Zeuge oder Beschuldigter? Beides!

Für den cleveren Polizeibeamten liegt schon mal ein grober Klotz auf dem Weg zum Fahndungserfolg: das Gesetz. Es schränkt die Möglichkeiten mitunter ein, und das aus guten Grund. Stichwort Rechtsstaat.

So ein Widrigkeit begegnete Beamten jetzt in einem alltäglichen Fall. Jemand soll mit dem Auto meines Mandanten nicht nur gefahren sein. Vielmehr soll der Betreffende auch eine andere Autofahrerin beleidigt haben. Der zuständige Beamte wählte das Komplettpaket: Er lud meinen Mandanten als Zeugen vor. Laut Vorladung wollte er im Auftrag der Staatsanwaltschaft ermitteln, wer das Auto gefahren hat. Dazu wollte er meinen Mandanten vernehmen.

Gleichzeitig erhielt mein Mandant eine weitere Vorladung. Darin ordnete die Polizei die erkennungsdienstliche Behandlung meines Mandanten an. Die Fotos sollten der Autofahrerin vorgelegt werden. Vielleicht sagte sie ja aus, dass mein Mandant selbst am Steuer seines Autos saß.

So geht es aber nun wirklich nicht. Fotos dürfen zwar „zur Durchführung des Strafverfahrens“ gemacht werden. Aber halt nur vom Beschuldigten. Nicht von einem Zeugen. Wenn jemand als Beschuldigter einsortiert wird, kann man ihn aber nicht gleichzeitig als Zeugen ausfragen.

Auch die zuständige Staatsanwältin war am Telefon erstaunt, als ich sie nach dieser Methode befragte. Sie jedenfalls wollte damit dann doch nichts zu tun haben. Stattdessen einigten wir uns darauf, dass ich für meinen Mandanten erst mal Akteneinsicht erhalte. Damit ist die Porträtsitzung im Polizeipräsidium erst mal vom Tisch.

Sich gegen eine erkeunngsdienstliche Behandlung nach Kräften zu wehren, halte ich für wichtig. Auf wundersamen Wegen landen die Bilder aus konkreten Verfahren rechtswidrigerweise des öfteren in der „Verbrecherkartei“ mit Fotos, auf denen Zeugen später in ganz anderen Fällen Verdächtige identifizieren sollen. Ich kenne eigentlich niemanden, der sich ausgerechnet über diese Art des Kontrollverlustes am eigenen Bild freuen würde. Überdies klage ich für Mandanten durchaus gerne auf Löschung dieser Fotos, wenn die Zweckentfremdung mal wieder rauskommt. Die Erfolgsquote ist nämlich fast 100 %.