Vom Hausfriedensbruch zur Geiselnahme

Dem „Waldläufer“ Yves R., der mehrere Polizisten entwaffnet haben soll, wird nun der Prozess gemacht. Angeklagt ist unter anderem Geiselnahme und gefährliche Körperverletzung. Gerade der Vorwurf der Geiselnahme wiegt schwer. Der Paragraf (§ 239b StGB) hat eine Strafandrohung von nicht unter fünf Jahren Gefängnis.

Yves R. räumte im Verfahren ein, dass er vier Polizisten entwaffnete und anschließend mit den Waffen floh. Er sei ein Outdoorfreak, habe sich in einer Lebenskrise befunden und deshalb beschlossen, durch Deutschland zu wandern. Zur Probe habe er zunächst im Oppenauer draußen und in einer fremden Gartenhütte übernachtet.

In dieser Hütte wollte die Polizei ihn dann kontrollieren. Auch weil einer der Beamten herablassend und provozierend aufgetreten sei, sei die Situation eskaliert. Als der Beamte ihn habe abtasten wollen habe er gedacht, er würde verhaftet. Aus Reflex habe er daraufhin seine Schreckschusswaffe gezogen und auf den Beamten gerichtet. Er selbst sei überrascht gewesen, dass alle Beamten ihre Waffen ablegten.

Geflohen sei er danach, weil er Angst hatte, dass die Polizei wiederkommen und auf ihn schießen würde. Letztlich überwältigte den Mann nach mehreren Tagen das SEK. Aufgeben sei für ihn nicht in Betracht gekommen. Er habe gehofft, erschossen zu werden, weil er nicht inhaftiert werden wollte. Die Beamten setzten einen Taser gegen ihn ein, woraufhin er mit einem Beil um sich schlug und einen Beamten am Fuß traf. Dann konnte er festgenommen werden.

Das Schlagen mit dem Beil ist eine gefährliche Körperverletzung, so weit eindeutig. Weniger klar scheint für mich die Geiselnahme, weil der Tatbestand relativ hohe Voraussetzungen mit sich bringt. Wenn es richtig ist, was Yves R. sagt, wurde durch ein herablassendes und provozierendes Verhalten seitens der Polizei aus dem ja eher schlichten Vorwurf des Hausfriedensbruchs eine für alle Beteiligten sehr gefährliche Situation, die Yves R. möglicherweise für Jahre hinter Gitter bringt.

Bericht auf Spiegel Online

RA Dr. André Bohn