Manchmal muss man auch auf Zeit spielen. Oder besser: auf Zeit spielen lassen. Nahezu perfekt klappte das jetzt in einer Verkehrsstrafsache. Es ging um Fahrerflucht.
Der Vorwurf ging an sich in Ordnung. Immerhin gelang es in erster Instanz schon mal, den tatsächlich entstandenen Schaden in Frage zu stellen. Das war nicht sonderlich schwer. Der Geschädigte hatte einen Kostenvoranschlag über mehr als 2.000 Euro vorgelegt. Allerdings hatte der Kostenvoranschlag einen kleinen Mangel. Er datierte von April 2012; die Unfallfahrt war aber erst im Juni 2013. Fotos von der angeblichen Beule gab es nicht.
Der Amstsrichter hatte sichtlich keine große Lust, sich mit solchen Fragen rumzuschlagen. Und etwa die Zeugen intensiver zu befragen, ob hier vielleicht jemand trickst. Das gerichtliche Angebot lautete also: keine schmerzhafte Entziehung der Fahrerlaubnis, sondern nur ein dreimonatiges Fahrverbot. Okay, ein Etappensieg.
Kein unwichtiger allerdings, denn gegen so ein Urteil kann man ja in Berufung gehen. Dabei landet man am Landgericht, wo es etwas langsamer zugeht. Schon wegen der Arbeitsbelastung der Richter mit komplizierteren Fällen. Hinzu kamen hier diverse Krankheitsfälle und ein Richterwechsel. Der Verhandlungstermin ließ immer länger auf sich warten. Auch nichts Ungewöhnliches.
Nach eindreiviertel Jahren war es nun so weit. Das Gericht sah sich nach einer kurzen Diskussion außer Stande, ein Fahrverbot zu verhängen. Nach so langer Zeit könne das Fahrverbot seine „Denkzettel- und Warnfunktion“ nicht mehr erfüllen.
Ein wenig dankbar muss ich in diesem Zusammenhang dem Staatsanwalt sein. Er hielt meiner Mandantin in seinem Plädoyer ernsthaft vor, sie habe das lange Verfahren doch selbst verursacht – indem sie Rechtsmittel einlegte. Selbst schuld also, wenn man von den Möglichkeiten des Rechtsstaats Gebrauch macht. Ich glaube, ab diesen merk- und denkwürdigen Sätzen war das Fahrverbot endgültig vom Tisch. Mein Schlussvortrag war da echt nur noch Kolorit.