Hoher Arbeitsaufwand

Es geht ja hartnäckig die Mär um, dass DNA-Analysen nur bei schweren Straftaten eingesetzt werden. Das ist jedoch nicht der Fall. DNA-Tests sind längst eine polizeiliche Standardmaßnahme. Eine aktuelle Pressemeldung der Polizei in Pirmasens illustriert dies sehr gut:

Ende April dieses Jahres wurde ein Mofaroller in der Zweibrücker Straße in Pirmasens entwendet. Nach dem Auffinden wurden umfangreiche erkennungsdienstliche Maßnahmen an dem Fahrzeug vorgenommen. Der hohe Arbeitsaufwand hat sich für die Beamten gelohnt: Durch einem DNA-Treffer wurde ein 16-Jähriger als dringend Tatverdächtiger ermittelt.

Wir alle hinterlassen DNA. Ständig und überall. Dementsprechend steigt auch das Risiko, bloß durch die (angebliche) Anwesenheit an einem Ort, der später zum „Tatort“ wurde, ins Visier von Ermittlungen und unter entsprechenden Rechtfertigungsdruck zu geraten. Obwohl man als Betroffener ja gar nichts gemacht hat, außer vielleicht am „falschen“ Ort gewesen zu sein.

Faktisch läuft das dann darauf hinaus, dass man unter Rechtfertigungsdruck gerät und erklären muss, wieso man kein Mofa geklaut hat. Das kann man auch als großen Schritt in Richtung zu einer Umkehr der Unschuldsvermutung betrachten. Wer freiwillig eine DNA-Probe abgibt, sollte sich dessen bewusst sein.

Nach wie vor gilt bei uns: Die Polizei kann keine DNA-Probe anordnen, so lange der Betroffene nicht ausdrücklich zustimmt. Und zwar schriftlich. Die Anordnung muss bis auf wenige Ausnahmefälle vom Richter kommen. Und sie ist keineswegs eine reine Formalität, wie es Polizeibeamte gerne darstellen.

Nicht mehr

Mitteilung der Staatsanwaltschaft:

Das Verfahren wird eingestellt (170 Abs. 2 Strafprozessordnung).

Es besteht kein begründeter Tatverdacht mehr.

Die Formulierung hat mich ein wenig gefreut. Denn als weiteres „Ereignis“ gibt es in der Ermittlungsakte nur meine schriftliche Stellungnahme zu den Tatvorwürfen.

Kleine Panne bei der Unterschrift

Schon beim Lesen einer schriftlichen Zeugenaussage hatte ich das Gefühl: Der angeblich „zufällige“ Zeuge einer Körperverletzung meint es aber gut mit dem möglichen Opfer.

Er schildert den Vorfall exakt so, wie ihn auch das mutmaßliche Opfer selbst bei der Polizei erzählt hat. Es ist zwar alles in der Ich-Form formuliert, aber bei der Aussage zur Sache mit exakt den gleichen Kommafehlern garniert, die der Polizeibeamte im Vernehmungsprotokoll der Geschädigten produziert hat.

Das war schon komisch genug. Richtig lustig wurde es allerdings am Ende der schriftlichen Zeugenaussage. Dort hat nicht der Zeuge unterschrieben, sondern ganz eindeutig das Opfer. Da fiel mir auch wieder ein, woher ich die Handschrift kannte. Vom Strafantragsformular, das die Geschädigte mit der handschriftlichen Anmerkung garniert hatte, sie wolle nicht nur eine harte Strafe für den Täter, sondern auch „Schmerzensgeld: mindestens 1.000 Euro“.

Ich schätze mal, der Zeuge wird keinen leichten Stand haben. Zumal er doch in „seiner“ Aussage mehrfach betont, er kenne die Zeugin nicht und habe auch keinen Kontakt zu ihr.

Lärm – heute gratis

Wenn ihr wie ich ein Android-Smartphone nutzt, gibt es bei Amazon noch heute ein ganzes Bündel Gratis-Apps. Aber nicht den üblichen Ausschuss, den man sonst (leider) oft bei den Gratis-Apps des Tages findet. Sondern es handelt sich um attraktive und teilweise sogar nicht ganz billige Apps aus dem Bereich Produktivität und Lifestyle.

Meine persönliche Lieblings-App aus dem Gratis-Reigen ist White Noise. White Noise ist, wie der Name schon sagt, guter Lärm in unzähligen Variatonen, die sich kostenlos nachladen lassen. Ozeanwellen, Regentropfen, die Geräusche einer Sommernacht, Flaggen im Wind. Ich nutze die App vor allem in Hotels, wo ich traditionell eher schwer einschlafe. Mit White Noise klappt es deutlich leichter.

Die größte Ersparnis von über 20 Euro gibt es beim Oxford Advanced Learner’s Dictionary. Das ist das englisch-englische Wörterbuch schlechthin. Die gedruckte Version nutze ich schon seit Jahrzehnten, wenn ich Bücher in Originalsprache lese.

Ansonsten finde ich vor allem folgende Apps nützlich: Flightradar24 Pro, WiFi Explorer Pro, PDF Max, Docs To Go Premium.

Hier geht es zur gesamten Liste der aktuellen Gratis-Apps.

Vertrauliche Post von ganz oben

Ein Richter am Bundesverfassungsgericht hat eine 21-seitige Stellungnahme zum Google-Urteil geschrieben und diese an Politiker und Datenschützer geschickt. Der Öffentlichkeit zugänglich machen möchte der Richter seine Ausführungen allerdings nicht. Zumindest derzeit nicht. Dem Portal irights.info, dem das Schreiben vorliegt, verweigert er eine entsprechende Genehmigung.

Dabei ist das Papier, das aus der Feder von Johannes Masing stammt, durchaus interessant. irights.info bewertet das Schreiben jedenfalls als fundierte, tiefgehende und weitsichtige Kritik.. Nichts anderes wäre auch zu erwarten, immerhin ist Masing beim Bundesverfassungsgericht für die Themengebiete Pressefreiheit, Demonstrationsrecht und Datenschutz zuständig.

Ebenso interessant wie das Dokument selbst ist allerdings, wieso ein Bundesverfassungsrichter – offenbar unaufgefordert – so eine Stellungnahme an einen kleinen Kreis Politiker und Datenschützer sendet. Zumal es bei irights.info heißt, dies sei „vertraulich“ geschehen.

Zwar ist es Verfassungsrichtern natürlich nicht verwehrt, auch außerhalb des Gerichtssaals ihre Meinung zu aktuellen Dingen zu sagen. Das geschieht aber, zumindest so weit mir bislang bekannt, in Fachbeiträgen, Interviews oder Vorträgen. Eine Art Newsletter für Entscheidungsträger, von dem die Öffentlichkeit selbst nach seinem faktischen Bekanntwerden durch den Bericht von irights.info nichts erfahren soll, wirkt da schon ganz anders. Immerhin schreibt Masing ja an Mitglieder der Legislative und Exekutive. Also an jene, die er als höchstrangiger Mitarbeiter der Judikative letztlich kontrollieren soll.

Und zwar „Im Namen des Volkes“. Auch wenn dieses hier, aus welchen Gründen auch immer, offenbar außen vor bleiben soll.

Kundenbewertungen – ein Spiel mit dem Feuer?

Mehrere zehntausend Euro soll es einen Kunden kosten, weil er bei Amazon eine kritische Bewertung über ein Fliegengitter zum Preis von 22,51 Euro abgegeben hat. Zwar gibt es nun ein Urteil, endgültig erledigt ist die Sache damit aber aber wohl noch nicht.

Der Kunde erstand das Fliegengitter bei einem Drittanbieter auf dem Amazon Marketplace. Es gelang ihm nicht, das Fliegengitter richtig zu installieren. Er meinte es sei zu klein und schrieb, nachdem er sich von dem Verkäufer nicht ausreichend unterstützt fühlte, eine negative Bewertung ab. In der stand recht kurz und eher sachlich, die Anleitung sei falsch.

Der Händler behauptet nun, dies habe katastrophale Auswirkungen für ihn gehabt. Amazon habe ihm wegen der Bewertung das Verkäuferkonto gesperrt, er habe über den Marketplace keine Fliegengitter mehr verkaufen können. Er verklagte den Kunden – Streitwert 70.000 Euro.

Interessanterweise scheint das Landgericht Augsburg Probleme damit zu haben, mal in Artikel 5 Grundgesetz (Meinungsfreiheit) zu schauen und die Klage abzuweisen. Vielmehr drehte es dem Kläger einen Strick daraus, dass dieser einen Beweisantrag zu spät gestellt habe. Wir werden also frühestens von der nächsten Instanz hören, was von der Klage zu halten ist.

Der bei dem Wetter sicher boomende Markt für Fliegenschutzgitter scheint, wie sich nach dem Klick zeigt, trotz des bedauerlichen Rückzugs des Händlers keineswegs ausgetrocknet (Amazon-Partner Link).

Bericht in der Augsburger Allgemeinen

Liebe in der Gefängniszelle

Der Leiter der Justizvollzugsanstalt Landshut hat gegen eine seiner Mitarbeiterinnen Strafanzeige erstattet. Die Frau steht im Verdacht, sexuelle Beziehungen zu einem Inhaftierten gehabt zu haben. Außerdem wurde die Frau vom Dienst suspendiert, nachdem sich die Verdachtsmomente erhärtet haben sollen.

Tatsächlich gibt es einen besonderen Straftatbestand für Vollzugsbedienstete. § 174a Strafgesetzbuch verbietet dem Wachpersonal sexuelle Beziehungen zu Inhaftierten. Einzige Voraussetzung ist, dass der Täter „unter Missbrauch seiner Stellung“ handelt. Dabei kommt es, so ein Urteil des Bundesgerichtshofs, im wesentlichen auf die Machtbefugnisse des Wachpersonals an. Je größer die „Schlüsselgewalt“, desto eher wird vermutet, dass der Täter seine Stellung missbraucht hat.

Ob der Gefangene womöglich selbst die Initiative ergriffen hat oder gar eine echte Liebesbeziehung vorliegt, soll normalerweise keine Rolle spielen.

Bericht des Bayerischen Rundfunks

Pflichtverteidiger – die zweite Chance

In vielen Konstellationen, inbesondere bei Haft, müssen Beschuldigte einen Verteidiger haben. Benennen sie keinen eigenen Anwalt, ordnet ihnen das Gericht einen Pflichtverteidiger bei. Das geschieht nach einer angemessenen Frist, die das Gericht setzen muss.

Versäumt der Beschuldigte die Frist, muss er trotzdem nicht unbedingt auf dem vom Gericht bestellten Verteidiger festsitzen. Das ergibt sich aus einem Beschluss des Oberlandesgerichts Köln. Hier hatte der Beschuldigte bis zum 2. Juni Zeit, einen Anwalt seines Vertrauens als Pflichtverteidiger vorzuschlagen. Sein Anwalt meldete sich aber erst am 4. Juni nach Dienstschluss per Fax beim Gericht. Deshalb lehnte es das Gericht ab, die bereits sofort nach Fristablauf vom Gericht ausgewählten Anwälte zu entpflichten.

So einfach ist es nicht, meint das Oberlandesgericht Köln. Die Frist sei nicht so zu verstehen, dass das Recht des Angeklagten auf einen Pflichtverteidiger seiner Wahl mit ihrem Ablauf erlischt. Vielmehr müsse das Gericht prüfen, ob das Interesse des Beschuldigten an einem Verteidiger seines Vertrauens überwiege.

Das Gericht muss also zumindest begründet abwägen, wobei auch die Frage nach bereits entstandenen Kosten für die Staatskasse eine Rolle spielt. Allerdings hat das Oberlandesgericht, worauf der Kollege Detlef Burhoff hinweist, zu Unrecht angenommen, für die vom Gericht bestellten Anwälte seien noch gar keine Kosten angefallen (Aktenzeichen 2 Ws 344/14).

Neues Kommentarsystem: Disqus

Wir haben das Kommentarsystem umgestellt: Ab sofort erfolgt die Kommentierung bei lawblog.de über Disqus, einen spezialisierten Kommentaranbieter. Die Änderung bringt verschiedene lange gewünschte Funktionen wie registrierte Benutzernamen oder nachträgliche Editierbarkeit der Kommentare mit sich. Auch können Kommentare hoch- bzw heruntergewichtet werden – so können die gelegentlichen Niveausrutscher einzelner Kommentatoren in der letzten Zeit einfacher beseitigt werden, ohne dass das Kommentar erst wegmoderiert werden muss. Wir hoffen, dass so die Debatten wieder inhaltlich spannender werden.

Die Umstellung wird aus verschiedenen Gründen nicht komplett reibungslos verlaufen, so dass im Laufe des heutigen Tages die Kommentarfunktion vorübergehend wechseln oder fehlen kann. Auch werden die Kommentare der letzten 24 Stunden zum Teil erst verspätet hier wieder erscheinen.

Eine Anmerkung noch zum Datenschutz: Die alten Kommentare wurden zur besseren Übersichtlichkeit bei Disqus ebenfalls importiert – hier wurden allerdings sowohl die IP-Adresse als auch die Mailadresse vor dem Import anonymisiert.

Leinenzwang an der Schule?

Der Fall sorgte bundesweit für Aufsehen, zu einem juristischen Nachspiel wird es aber nicht kommen. Das Landgericht Göttingen lehnte es ab, gegen eine Lehrerin das Hauptverfahren zu eröffnen. Die Pädagogin soll im September 2012 einen 12-jährigen Realschüler auf einer Klassenfahrt etwa 500 Meter an einem Strick durch die Gegend geführt haben.

Im Ergebnis sahen die Richter nicht den hinreichenden Tatverdacht, den die Staatsanwaltschaft in ihrer Anklage noch bejaht hatte. Die Lehrerin hatte vorgebracht, der Schüler habe sich den Strick selbst um den Hals gelegt. Es habe sich um die Fortsetzung eines Spiels der Schüler gehandelt. Außerdem habe der Schüler den Strick jederzeit abnehmen können.

Letztlich soll der Schüler selbst nicht mehr sicher sein, wie die Sache abgelaufen ist. Den für eine Verurteilung nötigen Zwang wolle er jedenfalls nicht mehr bejahen, berichtet das Göttinger Tageblatt.

Links treffen keine Aussage

Ein kommentierter Link zu einer fremden Webseite bedeutet noch nicht, dass sich der Linksetzer die dortigen Inhalte zu eigen macht. Diese Rechtsprechung bekräftigt das Oberlandesgericht Köln in einem aktuellen Urteil.

Ein Orthopäde bot auch Implantat-Akupunktur an, wofür er auf seiner Webseite Werbung machte. Ganz unten gab es einen Link zur Internetpräsenz eines Forschungsverbandes. Angekündigt wurde der Link mit dem Satz „Weitere Informationen auch über die Studienlage finden Sie unter…“ Auf der Seite des Verbandes wurden wettbewerbswidrige Aussagen gemacht, für die der Orthopäde nun ebenfalls haften sollte.

Nach Auffassung des Gerichts erinnert der Text mehr an einen „abschließenden Hinweis auf weiterführende Literatur am Ende eines Zeitschriftenartikels“. Er bedeute aber keineswegs, dass damit die ungeteilte Zustimmung zu den verlinkten Inhalten zum Ausdruck komme. Hierzu bedürfe es im Zweifelsfall einer eindeutigen Identifikation mit den verlinkten Inhalten. Diese sei aber (noch) nicht zu erkennen (Aktenzeichen 6 U 49/13).

Flughafenchaos: Keine Klage gegen Kofferdieb

Einen Tag lang herrschte letzten September Chaos am Düsseldorfer Flughafen. Wegen eines herrenlosen Koffers musste das Terminal evakuiert werden, 140 Flüge fielen aus oder verspäteten sich. Jetzt ist klar: Zivilrechtlich wird der „Verantwortliche“ nicht in Haftung genommen. Der Flughafen verzichtet auf eine Klage gegen den Mann.

Der 32-Jährige, der sich später selbst als professionellen Kofferdieb bezeichnete, hatte den Koffer kurz zuvor im Flughafenbereich geklaut. Das sagt er jedenfalls selbst, denn vom Diebstahl gibt es keine Videoaufnahmen. Aber davon, wie der Mann den Koffer auf einer Wartebank im Terminal abstellte und wegging. Er wollte seine Beute nicht behalten, da er den Inhalt für Drogen hielt.

Ein Bombenexperte der Polizei hielt es dagegen für möglich, dass sich in dem Koffer eine Bombe befand. Dementsprechend wurde Großalarm ausgelöst.

Bestraft worden ist der Kofferdieb mittlerweile – aber nur wegen diverser Diebstähle in Deutschland. Er soll seine kurze Haftstrafe mittlerweile verbüßt haben.

Ein Rechtsgutachten hat nach Angaben des Flughafens nun ergeben, dass eine Klage gegen den Kofferdieb wenig Erfolgsaussichten hätte. Das halte ich für nachvollziehbar, denn der Fall liegt im Detail deutlich anders als die früheren telefonischen Terrordrohungen, die es am Flughafen Düsseldorf auch schon gab.

Während die Anrufer absichtlich eine „Gefahrenlage“ schafften, welche sie zu späterem Schadensersatz verpflichtete, müsste man das Verhalten des Diebs doch arg zurechtbiegen, um ihm die Folgen anzulasten. Zumal der Koffer weder Sprengstoff noch Drogen enthielt. Das Pulver war eine harmlose Mischung aus Mehl und Gewürzen.

So einen ungewissen Prozess möchte sich der Flughafen nach eigenen Angaben nicht antun. Insbesondere auch, weil der Kofferdieb mittellos sein soll und man keine Möglichkeiten sieht, eventuelle Ansprüche auch zu realisieren.

Provider dürfen IP-Adressen speichern

Provider dürfen die IP-Adressen ihrer Kunden mindestens sieben Tage speichern, auch wenn diese eine Flatrate haben. Dies entschied der Bundesgerichtshof jetzt abschließend.

Damit gehe ein Rechtsstreit zu Ende, der sich mehrfach durch alle Instanzen zog. Ein Telekom-Kunde hatte sich gegen die Speicherung seiner IP-Adresse gewehrt. Begründung: Er habe einen Flatrate-Tarif, deshalb benötige die Telekom keine Informationen, wann und wie lange er online war.

Nach Auffassung der Richter konnte die Telekom aber glaubhaft machen, dass sie die Daten zumindest vorübergehend braucht, vor allem für die Störungsbeseitigung. Dies, so die Richter, sei nach dem Telekommunikationsgesetz ein ausreichender Grund für die Speicherung (Aktenzeichen III ZR 391/13).