Bierchen im Park bleiben erlaubt

In städtischen Parks darf Alkohol getrunken werden – auch nachts. Mit dieser Begründung hob das Verwaltungsgericht Berlin jetzt ein bis zum 11. September angeordnetes nächtliches Alkoholverbot im Monbijoupark und dem James-Simon-Park durch einen Eilbeschluss vorzeitig auf.

Laut der städtischen Anordnung durfte zwischen 22 Uhr und 6 Uhr kein Alkohol in den Parks mehr konsumiert werden. Selbst das Mitführen alkoholischer Getränke war untersagt. Als Begründung nannten die Behörden „wilde Feiern“, diese hätten zu Schäden an den Grünanlagen geführt.

Laut dem Gericht enthält das Berliner Grünanlagengesetz aber keine Vorschriften, wie Besucher in den Parks Erholung suchen dürfen. Alkoholgenuss sei nicht grundsätzlich verwerflich – solange die Menschen gegenseitig Rücksicht nähmen. Lärm, Vermüllung, wildes Urinieren und rücksichtsloses Verhalten seien bereits jetzt verboten. Allerdings, so das Gericht, würden diese bereits bestehenden Verbote nicht konsequent durchgesetzt. Jedenfalls gegenüber Parkbesuchern, die nur Bierchen trinken und dabei andere nicht stören, sei das umfassende Verbot unverhältnismäßig (Aktenzeichen 24 L 163/22).

Porschefahrer muss auf Ford umsteigen

Zwischen einem Porsche 911 und einem Ford Mondeo Turnier bestehen zweifellos Unterschiede. Doch die sind nicht unbedingt juristisch relevant. Das musste sich jetzt ein Sportwagenbesitzer erklären lassen. Dem Porschefahrer sei der Umstieg auf den Mondeo zuzumuten, urteilten wahre Herzlos-Richter am Oberlandesgericht Frankfurt am Main.

Der Porsche 911 des Mannes war bei einem Verkehrsunfall beschädigt worden, an dem er keine Schuld trug. Deshalb sollte ihm die Versicherung 112 Tage Nutzungsausfall für die Reparaturzeit des Porsche bezahlen, 4.612,12 € insgesamt. Allerdings hat der Mann noch einige andere Autos, darunter einen Ford Mondeo Turnier. Diesen hätte er für die Fahrten zur Arbeit und privat nutzen können, räumte er ein. Allerdings sei ihm das nicht zuzumuten. Der Ford werde nur als „Lasten- und Urlaubsfahrzeug“ genutzt und sei für ihn insgesamt zu „sperrig“.

Die Richter gewährten den Nutzungsausfall nicht. Sie erkennen lediglich eine „Beschränkung des Fahrvergnügens“, aber das sei im konkreten Fall nicht mehr als eine „subjektive Wertschätzung“. Sie sehen die Gefahr, dass wegen reiner Befindlichkeiten aus Schadensersatz eine Art Schmerzensgeld werde – was vom Gesetzgeber zweifellos so nicht gewollt ist (Aktenzeichen 11 U 7/21).

Zwei Drittel der Bürger halten den Staat für überfordert

Das Vertrauen der Bürger in den Staat nähert sich einem historischen Tiefststand. Dies ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage, die der Deutsche Beamtenbund in Auftrag gegeben hat. Zwei Drittel der Menschen halten den Staat derzeit für überfordert, im Vorjahr war es ziemlich genau die Hälfte. 2019, also vor Corona, lag der Wert bei lediglich 34 Prozent.

Während das Ansehen von Feuerwehrleuten mit 93 % Zustimmung nach wie vor auf extrem hohen Niveau liegt, zeigt die Studie deutliche Abschläge bei anderen Berufsgruppen des öffentlichen Dienstes. Polizisten finden nur noch 78 % der Befragten gut, 2021 waren es noch 85 %. Besonders gelitten hat der Richterberuf – 15 Prozentpunkte im Fünf-Jahres-Vergleich.

Der Grund für die Ansehensverluste ist laut der Studie eher in den aktuellen Krisen (Energie, Inflation, soziale Sicherung und Corona) als in konkretem Fehlverhalten der untersuchten Berufsgruppen zu suchen. Die schwierige Lage münde in spürbarem „Unmut vieler Bürger über das Agieren der jetzigen Koalition“.

Die Studie lässt sich hier abrufen.

Fakebewertungen im Internet werden angreifbar

Hotels und fast alle Dienstleister sind heute sehr davon abhängig, wie sie auf Online-Portalen bewertet werden. Nicht jede Bewertung ist allerdings echt, aber gegen Fakes können Betroffene nur schwer vorgehen. Jedenfalls bisher, denn der Bundesgerichtshof stärkt nun deutlich die Rechte gegenüber Bewertungsportalen.

Der Betreiber eines Ferien- und Freizeitparks an der Ostsee störte sich an diversen negativen Bewertungen, bei denen die Nutzer nur Vor- oder Nicknamen oder Initialen angegeben hatten. Deswegen vermutete das Hotel Fake und klagte gegen das Portal – erfolgreich.

Laut Oberlandesgericht Köln kann es sich auch dann um Falschbewertungen handeln, wenn bestimmte Zimmer oder konkrete Mängel (Flecken auf Polstermöbeln) genannt werden. Trot der Details hätte das Portal auf die Beschwerde hin klären müssen, ob die Verfasser tatsächlich Gäste waren. Immerhin sei es auch möglich, dass ein Konkurrent täuschend echte Negativbewertungen in Auftrag gegeben habe.

Diese Auffassung bestätigt der Bundesgerichtshof. Eine Firma könne den Echtheitscheck einer Bewertung verlangen, wenn sie nicht selbst ohne weiteres feststellen kann, dass sich tatsächlich ein echter Kunde geäußert hat. Bewertungsportale müssen also künftig auf Rückfragen eingehen und im Zweifel schauen, wer tatsächlich die Bewertung abgegeben hat. Anderenfalls müssen sie die Bewertung löschen.

Anonyme Bewertungen, so wie sie heute ja flächendeckend möglich sind, könnten dadurch der Vergangenheit angehören (Aktenzeichen VI ZR 1244/20).

Auto-Poser freuen sich aufs Wochenende

Die Stadt Düsseldorf und die örtliche Polizei gehen seit längerem gegen Auto-Poser vor. Gerade im Zentrum rund um die Königsallee finden regelmäßig Schaulaufen PS-starker Fahrzeuge statt. Allerdings schoss das Ordnungsamt offenbar teilweise über das Ziel hinaus. Das Verwaltungsgericht erklärte jetzt ein angedrohtes Zwangsgeld für den Fahrer eines Mercedes AMG C63 für unwirksam.

Der 27-jährige Besitzer des Wagens soll im März 2021 mit heulendem Motor an der Heinrich-Heine-Allee losgefahren sein, um Passanten anerkennende Blicke abzugewinnen. Dafür erhielt er ein Posing-Verbot, verbunden mit der Androhung eines Zwangsgelds von 5.000 Euro.

Vom Gericht musste sich die Stadt allerdings darüber belehren lassen, dass auch sie an geltendes Recht gebunden ist. Nämlich die Straßenverkehrsordnung. Diese untersagt in § 30 StVO, Fahrzeugmotoren unnötig laufen zu lassen und Fahrzeugtüren übermäßig laut zu schließen. Das vorgesehene Bußgeld beträgt 80,00 bis 100,00 € – und eben nicht die von der Behörde in Aussicht gestellten 5.000,00 €. Auch Punkte in Flensburg sind für Auto-Poser nicht vorgesehen.

Der Straßenverkehr ist in Deutschland durch Bundesrecht geregelt, so das Verwaltungsgericht. Deshalb könne eine Stadt keine eigenen Verkehrsverbote nach Landesrecht erlassen, auch nicht unter Berufung auf ordnungsrechtliche Generalklauseln. Das Gericht hat allerdings Berufung oder Sprungrevision zugelassen. Am Wochenende ist in Düsseldorf schönes Wetter angesagt. Es könnte also lustig werden… (Aktenzeichen 6 K 472/21).

Die Angst des Radfahrers vorm Dooring

Falls euch „Dooring“ nichts sagt, keine Sorge, es geht nicht um einen Tik-Tok-Trend oder etwas mit Gender. Sondern um eine Angst der allermeisten Fahrradfahrer, nämlich frontal gegen eine unachtsam geöffnete Autotür zu knallen. Das passierte einem Unfallchirurgen, der in Engelskirchen mit seinem Rennrad fuhr. Vor dem Kölner Landgericht ging es darum, ob er sich ein Mitverschulden anrechnen lassen muss.

Die Haftpflicht des Autobesitzers wollte dem Radfahrer nur 75 % seines Schadens ersetzen. Die Richter sehen das aber anders. Nach ihrer Auffassung genügt es, wenn ein Radfahrer etwa 35 bis 50 Zentimeter Abstand von rechts geparkten Fahrzeugen hält. So könne er vermeiden, auch gegen nur leicht geöffnete Türen zu fahren.

Weitere Dinge müssen Radfahrer aber laut dem Gerichtsurteil nicht beachten. Auch der Umstand, dass er auf seinem Rennrad deutlich schneller fuhr als ein „durchschnittlicher Radfahrer“, begründe kein Mitverschulden (Aktenzeichen 5 O 372/20).

Risikoloser klebt es sich womöglich im Museum

In Berlin läuft gerade eine regelrechte Prozesswelle an. Es handelt sich um Verfahren gegen Klimaaktivisten der „Letzten Generation“. Diese kleben sich auf Straßen, zuletzt auch an die Rahmen von Gemälden in Museen. Das Amtsgericht Tiergarten verurteilte den 20-Jährigen Angeklagten im ersten Verfahren nach Jugendstrafrecht zu 60 Stunden gemeinnütziger Arbeit.

Der Strafrichter am Amtsgericht Tiergarten sah in dem Festkleben auf der A 100 eine strafbare Nötigung. Das ist korrekt, denn wer Verkehrsteilnehmer durch Blockaden zu einer Art Werkzeug für sein politisches Anliegen macht, begeht eine Nötigung. So sieht es auch das Bundesverfassungsgericht.

Möglicherweise ist es aus Sicht der Aktivisten deshalb eine naheliegende Idee, lieber ins Museum zu gehen und sich dort an Kunstwerke zu kleben. Dann reden wir über Sachbeschädigung und Hausfriedensbruch. Es kommt auf den Kleber an und auf die Frage, ob dieser zu bleibenden Schäden führt. Sonst wohl eher keine Sachbeschädigung. Überdies wird es mit dem Hausfriedensbruch vielleicht sogar juristisch schwierig. Denn dieser setzt in einem öffentlich zugänglichen Gebäude einen förmlichen Rausschmiss voraus. Dem kann der Aktivist aber faktisch nicht nachkommen, er klebt ja fest. Wir werden sehen…

Was mich aber eigentlich zu diesem Beitrag bewegt hat, ist die Stellungnahme von Letzte Generation zu dem Urteil. Es sei ein „fataler Fehler“, dass der Richter zwar Verständnis für das Anliegen gezeigt habe, aber trotzdem zu einer Verurteilung gekommen sei. Nein, es wäre ein Fehler, wenn der Richter der Letzten Generation Notstands- oder Notwehrrechte zubilligen würde. Diese sind schon deshalb nicht gegeben, weil symbolische Aktionen weder der Gesellschaft noch Einzelnen in irgendeiner Form direkt helfen.

Die Letzte Generation will ihren „friedlichen Widerstand“ fortsetzen. Das klingt zwar gut, aber Straftaten sind jetzt nicht im engeren Sinne friedlich. Andererseits sagen die Aktivisten selbst, sie seien dazu bereit, die rechtlichen Konsequenzen für ihr Handeln zu tragen. Das ist echt gesunder Realismus, das darf man anerkennen.

Bericht im Berliner Tagesspiegel

Die Energiepauschale ist da

Gestern bekam ich Post vom Finanzamt, so einen Brief werden alle Selbständigen erhalten. Es geht um die Energiepreispauschale. Das Finanzamt hat meine vierteljährliche Einkommenssteuervorauszahlung für den 10. September 2022 um 300,00 € gekürzt und damit laut dem Schreiben diese neue Energiepreispauschale berücksichtigt. Ich muss also für das dritte Quartal 300,00 € weniger überweisen.

Es handelt sich aber ausdrücklich nur um einen „Vorauszahlungsbescheid“. Bei Steuervorauszahlungen ist es so wie bei Abschlägen für Strom und Gas. Abgerechnet wird am Jahresende, und Vorauszahlungen können den tatsächlichen Preisschock nur mildern.

Vielleicht bin ich nicht der einzige Selbständige, der sich nach Erhalt des Vorauszahlungsbescheids genau auf diesen Umstand besonnen hat. Woran sich eine naheliegende Frage anschließt: Senkt die jetzt geminderte Vorauszahlung später auch meine tatsächliche Steuerlast? Leider enthält der Änderungsbescheid dazu keinerlei Informationen. Nach meinem Empfinden hätte die Finanzbehörde diesen Aspekt ruhig kurz erläutern können.

Aber man kann sein Anspruchsdenken gegenüber dem Staat ja auch mal zurückschrauben. Und einfach selbst recherchieren, wir Selbständigen sind ja ohnehin kaum behelligt von irgendwelchem Verwaltungskram.

Ich nehme euch aber diese Aufgabe gerne ab und fasse mein Ergebnis zusammen:

Die Energiepreispauschale von 300,00 € bleibt aktuell in dieser Höhe tatsächlich in der eigenen Tasche, weil man als Selbständiger zum 10. September diesen Betrag weniger überweisen muss. Tatsächlich tut das Finanzamt aber intern so, als es habe es die reguläre Vorauszahlung erhalten. Die 300,00 € werden also dem Vorauszahlungskonto gutgeschrieben, obwohl sie gar nicht gezahlt wurden.

Mit der endgültigen Einkommenssteuerschuld 2022 müssen also die tatsächlichen Vorauszahlungen plus 300,00 € Energiepreispauschale gegengerechnet werden. Ich werde das Prozedere im Hinterkopf behalten. Auch wenn ich grundsätzlich über großartige Flüchtigkeitsfehler meines örtlichen Finanzamtes nicht klagen kann, so ganz fehlerunanfällig scheint mir das Ganze nicht zu sein.

Nachtrag: Die Pauschale muss ganz normal versteuert werden.