Ach, sagen Sie mal…

Heute habe ich einen Brief der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) bekommen. Die Abteilung Geldwäscheprävention beschäftigt sich mit einer Firma, die nicht nur einen vollmundigen Namen trägt, sondern nach eigenen Angaben Niederlassungen in Panama, Monaco, auf der Isle of Man und den Cayman Islands hat.

Nun soll ich der BaFin nähere Informationen über das Unternehmen liefern. Man bittet mich um eine detaillierte Beschreibung, welche Tätigkeiten und Dienstleistungen die Firma anbietet.

Interessant ist natürlich, wie die BaFin darauf kommt, mir so einen Brief zu schreiben. Nun ja, die Erklärung ist eher schlicht: Mein Büro wird auf der in Panama gehosteten Webseite unter der Rubrik “Empfehlungen” geführt. Dort hat jemand eine ganze Latte von Strafverteidigern aus ganz Deutschland aufgezählt und – offensichtlich – die Tätigkeitsfelder und Kontaktdaten von der jeweiligen Kanzleihomepage rüberkopiert.

Schon vom Erscheinungsbild spricht also wenig dafür, dass die dort aufgeführten Anwaltsbüros tatsächlich für die betreffende Firma arbeiten. Oder dass die Kanzleien gar, wie es das BaFin in dem Schreiben ebenfalls für möglich hält, als Referenzkunden für tatsächlich ausgeführte Tätigkeiten oder Dienstleistungen des Unternehmens aufgeführt sind.

Ebenso interessant ist natürlich, welche Antwort sich die BaFin erhofft. Für einen Anwalt gilt die Schweigepflicht – auch und gerade gegenüber dem Staat. Zu dieser Schweigepflicht gehört mitunter schon, ob ein Mandat besteht. Oder eben auch nicht. Streng genommen fällt unter die Schweigepflicht sogar, ob es mal Gespräche über ein Mandat gegeben hat, selbst wenn letztlich nichts daraus geworden ist.

Das nimmt der BaFin natürlich nicht das Recht, höflich zu fragen. Mehr hat sie ja auch nicht getan. Dennoch sollte der BaFin aber auch klar sein, dass Anwälte, die eventuell für die Firma arbeiten, die freundliche Bitte gar nicht erfüllen können, ohne sich wegen Verletzung der Schweigepflicht strafbar zu machen. Es sei denn, ihr Auftraggeber stimmt irgendwelchen Informationen zu. Aber wäre das der Fall, hätte die BaFin ihre Informationen ja wahrscheinlich schon direkt von der Firma erhalten.

Ich muss mir jetzt überdies eine Wiedervorlage notieren. In absehbarer Zeit werde ich bei der BaFin nämlich mal anfragen, welche personenbezogenen Daten dort zu diesem Vorgang über mich gespeichert sind.

Im Gerichtssaal verhafteter Anwalt ist wieder frei

Der in Münster im Gerichtssaal verhaftete Anwalt ist wieder frei. Einzelheiten zu der Verhaftung habe ich hier berichtet. Nach meinen Informationen hat das Amtsgericht Münster heute nachmittag die Freilassung des Betroffenen angeordnet, nachdem er sich in der Haft zu den Vorwürfen geäußert hat.

Der Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Münster sagte mir, der Anwalt habe “wesentliche Teile des Ermittlungsergebnisses bestätigt”. Jedoch sei dies nicht so zu verstehen, dass der Betroffene den eigentlichen Vorwurf eingeräumt hat. Er habe zu der Frage, ob er einem Zeugen für eine Falschaussage Geld geboten hat, definitiv kein Geständnis abgelegt.

Jedenfalls erscheine es nach der Aussage nicht mehr verhältnismäßig, den Anwalt weiter in Haft zu belassen. Insbesondere sei die bislang angenommene Verdunkelungsgefahr nun nicht mehr gegeben.

Auch wenn das alles zutrifft, ändert dies nichts an der bislang geäußerten Kritik an dem brachialen Vorgehen der Münsteraner Ermittler. Denn selbst wenn dem Anwalt letztlich etwas zur Last gelegt werden kann, war die nach allem Anschein genüsslich inszenierte Festnahme im Gerichtsaal durch nichts gerechtfertigt.

Es ist Aufgabe der Gerichte über Straftäter zu urteilen. Es ist nicht Aufgabe der Staatsanwaltschaft, Verdächtige durch Showeinlagen öffentlich vorzuverurteilen und ihr Leben zu ruinieren. Es hätte der Staatsanwaltschaft Münster gut angestanden, auch beim Prozedere die Verhältnismäßigkeit ebenso im Auge zu behalten, wie sie es  jetzt – nach eigener, bislang nicht überprüfbarer Darstellung – bei der Frage nach der Fortsetzung der Untersuchungshaft tut.   

Ob und was an den Vorwürfen dran ist, wird jetzt das ganz normale Verfahren zeigen. Nach Auskunft des Sprechers der Staatsanwaltschaft werden die Ermittlungen fortgesetzt. Der Schaden, den die Staatsanwaltschaft Münster – auch für das Image der Strafverfolger insgesamt – bislang angerichtet hat, wird so oder so bleiben.

Andere Stimme zum Thema

Die Märchenstunde des Verlegeranwalts

Christoph Keese hat früher mal kluge Artikel für die Financial Times Deutschland geschrieben. Seit Jahren agiert er als Lobbyist für den Axel Springer Verlag. Da stellt er sich allerdings weit weniger schlau an. Sein wichtigstes Projekt, zumindest nach der Wahrnehmung in der Öffentlichkeit, ist das Leistungsschutzrecht. Manche sprechen sogar von einer Lex Keese. Anerkennend ist das nicht unbedingt gemeint. Und langsam fängt es sogar an, albern zu werden.

Keese präsentiert in seinem Blog heute das “Gutachten” eines Anwalts, der den Entwurf des Leistungsschutzrechts in höchsten Tönen lobt. Was sollte der Jurist auch sonst tun? Ausweislich des Vorspanns arbeitet er seit Jahren als Urheberrechtsexperte, beackert das Feld des Leistungsschutzrechts. Seine Mandanten und damit Brötchengeber sind die Verlegerverbände, seit jeher auch treibende Kräfte in Sachen Leistungsschutzrecht.

Auch wenn unklar bleibt, für wen der Anwalt das “Gutachten” geschrieben hat, einen Gefallen tut er seinen Auftraggebern damit jedenfalls nicht. Der Anwalt schwurbelt zwar weitgehend unverständlich und damit risikolos daher, versteigt sich aber immerhin zu folgender  Kernbehauptung:

Nur wer das Presseerzeugnis verwertet (und nicht lediglich seine Inhalte), greift in das Leistungsschutzrecht ein. Das Leistungsschutzrecht verletzt daher, wer zum Beispiel den elektronischen Scan einer Zeitung oder die technische Kopie einer Nachrichten-Website im Internet verfügbar macht. Keine Verletzung des Leistungsschutzrecht bewirkt, wer nur den Inhalt eines Presseartikels übernimmt – sei es in einem Blog, einem Tweet oder auf Facebook.

Der Anwendungsfall des Leistungsschutzrechts soll also darauf beschränkt sein, dass jemand einen Zeitungsartikel fotografiert und ins Netz stellt? Oder eine redaktionell gestaltete Onlineseite samt Layout übernimmt?

Ich rätsele wirklich, wo der Verleger-Anwalt diese Einschränkung herausinterpretiert. Davon steht im Gesetzentwurf zum Leistungsschutzrecht kein Wort. Im Gegenteil: Die Begründung betont ausdrücklich, dass sogar kleinste Textfetzen auch vom Leistungsschutzrecht umfasst sein sollen, ähnlich wie dies der Bundesgerichtshof ja bereits für Songs entschieden habe.

Im Sinne des “Gutachters” hat sogar Lobbyist Keese das Leistungsschutzrecht bislang nicht verstanden. Er räumte mittlerweile ein, dass theoretisch auch URLs (die zum Beispiel den Text der Überschrift enthalten) oder bloße Linksammlungen vergütungspflichtig sein könnten. Von Scans oder Textübernahmen samt Layout ist bei Keese keine Rede. Sein einziger Trost: Die Verleger würden hierfür sicher keine oder nur eine sehr geringe Lizenzgebühr kassieren.

Aber sehen wir das Positive. Ein von den Verlegern bezahlter Jurist erklärt öffentlich, dass wir das Leistungsschutzrecht gar nicht brauchen. Das Veröffentlichen von Scans oder gar die komplette Übernahme ganzer HTML-Seiten, die Redaktionen (mühsam) gestrickt haben, ist bislang jedenfalls nicht als der Quell der Millionenverluste beklagt worden, welche der angebliche Textklau im Internet verursacht.

Jedenfalls dürfte der Schaden, den eingescannte Zeitungsseiten verursachen, kein eigenes Gesetz rechtfertigen. Zumal der Anwalt auch dezent verschweigt, dass beide von ihm angeführten Fälle das geltende Urheberrecht verletzen. Verlage können in diesen Fällen schon längst aus den ihnen übertragenen Nutzungsrechten vorgehen.

Wir haben es also seit heute aus berufenem Mund schriftlich, dass das Leistungsschutzrecht überflüssig ist. Es bleibt nur die offenkundige Absicht, auf Grund unsicherer Rechtslage eine Abmahnwelle loszutreten und durch Verunsicherung von Bloggern, Facebook- und Twitter-Usern die publizistische Hoheit im Netz zurückzuerobern. 

Für diese Erkenntnis dürfen wir Christoph Keese wirklich dankbar sein.

Ebenfalls zum Thema:

Presseschauer

Internet-Law

kLAWtext

Stefan Niggemeier

Die Kachelmann-Schleife

In Münster ist ein Strafverteidiger im Gerichtssaal verhaftet worden. Ihm wird vorgeworfen, einem Zeugen 50.000 Euro für eine Falschaussage geboten zu haben. Die Art und Weise, wie die Staatsanwaltschaft mit dem Rechtsanwalt umgeht, wirft Fragen auf.

Es fängt schon damit an, dass es Tipps an die Medien gegeben haben soll. Die Osnabrücker Zeitung berichtet, unter anderem sei das WDR-Landesstudio in Münster informiert gewesen. Der Sender schickte ein Kamerateam, das die Verhaftung des Juristen filmte.

Zwar wird die Hauptverhandlung, in welcher der Anwalt gerade verteidigte, zu dem Zeitpunkt schon unterbrochen gewesen sein. Somit waren Filmaufnahmen im Gerichtssaal, wo die Handschellen klickten, jedenfalls nicht gesetzlich verboten. Es ist aber schon auffällig, wie sich ein beteiligter Staatsanwalt in dem Film martialisch an die Wachtmeister wendet, um noch an das Handy des Verhafteten zu kommen, gleichzeitig aber offenbar keine Probleme damit hat, dass dies alles vor laufenden Kameras stattfindet.

Das Ganze riecht nach bewusster Inszenierung, um dem Strafverteidiger eine möglichst große Packung mitzugeben. Nicht nur wegen der Kameras, sondern auch wegen des gewählten Ortes. Welche Notwendigkeit gab es für die Staatsanwaltschaft, den Anwalt im Gerichtssaal festzunehmen, also an jenem Ort, der größtmögliche Bloßstellung garantiert? Da der Verteidiger offenbar völlig ahnungslos war, wäre die Maßnahme problemlos diskreter möglich gewesen. Etwa im Büro des Verteidigers. Oder von mir aus auch bei ihm zu Hause.

Dass sich der verantwortliche Staatsanwalt mitten in der Verhandlung erhebt und die Festnahme verkündet, indem er von einem Blatt abliest wie bei einem schlechten Plädoyer, spricht nach meiner Auffassung ohnehin für sich. Wie der Mann da steht und dem Beschuldigten vor den Augen aller Beteiligten und Medien seine Rechte verkündet, ist schlichtweg inszenierter sozialer Mord an dem Anwalt.

Welche Notwendigkeit besteht denn, dies alles quasi in der Öffentlichkeit zu tun, selbst wenn der Zugriff in einer Gerichtsverhandlung erfolgen muss? Direkt neben jedem Gerichtsaal liegt ein Beratungszimmer. Ein verantwortungsvoller Staatsanwalt hätte den Betroffenen zumindest dorthin gebeten, und kein vernünftiger Richter hätte dies unter Berufung auf sein “Hausrecht” verweigert.

Stattdessen ist offenbar viel daran gesetzt worden, sich im Lichte dieser Aktion zu sonnen. Das widerspricht jedenfalls den Vorgaben für Staatsanwälte. Deren Richtlinien schreiben klar vor, dass sie die Persönlichkeitsrechte Beschuldigter zu wahren haben und alles unterlassen müssen, was eine Vorverurteilung begünstigt. Gegenüber Medien sind Staatsanwälte außerdem zur Zurückhaltung verpflichtet, auch im Blick auf die Unschuldsvermutung.

In diesem Fall kommt hinzu, dass der Vorwurf gegen den Anwalt auf wackeligen Beinen ruht. Ein Zeuge soll von einem Geldangebot berichtet haben. Das kann auch schlicht erfunden sein. Oder später jedenfalls nicht beweisbar sein, weil Aussage gegen Aussage steht. Die Festnahme des Anwalts erinnert also gleich in mehrfacher Hinsicht an den Fall von Jörg Kachelmann. Auch Kachelmann wurde mit großer Inszenierung verhaftet und vorgeführt. Am Ende war er freizusprechen, weil ihm eine Schuld nicht nachgewiesen werde konnte – trotz etlicher Äußerungen von Staatsanwälten, die ihn sogar noch als Täter darstellten, als die vermeintlichen Beweise längst bröckelten.

Es ist beschämend, wie wenig die Justiz lernbereit ist. So lange man die Verantwortlichen aber nicht zur Rechenschaft ziehen kann, sondern diese – wie im Fall Kachelmann geschehen – auch noch die Karriereleiter hinauffallen, wird sich nichts ändern. Es bleibt dann nur, wenigstens den Applaus zu verweigern, wenn wieder eine Kachelmann-Schleife anläuft.

Widerwärtig

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich vermisst die Vorratsdatenspeicherung, weil es deswegen schwieriger sei, jene Leute zu erwischen, die online gegen Nationalspieler Mesut Özil gehetzt haben. In einem Interview bedauerte er, dass die Fahndung nach solchen Tätern kaum Erfolg verspreche, weil es keine Vorratsdatenspeicherung gibt.

Was der Bundesinnenminister da macht, ist allerdings selbst Agitation und Propaganda. Wenn er – zu Recht – die rassistischen Sprüche über Özil für widerwärtig hält, darf man dennoch ein ähnliches Urteil auch über seine Worte fällen. Denn Friedrich, der es natürlich besser weiß,  ignoriert mit seiner billligen Polemik die verfassungsrechtlichen Grenzen, innerhalb derer eine Vorratsdatenspeicherung überhaupt zulässig ist.

Zunächst mal ist es keineswegs ausgemacht, dass die Polizei nicht auch mit normalen Fahndungsmethoden herausfinden kann, wer auf Twitter gegen Özil gehetzt hat. Sollten die Täter beim Anlegen des Accounts relevante Daten hinterlassen haben, können diese ausgewertet werden. Vielleicht haben die Spacken, allzuviel Intelligenz darf man ja wohl nicht vermuten, ihre echte IP-Adresse übermittelt. Diese könnte dann aber schon Twitter zur Verfügung stellen. Mittels der heute schon üblichen Speicherfristen bei den Providern wäre es durchaus noch möglich, an den Anschluss heranzukommen.

Sollten die Täter aber zum Beispiel ihre IP-Adresse verschleiert haben, würde auch die Vorratsdatenspeicherung nichts helfen. Denn es bestünde dann keine Möglichkeit, die vorhandenen Daten auf einen konkreten Anschluss zurück zu verfolgen. Die Halde mit allen unseren Kommunikationsdaten wäre zwar da, aber für diesen Fall unergiebig.

Überdies hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Verbot der Vorratsdatenspeicherung klipp und klar deutlich gemacht, dass Vorratsdaten grundsätzlich nur verwendet werden dürfen, wenn es um schwere und schwerste Strafaten geht. Oder Leib und Leben von Menschen akut gefährdet sind. Beides ist nicht der Fall, wenn irgendwelche Idioten auf Twitter jemanden beleidigen, selbst wenn es ein Nationalspieler ist.

Die Äußerungen des Innenministers zeigen wieder einmal, wofür die Vorratsdatenspeicherung eigentlich eingesetzt werden soll. Es geht ihren Befürwortern nicht um Terrorismus und Organisierte Kriminalität. Die Vorratsdatenspeicherung soll vielmehr als universelles Fahndungsinstrument eingesetzt dienen, auch wenn es nur um Enkeltricks, ebay-Schummeleien und den Ehrenschutz geht.

Was Friedrich verlangt, ist nach derzeitiger Lage ein Verfassungsbruch, und das aus gutem Grund. Aber wer halt die totale Datenhoheit über uns möchte, den schreckt eben kaum noch was ab – auch wenn die Menschen für dumm verkauft werden. Ich erlaube mir, das ebenfalls widerwärtig zu finden.

Sie dürfen bleiben

Die Umbuchung kam kurz vor der Abreise in einen Kurzurlaub. Aber mein Mandant, den ich allerdings in anderen Sachen vertrete, hat sich nicht so einfach damit abgefunden, dass er in einem anderen Hotel untergebraucht werden sollte.

Aus seiner Mail an den Veranstalter:

Sehr geehrte Damen und Herren,

gestern erhielt ich zu o.g. Reisebuchung einen Anruf:

Das gebuchte Hotel sei leider ausgebucht, man könne mir ein anderes Hotel in der Nähe anbieten, es werde eine neue Hotelbeschreibung versendet. Ich habe dazu deutlich gemacht, dass ich das Hotel vor allem wegen der (kostenlosen) und auch nachweislich vereinbarten Internet-Verbindung gebucht habe. Als Journalist bin ich darauf angewiesen.

Das angebotene Ersatz-Hotel bietet diese Leistung nicht. Schon deshalb ist dieser Wechsel inakzeptabel. Hinzu kommt, dass das Ersatz-Hotel insgesamt deutlich schlechtere Leistungen bietet, was sich schon darin zeigt, dass es bei Ihnen deutlich günstiger angeboten wird.

Für den von Ihnen angekündigte Vertragsbruch ist darüber hinaus deshalb nicht nachvollziehbar, dass das Hotel etwa über HRS für den gebuchten Reisezeitraum weiterhin  freie Kapazitäten meldet.  Dass dieses Hotel ausgebucht, ist somit ganz offensichtlich unwahr.

Ich forderte Sie deshalb auf, den Vertrag so zu halten, wie er geschlossen wurde. …

Mit freundlichen Grüßen

Die Antwort:

Sehr geehrter Herr K.,

vielen Dank für Ihre Mail. Wie soeben telefonisch gesprochen, dürfen Sie im gebuchtem Hotel bleiben und bekommen dort statt einem EZ ein DZ zur Alleinbenutzung.

Für weitere Rückfragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Kundenservice

Ein schönes Beispiel dafür, dass man nicht alles schlucken muss, was einem vorgesetzt wird. Und dass es durchaus auch ohne Anwalt geht…

Vollstreckungsaufschub für DNA-Probe

Der Amtsrichter hat aus meiner Sicht getan, was man als sorgfältiger Jurist nicht tun sollte. Er ist mit einem Federstrich dem Vorschlag eines emsigen Staatsanwalts gefolgt, meinem Mandanten eine Blutprobe (oder freiwillig eine Speichelprobe) zu entnehmen, damit das DNA-Muster meines Mandanten in der Zentralkartei gespeichert werden kann.

Dabei sprechen einige Punkte dagegen, dass mein Mandant künftig Straftaten begehen wird. Genau diese Vermutung muss aber bejaht werden, wenn die DNA festgehalten werden soll. So ist mein Mandant in der Sache, die den Auslöser gab, gar nicht verurteilt worden. Das Verfahren wurde vielmehr gegen eine geringe Geldauflage eingestellt – ohne dass auch nur ein Zeuge gehört wurde oder mein Mandant was zugegeben hat.

Die Angelegenheit liegt auch schon Jahre zurück. Seitdem hat es keine Ermittlungen gegen meinen Mandanten gegeben. Auch ein Zeichen, dass von ihm eben keine Straftaten zu erwarten sind.

Außerdem ging es um ein Delikt, das am Computer begangen worden sein soll. Da frage ich mich sowieso immer, wie die DNA weiterhelfen soll. In der Beschwerde gegen Beschluss habe ich die Bedenken so formuliert:

Die DNA ist hier regelmäßig ein völlig ungeeignetes Beweismittel, da sich am Rechner eines Betroffenen normalerweise logischerweise dessen DNA befindet. Somit kann eine DNA-Spur auch kein Indiz dafür sein, ob der Betroffene tatsächlich zu einem fraglichen Zeitpunkt ein Internetdelikt begangen hat. Ein Indiz wäre die DNA-Spur allenfalls dann, wenn sich keinerlei andere DNA-Spuren an einem Rechner befinden würden. Dies erscheint jedoch in einem normalen Haushalt reichlich lebensfremd.  

Immerhin scheint der Richter von meinen Argumenten nicht ganz unbeeindruckt. Er hat nämlich ganz schnell angeordnet, dass der Beschluss bis zur Entscheidung über die Beschwerde nicht vollstreckt werden darf. Das ist nicht selbstverständlich, denn in Strafsachen können Beschlüsse auch durchgesetzt werden, obwohl sich der Betroffene dagegen wehrt.

In dem Fall war es auch höchste Eisenbahn. Die Polizei drängelte nämlich schon, dass mein Mandant doch bitte zur Speichel- oder Blutprobe kommen soll. Praktischerweise wollte der zuständige Kommissar das gleich mit der Rückgabe der beschlagnahmten Computer verbinden, die meinem Mandanten nach der Einstellung des Verfahrens wieder zurückgegeben werden müssen.

Jetzt kann mein Mandant erst mal unbesorgt seine Sachen abholen. Ich weiß, den Beamten wird es fuchsen. Der hatte mir nämlich am Telefon stolz erklärt, das örtliche Amtsgericht sei noch nie von einem DNA-Beschluss abgerückt. Nach dem ersten Zurückrudern des Amtsrichters nehme ich jedoch an, das war nur gut geblufft.

Frau J. vermutet betrügerische Absicht

Aus einer Strafanzeige:

… meldete sich telefonisch ein Herr W. bei Frau J. und gab sich als Treuhänder für Aktiengeschäfte aus. Er warb damit, dass er sich ausnahmslos um Aktien kümmere, die auf dem Aktienmarkt gefallen sind. Seine Aufgabe bestehe darin, den Anlegern erlittene Verluste zu ersetzen. …

Er verlange lediglich eine Bearbeitungsgebühr von einmalig 1.600,00 Euro, die sofort zu zahlen sei. Unmittelbar nach Eingang der Bearbeitungsgebühr werde er veranlassen, dass die Verluste ersetzt und dem Konto von Frau J. gutgeschrieben werden. … Frau J., die am Aktienmarkt große Verluste gemacht hat, überwies die geforderte Summe.

Nachdem nach ein paar Tagen keine Zahlung bei ihr eingegangen war, vermutet Frau J. nunmehr betrügerische Absicht hinter diesem Sachverhalt und bringt diesen zur Anzeige.

Auskünfte aus dem Polizeicomputer

Das Verfahren gegen meinen Mandanten wurde eingestellt – kein Tatverdacht. Damit gewisse Vorwürfe nicht weiter in den Polizeicomputern rumgeistern, ist es durchaus sinnvoll, mal die Löschung der Daten zu verlangen. Das ist auch immer eine gute Gelegenheit zur Frage, was denn sonst so über den Betreffenden bei der Polizei gespeichert ist. Die Antwort fällt mitunter seltsam aus…

So auch in diesem Fall. Neben der letzten Sache, die so erfreulich endete, teilt mir das zuständige Landeskriminalamt vier weitere Fälle mit, in denen “Erkenntnisse” über meinen Mandanten im landesweiten System gespeichert sind:

– Sachbeschädigung;

– Diebstahl;

– Fahrerflucht;

– Computerbetrug.

Die mitgeteilten Datensätze klingen erst mal so, als sei mein Mandant jeweils der Beschuldigte gewesen. Als ich das alles zum ersten Mal las, war ich doch überrascht, was dieser so gutbürgerlich wirkende Mensch jedenfalls datenmäßig alles auf dem “Kerbholz” zu haben scheint.

Das ging meinem Mandanten nicht anders. In allen vier Fällen, so erzählte er mir, hatte er entweder die Anzeige erstattet. Oder er war als Zeuge angehört worden. Die Rolle im jeweiligen Verfahren ergibt sich aber gerade nicht aus den Datensätzen, die wir bekommen haben. Wenn das auch die Informationen sein sollten, die im Abfragegerät eines Streifenwagens angezeigt werden, dann sollte sich mein Mandant über etwas intensivere Kontrollen gegebenenfalls nicht wundern.

Ich habe erst mal dem Sachbearbeiter beim Landeskriminalamt angerufen. Der Beamte war überrascht, dass sich aus den abgefragten Datensätzen nicht ergibt, ob mein Mandant in den Verfahren Beschuldigter, Anzeigenerstatter oder Zeuge war. Er will nachfragen und klären, warum die ihm übermittelten Datensätze diese wichtigen Informationen nicht enthalten. “Normalerweise” sei das der Fall.

Wir sind jedenfalls gespannt.

Regierung darf Parlament nicht links liegen lassen

Bei etlichen Abstimmungen zur Eurorettung und anderen wichtigen politischen Fragen gibt es regelmäßig Frust im Bundestag. Viele Abgeordnete fühlen sich durch die Bundesregierung nicht ausreichend informiert, bekommen oft nur fertige Vertragsentwürfe vorgelegt. Und diese auch nur in letzter Sekunde. Das Bundesverfassungsgericht hat heute – erneut – festgestellt, dass es so nicht geht. Auf Antrag der Grünen stellte das Gericht einstimmig fest, dass die Bundesregierung das Parlament in wichtigen Fragen rechtzeitig informieren und über Verhandlungen auf dem laufenden halten muss.

Konkret ging es um die Abstimmung zum Euro-Rettungsschirm und den Euro-Plus-Pakt, der die wirtschaftliche Zusammenarbeit in Europa stärken soll. In beiden Fällen kritisiert Karlsruhe den spärlichen Informationsfluss aus der Bundesregierung. Diese müsse wichtige Dokumente vorlegen, auch wenn die Verhandlungen noch liefen. Außerdem genüge es nicht, nur kleineren Gremien Einblick in Unterlagen zu gewähren (“Obleuteunterrichtung”).

Die Bundesregierung hatte argumentiert, es sei nicht praktikabel, das Parlament stets up to date zu halten. Die Verfassungsrichter sehen das anders. Für sie gehört es zu den Kernaufgaben des Parlaments, sich rechtzeitig über wichtige Entwicklungen zu informieren. Nur so seien sachgerechte Entscheidungen möglich. Die Verfassungsrichter trauen dem Bundestag auch zu, die im Einzelfall nötige Vertraulichkeit zu wahren. Für sensible Informationen gebe es ausreichende Geheimhaltungsvorschriften.

Der Beschluss beschränkt sich darauf, der Bundesregierung eine Rechtsverletzung zu bescheinigen. Konkrete Auswirkungen auf die Gültigkeit der internationalen Abkommen hat die Entscheidung nicht. Die Abgeordneten können sich aber auf das Votum aus Karlsruhe beziehen und mit erneuten Klagen drohen, sollte die Bundesregierung das Parlament auch in Zukunft links liegen lassen.

Entscheidung des Verfassungsgerichts

Der Kleidermufti von der SPD

Auch bei Samstagsarbeit muss auf stilvolle Kleidung geachtet werden. Zumindest wenn es nach der SPD im Berliner Abgeordnetenhaus geht. Der Sozialdemokrat Tom Schreiber rügte am Samstag, dass der Piratenabgeordnete Fabio Reinhardt auf einer Sondersitzung des Innenausschusses Bein zeigte. Reinhardt trug bei durchaus sommerlichem Wetter khakifarbene Bermuda-Shorts.

Der SPD-Abgeordnete, selbst im blauen Anzug, weißem Hemd und mit rotem Schlips erschienen, mokierte sich über die Kleidungsgewohnheiten der Piraten im allgemeinen. Mit dem Einzug dieser jungen Partei würden die Kleidersitten verfallen. Über Reinhardt sagte Schreiber, es sei "unpassend, praktisch in Unterhose und mit Laptop zu einer Ausschusssitzung zu erscheinen“. Was der SPD-Abgeordnete an einem Laptop auszusetzen hat, ist nicht überliefert.

Vor 30 Jahren trafen, so hat Telepolis recherchiert, solche Vorwürfe eine ganz andere Partei. Damals schrieben selbst Journalisten, es sei unmöglich die Grünen zu wählen, weil diese so scheiße angezogen sind. Pirat Fabio Reinhardt rechtfertigt seine Kleiderwahl damit, dass er am Samstag an einer Bootsfahrt der Piraten teilgenommen hat. Er habe keine Zeit und Lust gehabt, sich vor der Sondersitzung noch mal umzuziehen.

Dennoch fordert sein Kontrahent von der SPD jetzt sogar eine Kleiderordnung. Er wünscht sich für männliche Abgeordnete eine Pflicht zu langen, geschlossenen Hosen, aus denen nichts herausguckt.

Reinhardt hat mittlerweile erklärt, er
werde sich den modischen Gepflogenheiten des Abgeordnetenhauses durchaus beugen. Aber eine Krawatte werde er auf keinen Fall tragen.

Damit das “Hosengate” einen würdigen Abschluss findet, versteigert Fabio Reinhardt seine Bermuda-Shorts (Neupreis bei H & M: 19,99 Euro) gerade bei ebay. Der Erlös wird Asylbewerbern in Würzburg zu Gute kommen, die größere Sorgen haben als der Kleidermufti von der SPD-Fraktion.

Eltern haften für ihre Kinder

Eltern müssen auch die Internetnutzung ihrer volljährigen Kinder überwachen. Sonst haften sie dafür, wenn der Nachwuchs illegal Musik über ihren Internetanschluss tauscht. Dies hat das Oberlandesgericht Köln entschieden.

Der erwachsene Sohn hatte am Internetanschluss seiner Mutter Tauschbörsen genutzt. Dabei soll er 2.164 Songs angeboten haben. Darin sieht das Oberlandesgericht Köln eine Urheberrechtsverletzung, für welche auch die Mutter verantwortlich sei. Die Mutter, so das Oberlandesgericht, habe nicht ausreichend auf ihren Sohn eingewirkt.

Wie das konkret auszusehen hätte, sagt das Gericht allerdings nicht. Dies liegt daran, dass die Mutter laut dem Beschluss nicht vorgetragen hat, ihrem Sohn überhaupt Vorgaben gemacht oder diesen gar kontrolliert zu haben. Fest steht also nur, dass nach Auffassung der Kölner Richter Eltern ihre volljährigen Kinder belehren und möglicherweise sogar überwachen müssen.

Die Entscheidung erstaunt, weil das Oberlandesgericht Köln offensichtlich einen Unterschied zwischen Ehepartnern und volljährigen Kindern macht. Erst vor einigen Wochen hatte das Gericht entschieden, dass Ehegatten ihre Internetnutzung nicht gegenseitig überwachen müssen.

Wo da jetzt genau der Grund für eine unterschiedliche Behandlung liegt, erfahren wir mit etwas Glück in einem der nächsten Beschlüsse aus Köln.

Oberlandesgericht Köln, Beschluss vom 4. Juni 2012, Aktenzeichen 6 W 81/12

Auch eine GmbH kann Behörde sein

Die öffentliche Hand bleibt öffentliche Hand – auch wenn sie als Firma auftritt. Auch eine GmbH muss deshalb die Informationspflichten nach dem Pressegesetz erfüllen, sofern der Staat dort die Mehrheit hat und sie öffentliche Aufgaben erfüllt. Dies hat das Verwaltungsgericht Berlin entschieden.

Ein Journalist hatte von der Berlin Partner GmbH wissen wollen, welche Unternehmen mit welchen Beträgen das von der GmbH organisierte Hoffest des Regierenden Bürgermeisters im Jahr 2008 gesponsert hatten. Die Berlin Partner GmbH hatte dieses Begehren zunächst abgelehnt, die Auskunft dann aber unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung gegeben.

Das Verwaltungsgericht hat der Berlin Partner GmbH die Kosten auferlegt, weil die Klage ohne die Auskunftserteilung Erfolg gehabt hätte. Nach dem Landespressegesetz seien Behörden verpflichtet, den Vertretern der Presse zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben Auskünfte zu erteilen. Diese Voraussetzungen hätten hier vorgelegen.

Die Beklagte sei im vorliegenden Fall Behörde. Der Behördenbegriff des Presserechts sei nicht organisatorisch, sondern funktionell zu verstehen; er erfasse daher auch juristische Personen des Privatrechts wie eine GmbH, der sich die öffentliche Hand zur Erfüllung ihrer Aufgaben bediene.

Die Beklagte habe mit der Einwerbung von Sponsorengeldern für das Hoffest öffentliche Aufgaben wahrgenommen. Die Berlin Partner GmbH werde auch von der öffentlichen Hand beherrscht, weil insgesamt 55 % der Anteile im öffentlichen Eigentum stünden. Dabei sei nicht nur der Anteil der Investitionsbank Berlin (45 %) zu berücksichtigen, sondern auch die Anteile der Berliner Handwerkskammer sowie der Industrie- und Handelskammer zu Berlin, die jeweils 5 % des Gesellschaftsvermögens der Beklagten hielten, weil auch sie Teil der öffentlichen Hand seien.

Ein Auskunftsverweigerungsrecht habe der Beklagten schließlich nicht zugestanden, weil mit der Auskunftserteilung kein schutzwürdiges privates Interesse verletzt würde. Insbesondere werde bei der Auskunft über Tatsache und Höhe des Sponsorings kein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis der jeweiligen Sponsoren offenbart.

Verwaltungsgericht Berlin, Beschluss vom 22. Mai 2012, Aktenzeichen VG 27 K 6.09