Thüringer LKA jagt Klopapierdieb

Auch wenn es um mögliche Straftäter in den eigenen Reihen geht, ist die Polizei unerbittlich – jedenfalls in Thüringen. Dort fahndeten Beamte des Landeskriminalamtes über ein Jahr lang nach einem Klopapierdieb in der Behörde. Sogar Überwachungskameras kamen zum Einsatz.

Schauplatz war die LKA-Außenstelle Waltersleben im Ilmkreis, berichtet der MDR. Putzfrauen hatten dort gemeldet, aus “Liefersäcken” kämen immer mal wieder Toilettenpapierrollen abhanden. Als interne Ermittlungen nichts fruchteten, installierten Experten der “Abteilung 3” eine Überwachungskamera im betreffenden Flur nahe der Toilette. Für die Techniker muss das ein lauer Job gewesen sein. Sie überwachen laut MDR sonst Extremisten und die organisierte Kriminalität.

Für den Fall soll außerdem ein Beamter des Staatsschutzes abgestellt worden sein. Er wertete die Videobänder aus. Leider erfolglos, denn ein Dieb wurde darauf nicht festgehalten. Das Landeskriminalamt ließ aber nicht locker. Die Behörde beantragte bei der Staatsanwaltschaft sogar die Genehmigung für eine zweite Videokamera. Das lehnte die Staatsanwaltschaft aber ab.

Auch intern soll es Kritik gegeben haben. Die Rechtsabteilung des LKA Thüringen monierte nach dem Bericht, es habe keine ausreichende datenschutzrechtliche Prüfung gegeben. Das Verfahren selbst ist mittlerweile ergebnislos eingestellt, die Aufnahmen aus dem Zeitraum November 2010 bis Februar 2012 sollen vernichtet worden sein.

Kredit: 48 Prozent Zinsen sind zu viel

Eine Grundschuld mit einem Zinssatz von 48 Prozent ist sittenwidrig und darf nicht ins Grundbuch eingetragen werden. Das hat das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht entschieden.

Ein Pfandleihunternehmen aus Hannover schloss im September 2011 mit dem Eigentümer eines Grundstücks in Hohwacht einen Vertrag über einen Kredit von 10.000 Euro. Vereinbart waren Zinsen von 1 % pro Monat (12 % pro Jahr) und "Gebühren" von 3 % pro Monat (36 % pro Jahr).

Als Sicherheit sollte der Eigentümer eine Grundschuld an seinem Grundstück über 15.000 Euro zuzüglich 48 % Zinsen pro Jahr bestellen und sich der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwerfen. Vor Abschluss des Darlehensvertrags hatte der Grundstückseigentümer bereits bei einem Notar eine entsprechende Urkunde errichten lassen. Die Grundschuld musste zu ihrer Wirksamkeit noch im Grundbuch eingetragen werden.

Das Grundbuchamt Plön wies die Beteiligten darauf hin, dass es den vereinbarten Zinssatz als sittenwidrig ansehe. Gegen diesen Hinweis legte der Pfandleiher Beschwerde ein. Für seinen Geschäftszweig, so argumentierte er, seien die Zinsen und Gebühren angemessen.

Dieser Auffassung ist das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein nicht gefolgt. Vielmehr erkennen auch die Richter ein ein besonders grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung. In der derzeitigen Niedrigzinsphase seien für einen durch Grundpfandrecht (Grundschuld oder Hypothek) gesicherten Kredit Zinsen in der Größenordnung von allenfalls 5 % pro Jahr üblich, jedenfalls aber von weit unter 10 % pro Jahr.

Grundschuldzinsen würden erfahrungsgemäß gewöhnlich im unteren zweistelligen Bereich, nämlich mit etwa 15 % eingetragen. Die Grundschuldzinsen, deren Eintragung hier in Höhe der im Darlehensvertrag vereinbarten Zinsen von 48 % pro Jahr verlangt werde, liege weit oberhalb des üblichen Zinssatzes.

Der Pfandleiher könne sich auch nicht darauf berufen, dass der Zinssatz von 48 % pro Jahr der Regelung in § 10 Pfandleihverordnung entspreche, wonach der Pfandleiher neben monatlichen Zinsen von 1 % pro Monat auch ein weiteres Entgelt für die Kosten seines Geschäftsbetriebes fordern darf. Der Kredit sei nämlich gar keine Pfandleihe.

Bei der Pfandleihe werde ein Darlehen gewährt gegen Verpfändung beweglicher Sachen als Faustpfand. In der Regel handele es sich um Gebrauchsgegenstände. Bei der Pfandleihe hafte der Darlehensnehmer nicht mit seinem gesamten Vermögen, sondern seine Haftung sei auf den verpfändeten Gegenstand beschränkt. Hier dagegen habe der Pfandleiher einen Darlehensvertrag ohne Begrenzung abgeschlossen und sich dafür eine Sicherung an einer unbeweglichen Sache geben lassen.

Damit hat das Unternehmen nach Auffassung der Richter den Anwendungsbereich der Pfandleihverordnung verlassen. Im Ergebnis bewertet das Gericht – wenig überraschend – den Vertrag als sittenwidrig und damit nichtig.

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 5. September 2012, Aktenzeichen 2 W 19/12

Meldegesetz: Schlupflöcher für Datenhändler

Der Streit ums Meldegesetz geht weiter. Dabei könnte alles so einfach sein: Politiker müssten sich nur darauf besinnen, was im ursprünglichen Gesetzentwurf vorgesehen war. Danach durften Meldeämter die Daten der Bürger künftig nur verkaufen, wenn diese vorher ausdrücklich zugestimmt haben. Eine einfache, saubere Lösung. Die aber offensichtlich der Lobby der Datenhändler gegen den Strich geht. Nun wird erneut herumgedoktert – als nächstes am Freitag im Bundesrat.

Den Verantwortlichen scheint zwar klargeworden zu sein, dass sie am Ende mit dem vom Bundestag bereits beschlossenen Gesetz nicht durchkommen werden. So hat die verabschiedete Fassung die ursprünglich vorgesehene Einwilligungslösung in ihr Gegenteil verkehrt. Plötzlich sollen die Bürger dem Verkauf ihrer Daten ausdrücklich widersprechen müssen. Ganze 57 Sekunden brauchte der wegen eines EM-Fußballspiels der deutschen Nationalmannschaft spärlich besetzte Bundestag, um diese wohl in letzter Minute von entsprechend interessierten Politikern umgedrehte Fassung abzunicken.

Offenbar wusste manche Fraktion gar nicht, was sie da tat. Denn angesichts des Proteststurms erklärten sogar die Regierungsparteien, so sei das alles nicht gemeint gewesen. Nun ist es Aufgabe des Bundesrates, eine Gesetzesänderung vorzuschlagen, die dann über den Vermittlungsausschuss mit dem Bundestag beraten werden kann.

Hierzu gibt es auch eine Beschlussempfehlung. Auf den ersten Blick kehrt sie sogar zur Einwilligungslösung zurück. Aber nur auf den ersten Blick. Denn das Schlupfloch ist bereits eingebaut. Bürger sollen ihre Einwilligung nämlich nicht bei den Meldeämtern geben, sondern gegenüber Adresshändlern, Direktmarketingfirmen und anderen Unternehmen, die sich bei den Behörden Meldedaten besorgen wollen.

Mit anderen Worten: Den betreffenden Firmen wird die Möglichkeit eingeräumt, sich das Einverständnis zum Adresshandel über das Kleingedruckte zu besorgen. Solche Erklärungen sind in der Regel zwar unwirksam. Aber nachdem die Auskunft schon gelaufen ist, dürfte sich nur eine winzige Gruppe Betroffener dazu aufraffen, juristisch gegen den Adressverkauf vorzugehen. Zumal man ja noch nicht einmal notwendigerweise davon erfährt, wenn sich eine Firma unter Berufung auf ein angebliches Einverständnis Meldedaten besorgt.

Überdies ist noch nicht mal beabsichtigt, dass die Meldeämter überhaupt prüfen, ob ein Einverständnis vorliegt. Es soll ausreichen, wenn der Anfrager behauptet, der Bürger habe eingewilligt. Außerdem sollen die Firmen die Einverständniserklärungen nur vorlegen müssen, wenn das Meldeamt dies verlangt. Man kann sich vorstellen, wie oft dies tatsächlich geschehen würde.

Der Bundesrats-Vorschlag ist also nach Kräften so gestaltet, um das Zustimmungserfordernis ins Leere laufen zu lassen. Man braucht wohl nicht lange zu spekulieren, wem wir es zu verdanken haben, dass es noch immer nicht zur einfachen, sauberen Lösung langt, die da lautet: kein Handel mit hoheitlich erhobenen Daten ohne schriftliches Einverständnis des Bürgers.

Übrigens: Morgen ist Opt-out-day.

Internet-Law zum gleichen Thema

Bericht auf Zeit Online

Blitzer-Apps sollen erlaubt werden

Vekehrsexperten von CDU und FDP wollen Radarwarner legalisieren. Dabei haben sie offenbar vor allem Blitzer-Apps im Auge, wie sie heute für jedes Smartphone und Navigationsgerät erhältlich sind. Wie der Focus unter Bezug auf die Saarbrücker Zeitung berichtet, halten die Politiker das bislang geltende Verbot von Blitzerwarngeräten für nicht mehr “zeitgemäß”.

Der Gedanke ist nachvollziehbar – und im Ergebnis auch richtig. In der Tat ist die bislang geltende Regelung überholt. Sie lautet:

Dem Führer eines Kraftfahrzeuges ist es untersagt, ein technisches Gerät zu betreiben oder betriebsbereit mitzuführen, das dafür bestimmt ist, Verkehrsüberwachungsmaßnahmen anzuzeigen oder zu stören. Das gilt insbesondere für Geräte zur Störung oder Anzeige von Geschwindigkeitsmessungen (Radarwarn- oder Laserstörgeräte).

Die Formulierung stammt aus einer Zeit, als die Geräte selbst die Messimpulse von Radarfallen aufspürten. Das ist heute aber nicht mehr Stand der Technik. Blitzer-Apps funktionieren über die Meldungen von Vekehrsteilnehmern, also per Schwarmintelligenz. Stationäre Anlagen werden einfach in Karten eingetragen. Der klassische Radarwarner hat also ausgedient, zumal er moderne Geräte, die zum Beispiel mit Induktionsschleifen arbeiten, gar nicht mehr erfassen kann.

Bislang ist unklar, ob Blitzer-Apps in Smartphones und Navigationsgeräten überhaupt noch unter das Verbot fallen. Weder Handys noch Navis sind nämlich in erster Linie dafür “bestimmt”, vor Radarfallen zu warnen, wie es das Gesetz fordert. Vielmehr dienen sie (auch) etlichen anderen Zwecken.

Gerichtliche Entscheidungen gibt es so gut wie nicht. Das liegt natürlich auch daran, dass die Polizei den Einsatz solcher Geräte nur schwer nachweisen kann. Beamte müssten sich bei Verkehrskontrollen Handys und Navis ansehen. Oder die Geräte beschlagnahmen, wenn der Autofahrer den Zugangscode nicht rausrückt.

Es ist schon höchst zweifelhaft, ob solche Zugriffe überhaupt rechtmäßig wären. Immerhin finden sich auf Smartphones viele persönliche Daten des Autofahrers, außerdem die meist offenen Zugänge zu E-Mail-Accounts, sozialen Netzwerken und Cloud-Speichern, um nur einige Beispiele zu nennen. Es würde also ganz erheblich in sensible Rechtsbereiche des Bürgers eingegriffen. Dass die Polizei bei allgemeinen Verkehrskontrollen “einfach mal so” in den Handys der Angehaltenen nach Blitzer-Apps schnüffelt, erscheint vor diesem Hintergrund fast undenkbar.

Die heutige Regelung hat auch andere Graubereiche. So steht es ja ohnehin jedem Beifahrer frei, eine Blitzer-App auf seinem Handy laufen zu lassen. Der Paragraf richtet nämlich ausdrücklich nur an den Fahrzeugführer. Außerdem ist es seit langem üblich, dass Radiosender ganz aktuell vor Radarfallen warnen. Selbst Polizei und Kommunen geben an vielen Orten die Messorte auf den eigenen Internetseiten bekannt. Wieso dann nicht auch Mobiltelefone oder Navigationsgeräte vor Blitzern warnen dürfen, erscheint mir kaum nachvollziehbar.

Also Daumen hoch für diese Idee.

Presse kann keine Notrufe rausverlangen

Ein Journalist hat vor Gericht vergebens versucht, die Kölner Polizei zur Herausgabe von zwei Notrufen zu zwingen. Der Reporter der Bild-Zeitung wollte die Tonbandaufzeichnungen oder zumindest Abschriften von Gesprächen haben,  in denen sich das Opfer einer Gewalttat kurz vor seinem Tod an die Polizei gewandt hatte.

Das Verwaltungsgericht Köln lehnte den Eilantrag des Journalisten ab. Die Weitergabe könne die laufenden Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft gefährden. Außerdem seien die Interessen des Verstorbenen und insbesondere seiner Angehörigen zu berücksichtigen. Deren Schutz überwiege zumindest derzeit.

Verwaltungsgericht Köln, Beschluss vom 13. September 2012, Aktenzeichen 13 L 1121/12

Hamburger Fälle für Hamburger Richter

Das Hamburger Landgericht arbeitet am Anschlag. So jedenfalls formuliert es Gerichtspräsidentin Sibylle Umlauf in einem aktuellen Bericht des Hamburger Abendblatts (kostenlos nur über Google News abrufbar, Suchbegriff: “Hamburgs Richter”). Wegen akuter Personalnot müssten vielleicht sogar Verdächtige vorzeitig aus der Untersuchungshaft entlassen werden. Schon sechs Große Strafkammern hätten einen Eingangsstopp, weil sie neue Haftsachen nicht bewältigen können.

Die Gerichtspräsidentin beklagt ständige Einsparungen und Stellenstreichungen. Eines allerdings erwähnt sie nicht: Hamburgs Gerichtsbarkeit leistet sich immer noch den Luxus zweier Zivilkammern, die sich praktisch ausschließlich mit Pressesachen beschäftigen. Dabei geht das Einzugsgebiet der hanseatischen Richter weit über Hamburg hinaus.

Tatsächlich strömen aus ganz Deutschland Kläger nach Hamburg, wenn sie juristisch etwas im Äußerungsrecht erreichen wollen. Möglich macht dies der “fliegende Gerichtsstand”. Danach kann man gegen unliebsame Veröffentlichungen an jedem Ort klagen, an dem das Medium erhältlich ist.

Weil es in Hamburg Buchläden, Zeitungskioske und reichlich Internet gibt, fühlen sich die dortigen Presserichter seit jeher berufen, auch Rechtsstreite zu entscheiden, in denen weder der Kläger noch der Beklagte in Hamburg wohnt oder ansässig ist. Das geschieht ohne Not, denn gesetzlich vorgeschrieben ist der fliegende Gerichtsstand keineswegs. Es waren erst Richter selbst, welche die Paragrafen der Zivilprozessordnung so interpretiert haben.

Jedenfalls kann man das mit dem fliegenden Gerichtsstand juristisch auch anders bewerten – wenn man denn will. Einige Gerichte haben in letzter Zeit den fliegenden Gerichtsstand auch mit guten Gründen verneint. Es bedürfte also nur einer gewissen Einsicht der zuständigen Richter, damit in Hamburg Jahr für Jahr nicht mehr hunderte einstweilige Anordnungen beantragt und Prozesse geführt werden, die dort eigentlich nichts verloren haben.

Diese Verfahren würden sich nicht nur geschmeidig auf die 115 weiteren Landgerichte in Deutschland verteilen lassen. Es würde auch wieder mehr Gerechtigkeit herrschen, wenn sich Kläger nicht mehr das “genehmste” Gericht aussuchen können, sondern ihr Glück am örtlich tatsächlich zuständigen Gericht versuchen müssten. In Hamburg würden dagegen beträchtliche Ressourcen frei.

Aber so weit wird es natürlich nicht kommen. Selbst wenn sie es wollte, kann die Hamburger Gerichtspräsidentin die Presserichter nicht anweisen, ihre Liebe zum fliegenden Gerichtsstand aufzukündigen. Dem steht die richterliche Freiheit entgegen. Helfen kann am Ende nur der Gesetzgeber. Ein klarstellender Satz in der Zivilprozessordnung würde reichen, damit Hamburger Richter sich wieder um Hamburger Fälle kümmern.

“Ich schenke dir ein Nutzungsrecht”

Was wie ein Geschenk aussieht, muss keines sein. Diese schmerzliche Erfahrung musste jetzt ein Mann machen, dem seine damalige Freundin zum Geburtstag einen Sportwagen vor die Bürotür gestellt hat. Der Wagen war mit einer Schleife geschmückt, und der Mann bekam auch einen Autoschlüssel. Dennoch ist er nicht Eigentümer geworden, meint das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein.

Kurz vor dem 60. Geburtstag ihres Freundes hatte die Beklagte das Cabrio für 50.000 Euro gekauft. Am Jubeltag erschien sie mit dem Wagen an seiner Arbeitsstelle und drückte ihm den Schlüssel in die Hand. Eine rote Schleife zierte das schicke Auto.

Auch wenn der Mann das Auto später nutzen durfte, behielt die Frau den Kfz-Brief und einen Zweitschlüssel für sich. Das schöne Geschenk war aber kein Kitt für die Beziehung. Es kam zur Trennung, die Frau holte sich das Auto mit ihrem Zweitschlüssel zurück. Der Mann verlangte die Rückgabe des Wagens und zog schließlich vor Gericht.

Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein meint, der Ex-Freund sei nicht Eigentümer des Fahrzeugs. Aus dem Urteil:

Er konnte und durfte den tatsächlichen Vorgang – das Vorfahren der Beklagten in dem mit Schleife geschmückten Fahrzeug, Gratulation zum Geburtstag und Übergabe eines Schlüssels – nicht dahin verstehen, dass ihm schlüssig ein Schenkungsangebot auf Übereignung des Fahrzeugs gemacht worden ist.

Angesichts des erheblichen Fahrzeugwertes hätte es schon nahegelegen, den etwaigen Willen zur Schenkung und Übereignung des PKW auch in Worten zum Ausdruck zu bringen, was aber nicht geschehen ist. Die Möglichkeit gerade sein "Traumfahrzeug" auf unbestimmte Zeit nutzen zu können, kann sich in dieser Situation als durchaus denkbares und ansehnliches Geschenk darstellen.

Dieses Nutzungsverhältnis, das die Richter als Leihe ansahen, hatte die beklagte Fahrzeuginhaberin aber schriftlich gekündigt, so dass der Kläger das Cabrio auch aus diesem Grund nicht weiter behalten durfte.

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 22.05.2012, Aktenzeichen 3 U 69/11

Polizei darf E-Mail-Account nicht dauerhaft kapern

Wenn die Polizei E-Mails auf Servern beschlagnahmt, darf sie den Account des Betroffenen nicht auf unabsehbare Zeit in Beschlag nehmen. Vielmehr muss dem Inhaber des E-Mail-Kontos nach vertretbarer Zeit wieder der Zugang ermöglicht werden. Dies hat das Amtsgericht Düsseldorf entschieden.

Gegen einen meiner Mandanten läuft ein Strafverfahren. Bei den Ermittlungen stießen Polizisten auch auf ein E-Mail-Konto, das mein Mandant genutzt hat. Bei der Hausdurchsuchung gab mein Mandant freiwillig Nutzernamen und Passwort für das Konto heraus. Die Polizei änderte sofort das Passwort und hatte von da an nur noch allein Zugriff auf die E-Mails.

Grundsätzlich ist dagegen nichts einzuwenden, meint das Amtsgericht Düsseldorf. Die Polizei dürfe das E-Mail-Konto zunächst abschotten, weil sonst die Gefahr bestehe, dass der Beschuldigte noch eigenmächtig Daten ändert. Allerdings entfalle die Berechtigung für eine Beschlagnahme, sobald die E-Mails ausgewertet seien. Das war schon nach wenigen Tagen der Fall.

Die Entscheidung ist richtig, denn die weitere Überwachung des Kontos kann nur durch einen gesonderten Beschluss angeordnet werden. Dennoch waren die Beamten in meinem Fall aber nicht bereit, die “Hoheit” über das E-Mail-Konto wieder abzugeben, nachdem sie die dort vorhandenen Mails kopiert hatten. Ich weiß nicht, ob sie ernsthaft eine verkappte Telekommunikationsüberwachung planten oder schlicht nur keine Lust hatten, das Passwort zurückzusetzen. Jedenfalls musste jetzt erst mal das Amtsgericht entsprechende Anweisung geben.

Amtsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 10. September 2012, Aktenzeichen 150 Gs 1337/12

Mehr Bratwurst als Hähnchen

Die Bezeichnung eines Snacks als "Hähnchen-Kebab" ist irreführend, wenn das Produkt nicht aus gewachsenen Fleischstücken, sondern aus fein zerkleinertem Fleisch besteht und deshalb „schwammig im Biss“ ist. Mit dieser Begründung hat das Verwaltungsgericht Berlin die Klage eines Herstellers von Fertiggerichten aus Niedersachen abgewiesen. Der Produzent hatte sich gegen die lebensmittelrechtliche Beanstandung eines Berliner Bezirksamtes gewehrt.

Nach Angaben des Herstellers wird sein „Hähnchen-Kebab“ hergestellt, indem das Hähnchenfleisch mit Kochsalz und Gewürzen in einem Mischer vermengt und mittels einer Füllmaschine in einen Kunstdarm gefüllt wird. Die Kebab-Rohlinge würden dann erhitzt, herunter gekühlt und in die vorgesehene Stückgröße geschnitten. Abschließend werde alles tiefgekühlt und verpackt. Der Produktionsprozess ähnelt somit dem von Bratwurst.

Auf der Verpackung selbst beschreibt die Firma ihr Produkt so: „aus Hähnchenfleisch zubereitet, arttypisch gewürzt, durchgegart und geschnitten, tiefgefroren“. Der Hersteller hatte vor Gericht argumentiert, „Kebab“ sei ohnehin nur eine Phantasiebezeichnung. Die Angabe „aus Hähnchenfleisch zubereitet“ mache deutlich, dass es sich nicht um gewachsenes Fleisch handele. Die Berliner Lebensmittelaufsicht sah jedoch eine Irreführung des Verbrauchers. Sie monierte auch, dass die Verpackung echte Fleischstücke zeigt.

Dieser Auffassung schloss sich das Verwaltungsgericht Berlin an. Ein nennenswerter Teil der Verbraucher verstehe „Kebab“ als Kurzform von „Döner-Kebab“. Nach den Leitsätzen des Deutschen Lebensmittelbuches besteht Hähnchen-Döner-Kebab aus dünnen Fleischscheiben ohne die Verwendung von zerkleinertem Fleisch. Der Verbraucher habe die Erwartung, es handele sich um Hähnchenfleischscheiben „wie gewachsen“; diese Erwartung werde durch die Beschreibung des Produktionsprozesses auf der Verpackung nicht verändert.

Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 12. September 2012, Aktenzeichen VG 14 K 48.11

Nachtrag: Tierfutter ins Döner gemischt

Drei Vornamen

Der erfundene Name des Herrn ist: Meier. Seine Vornamen Karl-Heinz Friederich Alexander sind auch fiktiv. Aber in der Realität gibt es diesen Mann, auch wenn er drei anders klingende Vornamen hat. Doch woher kennt ausgerechnet die Staatsanwalt Düsseldorf alle diese Vornamen, und zwar die richtigen? Das will er wissen, dieser Meier. Also fragt er die Staatsanwaltschaft. Doch die schweigt beharrlich.

Meier hatte in seiner Eigenschaft als Geschäftsführer einer Firma eine Strafanzeige erstattet. Weil in seinem Betrieb ein PC lahmgelegt worden war. Mit einem Trojaner, mit dem Geld abgezockt werden sollte.

Die Staatsanwaltschaft hat Meier neulich davon informiert, das Ermittlungsverfahren sei eingestellt worden. Diese Nachricht ist jedoch nicht an die betroffene Firma adressiert, sondern an die private Anschrift des Herrn Meier. Zweitens zählt die Staatsanwaltschaft fein säuberlich seine drei Vornamen auf, eben Karl-Heinz Friederich Alexander. Das hat stutzig gemacht. Herr Meier hat der Behörde seine vollständig ausgeschriebenen Vornamen in der Anzeige nicht genannt.

Hat also die Staatsanwaltschaft beim Einwohnermeldeamt gecheckt, ob es diesen Geschäftsführer Meier wirklich gibt. Oder hat die Polizei diese Daten ermittelt und weitergegeben? Oder – das wäre allerdings fragwürdig – haben Polizei und Staatsanwaltschaft diese Daten in ihrer Datenbank namens Mehrländer-Staatsanwaltschafts-Automation, MESTA genannt, weil Herr Meier vor vielen, vielen Jahren mal eines kleineren Vergehens bezichtigt wurde?

Franz Kafka, der Erfinder surrealer bis bedrohlicher Geschichten, er soll beim Vorlesen eigener Texte regelrechte Heiterkeitsanfälle bekommen haben. Herrn Meier ist nicht danach zumute.

Er grübelt. Er hat im Paragraphen 12 des Datenschutzgesetzes NRW diesen Satz gelesen „Das Erheben personenbezogener Daten ist nur insoweit zulässig, als ihre Kenntnis zur rechtmäßigen Erfüllung der Aufgaben der erhebenden Stelle erforderlich ist“. Der Verstoß gegen die Vorschrift ist eine Ordnungswidrigkeit.

Das könnte die Lösung sein: Womöglich belastete sich jemand bei der Staatsanwaltschaft Düsseldorf selber mit der Auskunft – und verweigert sie deshalb? Bei diesem Gedanken lächelt Herr Meier doch noch. Warum man ihm aber nicht einfach sagt, woher man seine Vornamen hat, ist und bleibt allerdings weniger lustig.  (pbd)

Übrigens: Am Donnerstag ist OptOut-Day

Bundestag muss Guttenberg-Gutachten rausgeben

Das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) erfasst auch Dokumente der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages. Dies hat das Verwaltungsgericht Berlin entschieden. Der Bundestag muss nun Gutachten herausgeben, die der frühere Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg als Bundestagsabgeordneter angefordert, aber auch für seine Doktorarbeit verwendet hat.

Ein Journalist hatte beantragt, ihm Zugang zu insgesamt acht Dokumenten der Wissenschaftlichen Dienste und des Sprachendienstes des Deutschen Bundestages, die Karl-Theodor zu Guttenberg angefordert und für seine Dissertation verwendet hat, zu gewähren.

Der Deutsche Bundestag hatte das mit der Begründung abgelehnt, das IFG sei nicht anwendbar. Die Zuarbeit der Wissenschaftlichen Dienste und des Sprachendienstes sei der Mandatsausübung der Abgeordneten zuzurechnen und daher als Wahrnehmung parlamentarischer Angelegenheiten vom Informationszugang ausgenommen. Außerdem seien die Gutachten urheberrechtlich geschützt.

Das Verwaltungsgericht Berlin sieht dies anders. Vom Anwendungsbereich des IFG sei nur der Kern parlamentarischer Angelegenheiten ausgenommen. Die Arbeit der Wissenschaftlichen Dienste des Bundestages falle nicht hierunter, sondern sei Verwaltungstätigkeit, auch wenn die Anfragen der Abgeordneten an die Wissenschaftlichen Dienste mandatsbezogen seien.

Die Arbeiten der Wissenschaftlichen Dienste seien Grundlage für die parlamentarische Arbeit der Abgeordneten, nicht aber bereits selbst parlamentarische Tätigkeit. Der Schutz des geistigen Eigentums stehe dem Anspruch nicht entgegen. Die Bundestagsverwaltung sei Inhaberin der Nutzungsrechte. Ihr Erstveröffentlichungsrecht sei durch die Herausgabe nicht verletzt, weil nur der Kläger und nicht die Allgemeinheit Kopien erhalte.

Wegen grundsätzlicher Bedeutung hat das Verwaltungsgericht die Berufung zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg und die Sprungrevision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen.

Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 14. September 2012, VG 2 K 185.11