“Legitime Maßnahmen”

Über einen Punkt gibt es in Sachen “Bundestrojaner” keinen Streit. Das Recht zur umfassenden Ausspähung von Computern über die Telekommunikation hinaus hat derzeit, wenn überhaupt, allenfalls das Bundeskriminalamt. Andere Polizeibehörden dürfen keinen so weitgehenden Angriff auf die Computer Beschuldigter fahren.

Es fehlt für sie derzeit an einer gesetzlichen Grundlage – auch wenn Strafverfolger und manche Politiker sie vielleicht gerne hätten. Nun könnte man auf die Idee kommen und sagen: Okay, wenn es die Eingriffsnorm nicht gibt, dann ist klar, dass andere Polizeibehörden so was eben lassen. So wie sie ja auch nicht auf die Idee kommen, Beschuldigte zu waterboarden – auch wenn das vielleicht ein Geständnis im Einzelfall fördern würde.

Was nicht erlaubt ist, wird auch nicht gemacht. Ich würde so eine Einstellung als Voraussetzung für rechtsstaatliches Denken ansehen. Allerdings gibt es bei uns auch tonangebende Politiker, die das offensichtlich anders sehen. So zum Beispiel Hans-Peter Uhl, den innenpolitischen Sprecher der CDU-/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag.

Zuletzt hat Uhl Schlagzeilen gemacht, indem er den Massenmord in Norwegen nutzte, um eine Klarnamenpflicht im Internet zu fordern. Heute legt Uhl neu vor, aber wiederum in gewohnter Qualität. Er bedauert es nämlich, dass Behörden Beschuldigte mit Trojanern ausspähen, obwohl ihnen das kein Gesetz erlaubt und das Bundesverfassungsgericht es sogar ausdrücklich untersagt. Uhl:

Wer dagegen wie die Bundesjustizministerin eine spezialgesetzliche Rechtsgrundlage für die Quellen-TKÜ verweigert und die Strafverfolgungsbehörden damit zum Rückgriff auf die allgemeine TKÜ-Rechtsvorschrift zwingt, darf nicht beklagen, dass Vorgaben nicht eingehalten würden, die es derzeit noch nicht gibt und für deren Schaffung die Justizministerin zuständig wäre. Eine Skandalsierung legitimer Maßnahmen dagegen hilft nicht weiter.

Der Rechtsbruch durch Ermittlungsbehörden ist also kein Rechtsbruch, sondern eine “legitime Maßnahme”. Also eine Art Notwehr gegen den Gesetzgeber. Und schuld an all dem sind nur diese an die Freiheit und das Grundgesetz denkenden Politiker, die den Beamten einfach nicht all jene Gesetze geben, welche diese fordern.

Herr Uhl und ich haben wirklich ein unterschiedliches Verständnis vom Rechtsstaat.