Schon zehn Prozent

Die Rheinische Post kolportiert heute das Möllemann-Theorem:

Möllemann geht zum Stammtisch. Dort sitzen zehn Bürger. Möllemann streitet für seine politischen Vorstellungen. Neun der Stammtisch-Brüder widersprechen ihm vehement, einer aber stimmt zu. Möllemann: „Dann hat die FDP schon zehn Prozent.“

Derzeit scheint das Rezept ein Revival zu erfahren.

Die Tücken des Verfahrens

Fax eines Rechtsanwalts:

… lege ich gegen den Haftbefehl Beschwerde ein und beantrage mündliche Haftprüfung.

Der Staatsanwalt hat den Kollegen angerufen und darauf hingewiesen, dass die Beschwerde neben dem Antrag auf Haftprüfung unzulässig ist (§ 117 Absatz 2 Satz 1 Strafprozessordnung). Daraufhin schickte der Anwalt folgendes Schreiben:

… nehme ich Bezug auf das Telefonat und berichtige mein gestriges Fax insoweit, dass lediglich mündliche Haftprüfung beantragt wird.

Die mündliche Haftprüfung war erfolglos. Über die Gründe könnte man jetzt allenfalls spekulieren.

Nur der Gerechtigkeit dienen

Richter sind, so will es das Grundgesetz, unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen. In ihrem Amtseid schwören sie, nach bestem Wissen und Gewissen und ohne Ansehen der Person zu urteilen und nur der Wahrheit und Gerechtigkeit zu dienen.

Die Düsseldorfer Justiz wird spätestens ab Montag, Dienstbeginn, unter einem Fall ächzen, der zumindest den Anschein erweckt, als habe einer ihrer Angehörigen sein Pflichtenheft nicht sonderlich gründlich gelesen. Der Vorsitzende eines Strafsenats am Oberlandesgericht, so berichtet der Express, habe in Sachen Videomessung durch die Polizei nicht nur resolut Recht gesprochen, sondern das eigene Urteil gleich in eigener Sache verwendet.

Selbst eines Abstandsverstoßes beschuldigt, soll der Richter den Beschluss kurz nach Erlass an den für seinen eigenen Fall zuständigen Amtsrichter übersandt haben. Mit schwarzem Balken dort, wo sein eigener Name unter der Entscheidung steht.

Für Bußgeldsachen sind die Oberlandesgerichte die tonangebende Instanz. Für das Amtsgericht Kempen, welches über den Einspruch des besagten Richters vom Oberlandesgericht Düsseldorf gegen den Bußgeldbescheid urteilen soll, ist das Oberlandesgericht Düsseldorf zuständig.

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf hatte bundesweit Aufsehen erregt, weil sie einigen anderen Oberlandesgerichten deutlich widerspricht und betont, für Videomessungen der Polizei gebe es keine gesetzliche Grundlage. Einzelheiten in diesem früheren Eintrag.

Ich persönlich halte den Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf für richtig. Der sachlichen Diskussion dürfte der betreffende Richter mit seinem fragwürdigen Verhalten jedoch weniger genützt haben.

Mit hörbar nervöser Stimme

Gastbeitrag von Diek Kaimann

Die ersten gesetzlichen Krankenkassen haben vor ein paar Wochen begonnen, Zusatzbeiträge zu erheben. Ende Februar war es dann auch bei mir so weit. Ein Schreiben meiner Versicherung, der BKK Gesundheit, informierte mich darüber, dass mit Wirkung zum 1. Februar ein pauschaler Zusatzbeitrag in Höhe von monatlich acht Euro erhoben werde.

Auf der Rückseite des Briefs befand sich neben einer Rechtsbehelfsbelehrung auch ein Hinweis zum Sonderkündigungsrecht, das bis zum 31. März besteht: „Haben Sie innerhalb dieser Frist von Ihrem Kündigungsrecht Gebrauch gemacht, wird der Zusatzbeitrag bis zum Ende der Mitgliedschaft nicht erhoben.“

Das Infoschreiben kam zwar sicher nicht zufällig erst kurz vor Monatsende, aber die Hinweise auf der Rückseite machten für den Fall der Kündigung Hoffnung auf seriöses Verhalten der BKK. Die Kündigung zum 30. April gemäß § 175 SGB V mit einer Frist für die Kündigungsbestätigung bis zum 14. März schickte ich am nächsten Tag ab – zwei Werktage vor Monatsende und damit früh genug, dass sie noch im Februar bei der BKK eintreffen sollte.

Die Kündigungsbestätigung der BKK ging dann doch erst am 20. März bei mir ein, was mich aber wegen meiner Erfahrung mit Fristsetzungen bei anderen Unternehmen nicht weiter wunderte. Der Inhalt des Schreibens entsprach erst mal den Erwartungen: Werbung für die guten Leistungen der Krankenkasse, Aufforderung zum Überdenken meiner Entscheidung und die Bestätigung der Kündigung – mit Wirkung zum 31. Mai, da meine Kündigung erst am 3. März eingegangen sei.

Die kleine Schummelei bezüglich des Erhalts der Kündigung und die damit verbundene längere Mitgliedschaft störten mich zuerst nicht weiter, da mir keine nennenswerten Nachteile daraus entstehen würden. Oder doch? Im letzten Absatz stellte die BKK nämlich ihre Flexibilität und Kreativität unter Beweis: „Bitte beachten Sie, dass bis zum Ende Ihrer Mitgliedschaft die erhobenen Zusatzbeiträge zur Zahlung fällig werden.“

Ach, echt jetzt?

In der Mitteilung vom Februar stand doch das genaue Gegenteil. Verärgert legte ich den Brief beiseite und vertagte die Entscheidung darüber, die Rechtslage zu recherchieren und weitere Briefe zu schreiben oder die 32 EUR einfach zu zahlen.

Am Montag darauf stand erst mal fest: Ich will weder zahlen noch großen Aufwand betreiben. Also rief ich bei der Hotline der BKK an und fragte den Mitarbeiter, wie man ihn denn instruiert habe, den Widerspruch zwischen den beiden Schreiben zu erklären. Ich rechnete bereits mit langen Erklärungen in einem keinen Widerspruch duldenden Ton, warum ich den Zusatzbeitrag zu zahlen hätte und stellte mich auf ein konfrontatives Gespräch ein.

Das stellte sich jedoch gleich als Fehleinschätzung heraus, denn der Mann räumte mit hörbar nervöser Stimme ein Versehen im Schreiben ein. Die BKK ruderte im Rekordtempo zurück und versprach mir eine neue Kündigungsbestätigung. Ich wittere Morgenluft und hakte weiter nach. Ob die BKK nicht noch etwas weiter zurückrudern und in Betracht ziehen wolle, dass meine Kündigung bereits am 27. Februar eingegangen, aber erst am 3. März eingescannt und in der Bearbeitung gelandet wäre?

Sie will, also zurückrudern.

Der Mitarbeiter versprach mir nochmals eine neue Kündigungsbestätigung mit Wirkung zum 30. April. Nun warte ich auf das korrigierte Schreiben der BKK.

Anrufunterbindung

Seit Anfang des Jahres haben wir neue Regeln für die Untersuchungshaft. Beschränkungen der Kommunikation des Inhaftierten müssen jetzt ausdrücklich angeordnet werden. Für telefonische Kontakte mit dem Verteidiger gibt es hierfür naturgemäß kaum Anlass. So existiert jetzt – endlich! – die Möglichkeit, mit Mandanten in U-Haft zu telefonieren.

Beim ersten Gespräch mit einem Mandanten, der mich aus einer ostdeutschen Justizvollzugsanstalt anrief, machte ich heute eine eigentümliche Erfahrung: Meine Sekretärin konnte zwar den Anruf entgegennehmen, ihn aber nicht auf mein Telefon durchstellen. Die Verbindung wurde gekappt, wenige Sekunden nachdem sie auf meinem Apparat auflief.

Beim dritten Versuch des Mandanten nahm ich den Anruf direkt im Sekretariat entgegen. Dort war die Leitung stabil. Der Mandant meinte, das Gefangenentelefon sei so geschaltet, dass nur Gespräche mit dem freigeschalteten Anschluss (also der Telefonnummer unseres Büros) möglich sind. Sobald der Anruf „durchgestellt“ werde und das System dem Knasttelefon eine neue Gegenstelle melde, werde die Leitung getrennt. Offenbar kann das Justiztelefon (für das übrigens 20 Cent pro Minute berechnet werden) nicht zwischen interner und externer Weiterleitung unterscheiden.

Tolle Technik. Wenn die Schule macht, stelle ich mir einen Schemel ins Sekretariat.

Mit Festnahme ist zu rechnen

Die Polizei möchte gerne wissen, wem meine Mandantin ihr Auto geliehen hat. Meine Mandantin möchte sich dazu nicht äußern. Deshalb folgte sie einer Vorladung zur Vernehmung nicht. Das ist ihr gutes Recht. Zeugen müssen bei der Polizei nicht erscheinen.

Weil meine Mandantin nicht zum Termin kam, meldete sich die Polizei telefonisch und fragte, warum der Vorladung keine Folge geleistet worden sei. Meine Mandantin sagte, dass sie bei der Polizei nicht aussagen will und dass sie mich beauftragt hat. Die Polizei könne sich gern bei mir melden und alles weitere besprechen.

Was dann geschah, darüber gibt es unterschiedliche Darstellungen. Meine Mandantin sagt, sie habe in den folgenden drei Tagen mindestens fünf weitere Anrufe erhalten. Die Anruferin sei immer unverschämter geworden und habe ihr schließlich gedroht, wenn sie jetzt nicht sofort ins Kommissariat komme und ihre Aussage machen, müsse sie mit Verhaftung rechnen. Es bestehe kein Aussageverweigerungsrecht, deshalb werde sie meine Mandantin notfalls zur Aussage zwingen.

Die Polizistin, bei der ich mich dann mal meldete, streitet das entschieden ab. Sie habe nur einmal angerufen und es selbstverständlich respektiert, dass meine Mandantin nicht mit der Polizei sprechen wolle. Das sei ja ihr gutes Recht. Dann werde halt zu prüfen sein, ob meine Mandantin durch die Staatsanwaltschaft vorgeladen werde. (Dieser Ladung müsste die Mandantin dann in der Tat Folge leisten.)

Seltsam nur, dass der Freund meiner Mandantin und eine Arbeitskollegin die ständigen Anrufe bestätigen. Und sehr wohl mitbekommen haben wollen, wie die Angerufene in Tränen ausgebrochen ist, weil ihr die Polizistin – ohne jede juristische Grundlage – mit Verhaftung gedroht hat.

Ich kann natürlich nicht sagen, wie es wirklich gewesen ist. Allerdings habe ich die Polizistin ja selbst am Telefon erlebt, und zwar als Schnodderschnauze vom Dienst. Von daher habe ich eine Meinung, wie es gewesen ist.

Inkassoanwältin zu Recht ohne Konto

Einer bekannten Münchner Inkassoanwältin ist das Girokonto zu Recht gekündigt worden. Das Landgericht München I stellte schon letztes Jahr fest, die Juristin habe objektiv den Tatbestand des Betruges verwirklicht.

Die Anwältin habe gegenüber den angeschriebenen angeblichen Kunden von Internetabofallen ihre gesetzlichen Gebühren abgerechnet. Tatsächlich habe sie mit den Betreibern der Abofallen aber eine andere Vereinbarung gehabt, nämlich dass sie nur den tatsächlichen Zahlungseingang abrechnet, nicht aber auch die Fälle, in denen die Gemahnten nicht zahlen.

Wegen dieses Verhaltens habe die Sparkasse die Geschäftsbeziehung kündigen dürfen. Gegen das Urteil des Landgerichts hatte die Anwältin Berufung eingelegt, diese aber zurückgezogen. Die Entscheidung ist deshalb nun rechtskräftig geworden.

Pressemitteilung der bayerischen Justiz

Prozessuale Gründe

„Im Ermittlungsverfahren gegen Jörg K. ist heute eine neue gerichtliche Entscheidung aus prozessualen Gründen nicht ergangen. Deshalb bleibt Herr K. vorerst weiter in Untersuchungshaft. Inhaltliche Auskünfte über das Verfahren erteilt die Staatsanwaltschaft Mannheim als Ermittlungsbehörde und gegebenenfalls die Verteidigung.“

So äußert sich das Amtsgericht Mannheim in einer gerade veröffentlichten Pressemitteilung. Wenn keine Entscheidung ergangen ist, liegt es nahe, dass der Beschuldigte seinen Antrag auf Haftprüfung zurückgenommen hat.

Das kann sich manchmal taktisch anbieten, wenn zum Beispiel kurzfristig anstehende Vernehmungen oder Gutachten weitere Aufklärung versprechen. Oft wird dann einvernehmlich das Ergebnis abgewartet.

Vorteil für den Beschuldigten ist, dass er jederzeit erneut Haftprüfung mit mündlicher Verhandlung beantragen kann. Bleibt der Antrag aufrechterhalten und entscheidet das Gericht negativ, kann eine neue Verhandlung frühestens zwei Monate nach der vorherigen verlangt werden, frühestens aber nach insgesamt drei Monaten Untersuchungshaft.

Eine andere Erklärung wäre, dass sich die Verteidigung von einer Haftbeschwerde mehr verspricht. Über diese entscheidet das übergeordnete Landgericht. Wenn der Amtsrichter, der die Haftprüfung macht, partout den Haftbefehl nicht aufheben oder zumindest außer Vollzug setzen will, muss man es mitunter nicht darauf anlegen, sich seine Gründe hierfür schriftlich geben zu lassen.

Nicht allein gelassen

„Ich beantrage deshalb zunächst meine Beiordnung als Pflichtverteidiger.“ Damit hatte ich den Beitrag über einen Mandanten geschlossen, der bestraft werden soll, weil er angeblich an seiner eigenen Abschiebung nicht genug mitgewirkt hat.

Der zuständige Amtsrichter hat mich jetzt beigeordnet. Die Staatskasse wird also die Kosten meiner Tätigkeit tragen. Der Richter teilt somit jedenfalls die Auffassung, dass die Sach- und Rechtslage schwierig ist. Wie auch immer das Verfahren ausgeht, muss sich die Justiz nicht vorwerfen lassen, den Beschuldigten allein gelassen zu haben. Das ist doch ein erfreuliches Signal.

Gaspreis darf nicht an Ölpreis gekoppelt werden

Der Gaspreis darf nicht automatisch an den Ölpreis gekoppelt werden. Das hat der Bundesgerichtshof heute entschieden. Die Klausel, welche fast alle Energieversorger in Deutschland verwenden, benachteiligt nach Auffassung der Richter die Kunden unangemessen.

Ein schutzwürdiges Interesse der Versorgungsunternehmen an der Verwendung der Klauseln kann der Bundesgerichtshof nicht erkennen. Für die Lieferung von Gas an Endverbraucher existiere mangels eines wirksamen Wettbewerbs nach wie vor kein Marktpreis. Dass sich der Gaspreis vielfach parallel zum Preis für leichtes Heizöl entwickele, beruhe aber nicht auf Markteinflüssen, sondern darauf, dass die Ölpreisbindung der Gaspreise einer gefestigten Praxis entspreche. Die angeblichen „Kostensteigerungen“ beim Gas ergeben sich also gerade daraus, dass jeder die Koppelung an den Heizölpreis akzeptiert, obwohl es keinen engen Zusammenhang gibt.

Auch das an sich anerkennenswerte Interesse der Gaslieferanten, Kostensteigerungen an ihre Kunden weiterzugeben, führe nicht zur Wirksamkeit der Klauseln. Eine unangemessene Benachteiligung der Kunden liege schon dann vor, wenn Preisanpassungsbestimmungen dem Verwender die Möglichkeit einräumen, über die Abwälzung konkreter Kostensteigerungen hinaus einen zusätzlichen Gewinn zu erzielen.

Bei den beanstandeten Preisanpassungsklauseln ergebe sich die Möglichkeit einer unzulässigen Gewinnsteigerung (schon) daraus, dass sie als einzige Variable für die Anpassung des Arbeitspreises den Preis für extra leichtes Heizöl (HEL) vorsehen. Damit sei eine Erhöhung der Gaspreise selbst dann erlaubt, wenn steigende Bezugspreise durch Kostensenkungen in anderen Bereichen, etwa bei den Netz- und Vertriebskosten, aufgefangen werden.

Urteil vom 24. März 2010 – VIII ZR 178/08

Der Duft des Geldes

Ich erinnere mich zwar nicht mehr an den Namen des Professors. Aber was er Ende der Achtziger in einer Vorlesung gesagt hat, ist mir im Gedächtnis geblieben:

Wenn Sie den Anwaltsberuf anstreben, müssen Sie sich entscheiden. Großkanzlei, da lockt der Duft des Geldes – und der großen, weiten Welt. Oder Sie bleiben bodenständig in einer kleinen Kanzlei, melden Verkehrsunfälle an und machen Scheidungen an ihrem lokalen Amtsgericht.

Beides pries er als heile Welt, in der man sich durchaus wohlfühlen kann. Jedenfalls zum Klima in der freien Wirtschaft, insbesondere in internationalen Konzernen. Ob das heute noch zutrifft, jedenfalls für die „Großbuden“, bezweifle ich. Beinahe täglich gibt es Meldungen, dass sich Megabüros überwerfen. Hier ein Beispiel. Man muss sich nur mal ausmalen, welche Diskussionen, Streitigkeiten und sicherlich auch Intrigen mit solchen Aktionen einhergehen. Das muss ja alles neben der Arbeit bewältigt und (psychologisch) verdaut werden.

Eine erhebliche Grundunzufriedenheit ist jedenfalls unübersehbar. Ich habe einige Studien- und Referendariatskollegen, die heute in Großkanzleien arbeiten. So weit sie ein offenes Wort mit mir sprechen, höre ich daraus allenfalls eine eingeschränkte Begeisterung (aber immerhin).

Auf der einen Seite stimmt wohl nach wie vor das Geld.

Aber die Unsicherheit, insbesondere die Zukunftsangst, ist gewachsen. Vor allem, weil selbst die angestammte Mandanten nicht mehr treu sind. Konzerne, die 40 Jahre alles an eine Kanzlei gegeben haben, holen plötzlich Kostenvoranschläge ein oder erwarten gar „unverbindliche“ Lösungskonzepte für die betreffende Fragestellung. Das sind „non billable hours“ – so was darf also gerne am Wochenende oder im Urlaub erledigt werden.

Ein Studienkollege von mir arbeitet zum Beispiel an einem einzigen Telekommunikations-Mandat. „Wenn das nicht verlängert wird“, lacht er, „kann ich mich mich bei dir bewerben.“ Wofür ich einen so schmalspurig qualifizierten Anwalt einsetzen sollte, verrät er allerdings nicht.

Aber vielleicht könnte ich ja dann wieder Scheidungsmandate annehmen…

Die automatische Fluchtgefahr

„Allein der Umstand, dass der Beschuldigte einen Wohnsitz im Ausland hat, vermag die Fluchtgefahr noch nicht zu begründen. Vielmehr bedarf es darüber hinaus eines erkennbaren Verhaltens des Beschuldigten, den Fortgang des Verfahrens durch Nichtbeachtung oder nicht Folgeleisten von Ladungen oder Vollstreckungsmaßnahmen zu behindern.“

Oberlandesgericht Köln, Beschluss vom 16. Juli 2004, Aktenzeichen 2 Ws 351,352/04.

Schon an dieser schlichten Feststellung kann man ersehen: Schweizer Staatsbürgerschaft und Wohnsitz in der Schweiz bedeuten nicht automatisch Fluchtgefahr. Im Fall eines vor Tagen verhafteten Fernsehmoderators spielt diese Frage derzeit wohl eine entscheidende Rolle.

Da ein Ausländer nichts dafür kann, dass er Ausländer ist und im Ausland wohnt, benötigt man also tatsächliche Umstände, die darauf schließen lassen, dass er sich dem Verfahren entzieht oder entziehen will. Im besagten Fall ist bislang lediglich bekannt, dass der Fernsehmoderator von einer mehrwöchigen Auslandsreise nach Kanada ausgerechnet via Frankfurt zurückgeflogen ist und wohl auch Sendetermine in Deutschland hatte.

Wenn man mal unterstellt, er hat eine Straftat begangen (und konnte aufgrund seines zweifellos vorhandenen Intellekts zumindest mit einer Strafanzeige rechnen), spricht so ein Verhalten zunächst nicht für, sondern sogar gegen eine Fluchtgefahr. Denn der Betreffende hätte sicher auch in sein Heimatland zurückgelangen können, ohne Deutschland oder die EU zu betreten.

Auch was über seine persönlichen Umstände bekannt ist, spricht nicht unbedingt dafür, dass er die Sache bis zum Ablauf der Verjährungsfrist in der Schweiz aussitzen und nie mehr in den gesamten (!) EU-Raum zurückkehren würde. Überdies besteht auch die Möglichkeit, einen Schweizer in der Schweiz wegen einer in Deutschland begangenen Straftat zu verfolgen. Der Betreffende könnte sich in seinem Heimatland also auch nicht allzu sicher fühlen. Weiter ist Deutschland offensichtlich eines seiner wichtigsten Berufsfelder. Außerdem wäre er im Falle einer „Flucht“ als Fernsehmoderator und Geschäftspartner ebenso ruiniert gewesen, wie er es jetzt durch die Untersuchungshaft wohl schon ist.

Die engen beruflichen Verflechtungen des Betreffenden mit Deutschland sprechen im Ergebnis also eher dagegen, dass er sich einem Prozess in Deutschland entziehen würde.

Dagegen spricht auch, dass nach den bisher bekannten Umständen Aussage gegen Aussage steht. Das ist bei Sexualstraftaten normal. Aber es gibt auch keinen Erfahrungssatz, dass jede angezeigte Vergewaltigung auch tatsächlich stattgefunden hat. Oder zu einer Strafe führt, die so hoch ist, dass ein vernünftiger Mensch sich dafür auf die Flucht begibt. Insofern kann und darf sich der Betreffende also auch Chancen ausrechnen, dass sich die Vorwürfe gegen ihn als haltlos erweisen, er jedenfalls nicht überführt werden kann oder er mit einer nicht so hohen Strafe davonkommt.

Aus den bislang bekannten Umständen ergibt sich also keine nachvollziehbare Fluchtgefahr. Eher im Gegenteil. Bleibt für den zuständigen Staatsanwalt und den verantwortlichen Ermittlungsrichter nur zu hoffen, dass sie einige Asse im Ärmel haben. Sonst könnte sich der Vorwurf der Vorweghinrichtung eines weiteren Prominenten mittels eines überzogenen Haftbefehl bestätigen. Mich würde es allerdings nicht wundern, wenn es genau so kommt.

Sofort und uneingeschränkt

Endlich mal ein gerichtlicher Vergleichsvorschlag, dem ich sofort und uneingeschränkt zustimmen kann. Von mehreren Beklagten sollen einige stattliche Beträge an den Kläger zahlen. Der Beklagte zu 2) soll 0,00 € zahlen und seine gesamten Anwaltskosten erstattet bekommen.

Der Beklagte zu 2) ist mein Mandant.