Mietwagenverträge sollen fair und verständlich werden

Die Buchung von Mietwagen soll in der EU künftig transparenter und fairer ablaufen. Die führenden Autovermieter Avis, Europcar, Enterprise, Hertz und Sixt haben sich auf Druck der EU-Kommmission freiwillig bereit erklärt, besser verständliche und transparentere Verträge mit den Kunden abzuschließen. Die Kommission war tätig geworden, weil die Zahl der Beschwerden drastisch zugenommen hatte.

Künftig sollen folgende Mindeststandards für Mietverträge gelten:

> Im angekündigten Gesamtpreis sind alle unvermeidbaren Kosten enthalten. Wenn beispielsweise Winterreifen in einigen Ländern gesetzlich vorgeschrieben sind, müssen diese im angekündigten Gesamtpreis enthalten sein.

> Beschreibung der wichtigsten Vermietungsdienstleistungen in verständlicher Sprache. Die Verbraucher erhalten klare Informationen über die wesentlichen Mietkonditionen (im Preis enthaltene Kilometerzahl, Betankungsregeln, Stornierungsmodalitäten, Höhe der etwaigen Kaution usw.).

> Die Informationen über zusätzliche Versicherungen sind eindeutig. Die Verbraucher erhalten eine Angabe des Preises und Einzelheiten zu möglichen Extras, insbesondere zu zusätzlichen Versicherungsoptionen, die die Selbstbeteiligung im Schadensfall senken. Was die Versicherung im Grundmietpreis abdeckt und was die etwaigen zusätzlichen Versicherungen abdecken, muss klar angegeben sein.

> Transparente Betankungsregeln. Verbraucher erhalten stets die Möglichkeit, das Fahrzeug mit vollem Tank in Empfang zu nehmen und es vollgetankt zurückzubringen.

Bei Schäden:

> Eindeutiges Verfahren für die Kontrolle des Fahrzeugs. Den Verbrauchern werden Gründe und Nachweise für etwaige Schäden vorgelegt, bevor die Zahlung fällig wird.

> Faire Verfahren für den Umgang mit Schäden. Der Verbraucher hat vor der Zahlung die Möglichkeit, etwaige Schäden anzufechten.

Also, ich habe vor einigen Tagen bei einem der genannten Anbieter ein Auto gemietet. Dabei musste ich als einzige Option – friss oder stirb – auf einem Touchpad eine Blindunterschrift leisten. Worauf der Drucker dann eines der altbekannten Formulare ausspuckte, das in so gut wie keinem Punkt den oben zitierten Anforderungen genügt.

Die Hoffnung, dass die Branche tatsächlich das „freiwllig“ Versprochene einhält, halte ich jedenfalls für gewagt. Aber wer weiß, vielleicht sind die frisch gedruckten Formulare ja schon unterwegs.

Cannabis gibt es künftig auf Rezept

Es gibt ja nicht nur schlechtes zu berichten. Der Bundestag hat heute (einstimmig!) ein Gesetz verabschiedet, das Schwerkranken den Bezug von Cannabis erlaubt – wenn ihnen ein Arzt den Stoff verschreibt. Die Krankenkassen müssen die Therapie in der Regel zahlen.

Details berichtet die Tagesschau.

Die Regelung ist ein wichtiges Signal. Vielleicht gibt es ja die Chance, die Drogenpolitik aus der Sackgasse zu rangieren. Fortgesetzte Kriminalisierung Betroffener ist nicht nur wenig einfallsreich. Sie führt nur dazu, dass die Gesellschaft am Ende insgesamt der Verlierer ist.

Wenigstens kein Arbeitslager

Groß war der Aufschrei, als die Sängerinnen der Punkband Pussy Riot ins Arbeitslager mussten. Sie hatten in einer russischen Kirche ein „Gastspiel“ gegeben. In den Knast muss der Künstler Alexander Karls wegen einer ähnlichen Aktion immerhin nicht. Aber für eine Geldstrafe reicht es auch bei uns im liberalen Deutschland: 70 Tagessätze Geldstrafe drückt das Amtsgericht Saarbrücken dem Mann aufs Auge, weil er im Rahmen einer Performance auf einem Kirchenaltar 27 Liegestütze gemacht hat.

Zum einen erging das Urteil wegen Hausfriedensbruchs, berichtet die Legal Tribune Online. In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung sagt der Künstler, die Kirche sei offen gewesen. Er habe nur eine Kordel, die den Altar abtrennte, überstiegen.

Der Tatbestand des Hausfriedensbruchs setzt ein „Eindringen“ in Geschäftsräume, in befriedetes Besitztum oder in andere „abgeschlossene“ Räume voraus. Tja, ob eine Schnur einen Raum im Raum, also ein „befriedetes Besitztum“ im weitesten Sinne erzeugt, das wage ich doch mal zu bezweifeln. Jedenfalls ist das eine recht kühne Auslegung der Strafnorm.

Bei der Bewertung der Kunstperformance als Störung der Religionsausübung erschöpft sich das, was vom Gericht und der Anklage zitiert wird, in den üblichen Missverständnissen über die Reichweite des Kunstbegriffs. Interessant finde ich auch, wie salopp die Richterin der Aktion den notwendigen „beschimpfenden“ Charakter zuerkennt. Vielleicht hätte sich das Gericht einfach auch mal mit der Causa Böhmermann beschäftigen sollen. Da ging es zwar um einen anderen Straftatbestand, aber die Kernfragen sind identisch.

Kurz gesagt: Das letzte Wort in der Angelegenheit ist noch nicht gefallen. Sofern das abschließende Urteil in Karlsruhe gesprochen wird, spricht einiges dafür, dass es dann ganz anders klingt als am Amtsgericht Saarbrücken.

Fahndung nach Auto? Käufer kann zurücktreten

Wenn ein Gebrauchtwagen international im Schengener Informationssystem (SIS) zur „Fahndung“ ausgeschrieben ist, kann der Käufer deswegen vom Kaufvertrag zurücktreten. Das hat der Bundesgerichtshof entschieden.

Solche Fälle gibt es immer wieder. Am häufigsten betroffen sind nach meiner Erfahrung Autos, die zuvor irgendwann mal in Italien zugelassen waren. Meist handelt es sich um frühere Leasingfahrzeuge, die dem Besitzer geklaut wurden. Angeblich. Denn oft genug stellt sich heraus, dass der Diebstahl nur fingiert war. Das hat rechtlich zur Folge, dass der Käufer „gutgläubig“ Eigentum erwerben konnte.

Der Eintrag im Schengener Informationssystem bleibt während der Ermittlungen, oft aber auch lange darüber hinaus bestehen. Bei einer Kontrolle wird das Fahrzeug dann beschlagnahmt. (Selbst wenn der Wagen mittlerweile deutsche Papiere hat.) Das führt zu endlosem Papierkram, Ärger und Kosten.

Schon der Eintrag im Schengener Informationssystem ist ein Rechtsmangel, so der Bundesgerichtshof. Der Käufer laufe nämlich jederzeit im gesamten Schengen-Raum Gefahr, dass sein Auto sichergestellt wird. Das müsse der Käufer nicht hinnehmen. Außerdem sei das Fahrzeug mangelhaft, weil der Käufer ja seinerseits den Wagen kaum loswerden dürfte. Redlicherweise müsse er den Käufer nämlich über den SIS-Eintrag informieren (Aktenzeichen VIII ZR 234/15).

Der / das / die Schrisa ist angekommen

Wir Anwälte kriegen von den Gerichten ja nicht nur Post. Sondern auch vorgedruckte Empfangsbekenntnisse. Damit bestätigen wir den Erhalt der Schreiben. In dem Empfangsbekenntnis gibt es die Rubrik „Bezeichnung des Schriftstücks / der Schriftstücke“.

Das Landgericht Potsdam setzte dort folgendes ein:

Schrisa v 30.11.2016 mit richterl Schr v 04.01.2017

Ich habe das Empfangsbekenntnis unterschrieben zurückgeschickt.

Wozu hat man etliche Semester lang Auslegung gelernt?

Lust und Liebe gibt’s nicht in der Apotheke

Apotheken dürfen keine Vibratoren, „Joysticks“ und Erotikspielzeug verkaufen. So hat es nun das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht entschieden. Eine Versandapotheke hatte geklagt, weil sie ihre Kunden auch gern mit Artikeln aus dem Erotiksegment beliefern wollte.

Die Apotheke argumentierte geschickt. Vibratoren, „Joysticks“ und Erotikspielzeug hätten durchaus Platz im Sortiment einer Apotheke. Denn bei den Produkten stehe die Gesundheitsförderung im Vordergrund. Mit den Hilfsmitteln werde ein erfülltes Sexualleben ermöglicht und die Entspannung gefördert, wobei letzteres ja auf jeden Fall als gesund gilt.

Das Gericht legt die maßgebliche Apothekenbetriebsordnung allerdings konservativer aus. Die fraglichen Produkte setze der durchschnittliche Verbraucher eher nicht vorrangig ein, um bestimmte Krankheitsbilder zu behandeln. Jedenfalls stehe der Gesundheitsaspekt definitiv nicht im Vordergrund. Das zeigte sich letztlich daran, dass die Versandapotheke Dildos & Co. in einer besonderen Rubrik verkaufte. Diese Rubrik trug den Titel „Lust und Liebe“ (Aktenzeichen 6 A 121/14).

Gericht hält das Rudel zusammen

Es war unstrittig ein Hundeleben, und so was rührt sogar die Richter am Oberlandesgericht. Nach vielen Schicksalsschlägen sollen vier Hunde jetzt nicht auch noch voneinander getrennt werden. Vielmehr muss das Rudel zusammenbleiben, entscheiden die Richter in einem Streit zwischen getrennt lebenden Eheleuten.

Auch wenn Hunde keine Gegenstände sind, gelten für sie die Regeln über den Hausrat. Deshalb musste das Oberlandesgericht Nürnberg über den Antrag eines Mannes entscheiden. Dieser verlangte zwei von ursprünglich sechs Hunden von seiner getrennt lebenden Gattin zurück.

Wer kümmert sich besser um die Hunde? Da konnte das Oberlandesgericht keine Unterschiede erkennen. Letztlich entscheide somit der Tierschutz, so das Gericht. So hätten die Hunde jüngst nicht nur den Auszug, sondern auch den Verlust zweier Artgenossen verkraften müssen. Die beiden Tiere waren nach dem Auszug der Frau verstorben. Die Hunde hätten außerdem verkraften müssen, dass der Ehemann als „Rudelmitglied“ ausfiel. Weiter hätten sie sich an den neuen Lebensgefährten der Ehefrau gewöhnen müssen. Dieser hat sich aber, so weit man aus dem Beschluss dazu etwas erfährt, wohl gut als Ersatzmann ins Rudel eingefügt.

Fazit des Gerichts: Ein erneuter Umgebungswechsel und das Auseinanderreißen ihrer Gruppe wäre zu viel. So viel Stress ist selbst Hunden nicht zuzumuten. Die Tiere dürfen deshalb bei Frauchen bleiben (Aktenzeichen 10 UF 1429/16).

3.000 Euro Strafe für eine Mail

Spam kann richtig teuer werden. Diese Erfahrung macht jedenfalls ein Hersteller von Folienaufklebern.

Die Firma hatte einer Autowerkstatt unerlaubte Werbemails geschickt. Die Werkstatt hatte daraufhin eine Unterlassungserklärung (Vertragsstrafe: 3.000 Euro) eingefordert und auch bekommen. Dummerweise schickte der Folienhersteller später noch mal eine Werbe-Mail. Die Vertragsstrafe machte die Werkstatt dann vor Gericht geltend.

Damit hatte die Werkstatt auch Erfolg. Zwar bestritt der Folienhersteller den erneuten Spam. Doch ein gerichtlicher Sachverständiger rekonstruierte den Weg der Mail. Im Ergebnis schloss er es aus, dass der Spam von anderen in die Welt gesetzt wurde.

Auch ein Missverhältnis zwischen Vertragsverstoß und Vertragsstrafe wollte das Oberlandesgericht Hamm nicht erkennen. Deshalb wurde die Strafe auch nicht herabgesetzt, was der Folienhersteller hilfsweise beantragt hatte (Aktenzeichen 9 U 66/15).

„… soll Ihnen eine Speichelprobe entnommen werden“

Die Polizei lädt meinen Mandanten zu einer Vernehmung vor. Im Schreiben heißt es unter „Bemerkung/Konkretisierung“:

Im Rahmen der Vernehmung soll Ihnen eine Speichelprobe entnommen werden.

Ja, so beiläufig wird heute eine weitgehende Maßnahme auf den Weg gebracht, die tief in die Grundrechte jedes Betroffenen eingreift. Sofern der Betroffene der Vorladung Folge leistet, was ja ohnehin nicht empfehlenswert ist, weiß ich schon, was dann passiert. Der Polizeibeamte wird darauf setzen, dass sein „Gast“ nicht groß widerspricht. Wattestäbchen rein, Wattestäbchen raus, danke, das das war’s. Ach ja, noch ein paar Unterschriften hier und dort. Ich habe die passenden Felder schon mal angekreuzt. Vielen Dank für Ihre Mithilfe.

Sollte der Betroffene doch ein Widerwort geben, wird er garantiert kleingeredet. Die Speichelprobe sei eine Formsache, an ihr gehe gar kein Weg vorbei. Klar, auf dem Papier sei die Abgabe einer DNA-Probe bei der Polizei „freiwillig“. Aber, und dieser Satz fällt garantiert:

Den Beschluss ist reine Formsache, den kriegen wir sowieso.

Was schlicht und einfach nicht der Wahrheit entspricht. Auch wenn Polizeibeamte Richter oft als Unterschriftenroboter darstellen, ist das gerade im Bereich einer DNA-Probe nicht so. Jedenfalls nach meiner Erfahrung. Das liegt daran, dass das Gesetz nach wie vor einen recht hohen Begründungsaufwand für einen DNA-Beschluss fordert. Sicherlich wird vielen Anträgen stattgegeben, aber halt längst nicht allen.

Außerdem kann man gegen den Beschluss Rechtsmittel einlegen. Es gibt durchaus eine stattliche Anzahl von Landgerichten, die in meinen Fällen schon Anordnungen des Ermittlungsrichters aufgehoben haben. Zuletzt habe ich einen Beschluss gekriegt, in dem sinngemäß steht: Die DNA-Speicherung darf entgegen dem Wunsch der Polizei, der Staatsanwaltschaften und des Zeitgeistes nicht zur Standardmaßnahme werden. Jedenfalls nach geltender Rechtslage nicht. Und diese Rechtslage einzuhalten, dazu sah sich das Landgericht durchaus berufen.

Von daher kann ich nur raten, eine DNA-Probe nicht freiwillig abzugeben. Die Unterschrift verweigern, auf einen richterlichen Beschluss bestehen, das ist das gute Recht jedes Betroffenen. Von diesem Recht kann man sogar ohne finanzielles Risiko Gebrauch machen, da das Verfahren für den Betroffenen kostenlos ist. Natürlich mit Ausnahme eventueller Anwaltskosten, aber es gibt keine Pflicht, sich von einem Anwalt vertreten zu lassen.

So viel Edelmut

Hat jemand was ins Trinkwasser geschüttet? Oder warum ist die Welt auf einmal so gut? In diese Richtung dachte ich, als vorhin ein ehemaliger Mandant anrief. Er erzählte mir von den strafrechtlichen Problemen eines guten Freundes. Dabei beließ er es jedoch nicht. Sondern er sagte auch zu, die Kosten für die Verteidigung seines Freundes zu übernehmen, weil der die Kosten definitiv nicht alleine stemmen kann.

Ich würde das nicht erwähnen, wenn es nicht schon der zweite Fall wäre, der heute mit dieser Prämisse reinkommt. Stunden vorher hat sich ebenfalls der besorgte Freund eines anderen Mandanten gemeldet. Auch der dortige Betroffene ist nicht auf Rosen gebettet. Auch hier kam die ernsthafte Zusage, dass die Anwaltskosten übernommen werden.

Die Fälle hängen weder sachlich noch räumlich zusammen. Mir fällt momentan nicht ein, dass mir im ganzen letzten Jahr insgesamt so viel Edelmut Dritter gegenüber armen Mandanten begegnet wäre. Auf jeden Fall sind das schöne Gesten.

Ich bin auf morgen gespannt.

Hinterbliebene sollen besser entschädigt werden

Wenn Menschen bei Unfällen oder vorsätzlichen Taten sterben, hat das Gesetz die Hinterbliebenen eher stiefmütterlich behandelt. In der Regel muss bei den Hinterbliebenen schon ein gravierender Gesundheitsschaden eintreten, damit diese einen eigenen Anspruch auf Schmerzensgeld erwerben. Das soll sich nun ändern: Die Bundesregierung möchte das sogenannte Hinterbliebenengeld einführen.

Nahe Angehörige wie Ehegatten, Lebenspartner, Eltern und natürlich auch die Kinder sollen künftig für ihr „seelisches Leid“ eine angemessene Entschädigung erhalten. Einen Anspruch bekommen auch Menschen, die zum Verstorbenen in einem besonderen Näheverhältnis standen (was dann im Zweifel zu beweisen wäre). Das Gesetz zielt insbesondere auch auf die Folgen von großen Unglücken, beispielsweise den Absturz der German-Wings-Maschine.

Ein Beitrag in der Legal Tribune Online stellt den Gesetzentwurf vor und erläutert die Hintergründe.

Der Deutsche Richterbund warnt in einer Stellungnahme, der Gesetzentwurf wäre „ein weiterer Schritt zur Kommerzialisierung persönlicher Schicksalsschläge“.

law blog nicht erreichbar?

Seit einigen Tagen können einige Leser das law blog nicht aufrufen. Betroffen sind bislang wohl nur Firefox-Browser oder die Internet-Apps von Smartphones. Vielen Dank für die Hinweise auf die Probleme.

Beim Firefox hilft es nach unseren Tests, wenn man „www.lawblog.de“ aufruft. Ohne „www.“ scheint es nicht zu funktionieren. Mit der neuesten Version des Firefox scheint es das Problem nicht zu geben. Vielleicht hilft also ein Update auf die neuste Version.

Weitere Fehlermeldungen bitte in die Kommentare. Der Maschinenraum liest alles mit und schaut, was zu machen ist.

Update: Fehler wurde gefunden und behoben. Wenn weiterhin Probleme auftreten, gerne noch weitere Fehlermeldungen in die Kommentare.

Richter bewerten Arbeit eines Kollegen als „Frechheit“

Ein Kölner Amtsrichter hat sich von der übergeordneten Instanz die Höchststrafe eingehandelt. Die Richter der zuständigen Berufungskammer am Landgericht schreiben in ihrer Entscheidung, das Urteil des Amtsrichters sei „schlicht eine Frechheit“. Wegen gravierender Mängel liege gar kein Urteil vor, sondern allenfalls ein unwirksames „Scheinurteil“.

Statt eine Urteilsbegründung zu schreiben, bemühte der Amtsrichter den Kopierer, berichtet die Legal Tribune Online. Er kopierte die Anklageschrift ins Urteil, dann das Sitzungsprotokoll sowie die Verteidigungsschrift eines Anwalts. Letztere war noch nicht einmal in das Verfahren eingeführt worden. Trotzdem behandelte der Amtsrichter die Stellungnahme des Anwalts als Aussage des Angeklagten. Nennenswerte eigene Ausführungen des Richters finden sich in den Entscheidungsgründen nicht.

Mangels eigener Leistung des Amtsrichters war das Landgericht schon gar nicht in der Lage, in dem „Urteil“ die gesetzlich vorgeschriebene Beweiswürdigung zu entdecken. Trotz der hohen Arbeitsbelastung von Amtsrichtern schade so ein grober Verstoß gegen die Strafprozessordnung „auch und gerade dem Strafverfolgungsinteresse der Allgemeinheit“.

Als vertrauensbildende Maßnahme wird man die Arbeit des Richters in der Tat kaum werten dürfen. Das Landgericht sah sich angesichts dieser Katastrophe sogar veranlasst, zwei Straftatbestände zu erwähnen: Strafvereitelung im Amt (§ 258a StGB) und Rechtsbeugung (§ 339 StGB).

Gut möglich, dass es für den Amtsrichter noch dicker kommt (Aktenzeichen 152 Ns 59/15).

Weißes Pulver: Nicht strafbar, aber vielleicht sehr teuer

Bundesweit werden derzeit Behörden und Gerichte lahmgelegt, weil Unbekannte weißes Pulver in Briefumschlägen versenden. Auch im Bundesverfassungsgericht ist ein verdächtiger Brief eingegangen, berichtet die Tagesschau. Da stellt sich natürlich auch die Frage, wie die Absender der Briefe zu bestrafen wären, sollten sie ermittelt werden.

Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe ermittelt nach eigenen Angaben wegen „Störung des öffentlichen Friedens durch die Androhung von Straftaten“ (§ 126 StGB). Das ist – überraschenderweise – auch so ziemlich der einzige Straftatbestand, der möglicherweise anwendbar ist.

Allerdings ist es eher so, dass man am Ende nicht mal § 126 StGB wird bejahen können.

Zwar kann auch auf schlüssige Weise mit einer Straftat gedroht werden. Aber die Übersendung des Pulvers ist ja keine „Androhung“, sondern jedenfalls schon der konkrete Versuch einer Straftat (z.B. einer Vergiftung). Schon deswegen passt die Strafvorschrift letztlich nicht. Der Absatz 2 (Vortäuschen einer bevorstehenden Verwirklichung) kann sich nur auf die Taten Dritter beziehen. Für den Absender des Pulvers selbst gilt diese Norm gar nicht.

Am Ende wird also wohl nur eine Ordnungswidrigkeit bleiben. Nämlich in Form einer „Belästigung der Allgemeinheit“, früher auch grober Unfug genannt (§ 118 OWiG). Dafür kann eine Geldbuße von maximal 1.000 Euro verhängt werden.

Eine andere Frage ist, ob der oder die Verantwortlichen am Ende für die Kosten von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten aufkommen müssen. Das richtet sich nach Polizeirecht. Hier sind die Voraussetzungen völlig andere als bei der Strafbarkeit. Für die Ersatzpflicht kann schon die vorsätzliche oder fahrlässige Herbeiführung einer „Gefahr“ reichen. Und das unabhängig davon, ob sich die Gefahr am Ende verwirklicht.

Führerscheine werden ungültig

Ziemlich genau in einem Jahr kann es für die Fahrer von Klein-Lkw eine böse Überraschung geben. Ihr Führerschein ist dann möglicherweise nicht mehr gültig. Die Geltung der Fahrerlaubnisklassen C1 und C1E ist nachträglich auf fünf Jahre befristet worden. Und zwar rückwirkend ab dem 19. Januar 2013. Das bedeutet, nächstes Jahr im Januar werden die ersten Führerscheine ungültig, wenn sich die Inhaber nicht rechtzeitig um eine Verlängerung bemühen.

Grund für die nachträgliche Befristung ist nach Angaben der Bundesregierung ein Vertragsverletzungsverfahren, das die EU-Kommission gegen die Bundesrepublik eingeleitet hat. Um dem Verfahren den Wind aus den Segeln zu nehmen, ist die nachträgliche Befristung nun in Kraft getreten.

Betroffen sind zunächst alle Fahrerlaubnisse der Klassen C1 und C1E, die ab den 19. Januar 2013 erteilt wurden. Diese Fahrerlaubnisse gelten nur noch fünf Jahre ab Erteilung. Sie können verlängert werden. Hierfür müssen die Antragsteller aber eine Gesundheitsprüfung ablegen. Dabei wird unter anderem das Sehvermögen neu getestet.

Tückisch ist die Neuregelung vor allem für Inhaber von relativ neuen Fahrerlaubnissen (ausgestellt ab dem 19. Januar 2013), bei denen im Führerschein noch eine Befristung auf das 50. Lebensjahr eingetragen ist. Diese Befristung ist ab sofort nicht mehr gültig. Das bedeutet: Wer die Fahrerlaubnis länger als fünf Jahre hat und jünger als 50 Jahre alt ist, kann sich bei einer Kontrolle nicht darauf berufen, dass sein Führerschein ausweislich des Eintrags im Feld „Befristung“ bis zum 50. Lebensjahr gilt.

Vielmehr ruft das Verkehrsministerium Baden-Württemberg die Betroffenen konkret dazu auf, ihre Führerscheine umschreiben und an die neue Rechtslage anpassen zu lassen. Wer am Steuer erwischt werde, riskiere ein Strafverfahren.

Für ältere Fahrerlaubnisse ändert sich dagegen nichts. Ist die Fahrerlaubnis zwischen dem 1. Januar 1999 und dem 18. Januar 2013 erteilt worden, bleibt es bei der Befristung bis zur Vollendung des 50. Lebensjahres. Danach muss dann ebenfalls eine Gesundheitsprüfung abgelegt werden, aber das war bisher auch schon so.

Ebenfalls nicht betroffen sind Fahrerlaubnisse der alten Klasse 3 (erteilt vor dem 31. Dezember 1998). Für diese Fahrer gilt Bestandsschutz. Sie dürfen mit der Klasse C1 und C1E auch über das 50. Lebensjahr hinaus Klein-Lkw fahren, ohne eine Gesundheitsprüfung machen zu müssen.

Zu allem Überfluss ändert sich auch noch der Geltungsbereich „neuer“ Fahrerlaubnisse der Klassen C1, C1E, C und CE. Ab einem Gesamtgewicht von 3.500 kg dürfen keine Personen mehr befördert werden. Wer dies machen möchte, braucht künftig die Fahrerlaubnis Klasse D1 oder D1E. Aber auch hier gibt es wieder eine Ausnahme. Die Änderung gilt nicht für Wohnmobile, gepanzerte Limousinen und die Fahrzeuge von Polizei und Rettungskräften.