Gericht spricht Wildpinkler frei

Das Amtsgericht Lübeck hat einen Wildpinkler freigesprochen. Der Mann urinierte spätnachts am Spülsaum der Ostsee ins Meer. 60 Euro sollte ihn das kosten. Er wehrte sich erfolgreich vor Gericht.

Die Verfolgung von Wildpinklern wird von den Ordnungsämtern bekanntlich sehr ernst genommen. Manche Kommunen haben das Maximal-Bußgeld auf 5.000 Euro hochgeschraubt, üblicherweise werden für „normale“ Fälle zwischen 30 und 150 Euro berechnet. Grundlage für das Bußgeld sind meist die Ortssatzungen. Es gibt aber auch den Tatbestand der groben Ungehörigkeit (§ 118 Ordnungwidrigkeitengesetz).

Das Amtsgericht Lübeck sieht in dem konkreten Fall keinen Grund für ein Bußgeld. Außer den Freunden des Mannes seien nur die drei Mitarbeiter des Ordnungsamtes in der Nähe gewesen. Diese waren aber erst erkennbar, als sie nach Tatbegehung ihre Taschenlampen aufleuchten ließen.

Von Belästigung Dritter also keine Spur, so das Gericht. Auch eine Verschmutzung der Ostsee sei ausgeschlossen, denn diese enthalte 21.631 Kubikkilometer Brackwasser. Schon der Verdünnungseffekt tue das Seine.

Der Richter bezieht sich zum Abschluss seines Urteils auch noch die allgemeine Handlungsfreiheit des Grundgesetzes sowie die „naturrechtlich verankerte menschliche Willensbetätigung“. Sein Fazit: „Der Mensch hat unter den Weiten des Himmelszeltes nicht mindere Rechte als das Reh im Wald, der Hase auf dem Feld oder die Robbe im Spülsaum der Ostsee.“

Zum Präzedenzfall für Wildpinkler im Stadtgebiet wird sich die Entscheidung somit kaum entwickeln (Aktenzeichen 83a OWi 739 Js 4140/23 jug.).