Vermutungen nicht reichen, um in Wohn- und Geschäftsräume einzufallen.

Die Pressemitteilung ist lesenswert:

Die Beschwerdeführerin ist Ärztin. Sie rechnete gegenüber einer Patientin unter anderem Kosten für Ultraschalluntersuchungen in Höhe von 74,71 Euro ab. Auf den Widerspruch der Patientin, die geltend machte, dass die Untersuchungen bei dem fraglichen Termin nicht erbracht worden seien, übersandte ihr die Beschwerdeführerin Abdrucke von Ultraschallbildern, auf denen der Name der Patientin, das Datum und die Uhrzeit der Untersuchung aufgedruckt waren.

Die Patientin zweifelte die Echtheit der Bilder an, weil sie vermutete, dass es sich entweder um Bilder der Vorjahresuntersuchung handelte, bei denen nachträglich das Datum ausgetauscht worden sei, oder aber um Bilder einer anderen Patientin, bei denen der Name ausgetauscht worden sei. Auf Anzeige des Ehemannes leitete die Staatsanwaltschaft gegen die Ärztin ein Ermittlungsverfahren wegen versuchten Abrechnungsbetrugs ein und erwirkte beim Amtsgericht einen Durchsuchungsbeschluss für die Wohn- und Praxisräume der Beschwerdeführerin sowie ihrer Person und ihrer Kraftfahrzeuge. Daraufhin wurden die Praxis- und Laborräume der Beschwerdeführerin durchsucht. Hiergegen eingelegte Rechtsmittel wies das Landgericht zurück.

Die Verfassungsbeschwerde der Ärztin war erfolgreich. Die 3. Kammer des Zweiten Senats des Bundesverfassungsgerichts stellte fest, dass die angegriffenen Beschlüsse die Beschwerdeführerin in ihrem Recht auf Unverletzlichkeit der Wohnung verletzen. In Anbetracht des relativ geringen Schadens und der Tatsache, dass ein kaum über bloße Vermutungen hinausreichender Tatverdacht bestanden hat, war die Durchsuchung der Arztpraxis unverhältnismäßig. Die Verdachtsgründe bewegten sich im Grenzbereich zu vagen Anhaltspunkten oder bloßen Vermutungen, die eine Durchsuchung unter keinen Umständen rechtfertigen konnten.

Das Landgericht hat zwar erkannt, dass den Ultraschallbildern, auf denen der Name der Patientin und das Datum des Arzttermins aufgedruckt sind, grundsätzlich ein erheblicher Indizwert dafür
zukommt, dass die Untersuchung tatsächlich vorgenommen wurde. Es hat aber diesen Indizwert durch die abweichende Uhrzeit zu Unrecht als gänzlich entwertet angesehen. In diese Wertung hat es die nahe liegende Überlegung, die Uhrzeit könne aufgrund eines technischen Fehlers falsch wiedergegeben worden sein, nicht eingestellt. Hierbei hat es auch nicht bedacht, dass die korrekte Wiedergabe der Uhrzeit einer Untersuchung regelmäßig keine zentrale Funktion eines Ultraschallgeräts ist. Es kann auch nicht nachvollzogen werden, warum der schriftlichen Strafanzeige des Ehemanns der Patientin gegenüber den Ultraschallbildern ein derart starker Beweiswert zukomme. In die Verhältnismäßigkeitserwägungen hätte auch eingestellt werden müssen, dass mit der Durchsuchung der Praxisräume empfindliche Daten Dritter (anderer Patientinnen) gefährdet waren.

Im Ergebnis kann damit die Frage offen bleiben, ob der Durchsuchungsbeschluss auch deswegen als verfassungswidrig anzusehen war, weil nicht nur die Durchsuchung der Praxisräume, sondern auch die Durchsuchung der privaten Wohnung und der Kraftfahrzeuge der
Beschwerdeführerin angeordnet war.

Der Beschluss

Ihre Smartcard ist … freigeschaltet

Ist das eigentlich normal, dass Premiere im digitalen TV einfach so empfangbar ist, obwohl man für Premiere gar kein Abo hat? Oder macht Premiere ab und zu mal auf, um Kunden zu locken?

Deja Vu war gestern jedenfalls nicht übel. Für Superman Returns war ich leider zu müde.

Mal sehen, was der heutige Abend bringt. (Romantische Filme gucke ich nicht. Das gilt auch, wenn Cameron Diaz und Kate Winslet gemeinsam spielen.)

Neue Perspektiven

Wir hatten ja schon ab und zu Leute vom Fernsehen im Büro. So detailversessen wie das Team von heute war aber noch niemand. Fast zwei Stunden dauerte allein das Interview. Davon werden sich – hoffentlich – einige Sätze in einem Magazinbeitrag wiederfinden.

Ebenso viel Energie wie auf das Interview verwendeten die Fernsehleute auf die Einleitungsszenen. In der Akte lesen. In der Akte blättern. Das kennt man ja. Diesmal wurde aber nicht nur frontal gefilmt. Sondern auch durch die gläserne Tischplatte. Und von schräg hinten durch meine Brille.

Aber da alle sehr nett waren, sind auch solche neuen Perspektiven leicht zu ertragen.

Zum Glück klingelte vorhin der Paketbote und brachte meine neue Tastatur. Ganz schön schnell der Laden. Zu mehr als ein wenig an der Hardware rumfrickeln bin ich nach fast drei Stunden momentan ohnehin nicht zu gebrauchen…

Landgericht Köln: Business as usual

Die umstrittene Wochenend-Aktion, mit der beim Landgericht Köln alle Richter und Angestellte in ihrer Freizeit die Rückstände aus zehn Jahren aufarbeiten sollten, wird es nun doch nicht geben – zu wenig Freiwillige haben sich gemeldet.

Der Aufruf zur Aktion durch Landgerichtspräsident Helmut Zerbes hatte, wie berichtet, Kritik und Widerstand ausgelöst. Zerbes reagierte süffisant: Massive Abweichungen von der Arbeitszeit seien nicht gewünscht, das habe er nun verstanden. Er drohte „interne Veränderungen“ an. Welche, sagte er nicht. (pbd)

Früher im law blog: Freiwillige „Mehrarbeit“ in der Justiz?

Klauen Sie sich eines

Der Ton ein/Ton aus-Knopf an meiner Computertastur wollte schon länger nicht mehr so recht. Vorhin habe ich wohl ein wenig zu fest gedrückt. Dabei zerbröselte der linke Clip auf der Rückseite, mit dem sich die Tastatur schräg stellen lässt.

Ich erinnerte mich daran, wie ich mal in der Tankstelle nach einer Kappe für ein Reifenventil fragte. „Haben wir nicht, klauen Sie sich doch eines auf der Straße.“ Also ab in den Elektromarkt, den Clip vom ersten Ausstellungsstück abknispeln? Aber da ist man mit Sicherheit nicht der erste. Außerdem gehört es sich ja auch nicht. Von den allgegenwärtigen Kameras ganz zu schweigen.

Deshalb lieber Online-Shopping. Glücklicherweise fiel mir ein, wie ich den Bestellwert so hoch drücken kann, dass keine Versandkosten anfallen. So komme ich jetzt nicht nur zu einer neuen Tastatur, sondern auch zu einer 8 GB-Speicherkarte für den EEE PC.

Besser kein Einspruch

Mit 1,9 Promille am Steuer. Dafür kassierte der Mandant elf Monat Fahrverbot und 30 Tagessätze Geldstrafe. Da wäre weitaus mehr möglich gewesen. Dementsprechend habe ich dem Auftraggeber geraten, den Strafbefehl zu akzeptieren. Immerhin besteht hier das naheliegende Risiko, dass ein bissiger Richter in der Hauptverhandlung nicht mehr so gnädig ist und noch was draufpackt.

Leider werde ich nicht erfahren, ob meine Verteidigungsschrift die Staatsanwältin milde gestimmt hat. Es ist ja immer die Frage, ob und in welchem Umfang man auf die Tränendrüse drückt. Hier hatte ich mich mal dafür entschieden…

Ich hatte mal einen Linux-Rechner

Nach einigen Gehversuchen mit dem EEE PC habe ich das Linux-Experiment beendet und Windows XP installiert. Mit dieser Anleitung ist das ein Kinderspiel.

Nichts gegen die Linux-Oberfläche. Aber für Nichteingeweihte ist es praktisch unmöglich, bekannte und beliebte Programme zu installieren. Abgesehen davon, dass es von den Programmen oft gar keine Linux-Versionen zu geben scheint.

Inzwischen sieht der Desktop des EEE PC fast so aus wie der meines Notebooks. So, das kann ich uneingeschränkt sagen, macht das handliche Gerät richtig Spaß. Jetzt hole ich mir noch eine ordentlich dimensionierte SD-Karte. Dann bin ich erst mal für die Zukunft gerüstet.

Zum Thema: Mein erster Linux-Rechner

Freiwillige „Mehrarbeit“ in der Justiz?

Die oft beschriebene Personalnot in der nordrhein-westfälischen Justiz hat jetzt für heftigen Zoff im Landgericht Köln gesorgt.

Dessen Präsident Helmut Zerbes hat aus „unterschiedlichsten Ursachen in den letzten Monaten“ starke Rückstände in den Kanzleien ausgemacht und deswegen per Rundschreiben an die „Solidarität der Mitarbeiter“ appelliert – die sollen freiwillig an zwei Wochenenden im Februar zusätzlich arbeiten.

Für diese 16 Stunden bietet der Präsident kein Geld, sondern 20 Stunden Freizeit irgendwann in der Zukunft an. Darauf reagiert der Richterrat in scharfer Form. Die „seit sehr langer Zeit unhaltbaren Zustände“, so steht es in der dreiseitigen Erwiderung, habe die verfehlte Personalpolitik der Landesregierung zu verantworten. Eine freiwillige Mehrarbeit wäre das völlig falsche Signal. Weil dann sowohl das Justiz- und wie auch das Finanzministerium künftig auf solche Selbsthilfe baute.

Der Richterrat wirft dem Präsidenten außerdem Ungleichbehandlung vor. Die Richter, so heißt es, arbeiten schon jetzt an den Sams- und Sonntagen – „wir schreiben Urteile am Wochenende und bereiten Sitzungen vor“. Wenn sie stattdessen am Wochenende Aktenwagen schieben, ob sie dann in Zukunft nachts arbeiten sollen? So fragt der Richterrat.

Er hält es auch für bedenklich, dass hierbei ausdrücklich oder unausgesprochen Druck auf bestimmte Personengruppen ausgeübt wird: Proberichter etwa würden sich nicht trauen, die Aufforderung abzulehnen. Mitarbeiter, die in regelmäßigen Abständen um die Verlängerung ihres Arbeitsvertrages zittern müssen, würden schon deshalb „freiwillig“ mitmachen, um ihre Chance nicht mutwillig kaputt zu machen.

„Wir haben große personelle Probleme“, räumt Gerichtssprecher Dirk Eßer auf Anfrage ein: „Uns fehlen 13 Richter.“ Zur Probe eingestellte Angestellte seien nicht weiterbeschäftigt worden. Demzufolge seien die Beschäftigten in den Kanzleien überlastet: „Verhandlungsprotokolle werden nicht mehr in 2 Tagen geschrieben, das dauert viele Wochen“. Entsprechend lange müssen Bürger auf Entscheide warten.

Das Justizministerium kennt das alles, schlägt aber auf das Landgericht Köln ein: „Die haben ihre Arbeit ein Jahrzehnt auflaufen lassen“, kommentiert Ministeriumssprecher Ralph Neubauer den Appell des Landgerichtspräsidenten. „Wenn die jetzt mal ranklotzen wollen, ist das richtig!“. Bei anderen Behörden habe das Aufräumen schließlich auch funktioniert. Sowas provoziert den Ortsverband des Deutschen Richterbundes. Der sieht die Probleme beim Landgericht Köln „nur durch die Kürzungspolitik der Landesregierung verschärft“. Sein aktuelles Fazit: „Die Justiz steht vor dem Kollaps“. (pbd)

Rechte, die praktisch und wirksam sind

Nicht alle Urteile zum Europarecht sind schwer verständlich. Manchmal findet man auch Klartext:

Der Grundsatz, dass die Vertraulichkeit der zwischen Rechtsanwalt und Mandant ausgetauschten Informationen geschützt werden muss, ist eines der Kernstücke wirksamer Vertretung von Mandanteninteressen durch einen Anwalt.

Dieses Vorrecht ermutigt das offene und ehrliche Gespräch zwischen Mandant und Anwalt. Der Gerichtshof hat entschieden, dass das vertrauliche Gespräch mit dem Anwalt von der Konvention als wesentliche Garantie des Rechts auf Verteidigung geschützt wird.

Wenn ein Anwalt nicht mit seinem Mandanten sprechen und vertrauliche Instruktionen ohne Überwachung von ihm erhalten könnte, würde seine Unterstützung viel von ihrem Nutzen verlieren. Die Konvention will aber Rechte garantieren, die praktisch und wirksam sind.

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 19.12.2006 – 14385/04

Abwanderungsgebiet

„Bei den Preisvorstellungen müssen wir schon Abstriche machen“, sagt die Maklerin. Der Erlös für Immobilien liege meistens 20 bis 30 Prozent unter den Schätzungen der Gutachter.

Wir sind eben ein Abwanderungsgebiet. Die jungen Leute, die außerhalb studieren, kommen alle nicht zurück.“

Und jetzt geht auch noch meine Großmutter…