Merz, der Volksverhetzer

Alle, die jetzt Friedrich Merz wegen seiner Zahnarzt-Äußerung als Volksverhetzer anzeigen, möchte ich auf folgende Vorschrift in der Strafprozessordnung hinweisen (§ 469 StPO):

„Ist ein, wenn auch nur außergerichtliches Verfahren durch eine vorsätzlich oder leichtfertig erstattete unwahre Anzeige veranlasst worden, so hat das Gericht den Anzeigenden, nachdem er gehört worden ist, die Kosten des Verfahrens und die dem Beschuldigten erwachsenen notwendigen Auflagen aufzuerlegen.“

Beschwert euch nicht, wenn mal ein Staatsanwalt einfach keinen Bock mehr auf solchen Blödsinn hat und versucht, euch zur Kasse zu bitten.

Aufzugfahrt des Grauens

Eine Aufzugfahrt … kann ganz schön kompliziert sein. Etwa, wenn Frauchen im Aufzug ist, der Hund aber draußen, die Tür inzwischen geschlossen – und eine „Verbindung“ zwischen beiden nur noch über die Leine besteht. Genau das war die Ausgangssituation in einem wirklich dramatischen Fall, und dieser verlangte nach einem beherzten Helfer.

Der „Retter“ befand sich mit der Frau im Aufzug, als sich der Lift ohne Hund in Bewegung setzte. Entschlossen nahm der Mann die Leine in die Hand. Er löste die Ausziehsperre der Leine. So konnte der Aufzug problemlos noch einen Stock hoch fahren. Die Frau stieg aus und rettete ihren Hund, indem sie ihn ableinte.

Der Helfer stieg komischerweise nicht mit aus, sondern fuhr mit dem Aufzug weiter. Da er die Rettungsaktion im Stockwerk drunter nicht verfolgen konnte, „kämpfte“ er weiter mit der Leine. Und zwar so lange, bis ihm insgesamt drei Fingerglieder abgerissen wurden. Zwei konnten zum Glück wieder angenäht werden. Der dritte Finger aber ist dauerhaft geschädigt.

Der Mann verlangte Schadensersatz. Am Landgericht Frankenthal ging er leer aus. Die verschuldensunabhängige Tierhalterhaftung greife nicht, so das Gericht. Nicht jede Beteiligung oder Anwesenheit eines Tieres begründe so eine Haftung. Letztlich sei der Schaden nicht durch den Hund, sondern durch den Aufzug und dessen fortgesetzte Fahrt entstanden.

Darüber hinaus sei der Hund im Zeitpunkt der Verletzung bereits abgeleint gewesen. Die Tierhalterin hafte auch nicht aus anderen Gründen, weil sie so einen Geschehensablauf beim besten Willen nicht vorhersehen konnte (Aktenzeichen 7 O 4/23).

Ein Bluff, mehr nicht

Ärgerlich genug, wenn euch die Polizei zur Vernehmung lädt. Als Beschuldigter.

Noch ärgerlicher, wenn die Vorladung mit einem Bluff verbunden wird. Der steckt in folgendem Satz, den man leider immer häufiger liest:

„Dieser Vorladung für Sie liegt ein Auftrag der Staatsanwaltschaft zugrunde.“

Klingt amtlich und wichtig. Es ändert aber rein gar nichts an eurem Recht, die Vorladung als das zu betrachten, was sie ist. Eine Einladung. Mehr nicht. Einladungen muss man bekanntlich nicht folgen.

Der Hinweis auf den Auftrag durch die Staatsanwaltschaft ändert, um es noch mal zu sagen, an der geltenden Rechtslage für Beschuldigte folgendes: rein gar nichts. Es steht euch nach wie vor stets frei, die Gelegenheit zu einem Gespräch auf dem Kommissariat verstreichen zu lassen. Ihr müsst nicht hingehen. Ihr müsst auch nicht absagen. Schon gar nicht müsst ihr was sagen.

Der Satz ist nur für Zeugen relevant. Zeugen sind nämlich nach einer Gesetzesänderung verpflichtet, zur Polizei zu kommen. Aber auch nur, wenn ein Auftrag der Staatsanwaltschaft vorliegt. An dem umfassenden Schweigerecht für Beschuldigte hat sich aber nichts geändert. Ebenso wenig an der Tatsache, dass Beschuldigte nicht auf die Polizeiwache kommen müssen.

Lasst euch also nicht ins Bockshorn jagen.

Bis Absatz 6 liest nicht jeder

Aus einem Anhörungsbogen der Polizei:

„Mit dem auf Sie zugelassenen Pkw Toyota Corolla wurde laut Zeugen ein erheblicher Sachschaden verursacht und eine Person leicht verletzt. Gegenüber den Polizeibeamten, die an Ihrer Wohnanschrift nachforschten, gaben Sie sich fälschlicherweise als Fahrer aus. Tatsächlich ist gemäß einem Überwachungsvideo Ihr Sohn gefahren.

Bitte äußern Sie sich zum Vorwurf Strafvereitelung.“

Da konnte ich mich als Verteidiger mal sehr kurz fassen:

„Ich verweise auf § 258 Abs. 6 Strafgesetzbuch. Nach dieser Vorschrift bleibt straffrei, wer die Tat zugunsten eines Angehörigen begeht. Es kann also offenbleiben, ob es eine Tat gab.“

Nur das „Dirndl“ fand keinen Käufer

Wir wissen nicht, ob es nachts im Museum war. Aber unbeobachtet fühlte sich ein Mitarbeiter der Sammlungsverwaltung eines Münchner Museums auf jeden Fall. Er tauschte mehrere Kunstwerke gegen Fälschungen aus. Anschließend verkaufte er die Bilder über Auktionshäuser. Schaden: rund 60.000 Euro.

Seinen Anfang nahm das Ganze mit dem Gemälde „Das Märchen vom Froschkönig“ von Franz von Stuck. Der Mann ersetzte das eingelagerte Bild durch eine Replik. Einem Münchner Auktionshaus erzählte er, er habe das Bild von seinen Urgroßeltern erhalten. Verkaufserlös: 49.127,40 Euro.

Die Masche zog der Mann noch ein paar Mal durch, etwa mit Bildern wie „Die Weinprüfung“, „Zwei Mädchen beim Holzsammeln im Gebirge“ und „Dirndl“. Letzteres Bild fand aber keinen Bieter.

Für die 60.000 Euro gönnte sich der Mann einen luxuriösen Lebensstil (Wohnung, teure Armbanduhren und, tatsächlich, einen vermutlich stark gebrauchten Rolls Royce). Das Amtsgericht München glaubte dem Mann aber, dass er die Taten aufrichtig bereut. Der Angeklagte wurde zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt (Aktenzeichen 1119 Ds 13 Js 112633/22).

Masern: Behörde verlangt Impfnachweis für Kinder

Nach dem geänderten Infektionsschutzgesetz müssen Kita-Kinder und Schüler eine Masernimpfung nachweisen. Nun machen die Berliner Behörden: Mehreren Eltern, die für insgesamt drei Kinder keinen Impfpass vorlegten, droht das Gesundheitsamt 200,00 € Zwangsgeld an.

Die Nachweispflicht gilt seit 2020 für alle „Gemeinschaftseinrichtungen“. Darunter fallen auch Kindergärten und Schulen. Die betroffenen Eltern sehen in dem Gesetz eine verfassungswidrige Impfpflicht durch die Hintertür.

Das Verwaltungsgericht Berlin folgt dieser Auffassung im Eilverfahren nicht. Die Regelung sei kein Freiheitsrecht für Eltern, sondern ein Schutzrecht der Kinder. Der Zweck, eine ansteckende Krankheit einzudämmen, sei legitim. Die Impfung sei auch wirksam und wirke lebenslang (Aktenzeichen VG 14 L 210/23 u.a.).

Krankmeldung: Gericht klärt wichtige Fristenfrage

In den Hintern gekniffen sind erkrankte Arbeitnehmer oft, wenn sie der Krankenkasse nicht ihre Arbeitsunfähigkeit nachweisen – und zwar lückenlos. Schon ein Tag ohne AU-Bescheinigung kann dazu führen, dass die Krankenkasse das Krankengeld komplett streicht. Mit dieser Praxis macht das Bundessozialgericht nun Schluss.

Eine länger erkrankte Angestellte war bis 17.06.2018 krankgeschrieben. Völlig richtig ging sie am 18.06.2018 zu ihrem Hausarzt, um die AU zu verlängern. Die Sprechstundenhilfe wies sie jedoch ab, das Wartezimmer sei voll. Die Frau könne in zwei Tagen wiederkommen.

Die Kasse akzeptierte die Bescheinigung vom 20.06.2018 nicht, obwohl die AU rückwirkend bescheinigt wurde. Gegen die Streichung ihres Krankengeldes zog die Angestellte vor Gericht.

Das Bundessozialgericht stellt in seinem aktuellen Urteil klar: Es reicht, wenn der Arbeitnehmer am Tag nach Ablauf der AU zum behandelnden Arzt geht, und zwar „zu üblichen Öffnungszeiten“. Vertröstet das Personal den Patienten auf einen späteren Tag, sei diese an der Misere nicht schuld. Der Frau durfte das Krankengeld also nicht gestrichen werden (Aktenzeichen B 3 KR 11/22 B).

Früher hieß es Steckbrief

Die sogenannte „Öffentlichkeitsfahndung“ wird immer beliebter. Früher hieß das Steckbrief. Wie man eine Öffentlichkeitsfahndung nicht machen sollte, zeigt die Kriminalpolizei aus dem bayerischen Ansbach.

Nach einem Diskobesuch soll eine Frau von mehreren Männern vergewaltigt worden sein. Die Polizei konnte vor Ort keine Täter ermitteln, auch die Befragung von Zeugen blieb ohne Ergebnis. Deshalb startet die Polizei jetzt eine „Öffentlichkeitsfahndung“ nach vier Männern. Die Überwachungskamera in der Diskothek hat die Männer aufgenommen. Die Bilder stellt die Polizei ins Internet.

Aus dem Fahndungsaufruf erfährt man:

„Die Ermittlungsmaßnahmen haben bisher jedoch nicht zur Identifizierung der Tatverdächtigen geführt.“

Dabei bleibt an dieser Stelle des Textes völlig offen, ob die abgebildeten Personen die Tatverdächtigen sind und ob deswegen nach ihnen gefahndet wird.

Außerdem heißt es:

„Die Ermittlungen ergaben, dass sich die Frau in den Stunden vor der Tat mit vier unbekannten Männern in der Diskothek aufgehalten hatte. Diese können möglicherweise wichtige Angaben zur Tat machen. Daher wenden sich die Ermittler nun mit folgenden Fragen an die Bevölkerung:

Wer kann Angaben zur Identität der Männer machen?
Wer hat in der betreffenden Nacht Fotos oder Videos gemacht, auf welchen die abgebildeten Personen zu sehen sind? Wer hat Wahrnehmungen zu dem Übergriff gemacht und kann hierzu sachdienliche Hinweise geben?“

Der Satz „Diese können möglicherweise wichtige Angaben zur Tat machen“ wirft erstmals die berechtigte Frage auf, welchen juristischen Status die Männer haben. Sind sie Beschuldigte? Oder Zeugen? Für letzteres spricht wenigstens zwischen den Zeilen, dass man wohl nur in einem schlechten Krimi auf die Idee kommen würde, bislang optisch, aber namentlich nicht bekannten Beschuldigten höflich um Kontaktaufnahme zu bitten, damit sie doch freundlichst aus ihrer Sicht den Ablauf der Vergewaltigung schildern.

Für eine Beschuldigtenrolle der Betreffenden spricht aber wieder der Absatz, der die Leser fragt, ob sie Angaben zur Identität der Männer machen können. Wenn die Männer nur Zeugen sind, wäre es an dieser Stelle mehr als angebracht, auch sie anzusprechen, und zwar so:

„Wenn Sie sich auf den Fotos wiedererkennen, melden Sie sich bitte bei der Kriminalpolizei Ansbach. Sie können als Zeuge möglicherweise wichtige Angaben machen.“

So bleibt der gesamte Aufruf ambivalent zur juristischen Rolle der Gesuchten. Das ist aber nicht zulässig – und es kann sogar zu Schadensersatzansprüchen der Betroffenen gegen das Land Bayern führen. Immerhin greift jeden Öffentlichkeitsfahndung tief in die Persönlichkeitsrechte ein. Die Reputation der Männer ist mit einiger Sicherheit hinüber. Man kann nämlich nie beweisen, eine Tat nicht begangen zu haben. Anders gesagt: Es bleibt immer was hängen.

Genau deshalb untersagt die Strafprozessordnung so einen ambivalenten Fahndungsaufruf. In § 131b StPO ist ausdrücklich vorgeschrieben:

„Die Veröffentlichung muss erkennbar machen, dass die abgebildete Person nicht Beschuldigter ist.“

Das wird in dem Aufruf schlicht nicht hinreichend deutlich. Sofern ein Richter den Fahndungsaufruf tatsächlich in dieser Form abgesegnet hat, ist das ein Armutszeugnis.

„Letzte Generation“: Am Ende steht Gefängnis

Eine Klima-Aktivistin ist in Berlin zu acht Monaten Freiheitsstrafe verurteilt worden. Ohne Bewährung. Es ist wohl das bislang härteste Urteil wegen Straßenblockaden.

Die Akteure der „Letzten Generation“ erleben momentan, wie die deutsche Justiz auf Straftaten reagiert: lange zurückhaltend, oft auch nachsichtig, aber bei hartnäckigen Wiederholungstätern mit immer höherem Strafdruck.

Das erste Verfahren wird noch gegen Geld- oder Arbeitsstunden eingestellt, dann folgen die eine oder andere Geldstrafe, schließlich die erste Bewährung, die zweite Bewährung – und dann ist halt irgendwann Schluss mit lustig. Lustig deswegen, weil die „Letzte Generation“ dem Nachwuchs ja mehr oder wenig offen in Aussicht stellt, dass Geldstrafen von interessierten Dritten übernommen werden und somit nicht wehtun.

Bei Haftstrafen ist das natürlich nicht möglich. Auch wenn acht Monate eine lange Zeit sind, ist hier das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht. Für eine Nötigung kann es bis zu drei Jahre Gefängnis geben. Wenn sich jemand über einen längeren Zeitraum strafbar macht, liegen oft auch die Voraussetzungen für eine Gesamtstrafe nicht mehr vor. Die Einzelstrafen werden dann nicht zusammengezogen. Sondern addiert.

Am Ende können also Gefängnisaufenthalte herauskommen, welche die eigentliche Höchststrafe in der Summe weit übersteigen. Man kann nur hoffen, dass Klimaklebern diese Konsequenzen für ihr eigenes Leben bewusst sind. Spätestens nach Ausschöpfung aller Rechtsmittel wird es sich drastisch verändern, am Tag des Strafantritts.

Bericht auf rbb24

Die Deutschlandflagge als Fußabtreter

Das Foto zeigt den Treppenabgang eines Hauses. Am Ende der Treppe ist auf dem Boden eine größere Deutschlandfahne ausgelegt, am Treppenabsatz leigt ein handelsüblicher Fußabtreter drüber. So soll es in Räumlichkeiten ausgesehen haben, die Einsatzkräfte der hessischen Polizei durchsuchten. Es geht um mutmaßliche Clankriminalität, wie die Bildzeitung berichtet. Mir und hoffentlich auch euch stellt sich die Frage: Darf man die Deutschlandfahne als Fußabtreter verwenden?

Tatsächlich wird es nach § 90a StGB bestraft, wenn man die Flagge, das Wappen oder die Hymne der Bundesrepublik verunglimpft – selbst wenn einem die Flagge selbst gehört. Allerdings muss das „öffentlich“ geschehen, also etwa mit einem Post auf Social Media, einer Demo oder einem Ort mit Publikumsverkehr. Von daher ist jedes Fahnen-Voodoo in den eigenen vier Wänden risikolos. Ob das Treppenhaus eines Mietshauses in diesem Zusammenhang schon öffentlich wäre, ist bislang nicht entschieden. Nach dem Foto und dem Polizeibericht dürfte es sich aber um Privaträume gehandelt haben.

Die Verwendung als Fußabtreter ist als solche auch keine Verunglimpfung. Eine kleine Online-Suche ergibt viele Shops, die Fußabtreter in den Farben schwarz-rot-gold verkaufen, meist neben den zu besseren Fußballzeiten sehr beliebten Rückspiegel-Kondomen in Staatsfarben. Ohne besondere zusätzliche Anhaltspunkte wird man also kaum dazu kommen können, dass hier eine Deutschland-Fahne im Sinne des Gesetzes verunglimpft wird.

Letztlich betont das Bundesverfassungsgericht immer, dass Kritik am Staat auch laut, unflätig und geschmacklos sein darf. So ging ein Mann straflos aus, der auf einer Collage scheinbar auf eine Deutschlandfahne uriniert. Der Mann wollte gegen die Militarisierung protestieren. Auch das Wortspiel „Schwarz-Rot-Senf“ billigte das Gericht.

Gegen die mutmaßlichen Clankriminellen wird nach der Razzia wegen zahlreicher Straftaten ermittelt, unter anderem wegen Betrug, Steuerhinterziehung, Urkundenfälschung, Sozialleistungsbetrug und Geldwäsche. Die Verunglimpfung der deutschen Flagge wird nicht erwähnt. Vermutlich bewerten die Staatsanwälte die Rechtslage ebenso und machen deshalb wegen dieser Sache kein Fass auf.

Rechtswidrig hoch zehn

Das Arbeitsgericht Berlin muss über die Kündigung einer Ex-RBB-Direktorin nicht entscheiden. Weil es den gesamten Vertrag für nichtig hält. Ein „wucherähnliches Rechtsgeschäft“ wird den Verantwortlichen bescheinigt, berichtet Business Insider.

„Sittenwidrig – das ist die größte Ohrfeige, die du bekommen kannst“, sagte Pascal Croset, Fachanwalt für Arbeitsrecht aus Berlin. „Das ist sozusagen rechtswidrig hoch zehn.“ Und in der Rechtssprechung „absolut exotisch“, so Wolf Reuter, ebenfalls Arbeitsrechtler.“

Wenn das Bestand hat, muss die Ex-Direktorin nicht nur auf 1,8 Millionen Euro Ruhegeld verzichten. Man wird sicher auch (noch) mal schauen müssen, wie es bei so krassen Verstößen um die zivil- und strafrechtliche Verantwortung derjenigen steht, die solche Verträge auf Kosten der Beitragszahler abgeschlossen haben.

Haben Bild und B.Z. „journalistische Standards“ gebrochen?

Die taz beklagt sich, dass Bild und B.Z. geplante Straßenblockaden offengelegt haben. Was es der Berliner Polizei sicher erleichterte, diese Blockaden zu verhindern.

Dann folgt ein interessanter Vorwurf:

„Mit der Veröffentlichung der Orte, noch bevor sich dort Blockaden bilden konnten, hat Springer nicht nur diese Verabredung gebrochen und damit journalistische Standards verletzt, sondern sich auch zum Erfüllungsgehilfen der Polizei gemacht.“

Dabei steht im gleichen Text, dass nur „ausgewählte Journalisten“ vorab informiert wurden. Und dass Springer-Blätter gar nicht zu den Auserwählten gehörten. „Möglicherweise erreichten diese Informationen die Springer-Redaktion über Umwege“, heißt es.

Welche Verabredung haben die Zeitungen also gebrochen und damit „journalistische Standards“ verletzt, wenn jemand von den erlauchten Journalisten, mit denen die Letzte Generation redet, die Klappe nicht halten konnte – oder wollte. Im Pressekodex heißt es überdies: „Nachrichtensperren akzeptiert die Presse grundsätzlich nicht.“

Der Vorwurf, die Zeitungen hätten sich zum „Erfüllungsgehilfen der Polizei“ gemacht, ist ähnlich absurd. Dass die Polizei aktuelle Berichte über geplante Straftaten zur Kenntnis nimmt, kann ihr doch nicht verwehrt werden. Im übrigen ist die Begründung der Zeitungen, sie wollten Autofahrer vor stundenlangen Staus bewahren, nicht gerade aus der Luft gegriffen.

Polizeikontrolle: 114 Anzeigen bei 550 Fahrzeugen

Die Polizei in Magdeburg hat mit einer Großkontrolle 550 Autofahrer überprüft. Vorrangig sollte die Fahrtüchtigkeit geklärt werden.

Das Ergebnis macht, nun ja, schon etwas nachdenklich. Hier die Bilanz:

31 x Verkehrsordnungswidrigkeitsanzeigen wegen des Verdachts des Fahrens unter Betäubungsmitteln
2 x Verkehrsordnungswidrigkeitsanzeigen wegen des Verdachts des Fahrens unter Alkohol
51 x sonstige Verkehrsordnungswidrigkeitsanzeigen
10 x Anzeigen wegen des Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz
9 x Anzeigen wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis
1 x Anzeige wegen Trunkenheit im Verkehr
1 x Anzeige wegen Gefährdung des Straßenverkehrs
5 x Anzeigen wegen Verstößen gegen das Waffengesetz
2 x Verstoß Pflichtversicherungsgesetz
2 x Verstoß Aufenthaltsgesetz

Insgesamt ist also gegen jeden fünften Autofahrer ein Verfahren eingeleitet worden. Und oft nicht nur wegen Bagatellen, wie man sieht.

Pressemitteilung der Polizei

Starbucks vor Gericht: Keine Mango im Mangodrink

Bei Subway-Sandwiches hat mal jemand in den USA nachgemessen und festgestellt, das „footlong“-Sandwiches deutlich kleiner sind. Es fehlten bis zu 2,5 Zentimeter. Wurde ein teurer Prozess, und seitdem sollen die Mitarbeiter in den Filialen ein Maßband bereit halten. Nun trifft es Starbucks. Die Kette wird von Verbraucherschützern verklagt, weil in einigen Fruchtdrinks vieles drin ist – nur nicht die beworbenen Früchte.

Konkret geht es um um folgende Drinks, die in den USA zwischen 3,95 und 5,95 Dollar kosten:

– Mango Dragonfruit
– Mango Dragonfruit Lemonade
– Pineapple Passionfruit
– Pineapple Passionfruit Lemonade
– Strawberry Açai
– Strawberry Açai Lemonade

Das etwa als „Mango Dragonfruit“ verkaufte Getränk enthält hauptsächlich Wasser, Traubensaftkonzentrat und Zucker. Aber jedenfalls keine Mango. Starbucks bestreitet vor Gericht gar nicht, dass die genannten Früchte in den Getränken fehlen. Das Unternehmen macht geltend, es werde nur die Geschmacksrichtung beschrieben.

Über diesen Punkt hat der zuständige Bundesrichter nachgedacht. Starbucks‘ Argumentation erscheint ihm nicht überzeugend. Anders als etwa beim sehr vagen „Vanille-Geschmack“ deutet für ihn nichts drauf hin, dass bei Mango, Passionsfrucht und Acai es jemand für möglich halte, dass tatsächlich keine von den Früchten enthalten ist.

Das Gericht hat die Sammelklage auf mindestens fünf Millionen Dollar zugelassen.

Bericht bei Reuters

Größte Mordserie: Behörde macht Verjährung geltend

Von 1999 bis Mitte 2005 beging der Krankenpfleger Nils H. in norddeutschen Krankenhäusern zahlreiche Morde. Verurteilt wurde er wegen 80 Morden, ermittelt wurde in 332 Fällen. Die größte Mordserie der Bundesrepublik hat auch heute noch juristische Nachspiele. So müssen Hinterbliebene vor Gericht um Hinterbliebenenrenten kämpfen. Nicht immer erfolgreich, wie ein Urteil aus Niedersachsen zeigt.

Geklagt hatte eine Frau, deren Vater 2003 von H. zu Tode gespritzt wurde. Sie hatte sich 2014 an die Staatsanwaltschaft gewandt. Zur gleichen Zeit erfuhr auch die zuständige Berufsgenossenschaft von den Taten. Vor Gericht ging es nun darum, ab wann die Hinterbliebenenrente zu zahlen ist.

Die Berufsgenossenschaft beruft sich auf die vierjährige Verjährungsfrist bei sozialrechtlichen Ansprüchen. Diese Verjährung sei erst durch Bekanntwerden der Fälle 2014 unterbrochen worden. Für die Zeit bis Ende 2009 seien die Ansprüche auf Hinterbliebenenrente somit verjährt.

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen billigt diese Auffassung. Die Richter sehen keinen Rechtsmissbrauch. Die Hinterbliebene hatte eingewandt, die Berufung auf Verjährung sei bei solchen „Schadensgroßereignissen“ rechtsmissbräuchlich.

Fakt bleibt aber, dass die Verjährung eine Einrede ist. Die Berufsgenossenschaft hätte also in diesem doch sehr speziellen Fall darauf verzichten und zahlen können (Aktenzeichen L 14 U 117/22).