BLOSS KEINE WOLKEN

Haftprüfungstermine bieten in der Regel Gelegenheit, vorher mit dem Mandanten zu sprechen. Denn die Betroffenen werden meistens in aller Herrgottsfrühe von der Justizvollzugsanstalt, in der sie einsitzen, zum Gericht gefahren.

In Bochum scheint man auf „just-in-time“ umgestellt zu haben. Denn um 10.30 Uhr sitze ich jetzt hier, vor Saal C 248 (in den tieferen Etagen funktionieren weder Handy noch UMTS) und warte auf meinen Mandanten. Um elf Uhr sollte es eigentlich schon losgehen, doch im Hausgefängnis ist noch niemand eingetroffen, der den Namen meines Mandanten trägt.

Also Rücksprache mit der Geschäftsstelle. Die freundliche Dame fragt nach. Und ruft mich, das finde ich wirklich liebenswert, sogar auf dem Handy zurück. „Die fahren gerade los, kommen in ca. 10 Minuten an.“

Uh, das wird knapp. Wir haben schließlich noch einiges zu besprechen, zumal ich bislang keine Gelegenheit hatte, mit dem Betroffenen persönlich zu sprechen. Doch auch hier zeigt sich, dass man durchaus auf Flexibilität hoffen kann. Kurze Schilderung der Sachlage, und ich einige mich mit der Ermittlungsirichterin auf 11.15 Uhr. Sogar die Staatsanwältin, die uns zum Termin die Ehre geben will, will die Richterin persönlich benachrichtigen.

Fehlen eigentlich noch zwei Dinge: die Außervollzugsetzung des Haftbefehls und ein anschließender Espresso mit dem Mandanten. Hoffen wir also mal, dass in Bochum nicht noch kurzfristig Wolken aufziehen.

Los geht’s.

Update: Das Wetter blieb heiter.

TIPP 17

Weil es wirklich mal Zeit für eine Kontrolle des Reifendrucks am Auto ist, fissele ich die Ventilkappe vorne links ab. Die Ventile sind wunderbar vertieft. Ich liebe es, mit dem Fingernagel im Ölschwörmel zu kratzen. Hoffentlich ist in der Gießkanne Wasser.

Wieso die Ventilkappe aber aus den Fingerkuppen plingt und sich in einer Ritze des Rades verflüchtigt, ist mir ein Rätsel. Da sind dicke Streben und schmale Löcher, also bitte. Ein Dartspieler träumt wahrscheinlich von solchem Dusel.

Gab es an Tankstellen nicht mal Autozubehör? Diese Esso-Filiale bietet so was nur noch in einer dunklen Ecke. Man muss erst die Eingangstür schließen, um überhaupt ran zu kommen. Scheibenwischer, Sicherungen, Cockpitspray, 73 Sorten Duftbäumchen. Das ist es.

Vielleicht gibt es so was unter dem Ladentisch.

„Haben Sie Ventilkappen?“

„Nein, aber da wird oft nach gefragt.“

„Macht nichts. Ich komme morgen Früh bei Autoteile Unger vorbei.“

„Die haben so was bestimmt. Sie könnten natürlich auch einfach eine klauen.“

„Wie bitte?“

„Na ja, wenn es nachher dunkel wird, klauen Sie sich halt eine.“

„Äh, ja, danke für den Tipp. Tschüss.“

„Ciao. Passen Sie aber auf, dass Sie nicht gefilmt werden. Der Nächste, bitte.“

EGON ERWIN SCHWENZEL

Felix Schwenzel als rasender Reporter.

Heute hat er im Wahlblog launig vom Linksparteitag in Berlin berichtet, unter anderem von Gysis glänzender Glatze und Lafontaines eng sitzendem Anzug. Aber damit ist ja auch eigentlich schon alles gesagt, was es zu dieser künftigen Splitterpartei zu vermelden gibt.

Morgen ist ix in Dortmund und schreibt, wenn ich ihn richtig einschätze, lauter nette Dinge über Frau Merkel. Auf jeden Fall bin ich gespannt, ob in Dortmund ebenso geknausert wird wie bei der Linkspartei. Dort mussten selbst eingeladene Blogger doch tatsächlich für WLAN, Würstchen und Bier bezahlen.

Quelle: wulkan (www.wulkan-comic.de)

ALLUMFASSEND

Die „allumfassende Datenspeicherung“ von Amazon.de gerät erneut in die Kritik. heise online berichtet über Informationen, die ein Frankfurter Jurist von dem Versandhändler erhalten hat. Danach zeichnet Amazon unter anderem alles auf, was der Kunde auf der Homepage anklickt. Die Daten sollen zeitlich unbefristet aufbewahrt werden.

VORWÜRFE

Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft Hannover:

„Dem Hochschullehrer wird vorgeworfen, von den Geschäftsführern der Beratungsfirma insgesamt etwa 51.000,00 € erhalten zu haben. Dafür soll er pflichtwidrig durch das Unternehmen vermittelte Bewerbungen von Doktoranden angenommen, sich für sie eingesetzt und sie bis zum Abschluss ihrer Promotion betreut haben, obwohl sie die formalen Voraussetzungen zur Erlangung eines Doktortitels nicht erfüllten.

Ferner steht er im Verdacht, die studentische Hilfskraft, bei der er in Hannover wohnt, gegen körperliche Zuwendung besser benotet zu haben.“

(Link gefunden im R-Archiv)

EXPLOSIVE INHALTE

Der Kölner Stadtanzeiger beleuchtet in diesem Artikel die juristischen Risiken, denen sich Blogger aussetzen. Die Sprengstoffgeschichte klingt reißerisch, ist aber so passiert. In dem verwaisten Weblog nisteten sich einige Freaks ein, veröffentlichten und diskutierten Bauanleitungen für Sprengsätze. Manche Beiträge klangen sogar so, als würden Sprengstoffgeschäfte verabredet.

Die Ermittler gingen – für mich nachvollziehbar – davon aus, dass der Seiteninhaber die monatelange Diskussion nicht nur duldet, sondern unter einem Nick selbst mitmischt. Nachdem bei ihm zu Hause aber nichts Relevantes gefunden wurde, standen immer noch diverse (Beihilfe-)Delikte aus den Bereichen Verstoß gegen das Sprengstoffgesetz und Verabredung von Straftaten im Raum.

Zum Glück hatte der Staatsanwalt etwas Ahnung vom Internet und begriff, dass jeder für die Einträge verantwortlich sein konnte. Entsprechend glimpflich endete das Verfahren.

Quelle: wulkan (www.wulkan-comic.de)

CAUSA ARMSTRONG

Die Rezeption von sportlichen Ereignissen – nicht mein Ding. Aber selbst ich weiß doch, dass überall gedopt wird ohne Ende. Ist wie im Internet: Die Tricks sind von heute. Die Sicherungen von gestern.

Deshalb bin ich dafür, dass jedem (volljährigen) Athleten freigestellt wird, ob und wie er sich fit spritzt. Die chemischen und biotechnologischen Helfer von heute führen doch gar nicht mehr unbedingt zu neuen sekundären Geschlechtsorganen. Und für den Erfolg nehmen auch Angehörige anderer Berufsgruppen eine verkürzte Lebenserwartung in Kauf.

Also gebt das Hanf frei. Und Ruhe ist im Karton.

Soweit meine Meinung. Zurück zu den Paragrafen.

WEG DAMIT

Die ARD verprasst unsere Rundfunkgebühren, indem sie nicht nur aussichtslose Prozesse führt, sondern ausgerechnet auch noch die Pressefreiheit angreift. So haben die Rundfunkanstalten versucht, der Zeitung „junge Welt“ kritische Berichterstattung über Änderungen im Rundfunkstaatsvertrag zu verbieten.

Vergeblich, wie die junge Welt und beck-aktuell übereinstimmend berichten. Das Landgericht München betrachtet die Äußerungen nicht nur als von der Meinungsfreiheit gedeckt, nein, sie hätten sogar als Tatsachenbehauptungen Bestand.

Lediglich den Satz „Melden Sie Ihren Fernseher bei der GEZ ab“ darf die Zeitung nicht mehr veröffentlichen. Er stellt nach Auffassung des Gerichts einen unzulässigen Boykottaufruf dar.

Zur Vermeidung unnötiger Rechtsstreite versuche ich mich deshalb an einer anderen Losung:

Schafft die öffentlich-rechtlichen Sender ab!

EINSCHUB

Heute eine mir bislang unbekannte Arbeitsrichterin erheitert. Das kommt davon, wenn man gut vorbereitet ist und einen Vortrag darüber hält, wie viele gute Gründe es doch für die Kündigung gibt.

Oder hätte ich mir die Anmerkung, dass eine Abfindung in Frage kommt, vielleicht für den Schluss aufheben sollen? Auf jeden Fall wollte die Richterin nach diesem Einschub nur noch eins hören – ein konkretes Angebot.

Sie hat´s gekriegt. Aber auch nur so schnell, weil sie wirklich außerordentlich sympathisch lacht.