Post nach Berlin

Bei der Rücksendung von größeren Ermittlungsakten muss man die Hohlräume im Paket manchmal mit Zeitungspapier ausstopfen. Ich finde, meine Sekretärin hat das nett gemacht:

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Die Sendung ging an die Staatsanwaltschaft Berlin.

Tauschbörsen: Ehegatten müssen sich nicht bespitzeln

Haftet der Inhaber eines Internetanschlusses automatisch mit, wenn sein Ehegatte illegal Musik, Filme oder Spiele über eine Tauschbörse lädt? Nein, sagt das Oberlandesgericht Köln. Die Richter sehen keine Aufsichtspflicht gegenüber der Ehefrau oder dem Ehemann.

Eine Frau hatte sich mit dem Argument verteidigt, nicht sie, sondern ihr inzwischen verstorbener Ehemann habe ein Spiel aus einer Tauschbörse besorgt – und es damit gleichzeitig wieder für andere angeboten. Das Landgericht Köln hatte die Frau zu Unterlassung und Schadensersatz verurteilt. Diese Entscheidung hob das Oberlandesgericht Köln nun auf.

Wer seinen Ehepartner den Internetanschluss nutzen lässt, haftet nach Auffassung der Richter nur, wenn er definitiv weiß, dass urheberrechtlich geschütztes Material geladen wird. Das war hier aber nicht der Fall. Ohne konkreten Anlass seien Ehegatten auch nicht verpflichtet, die Internetnutzung des anderen vorsorglich zu überwachen. Der Fall liege anders als bei minderjährigen Kindern. Gegenüber dem Nachwuchs bejaht das Oberlandesgericht eine Kontrollpflicht.

Damit die Sache höchstrichterlich geklärt werden kann, hat das Oberlandesgericht Köln die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen.

Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 16. Mai 2012, Aktenzeichen 6 U 239/11

Mit 15 Euro sind Sie dabei

Oft sind es die kleinen Dinge, welche biedere Bürger gegen die Polizei aufbringen. So zum Beispiel in Deggendorf. Am schönen Birkerlweg war die Autofahrerwelt bislang in Ordnung. Bis ein Polizeibeamter auf die Idee kam, Knöllchen an Autos zu hängen, die entgegen der Fahrtrichtung geparkt waren – obwohl das definitiv niemanden störte.

Die Anwohner wissen mittlerweile, dass die Straßenverkehrsordnung Parken entgegen der Fahrtrichtung untersagt. Sachlich gehen die Verwarnungen über 15 Euro also in Ordnung. Was die Menschen Am Birkerlweg jedoch nicht verstehen: Jahrelang haben sie unbeanstandet “falsch” geparkt, hätte man sie nicht zumindest vorwarnen können, dass diese kleine Verkehrssünde künftig kostet?

Eine berechtigte Frage, welche der Deggendorfer Polizeisprecher gegenüber der Passauer Neuen Presse auf bemerkenswert Art und Weise beantwortete. "Was hätten wir denn tun sollen?", zitiert die Zeitung den Beamten. Eine "Gelbe Karte" ohne Gebühr gebe es einfach nicht. "Bei einer Verwarnung sind eben die 15 Euro mit dabei."

Oft sind es nicht nur die ganz kleinen Dinge, welche biedere Bürger gegen die Polizei aufbringen. Sondern darüber hinaus, wie das Polizeihandeln als schier unausweichlich verkauft wird. Was der Polizeisprecher sagt, ist nämlich falsch.

In Bußgeldsachen gilt das sogenannte Opportunitätsprinzip. Das bedeutet, ein Beamter kann nach pflichtgemäßem Ermessen auch entscheiden, dass er eine Ordnungswidrigkeit nicht verfolgt. Überdies hat er natürlich stets die Möglichkeit, es bei einer mündlichen Verwarnung zu belassen. Einen Kassierzwang, wie ihn der Polizeisprecher behauptet, gibt es nicht.

Ansonsten wären ja auch sogenannte “Einführungswochen” unzulässig, wie man sie von Polizeibehörden kennt, die mehr von Bürgernähe halten. Sofern sich zum Beispiel Tempobeschränkungen ändern, wird ja andernorts gern zunächst informiert – und erst nach einer Umgewöhnungszeit kassiert.

Nur in Deggendorf geht das angeblich nicht? Die Anwohner am Birkerlweg dürfen sich nach meiner Meinung nun doppelt verschaukelt fühlen.

Links 741

„Die totale Kontrolle der Allgemeinheit zum Zweck der Rechtsdurchsetzung einer Minderheit ist bizarr“

„Das Internet sorgt für mehr Kunst, mehr Künstler, mehr Musik und mehr Filme“

Liebe Künstler, können wir reden? / Link zum Diskussionspad

Extrasteuer für Konfessionslose?

Dortmund: Polizeigewalt oder notwendige Maßnahme?

Ehemaliger Mordermittler hält Günther Kaufmann weiter für schuldig

Jeden Monat ein Bonitätszertifikat

Die skurrile Jagd auf Florian Homm

“Kostenpflichtig bestellen”

Die Button-Lösung für Internetgeschäfte kommt: Ab dem 1. August müssen Anbieter ihre Kunden unmittelbar vor der Bestellung klar, verständlich und in hervorgehobener Weise über die wesentlichen Vertragselemente – insbesondere den Preis – informieren.

Ein Vertrag kommt nur dann zustande, wenn der Verbraucher ausdrücklich bestätigt, dass er sich zu einer Zahlung verpflichtet. Erfolgt der Vertragsschluss per Mausklick auf eine Schaltfläche, muss diese gut lesbar mit einem eindeutigen Hinweis versehen sein, etwa  "zahlungspflichtig bestellen".

Fehlt es an der Bestätigung des Verbrauchers oder einer korrekt beschrifteten Schaltfläche, kommt kein Vertrag zustande. Im Zweifel muss der Unternehmer beweisen, dass er seinen Informationspflichten ausreichend nachgekommen ist.

Das Gesetz soll zwar vorwiegend Abo- und Kostenfallen im Internet ausschalten. Es gilt aber für alle Anbieter gleichermaßen. Es müssen deshalb auch die Webseiten von Unternehmen angepasst werden, bei denen Kunden die Kostenpflicht kennen oder an anderer Stelle informiert werden.

Anbieter, die ab dem 1. August 2012 die Buttonlösung nicht umgesetzt haben, müssen mit Abmahnungen der Konkurrenz rechnen.

Erst heute vorgelegt

Brief der Staatsanwaltschaft Berlin vom 11.05.2012:

… wird bezüglich Ihres Schreibens vom 21.02.2012, welches erst am heutigen Tage vorgelegt wurde, mitgeteilt …

Mittlerweile hat sich die Sache schon anderweitig erledigt.

Mainzer Professoren verteidigen Drogenhelfer

Alle Jura-Professoren und Dozenten für Strafrecht an der Mainzer Johannes-Gutenberg-Universität ziehen an einem Strang. Sie übernehmen gemeinsam die Verteidigung zweier Mitarbeiter des Mainzer „Café Balance“, einer Einrichtung der Drogenhilfe.  Die von der Stadt Mainz getragene und vom Land mitfinanzierte Einrichtung war in der vergangenen Woche von einer Hundertschaft der Polizei durchsucht und daraufhin kurzzeitig geschlossen worden.

Bisher wird gegen zwei Mitarbeiter ermittelt. Ihnen wird unter anderem vorgeworfen, illegale Drogengeschäfte in der Einrichtung geduldet oder gefördert zu haben. Außerdem sollen sie Besucher des Cafés vor Polizeikontrollen gewarnt haben. In der Einrichtung wurden laut Medienberichten jedoch keinerlei relevante Beweismittel gefunden, die diese Vorwürfe erhärten würden.

Zur Begründung ihres Engagements sagen Prof. Volker Erb und Prof. Michael Hettinger: „Unabhängig von der Substanz der strafrechtlichen Vorwürfe ist bereits der uns vorliegende Durchsuchungsbeschluss unzulänglich begründet. Die uns von Augenzeugen und in den Medien berichtete Art und Weise seiner Durchführung ist inakzeptabel und unverhältnismäßig. Wir bereiten zurzeit die Beschwerden gegen den Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Mainz und gegen die Leitung des Polizeieinsatzes vor.“

Prof. Jan Zopfs ergänzt zur Motivation: „Wir kennen das Café Balance seit Jahren, haben es begleitend zur Vorlesung Betäubungsmittelstrafrecht mehrfach mit unseren Studierenden besucht. Wir waren beeindruckt davon, wie die Mitarbeiter einerseits ein einfach zu erreichendes Angebot für Schwerstabhängige bereithalten. Andererseits sorgen sie aber mit einer Vielzahl konkreter Maßnahmen dafür, dass Besucher eben keine illegalen Geschäfte untereinander machen.”

Auf Grundlage der bislang bekannten Informationen gehen die Wissenschaftler davon aus, dass sich die Vorwürfe gegen die Mitarbeiter als haltlos herausstellen werden. „In den Fällen schwerster Abhängigkeit gibt es kaum eine andere Chance der Hilfe, als die Abhängigkeit zunächst zu akzeptieren und wenigstens die elementarste Unterstützung zu leisten“, sagt Kriminologe Prof. Michael Bock. “Wenn unsere Gesellschaft diese Menschen nicht von vornherein aufgeben will, bleibt vor einer Motivation für Therapie und Heilung nichts anderes, als sie erst einmal so zu nehmen, wie sie sind, einschließlich der kriminellen Gefährdung, die Ursache oder Folge ihrer Krankheit sein kann.”

Dr. Knud-Christian Hein, Professor für Sozial- und Strafrecht an der Hochschule Darmstadt und Lehrbeauftragter der Universität Mainz, betont: „Mit ähnlichen wie den in diesem Verfahren erhobenen Vorwürfen könnte man alle niedrigschwellig arbeitenden Einrichtungen der Drogenhilfe bundesweit dichtmachen. Dort, wo Schwerstabhängigen ganz praktisch geholfen wird und diese sich daher länger aufhalten, können Drogen in kleinen Mengen zum Eigenkonsum schon denklogisch nicht fern sein.”

Auch in den in Hessen rechtlich zulässigen „Druckräumen“ bekämen die Abhängigen Drogen nicht gestellt, sondern müssen sie selbst mitbringen, weswegen die Polizei dort aber nicht etwa die Ankommenden durchsuche und kriminalisiere. Die Besucher würden sonst schlicht nicht mehr kommen und die „Junkie-Szene“ sich so unkontrolliert wieder in den öffentlichen Raum verlagern, was sicherlich nicht im Interesse der Bürger sei. Auch Vertreter der Justiz in Hessen, mit denen die Professoren gesprochen haben, würden nur den Kopf schütteln über das, was derzeit in Mainz geschieht.

In die Arbeit an dem Fall werden auch Studenten einbezogen. Ein Seminar zum Betäubungsmittelstrafrecht hat gerade begonnen.

Gutachter muss Überwacher überwachen

Ein Provider muss nur dann Nutzerdaten von Filesharingsündern herausgeben, wenn der Urheberrechtsinhaber belegt, dass er die IP-Adressen technisch zuverlässig erfasst hat. Dafür, so das Oberlandesgericht Köln, muss ein Sachverständiger das Verfahren überwachen und ein entsprechendes Gutachten vorgelegt werden.

Eine Frau hatte sich beschwert, weil das Landgericht Köln die Herausgabe ihrer Nutzerdaten anordnete. Dabei fehlten im Antrag an das Gericht vernünftige Angaben darüber, dass die Tauschbörse fehlerfrei überwacht wurde. Eidesstattliche Versicherungen von Mitarbeitern und Beweisanträge hält das Oberlandesgericht Köln nicht für ausreichend. Wörtlich:

Der Rechteinhaber muss daher, bevor er mit der Ermittlung von Rechtsverletzungen beginnt, sicherstellen, dass diese Ermittlungen ordnungsgemäß durchgeführt werden und dass er dies dokumentieren kann.

Setzt er hierfür eine Software ein, muss diese durch einen unabhängigen Sachverständigen überprüft und regelmäßig kontrolliert werden. Eine nachträgliche Untersuchung der eingesetzten Software durch das Gericht mit ungewissem Ausgang genügt dagegen nicht, um eine Offensichtlichkeit der Rechtsverletzung begründen zu können.

Somit müssen dem Gericht schon bei Antragstellung nachvollziehbare Unterlagen vorgelegt werden, aus denen sich eine korrekte Überwachung ergibt. Hierzu muss auch ein unabhängiger Sachverständiger eingeschaltet werden. Eine nachträglich Überprüfung reicht schon deshalb nicht, weil dann ja die Nutzerdaten bereits herausgegeben wurden und das auch nicht rückgängig gemacht werden kann.

Oberlandesgericht Köln, Beschluss vom 20. Januar 2012, Aktenzeichen 6 W 242/11

Verdächtig durch Stromverbrauch

In Karlsruhe hat die Polizei eine private Marihuana-Plantage ausgehoben. Die Plantage befand sich in einer Privatwohnung. An sich eine alltägliche Geschichte, hätte die Meldung über die Angelegenheit nicht einen Kick: Auf die Spur des privaten Drogenzüchters, so heißt es lakonisch in einer Agenturmeldung, seien die Beamten durch dessen exorbitant hohen Stromverbrauch gekommen.

Wieso die Polizei ermittelte, wird leider nicht erwähnt. Obwohl sich Nachfragen aufdrängen. Checkt die Polizei etwa, wie viele Kilowatt Bürger verbrennen, und setzt sie diese Zahl in Relation zur Fläche der Wohnung? Ab welchem Stromverbrauch klingeln die Alarmglocken? Wird etwa berücksichtigt, wie viele Personen in der Wohnung leben. Geschehen solche Dinge routinemäßig? Oder nur bei begründetem Anlass? Und auf welcher Rechtsgrundlage geben Stadtwerke Daten raus?

Ich habe beim Pressesprecher der Karlsruher Polizei nachgefragt. Er sagt, seine Behörde überprüfe keineswegs die Stromrechnungen x-beliebiger Kunden. Vielmehr hätten seine Kollegen einen Anfangsverdacht gehabt. Der Vermieter des Betroffenen habe nämlich einen Hinweis gegeben. Wahrscheinlich hatte der Vermieter den Verbrauch des Verdächtigen nachgehalten. Stromzähler in Mietshäusern sind ja meist für alle Parteien zugänglich.

Bemerkenswert bleibt die Angelegenheit trotzdem. Immerhin hat die Polizei dann ja aufgrund des Anfangsverdachts den Stromverbrauch überprüft. In so einem Fall müssen die Stadtwerke als Zeuge Kundendaten liefern. Der Stromverbrauch war nach Polizeiangaben für eine Einpersonenwohnung so exorbitant hoch, dass ein Richter es für nachvollziehbar hielt, dass dort Tag und Nacht die Powerlampen einer Marihuana-Plantage brennen. Dementsprechend ordnete er die Durchsuchung an.

Der Polizei kann man zu Gute halten, dass sie sich offenbar nicht alleine auf die Angaben des Vermieters verließ. Unabhängig davon ist der Fall ein schönes Beispiel dafür, welche Ermittlungsansätze sich erst aus den Daten intelligenter Stromzähler ergeben können. Das Thema haben wir ja schon im letzten Jahr diskutiert.

Rassistisches Urteil wird überprüft

Ein Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz sorgte vor kurzem für Entsetzen – jedenfalls bei mir. Aus der Entscheidung spricht nämlich Rassismus. Die Koblenzer Richter halten es für zulässig, dass Bundespolizisten bei Kontrollen in grenznahen Zügen auch die Hautfarbe als Kriterium dafür heranziehen, welcher Reisende kontrolliert wird. Dagegen wehrte sich ein dunkelhäutiger Betroffener, der schon etliche Male kontrolliert wurde. 

Nun gibt es Hoffnung, dass diese beschämende Entscheidung korrigiert wird. Das Oberverwaltungsgericht Koblenz hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen. Außerdem bewilligt das Oberverwaltungsgericht dem Kläger Prozesskostenhilfe – und zwar rückwirkend auch für das Verfahren in der 1. Instanz. Damit bejahen die Richter am Oberverwaltungsgericht, dass die Berufung Aussicht auf Erfolg hat.

Für den Kläger setzt sich der Göttinger Anwalt Sven Adam ein. Nach seiner Auffassung legitimiert die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Koblenz das sogenannte “Ethnic Profiling”. Dabei, so Adam, habe die Bundesregierung noch im Juli 2011 erklärt, bei verdachtsunabhängigen Kontrollen dürfe es keine unterschiedliche Behandlung von Personen nach Herkunft, Hautfarbe oder Religion geben.

Überdies weist der Jurist darauf hin, dass auch der Menschenrechtsausschuss der Vereinten Nationen Ethnic Profiling als unzulässig ansieht. Außerdem liegt es nahe, dass die Koblenzer Richter gegen das Grundgesetz und die Europäische Menschenrechtskonvention verstoßen haben.

Früherer Berichte im law blog: (1) (2)

Bericht zur Praxis in England

Keine Notizen im Gerichtsaal

Die Sitten und Gebräuche im Gerichtssaal hängen immer maßgeblich vom Vorsitzenden ab. Der Vorsitzende wacht über die Ordnung im Saal, und je nach persönlicher Empfindsamkeit eckt er mit seinen Vorstellungen schon mal bei den sonstigen Anwesenden an.

Über Marotten diverser Richter kann man jedenfalls immer mal wieder was lesen. Zum Beispiel bei einem Blogger, der aktuell über den Prozess gegen den mutmaßlichen Abofallenbetreiber Michael B. berichtet:

Es wurde mir untersagt mitzuschreiben. Ob per Smartphone, Laptop oder schriftlich auf einem Block. Ich darf nur zuhören. Schreiben dürfen nur die von der Presse.  

Das ist in der Tat eine Praxis, die in vielen Gerichtssälen durchgesetzt wird. Das “normale” Publikum darf sich keine Notizen machen. Wer sich weigert, fliegt. Oder auch nicht. Denn als Zuschauer kann man es gerade in Strafprozessen ruhig mal darauf ankommen lassen, ob der Richter einen wirklich aus dem Gerichtssaal eskortieren lässt.

Es gibt nämlich keine ausdrückliche gesetzliche Vorschrift, die Zuschauern im Gerichtssaal Schreiben oder Zeichnen verbieten. Das Gericht kann sich höchstens darauf stützen, so was gefährde die bereits erwähnte Ordnung der Verhandlung. Nur bei einer solchen Störung kann das Gericht Sanktionen verhängen.

Wobei es natürlich extrem schwierig sein dürfte, die Störung im Einzelfall zu belegen. Zumal wenn mitschreibende Profijournalisten anwesend sind, die sich unbehelligt Notizen machen, womöglich sogar auf einem klappernden Notebook.

Strafverteidiger freuen sich übrigens, wenn sich der Richter mit vermeintlich renitenten Zuschauern streitet. Fliegen diese nämlich unberechtigt raus, ist die gesetzlich vorgeschriebene Öffentlichkeit der Hauptverhandlung nicht mehr gewahrt. Das ist ein absoluter Revisionsgrund – leichter kriegt man ein Verfahren nicht neu aufgerollt.

Als ich zuletzt so einen Krach miterlebte, ging er übrigens zu Gunsten eines Herrn aus, der sich auf Nachfrage des Richters als “Bürgerjournalist” vorstellte. Der Richter drohte zwar mit dem Rausschmiss und einem Ordnungsgeld. Doch der Zuschauer schrieb ungerührt weiter mit und erklärte, man müsse ihn schon raustragen, wenn er aufhören soll. Der Richter schwieg eine Minute. Man konnte förmlich sehen, wie es in ihm arbeitete.

Schließlich setzte er die Verhandlung fort, als sei nichts gewesen. Der Bürgerjournalist schrieb bis zum Ende mit, und ich hatte eine Revisionsgrund weniger.

NRW: Polizeireform hat kaum was gespart

Die Reform der nordrhein-westfälischen Polizei vor fünf Jahren war ein organisatorischer Irrtum. Je nach Sichtweise auch ein politischer Fehler. Bei der Zusammenlegung der Polizeibehörde Mülheim mit dem Präsidium in Essen und der Behörde Leverkusen mit dem Präsidium in Köln durch die schwarz-gelbe Vorgängerregierung seien die Einspareffekte überschätzt worden, so sagt der amtierende Innenminister Ralf Jäger (SPD).

Er korrigiert damit die Haltung seines Vorgängers Ingo Wolf (FDP), der vor 5 Jahren die Polizei neu organisiert hatte. So waren auch die polizeilichen Mittelbehörden bei den fünf Regierungspräsidien in Arnsberg, Detmold, Düsseldorf, Köln und Münster abgeschafft worden. Der personelle Einspareffekt, so hieß es seinerzeit, liege bei insgesamt 500 Stellen.

„Es gibt lediglich einen Synergieeffekt von 180 Stellen“, sagt dagegen Ministeriumssprecher Wolfgang Beus. Die Erwartungen seien somit nicht eingetreten. Die Zusammenlegung der Behörde Leverkusen mit der in Kön habe etwa nur 43 Stellen erwirtschaft. Die Fusion des seinerzeit eigenständigen Polizeipräsidiums Mülheim mit dem im benachbarten in Essen nur 32.

Auf Rückkehr in die Selbständigkeit können die ehemaligen Präsidien aber nicht hoffen. „Die sind jetzt mit den Nachbarn zusammen gewachsen“, sagt der Innenminister. Er fügt jedoch an: „Es muss bei der hohen Präsenz der Polizei auf den Straßen und in den Ermittlungskommissariaten bleiben.“

In jedem Jahr werden 1.400 neue Polizeibeamte eingestellt, so verspricht es Jäger, „das sind jeweils 300 mehr als in den Jahren zuvor”. (pbd)

“Sie haben das Recht zu schweigen”

Nächste Woche, von Freitag bis Sonntag, findet in Köln mal wieder die SIGINT statt. Die SIGINT ist eine Konferenz zu den Diskursen im digitalen Zeitalter. Veranstalter ist der Chaos Computer Club.

Ich werde mich mit einem Vortrag beteiligen. Das Thema lautet “Sie haben das Recht zu schweigen”. Ich werde erklären, wie man sich on- und offline am besten gegenüber der Polizei verhält, wenn es mal Ärger gibt oder man als Zeuge befragt werden soll. 

Der Vortrag ist am Freitag, 18. Mai, 17.45 Uhr.