Richterin urteilt für Papa

In Thüringen ist eine Richterin wegen Rechtsbeugung angeklagt. Und das völlig zu Recht, wie ich finde. Die Richterin hat tatsächlich zu Gunsten ihres eigenen Vaters eine einstweilige Anordnung erlassen – obwohl das im Rechtsstaat natürlich nicht geht.

Der Vater der Richterin ist evangelischer Pfarrer. Zu Beginn der Corona-Pandemie wollte er eine schwerkranke Frau in einem Pflegeheim in Jena besuchen – was ihm unter Hinweis auf die geltende Corona-Schutzverordnung untersagt wurde. Um 16.08 Uhr wandte sich der Mann ans Amtsgericht. Dort war, welch glückliche Fügung, seine Tochter gerade seit 8 Minuten im Bereitschaftsdienst. Sie verpflichtete das Pflegeheim mit einem Beschluss dazu, den Besuch zu gestatten.

Schon ein Blick ins Gesetz offenbart: Für Vetternwirtschaft in der Rechtsprechung gibt es eindeutig weniger Schlupflöcher als in der Politik. Der hier maßgeblich § 41 ZPO ist jedenfalls an Eindeutigkeit kaum zu überbieten. So ein Verhalten mündet demgemäß schnell in eine strafbare Rechtsbeugung (§ 339 StGB). Die Richterin verteidigt sich übrigens wenig originall mit dem Argument, sie sei ebenso gläubig wie ihr Vater. Sie beruft sich auf Religionsfreiheit und darauf, ihr Rechtsverstoß habe „der Durchsetzung und Verwirklichung höchster Rechtsgüter“ gedient. Außerdem habe ihr Vater ja keinen direkten Vorteil gehabt.

Ob sie damit am Strafgericht Erfolg hat, wird sich noch zeigen. Die Anklage wartet seit geraumer Zeit auf Zulassung. Ansonsten ging es bisher nicht gut für die Richterin aus. Sie wurde (noch nicht rechtskräftig) des Dienstes enthoben. Eine Verfassungsbeschwerde gegen ihren vorläufigen Rausschmiss blieb ohne Erfolg.

Ich möchte die Problematik mal wie folgt runterbrechen. Eine Richterin, die sehenden Auges Recht für einen nahen Verwandten spricht, ist einfach fehl am Platz. Völlig korrekt weisen die bisher mit dem Fall beschäftigten Gerichte darauf hin, dass die Richterin am fraglichen Tag sogar eine Vertreterin zur Seite hatte. Dieser hätte sie die Entscheidung problemlos überlassen können.

Die ganze Geschichte ist in der Legal Tribune Online aufgeschrieben.