Wie lange ist das her, dass mich jemand aus einer guten, alten Telefonzelle angerufen hat? Heute habe ich es mal wieder gehört. Das Klappern der Münzen. Und den Satz: „Wir haben noch 20 Sekunden…“
Archiv des Autors: Udo Vetter
UNTER DAMPF
Heute dampft es mächtig im Maschinenraum des law blog (Spiegel online, Telepolis, Netzeitung, Der Schockwellenreiter). Es kann sein, dass die Seite nur eingeschränkt erreichbar ist.
VERHINDERT
Am 25. Mai 2005 habe ich bereits vier Gerichtstermine. Zwei davon, wenn auch zur gleichen Zeit, um 12.00 Uhr in Köln. Das Amtsgericht Dortmund ist aber trotzdem der Meinung, dass ich um 11.15 dort einen Termin wahrnehmen kann. In meinem Verlegungsantrag habe ich die Gründe meiner Verhinderung dargelegt. Außerdem habe ich darauf hingewiesen, dass meine Partnerin ebenfalls um diese Uhrzeit schon einen Gerichtstermin hat.
Die Antwort: „Eine Verlegung des Termins ist leider nicht möglich.“ Man braucht nur einen x-beliebigen Kommentar zu § 227 Zivilprozessordnung aufzuschlagen, um zu erkennen, dass es so nicht geht. Denn ich habe „wichtige Gründe“ dargelegt, die das Gericht nicht einfach übergehen darf. Es gibt mittlerweile unzählige Entscheidungen der obersten Gerichte zu dem Thema; aber anscheinend werden diese von manchen Richtern (den allerwenigsten!) einfach ignoriert.
Hinzu kommt, dass die Gegenseite aus einer zwölf Jahre alten Vereinbarung auf Ansprüche klagt, die frühestens in 15 Jahren fällig werden können. Von einem Eilbedürfnis kann also nicht die Rede sein.
Warum das Gericht den Termin halten „muss“, erfahre ich leider nicht. Ein weiterer Verstoß gegen das Gesetz, denn der ablehnende Beschluss muss begründet werden (§ 227 Abs. 4 ZPO).
Was ist zu tun? Mit der Richterin telefonieren, sofern das möglich ist. Wenn das nichts bringt, bleibt nur ein Befangenheitsantrag. Dann bleibt der laxe Umgang mit Verfahrensrechten wenigstens nicht unter der Decke.
OLLE KAMELLEN
Ein Schritt zu weniger Bürokratie soll heute auf der Tagesordnung des Bundeskabinetts stehen. Rot-Grün will, wie angekündigt, etwa 360 überflüssige Gesetze streichen. Doch wer glaubte, es gehe an die Entschlackung heutiger Strukturen, wird eher enttäuscht. Denn vorwiegend handelt es sich um Vorschriften, die längst keiner mehr kennt und die auch keinen mehr interessieren.
beck-aktuell listet einige der Normen auf, die heute keinerlei praktische Bedeutung mehr haben. So zum Beispiel eine Verordnungsermächtigung, die es Kaiser Wilhelm II. gestattet, eine Regelung zur Bildung eines internationalen Verbands „zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst“ zu erlassen. Oder das „Gesetz über die Auflösung, Abwicklung und Löschung von Kolonialgesellschaften“.
ÄRGER AB DER ERSTEN MAIL
Schon die Übersendung einer unerwünschten Werbemail begründet einen Unterlassungsanspruch. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat mit dieser Begründung ein Urteil der 1. Instanz aufgehoben. Diese hatte noch entschieden, eine Werbemail sei bloß eine „Belästigung“ ist und habe keine rechtlichen Folgen.
Das Oberlandesgericht sieht zwar im Kern auch nicht mehr als eine Belästigung. Allerdings, so das Gericht, gehe es nicht nur um einzelne Sendungen, sondern um den Kampf gegen Spammer insgesamt. Die Richter beziehen sich auf eine Studie, wonach 62 % des gesamten E-Mail-Verkehrs Spam sind und erkennen darin Handlungsbedarf.
Außerdem weist das Gericht darauf hin, dass ein „potenzielles Interesse“ des Empfängers nicht ausreicht, um ihm unverlangt Mails zu schicken. Er müsse vielmehr ausdrücklich zustimmen, wobei sich eine Zustimmung auch aus den „konkreten Umständen“ ergeben könne. Für die Zustimmung sei der Versender darlegungs- und beweispflichtig.
(AZ I-15 U 41/04; Pressemitteilung vom 3. Mai 2005)
SCHNELL INS WASSER
Liebe Mitarbeiterin,
die große blaue Tasse ist nur für meinen Tee. Nicht für kleine, süße Blumensträuße, die Mandantinnen vorbeibringen.
(Noch dazu meiner Kollegin.)
DURCHNÄSST
Vor der „Opanke Handnaht“ muss gewarnt werden. Ist ein Schuh nämlich nach dieser Methode gefertigt, eignet er sich nicht für nasses Wetter. Dass er allerdings schon bei leichtestem Spaziergang über feuchte Großstadtstraßen für durchnässte Füsse sorgt, wollte unser Mandant nicht hinnehmen. Immerhin hatte er 85 Euro in den rustikalen Herrenschuh eines deutschen „Traditionsunternehmens“ investiert.
Der Verkäufer weigerte sich allerdings beharrlich, die Schuhe (inzwischen wieder trocken) zurückzunehmen. Auch einem Vergleich zeigte er sich nicht zugänglich. So beauftragte das Amtsgericht einen Sachverständigen für das Schuhmacherhandwerk. Und man muss sagen, der Mann hat sich Arbeit gemacht.
Das Gutachten lief so ab:
Der Sachverständige besprühte fünf Paar Schuhe inklusive der reklamierten mit 0,5 Liter Wasser mit einem Feinstrahlsprühnebel, bis das Sprühbehältnis geleert war. Jedes Paar aus gleicher Entfernung und mit gleichem Druck. Von den zehn Schuhen wiesen zwei sofort auf eindeutiges Eindringen von Wasser hin, sodass die eingedrungene Wassermenge den Schuhinnenraum einnässte.
Die beiden Schuhe, die eine deutliche Undichtigkeit aufwiesen, waren die zu begutachtenden Schuhe. Besonders der rechte Schuh erwies sich als so undicht, dass im Spitzenbereich das eindringende Wasser direkt durchwanderte und den Innenraum füllte. Die übrigen Schuhe trockneten normal ab und wiesen trotz Eindringen des Wassers in das Oberleder keinen nassen Schuhinnenraum auf.
Somit steht für den Sachverständigen fest: Das Schuhwerk ist mangelhaft, da die anderen geprüften Schuhpaare in gleicher Preisklasse und gleicher Machart erheblich besser gegen Spritzwasser abgedichtet sind.
Der Schuhladen wird sich freuen. Denn nach aller Voraussicht muss er nicht nur den Kaufpreis zurückzahlen, sondern auch den Gutachter entlohnen. Wobei die anderen vier Schuhpaare ja wohl auch zu Buche schlagen werden. Ein Umtausch wäre auf jeden Fall die deutlich bessere Idee gewesen.
Und, ja, so einen Prozess kann man natürlich nur führen, wenn man Rechtsschutz hat.
LAIENDARSTELLER GESUCHT
Deutsche Kinos planen die Anschaffung von 600 (!) Nachtsichtgeräten. Sie wollen damit Raubkopierer überführen, berichtet Spiegel online.
Bei dieser Kontrolldichte dürfte es ja nur eine Frage der Zeit sein, bis ganz neue Filmgenre im Internet erhältlich ist: Row 17 Club, Popcorn Perverts, , Where´s Her Head?
ABM FÜR AUGENÄRZTE
Weblogs, sogar dieses, kann man auch auf dem Handy lesen. Hier ist der Beweis.
SO KANN’S GEHEN
WEGELAGERER KEINE BELEIDIGUNG
Das Bayerische Oberste Landesgericht hat einen Autofahrer freigesprochen, der Polizisten als „Wegelagerer“ bezeichnete. Die Äußerung ist nach Auffassung der Richter noch vom Recht auf Meinungsfreiheit gedeckt, zumindest in der konkreten Situation (Gurtkontrolle).
Bemerkenswert die Urteilsbegründung, so beck-online: Es gehöre zum Kernbereich des Grundrechts auf Meinungsfreiheit jedes Bürgers, Maßnahmen der öffentlichen Gewalt ohne Furcht vor staatlichen Sanktionen zu kritisieren.
*Warnung*: Andere Gerichte sind an diese Entscheidung nicht gebunden.
ZUGESTOCHEN
Mit einem hölzernen Essstäbchen attackierte heute am Amtsgericht Essen ein Prozessbeteiligter den neuen Freund seiner bisherigen Partnerin. Mit der Frau stritt der Mann um Besuchsrechte für das gemeinsame Kind. Laut Justizportal NRW rammte er dem „aktuellen Liebhaber“ das Essstäbchen durch die Hand. Das Opfer musste ins Krankenhaus.
IRRLÄUFER
Ein Besucher vermutete bei uns heute ein Notariat. Das ist aber schon rund zwölf Jahren nicht mehr hier, sondern um die Ecke. Knappe 100 Meter. Trotzdem hat sich der Mann ein Taxi bestellt. Wieso ihn das Taxi aber wieder zu uns gebracht hat und der Taxifahrer nicht merkte, dass Start- und Zieladresse identisch waren – fragt mich nicht.
Jedenfalls hat meine Sekretärin den Mann jetzt erneut auf die Reise geschickt. Mit genauer Wegbeschreibung. Die Wetten stehen trotzdem 3:1, dass er nachher noch einmal klingelt. Jedenfalls für den Fall, dass er wieder denselben Taxifahrer erwischt.
POST FÜR SPRINGER
Vorab als Fax
Axel Springer AG
Rechtsabteilung
Axel-Springer-Platz 1
20350 Hamburg
Eilt! Bitte sofort vorlegen!
Sehr geehrte Damen und Herren,
wir vertreten die rechtlichen Interessen von Frau S. Eine Vollmacht ist beigefügt.
Die BILD-Zeitung hat am 27. April 2005 in dem Artikel „Eine Schlagzeile wird Kult“ ein Foto unserer Mandantin veröffentlicht (Bildzeile: „Blonder Papst-Gruß mit Schlagzeile in Schwarz, Rot, Gold (gelb)“. Eine Kopie des Berichts ist beigefügt.
Diese Veröffentlichung war rechtswidrig. Sie begründet Schadensersatz-, Schmerzensgeld- und Unterlassungsansprüche. Im Einzelnen:
1. Schadensersatzansprüche
Bei der Aufnahme handelt es sich um ein Lichtbild, für das unsere Mandantin urheberrechtlichen Schutz genießt.
Frau S. hat dieses Foto ausschließlich zur Veröffentlichung auf der Seite www.eyesaiditbefore.de zur Verfügung gestellt. Auf dieser Seite wurden Einsendungen gebracht, welche die von der Bildzeile verwendete Schlagzeile „Wir sind Papst!“ verulken.
Mit dem Einverständnis zur Veröffentlichung auf www.eyesaiditbefore.de hat unsere Mandantin dem dortigen Seitenbetreiber lediglich ein Nutzungsrecht eingeräumt. Eine Weiterverwertung ohne Einverständnis unserer Mandantin war damit jedoch nicht gestattet.
Weder der Betreiber der Seite www.eyesaiditbefore.de noch unsere Mandantin sind von der BILD-Redaktion gefragt worden, ob sie sich mit der Veröffentlichung einverstanden erklären. Sie hätten dieses Einverständnis auch nicht gegeben.
Die Veröffentlichung verletzt somit die Urheberrechte unserer Mandantin.
Da die Veröffentlichung nicht rückgängig zu machen ist, steht unserer Auftraggeberin eine fiktive Lizenzgebühr zu. Angesichts der Millionenauflage von BILD und der prominenten Platzierung des Fotos beziffern wir das Honorar für das Foto mit € 1.500,00 und machen diesen Betrag hiermit geltend.
Wir fordern Sie auf, das Honorar bis spätestens 11. Mai 2005 zu zahlen.
DREI BUCHSTABEN
Bei einer Unterschrift müssen mindestens drei Buchstaben erkennbar sein. Mit dieser Begründung hat das Oberlandesgericht Frankfurt die Wirksamkeit eines Leasingvertrages bejaht. Eine Kundin, die mit Raten im Rückstand war, hatte die hingeschlurte Unterschrift des Firmenvertreters bemängelt.