Gesundes Rechtsempfinden

Ich muss heute mal zur Ehrenrettung der Staatsanwaltschaft schreiten. Jedenfalls zur teilweisen. Die Behörde hat sich nämlich einige Male vehement gegen die Strafanzeige einer Ausländerbehörde gestemmt. Das Ausländeramt will meinen Mandanten verurteilt sehen, weil er die eigene Abschiebung nicht hinreichend gefördert habe. Näheres habe ich hier berichtet.

Mehrfach wies die Staatsanwaltschaft das Ausländeramt darauf hin, dass falsche Angaben über die Staatsangehörigkeit nicht nachzuweisen sind. Dass die Botschaft von Sierra Leone sagt, mein Mandant stamme nicht aus Sierra Leone, lasse nicht den Schluss zu, dass der Mann nicht vielleicht doch aus Sierra Leone stamme. Jedenfalls so lange nicht, wie ihn, was ja der Fall ist, kein anderes afrikanisches Land als Staatsbürger „anerkennt“.

Meinem Mandanten könne auch nicht vorgeworfen werden, er habe sich nicht ausreichend um einen Pass gekümmert. Sierra Leone habe ihm einen Pass verweigert. Es sei, so die Staatsanwaltschaft, nicht erkennbar, wie mein Mandant die Verantwortlichen vom Gegenteil überzeugen könne.

Die Ausländerbehörde hat dagegen energisch angeschrieben und, nach Einschaltung der Dienstaufsicht bei der Generalstaatsanwaltschaft, den zuständigen Strafverfolger wohl doch noch so weichgekocht, dass er den Strafbefehl beantragt und die Verantwortung in der Sache an die Gerichte abgeschoben hat.

Neben einer schrägen Argumentation in der Sache bringt das Ausländeramt auch gebetsmühlenartig den Hinweis, die Verfolgung meines Mandanten diene der Generalprävention. Die Sozialkassen würden durch solche Leute wie ihn in erheblichem Maße belastet, dem müsse man durch das Strafrecht einen Riegel vorschieben. (Ob die Sozialkassen besser da stehen, wenn mein Mandant in letzter Konsequenz im Gefängnis sitzt, wird nicht hinterfragt.) Zudem führe die Straffreiheit auch zu fehlender Akzeptanz der deutschen Rechtsordnung. Bei wem, wird nicht gesagt.

Die Behörde scheut sich auch nicht, das gesunde Rechtsempfinden ins Feld zu führen. Den an sich sonst eingängigeren Begriff hat die Verfasserin der Schreiben womöglich doch gescheut.

Nun denn. Die Sach- und Rechtslage ist offenbar nicht einfach. Ich beantrage deshalb zunächst meine Beiordnung als Pflichtverteidiger.