Auch in Dortmund herrscht Meinungsfreiheit

Die Thesen des schweizer Historikers Daniele Ganser sind ganz sicher nicht Mainstream, wie man in der Wikipedia nachlesen kann. Aber sind sie so gefährdend, dass man ihm einen öffentlichen Auftritt in der Westfalenhalle vor erwarteten 2.000 Zuhörern verwehren kann? Wohlgemerkt, die Veranstaltung ist keine Demo, sondern der Vortrag eines Wisssenschaftlers.

Der Dortmunder Oberbürgermeister war allerdings davon überzeugt, dass er die Menschen in Nordrhein-Westfalen vor den Gedanken Gansers bewahren muss. Obwohl Ganser schon mal früher die Westfalenhalle buchen konnte, wurde ihm jetzt der Vertrag gekündigt. Begründung: Frühere Äußerungen Gansers seien als antisemitisch einzustufen. Andere holen noch weiter aus. Ganser gilt ihnen nicht nur als latenter Antisemit, sondern auch als Verbreiter kontrafaktischer und antidemokratischer Verschwörungstheorien.

Die Gerichte versagen der Stadt Dortmund aber eine Tätigkeit als Gesinnungspolizei. Nach dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen sagt nun auch das Oberverwaltungsgericht Münster, dass unliebsame und umstrittene Persönlichkeiten Vorträge halten dürfen. Ganser könne sich auf den Gleichbehandlungsgrundsatz berufen. Es sei auch nicht ersichtlich, dass seine Äußerungen strafbar seien.

Die Stadt Dortmund argumentierte recht unbeholfen mit einem Beschluss des Stadtrates, in dem sich dieser einer Grundsatzerklärung des Netzwerks zur Bekämpfung von Antisemitismus in Dortmund angeschlossen hat. Die Richter weisen ebenso unverblümt wie höflich darauf hin, dass nach dem Grundgesetz nur der Gesetzgeber die Meinungsfreiheit beschränken darf. Der Stadtrat sei kein Gesetzgeber, irgendein Netzwerk schon gar nicht (Aktenzeichen 15 B 244/23).

In München scheiterte zeitgleich der Versuch der Kommune, dem Musiker Roger Waters seinen Auftritt im Olympiastadion zu verwehren.