Kurze Blickabwendung

Nicht jeder Vorwurf einer Ordnungswidrigkeit erweist sich letztlich als richtig. Seltener kommt es vor, dass sich aus dem schriftlichen Vorwurf überhaupt keine Ordnungswidrigkeit ergibt – und die Sache trotzdem verfolgt wird. Im konkreten Fall ging es darum, dass meine Mandantin ihr Handy im Straßenverkehr vorschriftswidrig genutzt haben soll. Was sie 100 Euro Bußgeld und einen Punkt in Flensburg gekostet hätte.

Dazu habe ich so Stellung genommen:

Meiner Mandantin wird vorgeworfen, sie habe auf ihrem Handy getippt, das in der Handyhalterung an der Mittelkonsole befestigt war. Dabei wurde laut Polizei „eine kurze Blickabwendung vom Verkehr festgestellt“.

Eine Ordnungswidrigkeit ist nicht gegeben.

Nach § 23 Abs. 1a b) StVO ist eine kurze Blickabwendung vom Verkehr (Tatvorwurf) ausdrücklich im Zusammenhang mit der Nutzung eines Mobiltelefons zugelassen. Das ergibt sich daraus, dass eine dem Verkehr angepasste kurze Blickzuwendung zum Gerät von der Norm ausdrücklich erlaubt wird. Das Tippen während dieser kurzen Blickzuwendung ist erlaubt, da das in der Halterung befindliche Gerät hierbei weder aufgenommen noch gehalten wird und die Vorschrift selbst die „Bedienung und Nutzung“ im abgesteckten Rahmen zulässt.

Eine kurze Blickzuwendung zu dem in der Halterung befindlichen Gerät und dessen Bedienung und Nutzung wäre allenfalls unzulässig, wenn diese (kurze) Blickzuwendung nicht den Straßen-, Verkehrs-, Sicht- und Wetterverhältnissen angepasst gewesen wäre. Entsprechende Feststellugen hat die Polizei jedoch gerade nicht getroffen.

Die Bußgeldstelle sah keinen Grund, den Bescheid aufzuheben. Der Richter will sich eine Hauptverhandlung sparen, er schlägt eine Einstellung wegen Geringfügigkeit vor. Die Mandantin ist einverstanden. Ihr ging’s in erster Linie um den Punkt.