KLIMAWANDEL

FDP-Vorsitzender Guido Westerwelle spricht er – im Gegensatz zur weitgehend abgetauchten CDU – gegenüber Focus Klartext. Er kündigt an, im Falle einer Regierungsbeteiligung 2006 die Gewerkschaften zu entmachten:

Deutschlands Problem seien nicht die vom SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering genannten „angeblichen Heuschrecken-Unternehmer, sondern die Bsirskes und die Engelen-Kefers“, so Westerwelle. „Die Gewerkschaftsfunktionäre sind die wahre Plage in Deutschland. Die Politik der Gewerkschaften „kostet mehr Jobs, als die Deutsche Bank je abbauen könnte“.

Dem SPD-Chef Müntefering warf Westerwelle vor, mit seiner Kapitalismuskritik einen „aus der Klassenkampfgeschichte bekannten Reflex“ wieder zu beleben: „die Furcht vor einer anonymen internationalen kapitalistischen Verschwörung gegen Deutschland und die Arbeitnehmer“. Solche linken Verschwörungstheorien würden seit 150 Jahren immer wieder benutzt – „mal aus ideologischer Wollust, mal in hysterischer Wahlkampfnot“.

Die Antwort von DGB-Chef Michael Sommer: „Westerwelle versaut das Klima in diesem Land.“

Westerwelle?

PROTESTSTURM

Müntefering mit Eiern beworfen. Nach übereinstimmenden Medienberichten handelte es sich bei den Aufwieglern nicht um Vertreter des Kapitals. Sondern um „aufgebrachte Arbeiter, Arbeitslose und Gewerkschafter“.

Möglicherweise ist Müntes Glaubwürdigkeitsdefizit größer als gedacht. Oder „das Volk“ ist doch intelligenter, als es sich die SPD-Strategen vorgestellt haben. Jedenfalls würde ich mir an deren Stelle schnell was anderes überlegen.

EINTRAG, KOSTENPFLICHTIG

Ein Telefonbuchverlag geht Herrn K. auf die Nerven. Für einen Eintrag ins Telefonbuch „05/06“ soll Herr K. eine Rechnung bezahlen. Er ist sich jedoch sicher, nichts unterschrieben zu haben. Nach seiner Erinnerung hat er den Vertreter sogar weggeschickt, weil ein bisschen Fettdruck ja doch keine Kunden mehr bringt.

Statt einer Stellungnahme kommen nur weitere Mahnungen – und die Drohung mit einem Gerichtsverfahren. Erst nachdem ich mich eingeschaltet habe, übersendet der Verlag eine Kopie des angeblichen Auftrags. Darauf ist zwar nicht viel zu erkennen. Eins ist jedoch eindeutig: Die Bestellung bezieht sich auf das „Telefonbuch März 2004“. Zu diesem Zeitpunkt erschien aber die Ausgabe „04/05“.

Die Rechnung hierfür hat Herr K. aber längst bezahlt.

Bedauerliches Vershen? Oder Methode? Wir werden sehen.

USCHI GLAS KLAGT

Uschi Glas verklagt die Berliner Polizei. Beamte sollen sich bei Ermittlungen mit den persönlichen Daten der Schauspielerin auf Pornoseiten eingeloggt haben. Bild.de zitiert Glas‘ Anwalt Markus Roscher:

Die Polizei ermittelte gegen einen Porno-Anbieter. Die Beamten wollten beweisen, daß sich Jugendliche mit den Ausweisdaten von Erwachsenen auf den Seiten registrieren und die Sex-Inhalte konsumieren können. Um das nachzuweisen, benutzte der Beamte die Ausweisnummer meiner Mandantin, deren Paß er in einer Schweizer Illustrierten entdeckt hatte.“

Die Schauspielerin will nach dem Bericht 20.000 Euro Schmerzensgeld.

KOMATÖS IN DEN MAI

Ah, der 30. April. Weil ich samstags grundsätzlich nicht weggehe (den Rest der Woche eigentlich auch nicht mehr, aber das ist ein anderes Thema), werde ich daran erinnert, dass eine Nachbarin schräg gegenüber an diesem Tag anscheinend Geburtstag hat.

Jedenfalls sieht oder hört man sonst praktisch nichts von dieser dicklichen Dame mit dem leicht aufgedunsenen Gesicht und der missglückten Dauerwelle. Außer, dass sie morgens schon mal auf ihrem Balkon Wäsche aufhängt und prüft, ob das das Katzennetz sitzt.

Am 30. April aber dröhnt dagegen schon ab 8.15 Uhr Volksmusik aus ihrer Wohnung. Das gilt zumindest für Jahre, in denen der 30. April auf ein Wochenende fällt und ich das mitbekomme. Marianne & Michael. Die Wildecker Herzbuben. Ich liebe es, ausschlafen zu können.

Abends ab 18 Uhr stehen dann dickliche Männer mit schwer aufgedunsenen Gesichtern auf dem Balkon. Das Katzennetz dient jetzt als Unterlage für ein weißes Bettlaken. Schutz gegen die Abendsonne. Lasst die Spiele also beginnen. Die Männer schimpfen zwischen hektischen Schlucken Bier über die Zigarettenpreise, die Fortuna, die Rheinarena, den Erwin und alles, was einem in Zeiten von Hartz IV auf der Seele drückt. Der Kundendienst von Opel, zum Beispiel.

Das Küchenfenster liegt gleich neben dem Balkon. Es steht auf kipp und verrät, dass sich dort die Damen versammelt haben. Stößchen. Ab 19 Uhr erfüllt alle paar Sekunden ein langgezogenes, hysterisches Lachen den Hinterhof. Das Geburtstagskind amüsiert sich. Gegen zehn wird es etwas leiser, denn nicht zu überhörenderweise musste sich das „Gabischen“ etwas hinlegen. Der Rest überlegt mit heiseren Stimmen, ob sie wohl noch einmal aus dem Koma erwacht. Aber man vertraut auf die Vorjahre, da hat sie es ja auch überlebt.

Jetzt beginnt die kritische Phase. Männer und Frauen, gemeinsam in der Küche. Scheint auch Verwandtschaft drunter zu sein. Letztes Jahr kam es gegen Mitternacht zu einem Streit. „Komm‘ doch her, eure Bagage haben wir schon immer vernatzt“, „Ich geb‘ dich gleich, du Sackgesicht“, „Jooooochen, Jooooooohen.“

Dann ein Knall, ein Küchenschrank polterte zusammen und ein Georg hatte sich den Arm gebrochen. Kompliment an die Düsseldorfer Polizei, die löst so eine Versammlung mit ruhigen, bestimmten Kommandos in drei Minuten auf.

Jedenfalls, und das stimmt mich nicht zuversichtlich für den Rest der Nacht, endete bisher jeder 30. April schräg gegenüber mit einer Katastrophe. Was man am nächsten Morgen auch daran merkt, dass aus dem Küchenfenster lautes Schluchzen und hektische Telefonate zu hören sind. Aber danach kehrt die Frau zuverlässig zu ihrem unauffälligen Verhalten zurück. Und es ist ein Jahr Ruhe.

Vielleicht spielen sich die Tragödien auch nur auf anderen Feiern ab. Aber das will ich, ehrlich gesagt, gar nicht wissen.

PICCOLO AUF DEM FLUR

Berlin arbeitet daran, das Zeugnisverweigerungsrecht für Verlobte abzuschaffen. Der Bundesrat hat einen Gesetzentwurf beschlossen, der jetzt noch im Bundestag zur Abstimmung gestellt wird. Den Politikern ist ein Dorn im Auge, dass sich Zeugen immer wieder in Strafprozessen darauf berufen, mit dem Angeklagten verlobt zu sein. Nachzuprüfen ist das nur selten.

Jeder Strafverteidiger kann von endlosen Debatten mit Gerichten über die Frage berichten, was ein Verlöbnis an sich ist und ob im konkreten Fall eines vorliegt. Ich habe einen solchen Streit mal mit der Bitte um fünf Minuten Pause unterbrochen. Auf dem Flur haben sich mein Mandant und seine Freundin dann nochmals feierlich verlobt und das Ganze mit einem Piccolo aus der Gerichtskantine begossen. Selbst der Staatsanwalt, der auf dem Flur eine Zigarette rauchte und alles grinsend beobachte, akzeptierte dann das Verlöbnis.

Quelle Cartoon: wulkan (www.wulkan-comic.de) / (Link gefunden bei muepe.de)

DIE HEUSCHRECKEN

Münteferings Heuschreckenliste erinnerte mich vom Ansatz her gleich an Lucius Cornelius Sullas Proskriptionen. Irgendwie habe ich mich aber nicht getraut, darauf hinzuweisen. Die Aufgabe nimmt mir nun Roland Berger ab, der von Spiegel online wie folgt zitiert wird:

Roland Berger forderte Müntefering auf, auf persönliche Angriffe gegen Wirtschaftsführer zu verzichten. „Wenn einzelne Unternehmenspersönlichkeiten öffentlich verurteilt werden, muss man sich nicht wundern, wenn irgendwelche Verrückten schließlich RAF spielen. Wir haben ja erlebt, wie es enden kann, wenn solcher Hass gesät wird“, sagte Berger.

Da Müntefering aber angefangen hat, darf eine Frage nicht ungestellt bleiben. Wenn die bösen Aufkäufer (die in meist angeschlagene Firmen, die wie Nixdorf nix außer einem klangvollen Namen hatten, ja erst einmal auf eigenes Risiko Kapital reinpumpen, aber wen interessieren solche Kleinigkeiten?) Heuschrecken sind, welches Pendant aus dem Tierreich gebührt dann meinem Lieblingspolitiker?

Update: Arbeiterlieder zum Download. (gefunden bei Jurabilis)

BIIIIIG

Heute Nachmittag habe ich nicht gearbeitet. Sondern Sophie, mein achtjähriges Patenkind, an der Schule abgeholt. Nach einer Woche Jugendherberge hatte sie nicht nur Lust auf Kino („Robots“), sondern bestand auch auf altersgerechter Nahrungszufuhr.

Bei meinem Menü war ein Hamburger namens „Big Tasty“ dabei.

Börps.

„TATVORWURF“

Sie hielten bei einer Geschwindigkeit von 145 km/h den erforderlichen Abstand von 72,5 m zum vorausfahrenden Fahrzeug nicht ein. Ihr Abstand betrug 24,2 m und damit weniger als 4/10 des halben Tachowertes.

Machen Sie sich keine Sorgen, wenn Sie das nicht sofort verstehen. Ihrem Anwalt geht es auch nicht besser.

MÜNTES FEHLER ?

Die Welt berichtet über Münteferings Wirkung auf Kopf und Herz der Wähler in Nordrhein-Westfalen:

Münteferings Kampagne verfängt nicht. …. Die Kapitalismus-Kritik trifft zwar den Nerv der Bevölkerung, wird aber auch als Wahlkampfinszenierung empfunden. … Wie Frank Plasberg der WELT sagte, fand die Mehrzahl der Zuschauer, deren Anrufe den WDR erreichten, die Thesen Münteferings „hochinteressant“. Allerdings habe ebenfalls eine Mehrheit der Anrufer die Kritik des SPD-Chefs mit dem Wahlkampf in NRW in Verbindung gebracht und deswegen nach dem Motto kritisiert: „Man merkt die Absicht und ist verstimmt.“ …

Der Duisburger Politologe Karl-Rudolf Korte sieht als Grund für die mangelnde Durchschlagskraft der Müntefering-Thesen im NRW-Wahlkampf den Widerspruch zwischen der Kapitalismuskritik und der realen Politik von Rot-Grün in Berlin. Nach Kortes Meinung sieht die Bevölkerung im Vorstoß Münteferings „eine bloße Inszenierung, der keine politische Entscheidung folgt“. Zwar liefere Müntefering Feindbilder, biete aber keine Positivbotschaften.

Laut Emnid kriegte Schwarz-Gelb trotz Müntes Geklopfe derzeit 51 Prozent der Stimmen. Sollte mein Lieblingspolitiker doch aufs falsche Pferd gesetzt haben?

MAßLOS

Polizeiliche Durchsuchungen von Haus- und Büroräumen nach geringfügigen Delikten wie einer Geschwindigkeitsübertretung sind ein Verstoß gegen die Menschenrechte. Das entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) am 28.04.2005 in Straßburg in einem Urteil gegen Deutschland, berichtet beck aktuell.