Kontrollgrund entfallen

Personenkontrollen nur wegen der Hautfarbe – das ist ja seit dem gestrigen Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster wieder ein Thema. Auch hier im Blog. Ich möchte noch einen Erfahrungsbericht nachreichen, den mir heute ein Leser geschickt hat:

Ich selbst bin (zu zweifelhaftem Glück?!) von solchen Kontrollen nicht betroffen. Allerdings wohne ich in der Grenzstadt Frankfurt (Oder), die Züge nach Berlin kontrolliert die Bundespolizei regelmäßig. Ich wurde, abgesehen von einer Situation, an die ich mich erinnere, immer nur dann kontrolliert, wenn ich in Begleitung einer meiner damaligen Mitbewohnerinnen (dunkle Hautfarbe) reiste. Sonst nie allein.

Die Situation: Ich reiste mit sehr, sehr viel Gepäck. Ungefähr soviel, wie ich selbst gerade noch tragen konnte. Ich telefonierte, hörte aber gerade zu, weswegen ich selbst nicht sprach. Der Polizist sprach mich an, er wolle meinen Ausweis sehen. Als ich meinen Gesprächspartner am Telefon unterbrach, um mitzuteilen, dass ich von der Polizei kontrolliert würde und ich später zurückmelden wollte, winkte der Polizist bereits ab, er brauche den Ausweis nicht zu sehen. Auch hier hat Deutsch als Muttersprache wohl den Kontrollgrund entfallen lassen.

Hinsichtlich des Doktortitels: Ein (promovierter) Kollege von mir hat ein recht wandlungsfähiges Äußeres. Je nach Frisur und insb. Bartlänge geht er als „Biodeutscher“ (furchtbarer Begriff) oder Südeuropäer, Türke oder Araber durch. Das geht so weit, dass ihm eine italienische Delegation auf einer Tagung im Ausland nicht abnehmen wollte, dass seine Familie schon immer aus Deutschland stammt oder er in Berlin auf Türkisch oder Arabisch angesprochen wird und Verwunderung dafür erntet, dass er diese Sprachen nicht spricht.

Jedenfalls beobachtet er selbst, dass er je nach Haar- und Barttracht, tlw. Kleidungsstil, öfter und auch anders kontrolliert wird. Seit sein Doktortitel im Ausweis steht, unterscheidet sich das Verhalten der Einsatzkräfte ihm gegenüber nach dem Lesen des Ausweises deutlich vom Verhalten vor Lesen des Ausweises.

Ich veröffentliche auch gern noch weitere Erlebnisberichte mit Personenkontrollen, sofern hieran Interesse besteht. Aber bitte keine anonymen Einsendungen, damit ich ggf. wegen der Authentizität rückfragen kann. Das bedeutet natürlich nicht, dass der Name dann hier im Blog genannt wird.