Virtuelles MS-Office

Zu Windows Live bin ich gekommen, weil Microsoft mit „Skydrive“ 25 GB Online-Speicherplatz bietet. Das ist deutlich mehr als zum Beispiel Googles Picasa, wo in der Basisversion schon bei 1 GB Schluss ist. Überdies lassen sich auf Skydrive Dateien jeder Art parken. Das ist also die Basis für ein ganz praktisches Archiv (wenn man nicht vergisst, was man wie aus der Hand gibt).

Heute ist mir aufgefallen, dass Windows Live jetzt auch für deutsche Kunden die bereits angekündigte Erweiterung erfahren hat: Die virtuelle Office-Version ist freigeschaltet worden. Es lassen sich Word-, Excel-, Powerpoint- und OneNote-Dateien erstellen und ansehen. Die Programme stehen online nur in abgespeckter Version zur Verfügung. Ich habe mir mal Word angeschaut – viel mehr also die online verfügbaren Funktionen brauche ich als Grafikmuffel ohnehin nicht. Ob das Ganze an Google Docs ranreicht, müsste man allerdings genauer prüfen.

Mir scheint, gerade auch Microsoft-Verweigerer können von dem virtuellen Office profitieren. Denn jeder kommt ja durchaus mal unfreiwillig in die Verlegenheit, dass er Dateien in Office-Formaten nicht nur erhält, sondern sie auch bearbeiten, komplett erstellen oder zumindest zur Kenntnis nehmen muss. Das aufgepeppte Windows Live erspart einem in diesem Fall die Installation irgendwelcher Programme von Microsoft. Und natürlich die damit verbundenen Kosten.

Zoll hört auch Skype-Telefonate mit

Mitte August hatte ich in einem Strafverfahren erfahren, dass der Zoll seit einiger Zeit in der Lage ist, verschlüsselte Internettelefonate abzuhören. Auch solche, die über Skype geführt werden.

Die Bundesregierung hat jetzt auf Anfrage der FDP-Fraktion bestätigt, dass diese Information korrekt ist. Der Zoll nutze ein Programm, das er direkt auf die Systeme der Skype-Nutzer aufspiele, berichtet der Spiegel.

Für die Bundesregierung handelt es sich um einen Fall zulässiger Quellen-Überwachung. Es würden nur laufenden Telekommunikationsvorgänge überwacht. Das kann man allerdings auch anders sehen. Jedenfalls dürften nach der Infiltration des genutzten Computers keine sonderlich großen Hürden bestehen, um das gesamte System auszuspähen.

Wie die Software auf den Computer kommt, scheint die Bundesregierung nicht verraten zu haben.

BKA informiert nur „ausgewählte Journalisten“

Das Bundeskriminalamt präsentiert der Presse heute Fälle, deren Aufklärung nur mit der Vorratsdatenspeicherung möglich gewesen sein soll. Oder angeblich wegen fehlender Vorratsdatenspeicherung gescheitert ist. Genaues weiß man deshalb nicht, weil das Bundeskriminalamt zwischen guter und schlechter Presse unterscheidet – und nur genehme Medien einlädt.

Zeit online beklagt sich jedenfalls auf Twitter darüber, dass nur „ausgewählte Journalisten“ eingeladen worden seien. Die Redaktion gehört offensichtlich nicht dazu – was sie allerdings als Kompliment verstehen darf.

Das Verhalten des Bundeskriminalamtes wirft die Frage auf, ob die gezielte Streuung von Informationen und die Verhinderung des Zugangs interessierter, aber möglicherweise kritischer Pressevertreter sich so gehört.

Das Bundeskriminalamt ist kein Autobauer, Brausehersteller oder Mobilfunkanbieter, für den Pressearbeit in erster Linie Marketing ist (und sein darf). Als Behörde ist das Bundeskriminalamt zu einer fairen Pressearbeit verpflichtet. Dazu gehört nach dem Gesetz, den Medien Auskünfte zu erteilen, also deren Fragen zu beantworten – so lange keine wichtigen Gründe dagegen sprechen. Einen gesetzlichen Anspruch darauf, auf Pressekonferenzen eingeladen zu werden, gibt es nicht. Wohl aber den an sich selbstverständlichen Grundsatz, Presseinformationen fair zu verteilen.

Auch wenn das Bundeskriminalamt sich mit seinen Exklusiv-Pressekonferenzen nicht rechtswidrig verhält, sondern juristisch höchsten grenzwertig agiert, muss es sich den Vorwurf gefallen lassen, hier offensichtlich einseitig und mit lobbyistischer Denkweise zu agieren.

Beides passt vielleicht zu Apple, aber nicht zu einer Polizeibehörde.

Bleibt nur der Trost, dass sich das Bundeskriminalamt mit solchen Methoden langfristig wohl mehr schadet als nützt.

Netzpolitik.org zum gleichen Thema

Zu viele ebay-Auktionen machen verdächtig

Der Privatverkäufer auf ebay war zweifellos fleißig. In anderthalb Monaten verkaufte er 182 Mobiltelefone, davon 46 Stück Neuware in Originalverpackung. 22 Mobiltelefone hatte der Mann im fraglichen Zeitraum bei ebay selbst gekauft. Somit war die Herkunft von 160 Geräten ungeklärt – jedenfalls in den Augen der bayerischen Polizei. Die schaut sich regelmäßig auf ebay um und sucht Hinweise auf Straftaten. In diesem Fall störte sie sich daran, dass der Verkäufer kein Gewerbe angemeldet hatte. Überdies verkaufte er gerade die Neuware zu sehr günstigen Preisen.

Was lag näher, als mal bei ihm vorbeizuschauen? Die Polizei sah selbst noch keinen konkreten Verdacht auf eine Straftat. Sie wollte ihre Durchsuchung deshalb auf das Polizeiaufgabengesetz stützen. Nicht nötig, befand ein Ermittlungsrichter am Amtsgericht Nürnberg und haute einen klassischen Durchsuchungsbefehl raus. Tatverdacht: Hehlerei.

Auch das Beschwerdegericht bejahte den Tatverdacht. Angesichts der hohen Anzahl der versteigerten Geräte insgesamt und des hohen Anteils von neuwertigen, originalverpackten Geräten bestehe durchaus der Verdacht, dass die Geräte nicht auf legalem Weg in den Besitz des Verkäufers gelangt seien. Die Maßnahme sei auch verhältnismäßig, weil mit der Auffindung von Beweismitteln zu rechnen gewesen sei. Es erscheine zudem von vornherein aussichtslos, die Ersteher der Geräte, die zu dem Beschwerdeführer aufgrund der Anonymität der Plattform regelmäßig keinen weiteren Kontakt hätten und sich allein auf dessen Angaben zu der Ware verlassen müssen, zu deren Herkunft zu befragen.

Das Bundesverfassungsgericht hat den Durchsuchungsbeschluss nun für rechtswidrig erklärt.

Die Entscheidung zeigt zunächst, welch hohen Stellenwert das Gericht der Unverletzlichkeit der Wohnung einräumt:

Art. 13 Abs. 1 GG gewährt einen räumlich geschützten Bereich der Privatsphäre, in dem jedermann das Recht hat, in Ruhe gelassen zu werden. Erforderlich zur Rechtfertigung eines Eingriffs in die Unverletzlichkeit der Wohnung ist jedenfalls der Verdacht, dass eine Straftat begangen worden sei. Das Gewicht des Eingriffs verlangt Verdachtsgründe, die über vage Anhaltspunkte und bloße Vermutungen hinausreichen. Ein Verstoß gegen diese Anforderungen liegt vor, wenn sich sachlich zureichende plausible Gründe für eine Durchsuchung nicht mehr finden lassen. Eine Durchsuchung darf nicht der Ermittlung von Tatsachen dienen, die zur Begründung eines Verdachts erforderlich sind; denn sie setzt einen Verdacht bereits voraus.

Die notwendigen Verdachtsmomente vermag das Gericht nicht zu erkennen:

Der Verdacht der Hehlerei (§ 259 StGB) setzt unter anderem den Verdacht voraus, dass die Sache durch einen Diebstahl oder ein anderes Vermögensdelikt erlangt worden ist. Im vorliegenden Fall wird der Tatverdacht allein darauf gestützt, dass der Beschwerdeführer in kurzer Zeit eine große Anzahl von Mobiltelefonen, von denen einige originalverpackt gewesen sind, über die Internetplattform ebay versteigert und dabei Verkaufserlöse erzielt hat, die in der Regel unter dem Preis der billigsten Anbieter gelegen haben.

Hierbei handelt es sich indes noch nicht um zureichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass die Mobiltelefone aus einer gegen fremdes Vermögen gerichtete Tat stammten. Allein aus der Anzahl der verkauften Mobiltelefone kann ohne weitere Anhaltspunkte nicht auf eine Straftat geschlossen werden.

Solche weiteren tatsächlichen Anhaltspunkte werden in den angegriffenen Beschlüssen indes nicht aufgezeigt. Der Hinweis auf die Verkaufserlöse ist eine bloße Behauptung; es hätte zumindest der beispielhaften Gegenüberstellung von erzielten und handelsüblichen Preisen bedurft.

Auch aus dem Auftreten des Beschwerdeführers als Privatperson kann nicht ohne weiteres auf die Verwirklichung des Straftatbestandes der Hehlerei geschlossen werden. Die Annahme des Verdachts der Hehlerei beruhte daher auf bloßen Vermutungen, die den schwerwiegenden Eingriff in die grundrechtlich geschützte persönliche Lebenssphäre nicht zu rechtfertigen vermögen.

Die Geschichte zeigt, wie der „fürsorgliche Staat“ mittlerweile funktioniert. Nichts an den Verkäufen war illegal. Aber in der Summe sahen die Ermittler Ansätze, um misstrauisch zu sein. Um dieses Misstrauen zu bestätigen, wird dann aber der Fehler begangen: Legales Verhalten, Legales Verhalten und legales Verhalten werden addiert – und in der Summe kommt der Verdacht auf illegales Verhalten raus.

Glücklicherweise streicht das Bundesverfassungsgericht mitunter noch solche Milchmädchenrechnungen mit dem Rotstift durch.

Das darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass die wenigsten Betroffenen bis nach Karlsruhe gehen. Überdies nimmt das Bundesverfassungsgericht die weitaus meisten Verfassungsbeschwerden auch aus diesem Bereich nicht zur Entscheidung an. Die Richter in Karlsruhe setzen immer noch darauf, dass die von ihnen exemplarisch entschiedenen Fälle nicht nur von den Richtern an der Basis gelesen, sondern auch als Leitfaden verstanden werden.

Meine alltägliche Erfahrung belegt, genau dies ist nicht der Fall. Die „Vorgaben“ aus Karlsruhe werden gerne ignoriert, denn im Zweifel kostet Nachschauen ja nichts. Oder, um ein in letzter Zeit modern gewordenes, aber dennoch zynisches Argument aus Durchsuchungsbeschlüssen zu zitieren:

Die Durchsuchung dient letztlich auch dazu, Beweismittel aufzufinden, welche den Beschuldigten entlasten können.

Robustes Vorgehen fällt auch leicht, denn es drohen ja keinerlei dienstliche Konsequenzen. Und in den allermeisten Fällen kommt man nicht mal zu einem Beweisverwertungsverbot – dem angeblich höherrangigen Strafverfolgungsinteresse des Staates sei Dank.

Wieso sollte man in dieser Konstellation den Grundrechten des Bürgers im Zweifel Vorrang einräumen?

Link zur Entscheidung

„Das ist so, als ob ein Pastor einen Puff hat“

Die Internetseite begrüßt Besucher mit dem Foto einer Automatikwaffe. Die Pistole kreist auf dem Bildschim, zeigt auch schon mal mit der Mündung auf den Betrachter. Beim Inhaber der Webseite können Lang- und Kurzwaffen besichtigt und gekauft werden.

Betreiber der Seite „Verler Waffen Kontor“ ist Ralf E (42). Der Schusswaffenhandel ist nur der Nebenerwerb des Mannes. Hauptberuflich betreut er im Range eines beamteten Justizhauptsekretärs Gefangene in der Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Senne. Die Gefangenen soll er zurück auf den rechtschaffenen Weg bringen, gewaltsame Täter zu friedlichem Verhalten resozialisieren.


Verler Waffen Kontor (Screenshot)

Die beiden Jobs mögen sich optisch widersprechen. Doch ist alles wohl legal. Ralf E., der vom Staat monatlich etwa 2.100 Euro netto bekommt, hat sich vor drei Jahren die Internetseite aufgebaut und das Verler Waffen Kontor eröffnet. Er hat die nötigen Genehmigungen eingeholt. Keine Behörde hat Probleme gemacht.

Da gab es den damaligen Leiter des Gefängnisses, der über den Antrag zu urteilen hatte. Einverstanden. Das Landesjustizvollzugsamt in Wuppertal, inzwischen aufgelöst, gab grünes Licht. Die Industrie- und Handelskammer hat zugestimmt. Der Polizeipräsident Gütersloh (zuständig für Waffenhändler), hat ebenfalls geprüft und keine Probleme gesehen.

„Das war ein normaler Vorgang“, sagt Behördensprecher Karl-Heinz Stehrenberg noch immer, „der Mann ist zuverlässig. Wir haben keine Beanstandungen.“ Die kamen erst vor kurzem – von einem Nachbarn des Justizbeamten.

Die Kunden des Waffenhändlers blockierten die Einfahrt des Nachbarn. Dieser beschwerte sich. Nachdem der Streit publik wurde, zeigt sich Justizminister Thomas Kutschaty (SPD) zumindest erstaunt über den Nebenjob des Vollzugsbeamten. Der Minister will „eine schnelle Klärung“.

Daran arbeitet Uwe Nelle-Cornelsen gerade. Er leitet seit einem Jahr die JVA Bielefeld. Noch hat er nicht alle Personalakte seiner 430 Mitarbeiter durchkämmt. Im Fall von Ralf E. sieht er zumindest „Probleme“, die ihm sein Vorgänger hinterlassen hat.

Aber: Das Verler Waffenkontor sei nun mal genehmigt, Missbrauch nicht ersichtlich. Die juristische Prüfung, lässt der Gefängnisleiter durchblicken, könne schwierig werden. Sollte die Genehmigung widerrufen werden, könnte der Beamte dagegen vor dem Verwaltungsgericht klagen.

Bleibt womöglich nur ein Appell, der von einem kommt, der die Interessen der Beamten vertritt. Klaus Jäkel, der Landeschef des Bundes der Strafvollzugsbediensteten, sagt es ebenso bedächtig wie streng: „Rechtlich ist das alles tausendprozentig durchleuchtet. Aber die Vollzugsmitarbeiter sind es, die Gefangene auf einen sozialen Weg zurückbringen soll.“ Und dann, Jäkel holt tief Luft, wagt er den moralischen Vergleich: „Das ist so, als ob ein Pastor einen Puff hat.“ (pbd)

Haudrauf in Mannheim

Ich mache den Job schon 15 Jahre. Eigentlich dachte ich, so ziemlich jede merkwürdige Situation in einem Strafverfahren erlebt zu haben. Der Prozess gegen Jörg Kachelmann belehrt mich aber eines Besseren. Das Landgericht Mannheim hat es heute tatsächlich geschafft, einen Gutachter als befangen abzulehnen – weil ihm dessen Standpunkt und Ergebnisse nicht passen.

Die Verteidigung hatte den renommierten Rechtsmediziner Bernd Brinkmann als Gutachter engagiert. Dieser hatte die angeblichen Spuren einer Vergewaltigung als Selbstverletzungen bewertet. Wie Spiegel online berichtet, weiß es das Landgericht Mannheim offenbar besser als der Experte. Der Professor habe nicht berücksichtigt, dass die Spuren auch von Sado-Maso-Sex stammen könnten. Im übrigen überbetone er seinen eigenen Standpunkt.

Es ist schon ein höchst merkwürdiger Vorgang, wenn ein Gericht schlauer ist als ein ausgewiesener Experte – noch bevor dieser in der Hauptverhandlung sein Gutachten erstattet hat. Geradezu extraordinär ist aber ein Gericht, das dem Sachverständigen sogar so weit überlegen ist, dass es ihm Voreingenommenheit nachweisen kann und ihn über die Besorgnis der Befangenheit kurzerhand aus dem Verfahren kickt.

Es kommt gar nicht so selten vor, dass sich Sachverständige in Strafprozessen widersprechen. Das passiert meistens dann, wenn die Verteidigung eigene Sachverständige aufbietet. Das ist ein klarer Vorteil zahlungskräftiger Angeklagter. Das Gericht muss sich dann normalerweise für die eine oder andere Sicht der Dinge entscheiden. Es darf also die Ausführungen des einen Sachverständigen für wissenschaftlicher und zutreffender halten als die des anderen.

Wieso das Landgericht Mannheim aber meint, einen von der Verteidigung aufgebotenen Sachverständigen geradezu abkanzeln zu müssen, indem es ihn nicht mal anhört, sondern rausschmeißt wie einen renitenten Zuschauer, ist für mich nicht nachvollziehbar. Vor allem deshalb nicht, weil ich auch schon mal Gutachten von Bernd Brinkmann gehört habe. Der Mann beherrscht nicht nur sein Fach, er drückt sich auch klar aus.

Das Gericht bestätigt durch seine Entscheidung den Eindruck, dass es sich schon mal grob festgelegt hat und alles tut, um das anvisierte Ziel nicht zu verfehlen. Das ist umso bedrückender, als das Gericht ja auch bislang nicht nur keine gute Figur, sondern sogar schon handfeste Fehler gemacht hat. Vom Oberlandesgericht musste sich die Strafkammer am Landgericht Mannheim attestieren lassen, dass sie Jörg Kachelmann monatelang zu Unrecht eingesperrt und ihn damit wohl endgültig jeder beruflichen Perspektive als Fernsemoderator beraubt hat.

Man kann nur hoffen, dass es die Richter jetzt nicht einfach mal ein paar Leuten zeigen wollen. Ihre Haudrauf-Mentalität, man könnte auch von einer Überbetonung des eigenen Standpunktes sprechen, gegenüber dem Sachverständigen deutet leider genau in diese Richtung.

Radarfalle im Bermuda-Dreieck

Dem Landratsamt Lörrach ist eine komplette Radaranlage abhanden gekommen. Jemand klaute das 100.000 Euro teure Gerät, während es an einer Landstraße den Berufsverkehr blitzen sollte.

Natürlich sei der vorgeschriebene Kontrolleur vor Ort gewesen, zitiert die Badische Zeitung einen Behördensprecher. Der Überwachungswagen sei aber hinter einem Hindernis abgestellt gewesen. Deshalb habe der Mitarbeiter keinen Blickkontakt zum Messgerät gehabt. Allerdings habe ein langes Kabel zu der Steuerungseinheit im Messauto geführt.

Wieso niemand den Abbau des Gerätes bemerkt habe, sei derzeit nicht erklärlich. Ebenso wenig der Umstand, dass ein abruptes Ende der Messungen nicht aufgefallen ist.

Ich habe durchaus eine Erklärung. Wäre es möglich, dass der zuständige Beamte geschlafen hat? Hier in Düsseldorf haben wir jedenfalls auch einen Verkehrsüberwacher, der bevorzugt mit geschlossenen Augen in seinem Kombi sitzt.

Quelle des Links

Uraltakte mit Happy End

Vor einiger Zeit hatte ich über ein emsiges Inkassobüro berichtet, das uns mit Mahnungen traktierte. Nachdem wir uns als resistent erwiesen haben, wurde sogar ein Mahnbescheid beantragt. Auf unseren Widerspruch hin haben wir fünf Jahre lang nichts gehört – sonderlich stichhaltig dürfte die Forderung eines Warenhauses also nicht gewesen sein.

Nach Eintritt der Verjährung haben dann wir die Durchführung des streitigen Verfahrens beantragt. Und die Verjährung auch gleich geltend gemacht. In den Kommentaren zum oben verlinkten Beitrag wurde spekuliert, das könne riskant gewesen sein, weil man damit schlafende Hunde weckt und die Verjährung vielleicht doch nicht greift.

Die für die Anspruchsstellerin tätige große Rechtsanwaltsgesellschaft aus Baden-Baden bewertet die Rechtslage aber ähnlich wie wir. Die Klage wurde jetzt zurückgenommen. Gesetzliche Kostenfolge: Das Warenhaus zahlt alles.

England: Gefängnis für verschwiegenes Passwort

In England muss ein 19-Jähriger vier Monate ins Gefängnis. Sein Vergehen: Er weigert sich, den Behörden das Passwort zu seinem Computer zu verraten. Wie die BBC berichtet, war der Mann in den Verdacht geraten, kinderpornografisches Material zu besitzen. Es gelang jedoch bis heute nicht, das etwa 50-stellige Passwort der beschlagnahmten Speichermedien zu entschlüsseln.

Der Betroffene weigerte sich auch konsequent, sein Passwort zu verraten. Er muss dafür jetzt einfahren. Währenddessen versucht die Polizei weiter, seinen Computer zugänglich zu machen.

Möglich wird die Gefängnisstrafe durch ein englisches Gesetz, den Regulation of Investigatory Powers Act 2000. Dieser erklärt es zur Straftat, wenn verschlüsselte Datenträger den Ermittlungsbehörden nicht zugänglich gemacht werden.

In Deutschland ist so was undenkbar. Verschlüsselung privater Daten ist nicht verboten. Auch wenn es unsere Ermittlungsbehörden mitunter auch anrüchig finden und so tun, als gebe es bei uns nur eine Gesetzeslücke, dürfte die Verschlüsselung in Wirklichkeit ein Bürgerrecht sein. Das Bundesverfassungsgericht hat zum Beispiel mal in einer Entscheidung über die Frage, ob auf der eigenen Festplatte gespeicherte E-Mails noch dem Fernmeldegeheimnis unterliegen, zusammengefasst gesagt: Nein, das Fernmeldegeheimnis gilt hier nicht mehr, da der Kommunikationsvorgang beendet ist. Aber der Betroffene kann und darf seine Daten selbst schützen, indem er sie verschlüsselt.

Es gibt in Deutschland also keine Pflicht für Beschuldigte, Passwörter herauszugeben. Für Zeugen sieht es etwas anders aus. Zeugen müssen mit den Ermittlungsbehörden kooperieren und somit auch Passwörter nennen. Aber auch Zeugen können ein Auskunftsverweigerungsrecht haben, wenn sie sich durch die Angabe eines Passwortes der Gefahr aussetzen, dass dann im Anschluss gegen sie selbst ermittelt wird.

An Ort und Stelle müssen übrigens auch Zeugen nichts sagen. Kein Zeuge muss mit der Polizei sprechen oder gar einer Vorladung folgen. Erst nach Vorladung durch die Staatsanwaltschaft müssen Zeugen Angaben machen. Man kann also auch als Zeuge Polizeibeamten, die es naturgemäß immer eilig haben und in diesem Zusammenhang auch mal die Rechtslage anders darstellen, die kalte Schulter zeigen. Es gibt dann auch keine Zwangsmittel gegen Zeugen.

Sofern es bei uns den Behörden nicht gelingt, verschlüsselte Daten sichtbar zu machen, darf auch nichts zu Lasten des Beschuldigten unterstellt werden.

In Deutschland kann so etwas wie in England also nicht passieren.

Derzeit.

Bericht der BBC / Bericht auf Gulli.com

Stillstand der Justiz

In Göttingen scheint die Rechtspflege stillzustehen. Jedenfalls am Amtsgericht. Leser Peter L. versucht dort seit geraumer Zeit, eine Forderungssache zu klären. Ein erster Termin in seiner Sache war für den Januar anberaumt. Dieser Termin wurde aufgehoben. Seitdem wurden neue Termine für März, Juli, August, September und zuletzt auf den 21 Oktober festgelegt.

Auch dieser letzte Termin wurde nun aus „dienstlichen Gründen“ gestrichen. Peter L. erhielt folgende Mitteilung:

Eine Förderung des Verfahrens, insbesondere eine Neuterminierung, ist zur
Zeit nicht möglich.

Bedingt durch die angespannte Personalsituation beim Amtsgericht Göttingen
(zwei Kollegen sind längerfristig schwer erkrankt, zwei Kolleginnen befinden
sich im Mutterschutz) kann das Dezernat derzeit nicht besetzt werden.
Angesichts der Vertretungsbelastung ist eine Vollvertretung nur in Eilt- und
Ausnahmefällen durchführbar; es ist daher auch nicht absehbar, wann eine
mündliche Verhandlung wird stattfinden können.

Das Amtsgericht Göttingen ist um Abhilfe bemüht, die aktuelle
Personalsituation kann allerdings von hieraus nicht beeinflusst werden.

Mit freundlichen Grüßen
Richter am Amtsgericht

Auf einem weiteren Blatt wird Peter L. empfohlen, sich doch eine Mediation zu überlegen. Für die softe Streitschlichtung scheint genug Personal vorhanden, während bei Entscheidungen nach dem Buchstaben des Gesetzes – der eigentlichen Kernaufgabe der Justiz – sich offenbar nichts mehr bewegt.

Peter L., der dringend auf Klarheit angewiesen wäre, findet’s nicht gerade lustig.

Keine Begründung

Es ist schon erstaunlich, wie nichtssagend und abgespeckt Durchsuchungsbeschlüsse heute daherkommen. Mit der nachfolgenden Beschwerde wende ich mich gegen so einen Beschluss, vor dessen Erlass wohl weniger nachgedacht wurde. Mühe hat man sich schon gar nicht damit gemacht:

Gegen den Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts B. lege ich für meine Mandantin Beschwerde ein mit dem Antrag:

Es wird festgestellt, dass der Durchsuchungsbeschluss insoweit rechtswidrig war, als er die Durchsuchung der Geschäftsräume der Firma N. auch über den Arbeitsplatz des Beschuldigten hinaus anordnete.

I. Formelle Mängel

Es liegen bereits formelle Mängel vor, die zur Rechtswidrigkeit insgesamt führen.

Die richterliche Durchsuchungsanordnung ist keine bloße Formsache (BVerfG StV 2005, 643). Sie muss insbesondere nachvollziehbar darlegen, auf welche tatsächlichen Anhaltspunkte sich der erforderliche Anfangsverdacht gründet. Spekulationen, Mutmaßungen und Vermutungen quasi ins Blaue hinein begründen keinen Anfangsverdacht (Burhoff, Handbuch für das strafrechtliche Ermittlungsverfahren, Rdnr. 536 mit Nachweis der umfangreichen Rechtsprechung).

Der Durchsuchungsbeschluss sagt nur, der Beschuldigte stehe im Verdacht, Geschäftsgeheimnisse an seine private E-Mail-Adresse geleitet zu haben. Außerdem habe er eine Arbeit bei einem direkten Konkurrenten, meiner Mandantin, aufgenommen. Weitere Angaben oder Begründungen enthält der Beschluss nicht.

Diese Angaben rechtfertigen noch keinen Anfangsverdacht für eine Straftat.

Erforderlich wären vielmehr Tatsachen, die darauf schließen lassen, dass es einen inneren Zusammenhang zwischen dem mutmaßlichen Mailversand und dem Arbeitsplatzwechsel gibt. Alleine die Vermutung oder Spekulation, der Beschuldigte könne sich so oder auch anders verhalten, begründet nicht den Verdacht einer Straftat.

Ansonsten könnte praktisch bei jedem Arbeitsplatzwechsel unterstellt werden, der Arbeitnehmer werde bei ihm vorhandene Daten dem neuen Arbeitgeber zur Verfügung stellen. Das ist aber nur eine bloße Spekulation.

II. Sachliche Mängel

Die Durchsuchung war überdies jedenfalls rechtswidrig, als sie nicht auf den Arbeitsplatz des Beschuldigten beschränkt wurde.

1. Das Gericht hat hier die Grenzen des § 103 StPO nicht beachtet. Jedenfalls ergeben sich aus dem Beschluss keinerlei tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass es meine Mandantin billigt oder zumindest duldet, dass der Beschuldigte Daten von seinem früheren Arbeitgeber im Rahmen seiner neuen Tätigkeit verwendet.

Es stand deshalb noch nicht einmal zu vermuten, dass derartige Daten in einem Bereich aufgefunden werden könnten, der über den Arbeitsplatz des Beschuldigten hinausgeht.

Deshalb war eine weitergehende Anordnung schon nicht von § 103 StPO gedeckt.

2. Jedenfalls war die Anordnung grob unverhältnismäßig. Die Anordnung hätte bei engherziger Auslegung durch die ermittelnden Polizeibeamten durchaus dazu führen können, dass die kompletten Server meiner Mandantin sowie Vertrags- und Kundenunterlagen beschlagnahmt werden.

Dies hätte zunächst den Betrieb lahmgelegt. Meine Mandantin ist einer der größten Arbeitgeber am Ort. Der wirtschaftliche Schaden wäre schnell in die Hunderttausende, wenn nicht Millionen Euro gegangen.

Überdies hätte die Beschlagnahme dazu geführt, dass nun wiederum Geschäftsgeheimnisse meiner Mandantin in einem unübersehbaren Umfang in die Ermittlungsakte kommen. In diese Ermittlungsakte hätte wiederum die Anzeigenerstatterin Einsicht mit der Folge, dass ausgerechnet dieses Konkurrenzunternehmen Einblick in die nach § 17 UWG geschützten Geschäftsgeheimnisse meiner Mandantin erlangt hätte. …

Ich bitte darum, mir die Stellungnahme der Staatsanwaltschaft zukommen zu lassen.

Flache Tipps von der Polizei

Die beliebte Düsseldorfer Kaffeehaus-Kette Woyton hat das freie WLAN in ihren Filialen abgeschaltet. Grund waren ständige Abmahnungen, da Gäste nicht nur Latte schlürften, sondern Filesharing betrieben.

Nun meldet sich die Düsseldorfer Polizei mit guten Ratschlägen zu Wort:

Zumindest sollte der Nutzer seine E-Mail-Adresse angeben müssen. Über die Mailanbieter lässt sich bei einem Missbrauchsfall meist zurückverfolgen, wer illegale Daten heruntergeladen hat.

Die Film- und Musikfreunde unter den Gästen kommen natürlich nur ins Woyton, weil sie gar nicht ahnen, etwas Illegales zu tun. Dementsprechend würden sie auch immer nur ihre echte, mit Klarnamen und hinterlegter Ausweiskopie registrierte E-Mail-Adresse bei E-Postbrief oder DE-Mail angeben. Oder zumindest jene, die ihnen ihr Arbeitgeber zugewiesen hat.

Überdies: Weiß der Beamte nicht, dass die Staatsanwaltschaften und die ihnen untergebene Polizei angewiesen sind, Filesharing-Anzeigen im sozialüblichen Bereich gar nicht mehr nachzugehen? (Im Gegenzug wurde ein privatrechtlicher Auskunftsanspruch eingeführt. Rechteinhaber können sich die Daten des Anschlussinhabers nun selbst bei den Providern besorgen.)

Selbst wenn Woyton also die E-Mail-Adressen des Filesharings „verdächtiger“ Nutzer liefern würde, hätte die Polizei nach geltender Rechtslage überhaupt keine Befugnis einzuschreiten. Denn an sich nicht mehr strafwürdiges Filesharing wird ja nicht schon deshalb wieder zum großartigen Delikt, bloß weil es über einen fremden Internetanschluss stattfindet.