Die Bibel als Rechtfertigungsgrund

Die Polizei hielt vor einigen Tagen in München eine Frau an, weil diese trotz Maskenpflicht ihr Gesicht zeigte. So weit so alltäglich.

Allerdings berief sich die 74-Jährige nicht auf Vergesslichkeit, was ja normalerweise die größte Chance bietet, ohne Bußgeld aus der Sache rauszukommen. Vielmehr sah sich die Frau definitiv im Recht, wobei sie ihre Legitimation von höchster Stelle ableitete. Sie verfüge, notierten die Beamten im Protokoll, über eine Befreiung „direkt von Gott, dem Allmächtigen“. Als Beleg legte die Frau Bibelpsalm 91 vor, wo es tatsächlich heißt:

Selbst wenn die Pest im Dunkeln zuschlägt und am hellen Tag das Fieber wütet, musst du dich doch nicht fürchten. Wenn tausend neben dir tot umfallen, ja, wenn zehntausend um dich herum sterben, dich selbst trifft es nicht!

Ein Bußgeld in Höhe von 150 € verhängte die Polizei trotzdem, und es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass selbst im christlich geprägten Bayern die Bibel eine Corona-Schutzverordnung schlägt. Letztlich würde das Gericht bei aller zu erwartender Bibelfestigkeit nämlich im Wege der Auslegung auch zu berücksichtigen haben, dass die Corona-Maske auf jeden Fall mit verhindern soll, dass die anderen „neben dir“ tot umfallen. Was ja keiner will, schon gar nicht Gott. So hätte man es der Frau vielleicht erklären können, obwohl…

Autor: RA Dr. André Bohn