Drecksstaat darf man über den Staat nicht sagen

Das schrieb ein Student zur Corona-Zeit auf Twitter:

„Ich kriege das absolute Kotzen bei diesem Drecksstaat und jeder einzelnen Person, die dieses menschenverachtende System unterstützt.“

Der Anlass war nachvollziehbar traurig. Der Student durfte seine Großmutter nicht im Altenheim besuchen. Verlassen durfte sie das Heim auch nicht, weil es in der Einrichtung eine Erkrankung gegeben haben soll. Die alte Dame musste ihren 90. Geburtstag alleine feiern. Das führte zur Unmutsäußerung des Studenten.

Aufgrund eines anonymen (!) Hinweises nahm sich der Düsseldorfer Staatsschutz der Sache an. Die Details kann man in verlinkten Artikel nachlesen. Am Ende stand ein Strafbefehl des Amtsgerichts München. 1.500 Euro Geldstrafe soll der Betroffene zahlen, wegen „Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole“ gemäß § 90a StGB.

Gerichte (interessanterweise auch Organe des Staates, also in gewisser Weise selbst betroffen) haben schon öfter darüber gebrütet, wie weit unfreundliche Worte frustrierter Staatsbürger gehen dürfen. Besonders viel Nachsicht ließ man nicht walten. So titulierte ein Bürger die Bundesrepublik als „frischgestrichene Coca-Cola Bude“ – strafbar. Auch die „Bimbes-Republik“ ging nicht mehr als deftige Meinungsäußerung durch, ebenso wenig der „käufliche Saustall“. Das Berliner Abgeordnetenhaus muss sich nach einem anderen Strafurteil nicht als „Allerheiligstes des bürgerlichen Volksbetrugs“ bezeichnen lassen.

Der Student kann gegen den Strafbefehl Einspruch einlegen. Ganz aussichtslos ist die Sache für ihn nicht. Eine Staatsbeschimpfung bzw. -verunglimpfung liegt nur vor, wenn mit der Aussage tatsächlich der Bestand des Landes im Gesamten angegriffen wird, also die freiheitlich-demokratische Grundordnung als solche. Das war hier aber gerade nicht der Fall, denn der Unmut des Studenten richtete sich erkennbar gegen eine konkrete Maßnahme im Zusammenhang mit COVID. Mit etwas gutem Willen könnte man das Ganze noch als Kritik am Staat in einer Sachfrage durchgehen lassen. Ich würde sagen, spätestens am Bundesverfassungsgericht stehen die Chancen hierfür nicht schlecht.

Besser wäre es natürlich gewesen, wenn der Fall sofort wegen Geringfügigkeit eingestellt worden wäre. Laut dem Bericht wurde stattdessen eine Riesenakte angelegt, die etliche Male zwischen Düsseldorf und München hin- und hergeschickt wurde.

Bericht auf Nius