Billige Abmahnungen, nicht nur für “Raubkopierer”

Schon vor Monaten kündigte die Justizministerin an, sie wolle etwas gegen den Abmahnwahn tun. Nun erklärt sie ihre Idee: Mit einem niedrigen Einheitsstreitwert will sie die erste Abmahnung billiger als 100 Euro machen. Die schon bisher existierende Deckelung im Urheberrechtsbereich hält Sabine Leutheusser-Schnarrenberger für gescheitert.

Brisant an der Ankündigung dürfte sein, dass sie sich nicht nur auf das Urheberrecht bezieht. Leutheusser-Schnarrenberger kündigt im Gespräch mit dem Handelsblatt die Billigabmahnung jedenfalls auch für das “Wettbewerbsrecht” an. Wenn sie das wirklich ernst meint, wäre der Einheitsstreitwert jedenfalls weit mehr als eine Korrektur der missglückten 100-Euro-Grenze, die bislang nur für “Raubkopierer” gilt.

Das Wettbewerbsrecht umfasst ein weit größeres Spektrum, in dem heute munter abgemahnt wird. Normalerweise fangen die Preise für Abmahnungen in diesem Bereich bei 500 Euro an, pendeln im Durchschnitt zwischen 1.000 und 2.000 Euro, können aber durchaus auch bis in den fünfstelligen Bereich gehen. Würde hier tatsächlich ein Einheitsstreitwert die Kostenerstattung auf unter 100 Euro drücken, entfiele auch für wirtschaftsrechtlich orientierte Abmahnkanzleien eine ziemlich wichtige Ertragssäule.

Wir würden uns dann der Situation nähern, wie sie seit jeher in anderen Ländern gilt. Dort gilt nämlich auch im juristischen Bereich der Grundsatz, dass derjenige die Musik bezahlt, der sie bestellt. Das wäre sicher auch ein Schritt, um die Abmahnflut einzuschränken. Abmahner müssten sich dann nämlich überlegen, ob ihnen der Rechtsverstoß ihres Gegners wirklich so wichtig ist, dass sie auf eigene Kosten einen Anwalt in Stellung bringen.

Bei der Gelegenheit müsste man dann auch mal darüber nachdenken, ob ähnliches nicht auch für Klagen vor Gericht gelten soll. Jedenfalls wäre niemandem geholfen, wenn Abmahnungen künftig einfach nicht mehr ausgesprochen werden, sondern der Verletzte direkt vor Gericht zieht. Dort gilt derzeit nämlich nach wie vor das Prinzip, dass der Verlierer alle Kosten zahlt.