Was man nicht so alles in Kauf nimmt

Falls ihr einen Torserver betreibt, wird euch die folgende Geschichte interessieren. Und möglicherweise etwas Angst einjagen. Falls das der Fall ist, lest bitte bis zum Ende. Dort wartet eine Art Happy End.

Die Anklage legte meinem Mandanten folgendes zur Last:

Der Angeschuldigte … betrieb … einen Tornetzwerkserver. … Über diesen Service des Angeschuldigten stellten unbekannt gebliebene Nutzer an vier verschiedenen Zeitpunkten kinderpornografische Videodateien auf der Plattform 4chan.org für die Öffentlichkeit im Internet zur Verfügung.

Dem Angeschuldigten war in allen Fällen bewusst, dass die Nutzer des Tornetzwerks dieses und seine Server auch zur Verbreitung und Beschaffung kinderpornografischer Dateien nutzen, was er in Kauf nahm.

Ich habe schon im Vorfeld darauf hingewiesen, dass man mit dieser Argumentation auch die Verantwortlichen von Vodafone, Telekom, 02 und unzählige weitere Internetdienstleister wegsperren müsste. Weniger polemisch erlaubte ich mir darauf hinzuweisen, dass genau deshalb in diversen Gesetzen ein Providerprivileg festgeschrieben ist. Es folgten die Gesetzestexte.

Doch die Anklagebehörde blieb stur, das Amtsgericht ließ die Anklage zu. Es gab insgesamt drei Verhandlungstage, wobei das Amtsgericht immerhin schon am zweiten Tag durchblicken ließ, dass die Auffassung der Verteidigung der geltenden Rechtslage wohl eher gerecht wird als die der Staatsanwaltschaft. Es wäre deshalb auf einen Freispruch hinausgelaufen.

Dumm nur für den Mandanten, dass er wegen dieser Sache eine Hausdurchsuchung hatte – und bei der Gelegenheit wurde was Belastendes gefunden, das mit dem Torserver nichts das Geringste zu tun hat. Für den Mandanten war die Einstellung des Verfahrens zu sehr sozialverträglichen Konditionen dann letztlich attraktiver als ein glorreicher Teilfreispruch wegen Tor und eine Verurteilung wegen der anderen Sache. Insofern hat er aus guten Gründen darauf verzichtet, einen Präzedenzfall zu schaffen. Wobei er nach so langer Zeit auch einfach mal wieder Ruhe haben wollte. Die Geschichte hat jetzt rund drei Jahre an seinen Nerven gezehrt, und nicht zuletzt auch an seinem Geldbeutel.