In der Tiefgarage

Gerichtsverhandlungen, die sich mit dem Missbrauch von Kindern beschäftigen, bringen für alle Beteiligte große Belastungen mit sich. Dieser Druck geht natürlich nicht mit dem Urteilsspruch weg. Deshalb habe ich es auch vor einigen Tagen mit Fassung genommen, als mir die Mutter eines missbrauchten Kindes, ich kann es nicht anders sagen, nach dem Gerichtstermin in der Tiefgarage des Gerichts auflauerte.

Ihre Vorwürfe habe ich mir angehört. Auch die Beschimpfungen. Und zwar nicht mit dem Vorsatz, Letztere mit einem Strafantrag zu kontern. Bei den Todesdrohungen, die sie mir von ihrem Mann ausrichten sollte, kam ich etwas ins Schwanken. Aber nun ja, immerhin kam ich dann auch mal zu Wort und fragte die Frau, wie sie es denn mit ihrem eigenen Anwalt bzw. dem ihrer Tochter hält. Dem Nebenklagevertreter, der jeden Verhandlungstag an ihrer Seite saß. Und mit dem sie so gut klar kam. Und von dem sie offenkundig sehr viel hält.

Zu Recht. Der Kollege ist ein gestandener Strafverteidiger. Ich erzählte der Frau von einer Konstellation aus dem Frühherbst. Da habe ich die Nebenklage vertreten. Es ging um ziemlich schwere Straftaten gegenüber einem elfjährigen Jungen. Wer saß da neben dem Angeklagten und legte sich für diesen ins Zeug, nach allen Regeln der Kunst? Genau jener Anwalt, den die Mutter dann als Nebenklagevertreter mit ins Boot holte.

Vielleicht hat sie ein wenig verstanden, was meine Rolle in so einem Verfahren ist. Insbesondere dass es für den Anwalt letztlich von Zufällen abhängt, ob er von einem Angeklagten beauftragt wird. Oder vom mutmaßlichen Opfer.

Wir trennten uns dann fürs Erste friedlich, jedenfalls nach den Umständen. Jetzt muss ich nur noch hoffen, nicht in nächster Zeit vom Laster umgefahren zu werden.