ANFECHTUNG

Internetverkäufer haben ein Anfechungsrecht, wenn sie aus Versehen einen falschen Preis angegeben haben. Das Oberlandesgericht Hamm glaubte einem Anbieter, dass er Speicherchips nicht für 1,88 Euro das Stück verkaufen wollte, sondern für 188,00 Euro. Ein Käufer, der 99 Stück im Onlineshop der Firma bestellt hatte, ging leer aus.

(Danke an Ulli für den Link)

PREISBRECHER

Eine unserer programmierten Billigvorwahlen ist die 01081. Bei Ortsgesprächen kommt heute bei uns in Düsseldorf immer die freundliche Ansage: „Dieser Anruf ist kostenlos.“ Vielleicht verlosen sie demnächst noch Reisen…

LEGALER WEBSITEN-KLAU?

Plagiate von Websites sind nach Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm (Originaltext) zulässig. Im Urteil vom 24. August 2004 hält es der 4. Zivilsenat für unbedenklich, dass ohne Zustimmung des Inhabers Grafiken, Motive und (bearbeitete) Bilder des Inhabers kopiert und in eine eigene Website eingebaut werden. Tatsächlich scheint es so zu sein, dass die gesamte Seite geklaut und nur die Texte geändert wurden.

Das Urteil (hier eine Presseinfo) enthält fragwürdige rechtliche Wertungen, beruhend auf einer gewissen Ahnungslosigkeit darüber, was eine Homepage im Internet ist und welche Arbeiten hierfür erforderlich sind. Deshalb kann ich mich den warnenden Worten von Rechtanwalt Simon nur anschließen:

„Ich vermag ich mich lediglich darin zu wiederholen, dass die Entscheidung (nur) den konkreten Einzelfall betrifft, und sich jeder Imitator bewusst sein sollte, dass kein anderes Gericht in einem anderen Fall an die Entscheidung des OLG Hamm gebunden ist, und zwar weder hinsichtlich der Beurteilung des Werkcharakters einer Website oder von Teilen hieraus noch in derjenigen der (angeblich nicht) unlauteren Ausbeutung fremder Leistungen in einem Wettbewerbsverhältnis.“

(Danke an Andreas Unkelbach für den Hinweis)

ERSTATTUNG

Ausländer, die in Deutschland gearbeitet haben, können sich unter Umständen ihre Rentenbeiträge erstatten lassen. Das gilt zum Beispiel für einen Mandanten aus Ghana, der hier in Deutschland jahrelang gearbeitet hat, dann aber ausgewiesen wurde. Der Antrag und die Vollmacht mussten zwar extra von der deutschen Botschaft in Accra beglaubigt werden, aber jetzt erstattet die LVA Rheinprovinz immerhin 19.995,20 Euro.

Deutsche Staatsangehörige kriegen übrigens grundsätzlich nichts zurück, selbst wenn sie auswandern.

UNENTDECKTE MORDE

Gerichtsmediziner warnen davor, dass die geplante Schließung von weiteren rechtsmedizinischen Instituten die Zahl unentdeckter Morde in die Höhe treibt. Schon jetzt werde eine Vielzahl von Gewaltverbrechen nicht entdeckt, weil – zum Teil aus Kostengründen – viel zu selten Obduktionen angeordnet werden. Rechtsmediziner vermuten hinter etlichen Säuglingstoden und Selbstmorden in Wirklichkeit Verbrechen, berichtet beck-aktuell.

HAFTUNG

Es war überall zu lesen:

Nach dem Willen der Bundesregierung sollen Manager künftig mit bis zu vier Jahresgehältern haften, wenn sie mit falschen Informationen Anleger schädigen. Das gilt auch für grob fahrlässige Falschangaben.

Ich fordere die gleiche Regelung auch für Politiker.

KEIN PENTIUM

In einem Urteil zu R-Gesprächen zeigt das Landgericht Braunschweig eindrucksvoll auf, wie limitiert der Arbeitsspeicher und die Rechenleistung des durchschnittlichen Menschenhirns sind:

„Der Angerufene hat zu realisieren, dass ein R-Gespräch eingeht, für dieses R-Gespräch Kosten anfallen und er hierfür eine Tastenkombination zu drücken hat. Der zur Verfügung stehende Zeitraum ist zur Überzeugung der Kammer nicht ausreichend, um die gegebenen Informationen und insbesondere die erhebliche Kostenfolge in angemessener Weise verarbeiten zu können.“

(Link gefunden bei den Rechtsanwälten Heyms & Dr. Bahr)

FEHLGESTEUERT

Gegen den obersten Finanzrichter Brandenburgs ermittelt die Staatsanwaltschaft – wegen des Verdachts der Beihilfe zur Steuerhinterziehung. Dem Richter wird die Unehrlichkeit laut Spiegel online im Rahmen einer privaten Erbschaft zur Last gelegt.

Wenn sogar Profis möglicherweise nicht wissen, wie man sicher trickst – welch größeren Beweis gibt es für die Notwendigkeit einer Steuerreform?

NOTFALL

Eine Gummipuppe im Fensterrahmen führte zu einem dramatischen Einsatz der Kieler Polizei. Eine Anwohnerin hatte die Gummipuppe mit ihrer Nachbarin verwechselt. Polizei und Feuerwehr traten die Tür ein. „Alles nur ein Scherz“ – so sah es jedenfalls die 57-jährige Wohnungsinhaberin. Die Polizei ist laut eigenem Pressedienst nun der Auffassung, dass die Puppenfreundin den Einsatz bezahlen muss und auch auf den Kosten für die kaputte Tür sitzenbleibt.

Nicht, dass sich die Beamten da schon mal ein bisschen Mut machen – falls sich die Wohnungsinhaberin auf ihr Recht zur freien Entfaltung der Persönlichkeit beruft. Immerhin ist ja bald Halloween…

(danke an Mathias Schindler für den link)

WULKAN STELLT AUS

Karikaturist Wulkan zeigt ab heute seine besten Bilder im Landesarbeitsgericht Düsseldorf. Die Ausstellung geht bis zum 12. November 2004. Gerichtsgebäude am Hauptbahnhof Düsseldorf, Ludwig-Erhard-Allee 21, 1.Etage. Die Vernissage ist heute um 15.30 Uhr.

Wer keine Zeit hat oder zu weit entfernt wohnt, schaut einfach hier im law blog.


UNLUSTIG

Spiegel online berichtet über die Nöte deutscher Staatsanwälte, bei Äußerungen des NPD-Vorsitzenden strafbare Handlungen zu entdecken. Ich zitiere die Sprüche nicht, weil ich ein Anhänger der Meinungsfreiheit bin und deshalb meine, dass man die „geistige Auseinandersetzung“ nicht mit dem Strafgesetzbuch führen sollte.

Allerdings mutet es schon merkwürdig an, wenn sich Leute wie der Internetaktivist Alvar Freude mit nonchalanter Begründung eine Vorstrafe einhandeln. Obwohl Freude mit Sicherheit keinen Vorsatz hatte, zum „Hass gegen Teile der Bevölkerung“ aufzustacheln.

REISEZIELE

5 Jahre Einreisesperre – das hat einer meiner Mandanten falsch verstanden. In seinem Heimatland Nigeria wartete er brav diese Zeit ab, bevor er ein neues Visum beantragte. Leider hat er nicht bedacht, dass der Rest seiner Freiheitsstrafe ihm nicht erlassen wurde. Vielmehr hat die Staatsanwaltschaft damals nur von der Vollstreckung abgesehen und – für den Fall seiner Rückkehr – gleich mal einen Haftbefehl erlassen (§ 456a Abs. 2 S. 3 StPO).

Die Rückreise nach Deutschland führte meinen Mandanten sofort in die Gefängniszelle. Ich kann sagen, dass er davon ziemlich überrascht war. Und entsetzt, denn es sind immerhin noch 546 Tage offen. Es sei denn natürlich, ich kann etwas in Richtung Bewährung oder erneuter Abschiebung erreichen.