Erotikangebote: Hinweis auf Volljährigkeit bewahrt vor Verboten

Wenn Erwachsene sich freizügig ablichten lassen, ist dagegen juristisch nichts einzuwenden. Was aber, wenn das Material auf einem Erotikportal veröffentlicht wird, die Darsteller aber (zumindest in den Augen des zuständigen Jugendschützers) jünger wirken als 18 Jahre?

Obwohl die Volljährigkeit der Darsteller nachgewiesen wurde, versuchen Behörden immer wieder, das Angebot aus dem Netz zu nehmen. Sie berufen sich hierbei auf den Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV). Dieser bestimmt:

Unbeschadet strafrechtlicher Verantwortlichkeit sind Angebote unzulässig, wenn sie … Kinder oder Jugendliche in unnatürlich geschlechtsbetonter Körperhaltung darstellen; dies gilt auch bei virtuellen Darstellungen.

Nach Auffassung der Aufsichtsbehörden reicht es schon aus, wenn lediglich der Anschein erweckt wird, der Darsteller sei jünger als 18 Jahre. Selbst wenn man das aus der Vorschrift herauslesen will, stellt sich die Frage, ob sich so ein möglicher Anschein nicht auch entkräften lässt.

Ein Anbieter hatte einen naheliegenden Gedanken. Er wies bei erwachsenen Darstellern, die jung wirken, im Vorschaubereich einzeln darauf hin, dass die abgebildeten Personen nachweislich volljährig sind. Dennoch wollte ihm die Bayerische Landeszentrale für neue Medien das Angebot untersagen.

Beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof bekam der Anbieter nun recht. Die Richter können dem JMStV noch nicht einmal entnehmen, dass die Vorschrift auch “Scheinjugendliche” erfasst. Überdies weisen sie darauf hin, es sei auch keine Täuschung über das Alter, wenn die Darsteller als jung inszeniert würden.

Der ausdrückliche und für den Nutzer unumgängliche Hinweis, dass es sich um Erwachsene handelt, beseitige jedenfalls den Anschein der Minderjährigkeit.

(via it-recht kanzlei)

Verlorene Autoschlüssel können teuer werden

Nach dem Verlust des Zündschlüssels müssen Autobesitzer sich sofort um die Sicherheit des Fahrzeugs kümmern, sonst verlieren sie ihren Versicherungsschutz. So hat es das Landgericht Kleve entschieden (Aktenzeichen 6 O 79/10).

Damit ist eine Autobesitzerin aus Uedem mit ihrer Klage gegen die Versicherung gescheitert. Die Frau hatte ihren Peugeot 206 freitagabends auf dem Stellplatz vor der Wohnung geparkt und stellte am nächsten Tag den Verlust eines Schlüssels fest.

Sie erkundigte sich zwar vergeblich bei ihren Nachbarn, bei der Polizei und versuchte es auch beim Fundbüro, das aber zum Wochenende nicht mehr besetzt war. Am Samstagmorgen nahm sie ihren Ersatzschlüssel, fuhr zur Arbeit, kam am frühen Nachmittag zurück.

Etwa zweieinhalb Stunden später war das Auto weg.

Ein 9-jähriger Steppke hatte den verlorenen Schlüssel gefunden, mit dem Funkknopf die Türen geöffnet und bei der anschließenden Spritztour einen Unfall verursacht – dabei wurde das Auto der Frau an der linken Seite beschädigt. Ein Gutachter machte einen Schaden von gut 1 500 Euro aus.

Dieses Geld verlangte die Frau von ihrer Vollkaskoversicherung, die allerdings jede Zahlung verweigerte. Die Uedemerin habe „jegliche geeignete Sicherungsmaßnahmen“ versäumt. Dabei sei es auch am Wochenende möglich gewesen, Peugeot-Autohäuser zu erreichen, die den Schlüssel hätten umcodieren oder die Schlösser hätten austauschen können.

Im Umkreis von unter 20 Kilometern von der Wohnanschrift der Klägerin gebe es 5 solcher Händler. Außerdem sei dem Jungen „die Zuordnung des Schlüssels zum Auto spielend leicht“ gelungen. So unterstellte denn bereits das Amtsgericht Kleve der Autobesitzerin „grobe Fahrlässigkeit“. Aufgrund derer die Versicherung ihre Leistung kürzen, womöglich gar auf Null bringen könne.

Dieser Ansicht schloss sich das Landgericht Kleve in der nächsten Instanz an. Das Verschulden der Klägerin wiege „schwer“. Die Frau habe in Betracht ziehen müssen, dass der Schlüssel von jemand anderem gefunden worden sein könnte. Sie habe nicht einmal den Versuch nachgewiesen, mit irgendeinem Peugeot-Autohaus zu telefonieren.

Notfalls hätte sie „alternativ Sicherungsmaßnahmen in Betracht ziehen“ müssen. Die Kammer erwähnt eine manuelle „manuelle Lenkradsperre oder ähnliches“. Eine Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen. (pbd)

Breaking: Prozesskosten steuerlich absetzbar

Prozessieren wird in Deutschland künftig deutlich angenehmer. Die Kosten für einen Zivilrechtsstreit sind ab sofort von der Steuer absetzbar! Wer weiß, wie selten ich Ausrufezeichen setze, kann die praktische Bedeutung erahnen, welche ein heute bekanntgegebenes Urteil des Bundesfinanzhofs haben wird. Nicht nur für jeden Steuerzahler mit juristischen Problemen, sondern auch für den Geldbeutel der Anwälte.

Bisher wurden die Kosten für Zivilprozesse fast nie als außergewöhnliche Belastung akzeptiert. Bei den allermeisten Prozessen hieß es, die seien so was wie Privatvergnügen des Steuerzahlers. Dafür müsse er auch selbst gerade stehen.

Dabei schwang auch die Erwägung mit, dass an sich nur der Unterlegene das Finanzamt beteiligen kann, weil der Prozessgewinner ohnehin seine Kosten erstattet bekommt. Der Verlierer hätte ja auch gleich wissen können, dass er mit seinen Argumenten nicht durchkommt. So hätte er sich den Prozess ersparen können.

Von dieser Auffassung rückt der Bundesfinanzhof nun ab. Und zwar mit folgender Erkenntnis:

Vorherzusagen wie ein Gericht entscheiden wird, ist "riskant". Denn nur selten findet sich der zu entscheidende Sachverhalt so deutlich im Gesetz wieder, dass der Richter seine Entscheidung mit arithmetischer Gewissheit aus dem Gesetzestext ablesen kann. Nicht zuletzt deshalb bietet die Rechtsordnung ihren Bürgern ein sorgfältig ausgebautes und mehrstufiges Gerichtssystem an.

Die neue steuerliche Absetzbarkeit ist auch nicht auf bestimmte Teilbereiche des Zivilrechts beschränkt. Allerdings sollen mutwillig geführte Prozesse auch künftig nicht begünstigt werden. Auch für die Verliererseite muss es deshalb zu Prozessbeginn “hinreichende Erfolgsaussichten”  gegeben haben.

Hier besteht natürlich die Gefahr, dass der Ausgangsprozess am Finanzgericht dann noch einmal geführt wird – nur um die Erfolgsaussichten abzuschätzen. Auch den heute entschiedenen Fall hat der Bundesfinanzhof zurückgewiesen. Es muss nun von Finanzrichtern geklärt werden, ob die vom Betroffenen erhobene Klage auf Krankentagegeld hinreichende Erfolgsaussichten hatte.

Außerdem begrenzt der Bundesfinanzhof die Kosten auf angemessene Beträge. Was wohl heißt, dass maximal die gesetzlichen Gebühren berücksichtigt werden. Wer seinen Anwälten hohe Stundensätze oder Pauschalen zahlt, soll keine Steuervorteile haben.

Großer Verlierer könnten die Rechtsschutzversicherungen sein. Was sie an Kunden erstatten, kann nicht von der Steuer abgesetzt werden. Außerdem wird auch ein verlorener Prozess jetzt natürlich immer um den persönlichen Steuersatz des Betroffenen “günstiger”, weil er entsprechende Abgaben spart. Das kann je nach Steuerlast einen einen Faktor ausmachen, bei dem sich eine Rechtsschutzversicherung voraussichtlich kaum noch lohnt.

Eine Prognose wage ich schon jetzt: Die Zahl der Zivilprozesse in Deutschland wird die Entscheidung von heute nicht unbedingt reduzieren. Zivilrechtsanwälte werden über die Entscheidung deshalb nicht unglücklich sein.

Allerdings könnte auch die Bereitschaft zu Vergleichen zunehmen, weil sich das Finanzamt wohl auch an Kostenquoten beteiligen wird. Die Steuerersparnis auf beiden Seiten kann ein gutes Argument sein, den Rechtsstreit doch ohne Urteil zu beenden.

Urteil des Bundesfinanzhofs vom 13. Juli 2011

Handysperre erst ab 75 Euro Rückstand

Mobilfunkanschlüsse dürfen erst gesperrt werden, wenn der Kunde mit mindestens 75 Euro im Rückstand ist. Dies stellt der Bundesgerichtshof in einem Urteil gegen E-Plus klar. Die Verbraucherzentralen hatten das Mobilfunkunternehmen verklagt, weil es sich eine Anschlusssperre schon für viel geringere Rückstände vorbehielt.

Außerdem sollte eine Sperre sofort möglich sein, wenn ein eingeräumtes Kreditlimit überschritten wird. Auch für Überschreitungen des Kreditlimits gilt nach der Karlsruher Entscheidung aber die 75-Euro-Grenze.

Damit bestätigt der Bundesgerichtshof seine bisherige Rechtsprechung. Er hatte nämlich im Februar schon T-Mobile und Congstar verurteilt, die 75-Euro-Grenze bei Anschlusssperren zu beachten. Der Betrag stammt aus einer gesetzlichen Regelung, die aber ausdrücklich nur für Festnetzanschlüsse gilt. Da die obersten Richter keinen Grund für sachliche Unterschiede sehen, wenden sie die 75-Euro-Grenze nun auch konsequent beim Mobilfunk an.

Mitteilung der Verbraucherzentralen / Link zum Urteil

Der Rotz, der unser Leben lebenswert macht

Das nenne ich mal einen Rundumschlag:

Was ja am Ende, glaubt mensch an die Macht von Sprache, Texten und Diskursen u.a. dazu führt, dass Wichser wie Strauss-Kahn trotz relativ eindeutiger Beweislage wohl am Ende freigesprochen werden. Begründet wird das dann gern mit dem Rechtsstaatlichkeitsprinzip, der Aufklärung und all dem Rotz, der von weißen europäischen Männern in mächtigen Positionen erfunden wurde, um ihren Besitzstand zu wahren und universale Menschenrechte für ihren eigenen Vorteil zu instrumentalisieren.

Diese pointierte Meinung über gewisse Prinzipien unseres Zusammenlebens steht auf dem Blog “Medienelite”. Er stammt aus der Feder von Nadine Lantzsch. Laut ihrer Vita ist sie gelernte Journalistin und war bisher unter anderem beim Tagesspiegel tätig. Also jetzt nicht unbedingt eine Stimme, die man einfach so einfach in den Kreis “durchgeknallt” ziehen kann.

Ob sich Nadine Lantzsch schon mal gefragt hat, was die Alternative zum Rechtsstaat ist? Der Rechtsstaat zeichnet sich dadurch aus, dass er nicht nur Regeln für seine Bürger erlässt und diese durchsetzt. Nein, er akzeptiert die Spielregeln auch selbst. Damit gibt er den Menschen zwar kein Glückversprechen, aber ein Anrecht auf ein faires Verfahren.

Der Gegensatz zum Rechtsstaat ist der Willkürstaat. Im Willkürstaat gibt es möglicherweise auch Regeln. Diese werden aber von denen, die das Sagen haben, außer Kraft gesetzt. Und zwar immer dann, wenn ihnen die Regeln gerade mal nicht in den Kram passen. Zum Beispiel dann, wenn sich das erhoffte Ergebnis nicht erreichen lässt.

Das ist es wohl, was die Autorin jedenfalls bei möglichen Sexualstraftaten für notwendig hält. Wenn ein Schuldspruch opportun erscheint, wird er eben herbeigeführt. Hauptsache, die materielle Gerechtigkeit siegt – auch wenn es nur wiederum eine Interessengruppe ist, die definiert, was gerecht zu sein hat. Hier wäre diese Interessengruppe wohl all jene von mächtigen weißen europäischen Männern in mächtigen Positionen sexuell ausgebeuteten Frauen – sofern ich Nadine Lantzsch in diesem Punkt richtig verstehe.

Damit verabschiedeten wir uns gesamtgesellschaftlich ins frühe Mittelalter oder noch dunklere Zeiten. Passenderweise wären dann ja auch die von der Autorin erwähnten universalen Menschenrechte obsolet. Dass sexuelle Gewalt gegen Frauen in diesem neuen Kosmos ein geringeres Problem wäre – diesen Beweis bleibt uns Nadine Lantzsch trotz ihrer vielen Worte allerdings schuldig.

Geschichte und Gegenwart belegen im übrigen das Gegenteil.

Nachtrag 1: Die Autorin nimmt Stellung

Nachtrag 2: Andreas Zielcke schreibt in der SZ zum Thema

Ein Name für jedes Gesicht

Wie moderne Gesichtserkennung funktioniert, zeigen gerade die Macher des Glastonbury Festivals. Sie haben ein hochauflösendes Bild vom Publikum gemacht und lassen nun unter reger Teilnahme Dritter sämtliche Gesichter via Facebook taggen. Am Ende ist das Gesicht in der Menge öffentlich mit seinem Facebook-Profil verbunden.

Das Ergebnis ist beeindruckend, wie ein Besuch auf der Webseite zeigt. Rund 9.000 Besucher sind auf diese Art und Weise bereits “identifiziert”. Die Fehlerquote ist natürlich nicht bekannt.

Ebenso ist das Ergebnis aber auch beunruhigend. Es zeigt, wie leicht Gesichter heute einer konkreten Person zugeordnet werden können. Wenigstens, wenn sie auf einem sozialen Netzwerk vertreten ist. Das bedeutet also Post Privacy. Man sollte es immerhin wissen…

(gefunden bei @frischkopp)

Nachtrag: Der WDR hat ein gleichartiges Projekt

Alles neu bei Berufungen in Zivilverfahren

Das Berufungsrecht im Zivilverfahren wird neu geregelt. Künftig soll es mehr mündliche Verhandlungen geben. Berufungen dürfen nur noch ohne mündliche Verhandlungen zurückgewiesen werden, wenn sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg haben. Außerdem wird der Streitwert für Revisionen herabgesetzt. Hierfür gilt künftig eine Streitwertgrenze ab 20.000 Euro.

Mit der Gesetzesänderung reagiert der Bundestag auf den Umstand, dass in Berufungsverfahren viele Prozesse durch schriftlichen Beschluss beendet wurden. Künftig soll die mündliche Verhandlung wieder die Regel sein.

Die mündliche Verhandlung ist nach Auffassung von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger das Herzstück im Prozess. Hier könnten die Beteiligten ihren Standpunkt offen mit den Richtern diskutieren. Das neue Gesetz stelle sicher, dass die Richter über alle wichtigen Fälle mit den Beteiligten persönlich reden.

Mit der Reform wird auch ein neues Rechtsmittel eingeführt. Bisher konnten die Berufungsgerichte bestimmte Fälle unabhängig vom Streitwert durch unanfechtbaren Beschluss entscheiden. Dann war in der zweiten Instanz Schluss, ohne dass es weitere Rechtsmittel gab, selbst wenn es um große Summen ging. Das ändert sich nun. Künftig unterliegt die Rechtsprechung der Berufungsgerichte für Streitwerte ab 20.000 Euro immer der höchstrichterlichen Kontrolle.

Die Reform beseitigt auch regionale Unterschiede im Rechtsschutz. Bisher wurde von Gericht zu Gericht sehr unterschiedlich von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, Berufungen durch unanfechtbaren Beschluss zurückzuweisen. Während in bestimmten Gerichtsbezirken mehr als jede vierte Berufung durch unanfechtbaren Beschluss zurückgewiesen wurde, war es in anderen Regionen nicht einmal jede zehnte.

Mit dem neuen Gesetz wirken sich, so die Hoffnung der Bundesregierung, die regionalen Unterschiede nicht mehr aus. Der Gerichtsort entscheide nicht mehr über die Qualität des Rechtsschutzes.

Der Bundestag hat das Gesetz bereits verabschiedet. Der Bundesrat muss nicht zustimmen. Deshalb wird es kurzfristig in Kraft treten.

Jurastudent klaut Dienstmütze

Bei einem Einsatz auf dem Sommerfest der Mainzer Universität mussten Polizisten am Wochenende eilig ihren Streifenwagen verlassen. Mit der Fernbedienung verschloss ein Beamter den Wagen, als er schon einige Meter entfernt war. Den kurzen Zeitraum nutzte ein 24-jähriger Jurastudent und stahl aus dem offenen Fahrzeug eine Dienstmütze.

Das Sicherheitspersonal des Sommerfestes behielt den Studenten samt Trophäe im Auge. Schließlich konnte er von den Beamten kontrolliert werden. Der angehende Jurist war uneinsichtig. Er kannte lediglich seine Rechte, nicht aber seine Pflichten als Beschuldigter im Strafverfahren, welche ihm die Beamten nach eigenen Angaben mit Nachdruck erläuterten.

Die Dienstmütze wurde sichergestellt und ziert nun wieder den Kopf des rechtmäßigen Besitzers.

Junge Polizei: “Kampagne war verunglückt”

Vor einigen Tagen habe ich über eine Fotokampagne der Jungen Polizei Bremen berichtet. Die Junge Polizei ist die Jugendabteilung der Deutschen Polizeigewerkschaft. Die Bilder lösten in den Kommentaren des verlinkten Beitrags eine heftige Diskussion aus. Die Debatte hat nun Folgen.

Die Junge Polizei nimmt die Bilder aus dem Verkehr. In einer Stellungnahme mir gegenüber heißt es:

Wir haben die Fotos der zugegeben völlig verunglückten Kampagne von unserer Homepage entfernt und auf der Startseite eine Stellungnahme verfasst. Wir distanzieren uns ausdrücklich von irgendwelchen rassistischen Gedanken oder Ähnlichem. Es stand nie in unserer Absicht, irgendwelche Religionen oder Völker negativ darzustellen, sondern auf die politische Lage hinzuweisen, dass die innere Sicherheit durch erhöhte Belastung (Stuttgart 21, Terrorgefahr, Castor etc.) und konsequentem Stellenabbau immer weiter gefährdet wird.

Die offizielle Stellungnahmen, die derzeit auf der Homepage der Jungen Polizei, aber auch der der Deutschen Polizeigewerkschaft Bremen stehen, lesen sich ähnlich.

Ich habe auch einige Mails von Polizeibeamten erhalten, die sich zu der Kampagne äußern. Sie waren alle ziemlich entsetzt über das, was die Junge Polizei in Bremen abgeliefert hat. Mit zweien der Beamten habe ich telefoniert. Nach ihren Angaben gab es eine heftige Protestwelle aus den Reihen der Polizei und insbesondere den Mitgliedern der Deutschen Polizeigewerkschaft. Dazu sollen auch Austrittsdrohungen gehört haben, die auch an den Bundesvorstand der Deutschen Polizeigewerkschaft gerichtet waren. Dieser interne Widerstand gegen die Aktionen der Jungen  Polizei soll maßgeblich dazu beigetragen haben, dass die Kampagne zurückgezogen wird.

Ich erwähne das sehr gerne, weil es zeigt, dass nicht alle Polizisten und insbesondere auch nicht alle Mitglieder der Polizeigewerkschaft, deren Spitze ja auch ansonsten verbal nicht zimperlich ist, auf ein derartige Überspitzung abfahren.

Die Junge Polizei Bremen hat mich freundlich gebeten, die diskutierten Bilder aus dem law blog zu nehmen, um falsche Eindrücke künftig zu vermeiden.

Bericht in der Süddeutschen Zeitung

Vier Worte zu viel

Der Beschluss ist kurz, verständlich – und lehrreich. Der Bundesgerichtshof erklärt jedem, der als Beschuldigter bei der Polizei sitzt, wie gefährlich schon vier Worte sein können. Ein Verdächtiger hatte in seiner Vernehmung erklärt:

Ich sage nur eins: der hat es verdient! Sonst sage ich nichts ohne meinen Anwalt.

Später berief sich der Mann auf Notwehr. Das Gericht glaubte ihm die Notwehr auch deswegen nicht, weil er dazu bei der Polizei nichts gesagt hat. Der Bundesgerichtshof sieht es als zulässig an, die kurze “Aussage” des Mannes zu verwerten, obwohl er ja eigentlich erkennbar von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch machen wollte.

Hätte der Beschuldigte gar nichts gesagt, wäre sein komplettes Schweigen “neutral” gewesen. Es hätte ihm also nicht vorgeworfen werden können, dass er nicht schon bei der Polizei eine Notwehrsituation geschildert hat. Würde man so was machen, wäre das Recht des Beschuldigten, sich gar nicht zur Sache zu äußern, nämlich wertlos.

Über die Begründung der Karlsruher Richter kann man streiten. Aber sie haben das letzte Wort. Und ihre Botschaft sollte deshalb nicht ungehört verhallen: Wer bei der Polizei nichts sagen will, sollte sich zu 100 % daran halten und wirklich eisern schweigen. Sonst kann es ihm das Genick brechen.

Ich werde dieses Beispiel künftig dankend nutzen, um meinen Mandanten die Gefahren deutlich zu machen, die um die Ecke lauern, selbst wenn sie auf ihr Schweigerecht pochen.

Link zum Beschluss des Bundesgerichtshofs

Anwalt und Internetpirat

Ab und zu werde ich gefragt, welche Fehler man beim Bloggen vermeiden sollte. An erster Stelle sage ich, man sollte sein Blog nicht als reine PR-Veranstaltung aufziehen. Ab heute werde ich hinzufügen, man sollte wenigstens nicht zugeben, dass es einem nur ums Marketing geht – selbst wenn es offensichtlich ist.

Die kleine Ergänzung verdanke ich einem angesäuerten Berliner Anwalt. Dieser beklagt sich heute in seinem Blog darüber, dass andere Juristen auf ihren Internetseiten eine einstweilige Verfügung des Landgerichts Berlin veröffentlichen, die ER gegen Google erwirkt hat. Die Entscheidung hat der Anwalt zunächst auf seiner eigenen Homepage als PDF veröffentlicht; in seinem Blog wies er darauf hin.

In dem Beschluss wird Google für Beleidigungen haftbar gemacht, die (vermutlich) Unbekannte auf Blogger.com bzw. Blogspot.com hinterlassen haben. Das Landgericht Berlin bejaht also eine “Forenhaftung” auch für den amerikanischen Riesen und droht dem Google-Vorstand Zwangsgelder oder gar Haft an, sofern Google die beanstandeten Inhalte nicht entfernt.

Offensichtlich eine Entscheidung, die fürs Web 2.0 wichtig werden kann. Dementsprechend ist es wenig überraschend, dass der nun mal veröffentlichte Beschluss auch von anderen Anwälten aufgegriffen und publiziert wird. Das aber wiederum stört den Berliner Anwalt, denn er betrachtet die Entscheidung offenbar als so etwas wie sein Eigentum.

Jedenfalls mokiert er sich darüber, dass diverse Kollegen nicht auf sein PDF verlinken, sondern den (kurzen) Beschluss auf ihrer eigenen Seite bringen. Für den Berliner Anwalt handelt es sich hierbei  um “Raubkopien”. Er spricht von “netter Werbung mit fremder Arbeit” und von “ein bisschen Internetpiraterie”. Den aus seiner Sicht raubkopierenden Kollegen gibt er den großzügigen Rat:

Es lohnt in diesem Fall nicht, sich mit fremden Federn zu schmücken.

In seiner Verärgerung scheint der Berliner Jura-Blogger etwas den Sinn für die Realität verloren zu haben. Zunächst mal wird da gar nichts aus seiner Feder raubkopiert. Was auf anderen Seiten auftaucht, ist allein die Entscheidung eines Gerichts. Die ergeht nicht nur im Namen des Volkes; sie ist auch unbelastet von jedem Urheberrecht. Rechtlich ist also gar nichts daran auszusetzen, wenn Urteile von anderen veröffentlicht werden. Es gibt keine Exklusivrechte an Gerichtsentscheidungen.

Ziemlich daneben ist auch die Behauptung, die Betreffenden würden den Eindruck erwecken, sie hätten die Entscheidung erwirkt. Dass Anwälte auf ihren Internetseiten Urteile veröffentlichen, ist ja wahrlich nichts Neues. Kein Leser kommt da auf den Gedanken, der betreffende Jurist sei an jedem Verfahren selbst beteiligt gewesen. Es sei denn natürlich, er lässt das ausdrücklich anklingen. Was hier aber nicht der Fall ist.

Natürlich kann man immer darüber diskutieren, ob es nicht nett ist, jemandem “Credits” zu geben. Der Berliner Kollege besteht aber darauf, dass andere “sein” Urteil nicht selbst veröffentlichen, sondern auf seine Seite verlinken. Tun sie das nicht, sind sie eben Internetpiraten.

So eine Anspruchshaltung, ich habe es eingangs erwähnt, sagt mehr über das betreffende Blog als über die Ziele der Kritik. Aber immerhin ist der Berliner Anwalt freimütig. Er erwähnt selbst, dass bei ihm auch “gekränkte Eitelkeit” eine Rolle spielt. Das ist so erfrischend ehrlich, dass sein Blog vielleicht doch keine hundertprozentige PR-Veranstaltung ist.

Links 647

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Rückständiges Arbeiten

Zu den ewigen Streitpunkten bei Tempoverstößen gehört die Frage, ob der Verteidiger die Bedienungsanleitung für das Messgerät sehen darf. Hier hat das Amtsgericht Lüneburg richtig geurteilt:

Der Verteidiger … hat ein Recht auf Einsicht in alle Unterlagen, die auch einem Sachverständigen zu Verfügung stehen würden. Um zu gewährleisten, dass der Verteidiger der Betroffenen die Bedienung und Aufstellung des Messgerätes nachvollziehen und überprüfen kann und entsprechend die Zeugen in der Hauptverhandlung befragen kann, ist ihm Einsicht in die Bedienungsanleitung zu gewähren.

So vernünftig dieser Standpunkt ist, so aberwitzig argumentiert das Gericht bei der Frage, ob dem Verteidiger die Bedienungsanleitung oder wenigstens eine Kopie zur Verfügung gestellt werden muss:

Das Einsichtsrecht ist durch Einsichtnahme in den Räumen der Bußgeldbehörde auszuüben. Eine Übersendung kann nicht erfolgen. Das Bußgeldverfahren ist ein Massenverfahren. Zum einen wird die Bedienungsanleitung der Messgeräte von den Messbeamten ständig benötigt und kann deshalb schon nicht im Original versandt werden. Zum anderen würde aufgrund der Vielzahl der Bußgeldverfahren die jeweilige Anfertigung von Kopien die Kapazitäten der Behörde in einem erheblichen Ausmaß überschreiten. 

Stattdessen soll der Verteidiger aus einer anderen Stadt auch “weit”, also möglicherweise mehrere hundert Kilometer anreisen müssen.

Offenbar ist dem Gericht nicht bekannt, dass die Hersteller elektronischer Geräte ihren Kunden heutzutage PDFs der Bedienungsanleitung zur Verfügung stellen. Dass ausgerechnet die Hersteller von Tempomessgeräten noch ausschließlich auf totes Holz setzen, wäre mir neu.

Jeder Sachbearbeiter im Ordnungsamt hat schon heute eine Sammlung von Textbausteinen zur Verfügung. (Deshalb klingen die Briefe auch immer gleich langweilig.) Es wäre also eine leichte Übung, in dieser Textbausteinverwaltung die passenden Bedienungsanleitungen für die genutzten Messgeräte zu hinterlegen.

Wenn der Mitarbeiter dem Anwalt die Akte übersendet (oder diese, wie so oft, gar erst ausdruckt), könnte er mit dem Begleitschreiben problemlos die Bedienungsanleitung mit ausgeben lassen. Von der Möglichkeit, das PDF des Manuals einfach per E-Mail zu schicken, will ich gar nicht reden.

Aber nein, das Amtsgericht Lüneburg stellt es so dar, als müsste bei jedem Einsichtsgesuch die Bedienungsanleitung hervorgekramt und mühsam Seite für Seite abkopiert werden. Entweder ist das bösartig. Oder der zuständige Richter denkt, es wird überall so rückständig gearbeitet wie an einem Amtsgericht.

Letzteres wäre dann wieder ein Beleg dafür, dass es manchmal sehr sinnvoll sein kann, vor einer so weitgehenden Entscheidung aus dem Elfenbeinturm zu blicken.

Link zum Beschluss des Amtsgerichts Lüneburg