Freispruch – aber nicht schriftlich

Ein Freispruch ist immer eine erfreuliche Sache. Jedenfalls für den Angeklagten und seinen Verteidiger. Auch wenn das Urteil am Ende der Hauptverhandlung verkündet und vom Richter (mündlich) begründet wird, werden sich die meisten Angeklagten natürlich auch für die schriftliche Begründung interessieren, ebenso der Verteidiger. Das bedeutet aber keineswegs, dass der Angeklagte die schriftlichen Urteilsgründe erhält. Im Gegenteil…

… gibt es interessanterweise keine Regelung, welche das Gericht oder eine andere Stelle verpflichtet, dem freigesprochenen Angeklagten die schriftliche Urteilsbegründung zukommen lassen. Selbst dann nicht, wenn die Staatsanwaltschaft und eventuell sogar ein Nebenkläger Berufung oder Revision eingelegt haben und das Rechtsmittelverfahren damit munter läuft.

Seltsamerweise muss der freigesprochene Angeklagte auch nicht darüber informiert werden, ob die Staatsanwaltschaft oder ein Nebenkläger Rechtsmittel eingelegt haben. In der Praxis passiert das auch dann meist nicht. Wenn der Angeklagte also nicht aktiv nachhakt, kann es sein, dass das Rechtsmittelverfahren munter im Hintergrund läuft – während er sich noch über seinen Freispruch freut. Es kann Monate dauern, bis dann überraschend die Ladung zu einer Berufungsverhandlung eintrudelt. Oder das Revisionsgericht dem Angeklagten die Revisionsbegründung der Staatsanwaltschaft zustellt – mit der vom Gesetz widerum sehr üppig bemessenen Stellungnahmefrist von einer Woche.

Wenn man als Angeklagter nicht auf die Nase fallen will, sollte man im Falle eines Freispruchs also am Ball bleiben. Und eine Kopie der Urteilsgründe beantragen. Auf Antrag muss das Urteil dann nämlich übersandt werden, und das sogar gratis. Ohnehin kann es ja nicht schaden, wenn man es auch für die Zukunft schwarz auf weiß hat, dass sich die Anklage im positiven Sinne erledigt hat.