1. LawCamp in Frankfurt

Am 20. März gibt es eine Premiere: In Frankfurt findet das erste LawCamp statt. Das Konzept ist angelehnt an die mittlerweile sehr erfolgreichen Barcamps, die im IT-Bereich immer mehr traditionelle Kongresse ersetzen.

Ich werde auch dabei sein und was zur „Strafverteidigung im Web 2.0“ sagen.

Einzelheiten hier.

Geldabschöpfung

Der Kläger verlangte 1.600,00 €. Auch wenn unser Mandant keine guten Karten hatte, konnten wir vor Gericht einen Vergleich rausholen. Jetzt zahlt der Mandant 1.000,00 € an den Gegner. Die Anwaltskosten trägt jede Seite selbst.

Richtig gelohnt hat sich die Sache für den Mandanten aber nicht. Unsere Rechnung beläuft sich auf 577,75 €. Er spart also 22,25 €. Oder genau genommen auch gar nichts, denn die anteiligen Gerichtskosten muss er auch noch tragen.

Der Mandant ist trotzdem zufrieden. Ihm, so sagte er lachend, komme es im Ergebnis nämlich nur darauf an, dass auch der Kläger eine Einbuße durch Gerichts- und Anwaltskosten hat – und am Ende nur mit gerade 350 Euro nach Hause geht. Manche Konflikte gehen doch etwas tiefer, wie es scheint.

Es ist aber immer wieder schön, wenn man als Anwalt helfen kann…

„Wir vermieten nicht an Neger“

Wir vermieten nicht an „Neger… äh Schwarzafrikaner oder Türken“. Wegen dieser Äußerung hat das Oberlandesgericht Köln einen Aaachener Immoblienverwalter zu rund 5.000 Euro Entschädigung und Schadensersatz verurteilt. Die für den Mann tätige Hausmeisterin hatte ein Paar schwarzafrikanischer Herkunft als Mietinteressenten abgewiesen.

Das Wohnung suchende Paar hatte sich im Jahr 2006 auf eine Annonce gemeldet. Den Besichtigungstermin sollte die Hausmeisterin des Objekts durchführen. Die Hausmeisterin wies das afrikanische Paar allerdings mit den Worten ab, die Wohnung werde nicht an „Neger… äh Schwarzafrikaner oder Türken“ vermietet. Daraufhin verlangte das Paar mit Unterstützung des Gleichstellungsbüros der Stadt Aachen Schadensersatz und Schmerzensgeld.

Anders als das Landgericht Aachen, welches in 1. Instanz den Anspruch zunächst zurückgewiesen hat, sieht das Oberlandesgericht Köln die Klage als begründet an.

Durch die Verweigerung der Wohnungsbesichtigung und die Äußerung, die Wohnung werde nicht an „Neger… äh Schwarzafrikaner oder Türken vermietet“, habe die Hausmeisterin die Menschenwürde und damit das allgemeine Persönlichkeitsrecht der afrikanischen Mietinteressenten verletzt. Die Bezeichnung als „Neger“ sei nach heutigem Verständnis eindeutig diskriminierend und ehrverletzend. Ein Angriff auf die Menschenwürde des Paares sei es aber auch, dass ihnen eine Wohnungsbesichtigung und eventuelle Anmietung allein wegen ihrer Hautfarbe verweigert worden sei.

Die Güter- und Interessenabwägung im Einzelfall habe hier ergeben, dass die Verletzung der Persönlichkeitsrechte auch rechtswidrig sei; der Hausmeisterin sei es eindeutig darauf angekommen, keine farbigen Mieter im Objekt zuzulassen und die Wohnungssuchenden hier allein wegen ihrer Hautfarbe zu diskriminieren. Das sei mit einer schwerwiegenden Ausgrenzung und Stigmatisierung verbunden.

Der Verteidigungslinie des Immobilienverwalters, er sei für die Äußerungen der Hausmeisterin nicht verantwortlich, weil diese auf Anweisung der Eigentümer gehandelt habe, hat der Zivilsenat sich nicht angeschlossen. Der Verwalter habe sich der Hausmeisterin als Gehilfin für die Durchführung von Besichtigungsterminen bedient. Die Hausmeisterin habe die Termine im Rahmen dieses Auftrags durchgeführt. Der Verwalter sei von den Eigentümern insgesamt mit der Vorbereitung der Neuvermietung beauftragt gewesen. Alle Mietinteressenten mussten sich bei ihm melden; grundsätzlich habe auch die Durchführung der Besichtigungstermine zu seinem Aufgabenkreis gehört. Wenn er sich hierzu der Hilfe der Hausmeisterin bedient habe, werde diese in seinem Pflichtenkreis tätig, so dass er auch für deren Verhalten hafte.

Das Oberlandesgericht Köln hat nicht nur auf Schadensersatz für Fahrkosten erkannt, sondern auch eine Art Schmerzensgeld zugebilligt, weil die Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Afrikaner besonders schwerwiegend gewesen sei.

OLG Köln 24 U 51/09, Urteil vom 19. Januar 2010.

Schluss mit Verzicht

Die Verständigung im Strafverfahren, der Deal, gehört zu meinem beruflichen Alltag. Wurde er lange nur im luftleeren Raum zelebriert, gab vor etlichen Jahren der Bundesgerichtshof in einer Grundsatzentscheidung Leitlinien vor. Seit Herbst letzten Jahres hat die Verständigung eine eigene gesetzliche Grundlage. § 257c Strafprozessordnung regelt nun, worüber sich die Parteien einigen können und worüber nicht. Und wie das geht.

Allerdings hat der Gesetzgeber in die Vorschrift nicht alle wichtigen Punkte aufgenommen. Den Rechtsmittelverzicht, früher stets eine „Bedingung“ für die Verständigung, erwähnt § 257c nicht. Gerade in kleineren Prozessen ist es nach wie vor üblich, dass der Angeklagte und sein Verteidiger bei einem offensichtlich guten Deal am Ende der Hauptverhandlung erklären, auf Rechtsmittel zu verzichten.

Ich wäre heute auch der Optik wegen dazu bereit gewesen. In einem Prozess waren drei Ausgangsverfahren gemündet. Weder der Richter noch der Staatsanwalt gaben mir und vor allem meinem Mandanten das Gefühl, ausgerechnet jetzt müsse die Strafjustiz ihre ganze Härte zeigen. In einer längeren, sachlichen Diskussion, wurde dann auch ein durchaus tragfähiger Kompromiss gefunden. Mit der Rechtsfolge konnte der Angeklagte leben. Dem Gericht blieben etliche Verhandlungstage erspart, die für andere Fälle sicher dringender gebraucht werden.

Weil alles so angenehm lief, signalisierten wir unsere Bereitschaft, auf Rechtsmittel zu verzichten. Allerdings hatte ich es heute mit dem ersten Richter zu tun, der das nicht akzeptieren wollte. Er hat nämlich auch die Paragrafen gelesen, die mit der Einführung des Deals geändert wurden. So zum Beispiel die Vorschrift über den Rechtsmittelverzicht, § 302 Strafprozessordnung. Darin heißt es zum Rechtsmittel klipp und klar:

Ist dem Urteil eine Verständigung (§ 257c) vorausgegangen, ist ein Verzicht ausgeschlossen.

Der Richter verwies auf diesen Paragrafen und lehnte es freundlich lächelnd ab, eine nach dem Gesetz ohnehin sinnlose Erklärung von uns entgegen zu nehmen. Wir haben natürlich auch nicht darauf bestanden. Ich werde mich nun doch langsam umgewöhnen und keine der Atmosphäre zuträglichen Verzichte mehr anbieten.

Ein bisschen sah es heute nämlich schon aus, als wären ich und ein der Verteidiger, der eine Mitangeklagte vertrat, in diesem Punkt noch nicht auf dem aktuellen Stand…

Nicht die üblichen Textbausteine

Die Diagnose ist ziemlich klar. Sie basiert auf Untersuchungen durch verschiedene Sachverständige. Der Betroffene ist triebenthemmt, alkohol- und drogenabhängig und von Rachegelüsten getrieben. Diese lebt er seit Jahren vorwiegend durch Demütigung von Frauen und Kindern aus, und zwar durch Beleidigungs- und Sexualdelikte. Jedwede Therapie hatte bislang keinen Erfolg.

Mir fiel nun die anspruchsvolle Aufgabe zu, das Gericht davon zu überzeugen, dass der Betroffene künftig keine Straftaten mehr begehen wird. Deshalb sei es nicht gerechtfertigt, wie von der Staatsanwaltschaft angeregt, eine DNA-Probe bei ihm zu entnehmen und sein DNA-Identifizierungsmuster „zum Zwecke der Identitätsfeststellung in künftigen Strafverfahren“ zu speichern.

Das Gericht hat die DNA-Probe angeordnet. Die Begründung ist, wie vom Gesetz vorgeschrieben, eingehend und erschöpft sich nicht in den üblichen Textbausteinen.

Ich hoffe, der Mandant lässt sich zureden und verzichtet auf eine Beschwerde. Ansonsten müsste ich mir schwer überlegen, ob ich mit im Boot bleibe. Denn ohne guten Grund, und sei er auch nur taktischer Natur, mache ich keine Rechtsmittel mit null Aussicht auf Erfolg.

NRW: Ausschuss verhängt Zwangsgelder

Mit seiner strikten Aussageverweigerung vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss ist Harald Friedrich (Grüne) vor dem Untersuchungsrichter des Oberlandesgerichts Düsseldorf (OLG) gescheitert. Er muss ein Ordnungsgeld in Höhe von 450 Euro zahlen.

Friedrich, der wie berichtet vom CDU-geführten Umweltministerium geschasst und auch wegen Korruption angezeigt worden war, muss dem Untersuchungsausschuss zumindest seinen beruflichen Werdegang und seine „geistig-seelische Entwicklung“ berichten. Nur so könne sich der Ausschuss ein „Bild von der Persönlichkeit schaffen“, heißt es in dem Gerichtsbeschluss (AZ: III-4 OGs 1/09).

Allerdings muss Friedrich im Zweifel keine Angaben zu seiner finanziellen Situation machen, weil sich daraus „Mosaiksteine“ für die noch laufenden Ermittlungen ergeben könnten. Deswegen sind auch einzelne Fragen zu seiner ehemaligen Tätigkeit im Ministerium nicht zulässig.

Die Korruptionsvorwürfe und andere schwere Beschuldigungen waren von der Staatsanwaltschaft Wuppertal wegen erwiesener Unschuld eingestellt worden. Letztlich wird noch wegen des Verdachts der Vorteilsannahme und des Verwahrungsbruchs ermittelt.

Der Parlamentarische Untersuchungsauss ist eingesetzt worden, um die Vorgänge rund um die Ermittlungen zu prüfen. Dazu gehört die Frage, ob das Umweltministerium die Ermittlungen gegen den unliebsamen Friedrich befeuert hat. Auch Oberstaatsanwalt Alfons Grevener, der 62-jährige Vize-Chef der Staatsanwaltschaft Wuppertral, hatte seine Aussage vor dem Ausschuss verweigert.

Gegen Grevener will der Untersuchungsausschuss ebenfalls ein Ordnungsgeld beantragen. (pbd)

Schwangere sind nicht behindert

Eine schwangere Frau ist zwar nicht „behindert“, dennoch in manchen Situationen stark beeinträchtigt. Trotzdem rechtfertigt eine Schwangerschaft nicht das Parken auf einem Behindertenparkplatz. Das hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof entschieden.

Eine hochschwangere Frau hatte auf einem Behindertenparkplatz geparkt, da sie in unmittelbarer Nähe der Arztpraxis, die sie aufsuchen wollte, keinen anderen Platz gefunden hatte. Sie legte ihren Mutterpass im Auto aus.

Die Polizei ließ das Auto abschleppen. Die Betroffene wollte Abschleppkosten in Höhe von 170 Euro nicht zahlen und zog unter anderem mit dem Argument vor Gericht, aufgrund ihres hochschwangeren Zustands habe eine Gehbehinderung vorgelegen.

Die Richter sahen dies anders.

Für das Parken auf einem Behindertenparkplatz sei in jedem Fall ein Behindertenausweis erforderlich. Die Klägerin werde auch nicht diskriminiert. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz liege nicht vor, denn Behinderung und Schwangerschaft seien unterschiedliche Sachverhalte. Nach der Definition handele es sich bei behinderten Menschen um Personen, deren Beeinträchtigungen vergleichsweise schwer und vor allem langfristig seien. Dies sei bei einer Schwangerschaft nicht der Fall.

(Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Beschluss vom 22. Juni 2009, 10 ZB 09.1052; Urteil über die Verkehrsanwälte im Deutschen Anwaltverein)

Land muss für langsame Richter zahlen

Weil Richter bei einem Zivilprozess getrödelt haben, muss das Land Nordrhein-Westfalen 700.000 Euro Schadensersatz an einen Unternehmer zahlen.

Der Mann hatte 1984 eine Firma auf Bezahlung von Transportleistungen verklagt. Dieser Prozess war nach knapp 18-jähriger Verfahrensdauer noch nicht entschieden, als am 1. Februar 2002 über das Vermögen der Beklagten das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Der Kläger konnte seine Forderung danach nur noch zum Teil realisieren.

Das Oberlandesgericht Hamm hat dem Kläger jetzt immerhin 700.000 Euro zugesprochen. Nach Auffassung der Richter besteht ein Amtshaftungsanspruch. Die mit der Bearbeitung befassten Berufsrichter seien ihrer Verpflichtung, sich fortwährend und mit zunehmender Verfahrensdauer um so nachhaltiger um die Förderung, Beschleunigung und Beendigung des Verfahrens zu bemühen und damit einen wirkungsvollen Rechtsschutz zu gewährleisten, zeitweise nicht in der gebotenen Form nachgekommen.

Das Oberlandesgericht berechnet eine schuldhafte Verzögerung von 34 Monaten. Diese habe – durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens – zu dem festgestellten Schaden geführt. Allerdings blieb das Oberlandesgericht deutlich unter der Forderung des Klägers. Dieser hatte seinen Ausfall mit rund 1,6 Millionen Euro beziffert.

Gegen das Urteil ist Revision möglich.

(Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 08.01.2010, 11 U 27/06 )

Kein Markenschutz für Staatssymbole

Es gibt ja wenige Worte und Symbole, die nicht als Marke geschützt werden. So überrascht es wenig, dass sich Unternehmer Staatssymbole der DDR und der ehemaligen Sowjetunion für Bekleidung als Marke haben eintragen lassen. Jedoch werden Hammer, Zirkel und sonstiges Gedöns mittlerweile gern auf T-Shirts und Jacken verwendet. Das gab ausreichend Anlass zu Abmahnungen und Klagen.

All das blieb aber nun erfolglos. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Verwendung der Symbole die eingetragenen Marken gar nicht verletzt. Die markenrechtlichen Ansprüche setzen nach Auffassung der Richter voraus, dass der Verkehr auf Bekleidungsstücken angebrachte Aufdrucke als Hinweis auf die Herkunft der Produkte von einem bestimmten Unternehmen und nicht nur als dekoratives Element auffasst.

Der Bundesgerichtshof meint nun in einem gestern verkündeten Urteil, dass Verbraucher die auf der Vorderseite von T-Shirts angebrachten Symbole ehemaliger Ostblockstaaten ausschließlich als dekoratives Element auffassen und in ihnen kein Produktkennzeichen sehen.

Pressemitteilung des BGH

Wirrwarr um Foltervorwürfe in der JVA Herford

„Fest steht, dass nichts fest steht.“ So skizzierte gestern im Rechtsausschuss des NRW-Landtages ein Ministerialbeamter des Justizministeriums die Vorgänge in der Justizvollzugsanstalt Herford (JVA). Dort war vermutlich ein 16-jähriger Untersuchungshäftling im Sommer vorigen Jahres das Opfer schwerer Folter geworden.

Er soll von Mithäftlingen sexuell mit einem Stuhlbein misshandelt, zur Selbsttötung aufgefordert und anschließend mit einer Gardine bis zur Luftnot stranguliert worden sein. Der Stoff dieser Vorhänge aber war aus hartem Plastik und müsste in Streifen geschnitten worden sein, erklärte Ministerialdirigent Wilfried Mainzer – nichts davon sei in der JVA gefunden worden.

Es sei überhaupt noch „völlig offen“, fasste Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter (CDU) zusammen, ob die Vorwürfe stimmen. Obwohl der Leiter der JVA sofort in „vorbildlicher Weise“ ermittelt habe, gebe es in den Gesundheitsakten des möglichen Opfers keine Hinweise auf das behauptete Geschehen.

„Sämtliche Bedienstete, die mit der Betreuung des Gefangenen befasst waren, sind befragt worden“, sagte die Ministerin. Das Ergebnis: „Niemand konnte die Angaben des Gefangenen bestätigen.“ Zudem seien die Angaben des vermeintlichen Opfers verworren. Der junge Mann habe mal von zwei, mal von mehreren Tätern gesprochen. Die beiden namentlich benannten Gefangenen hätten in ihren Vernehmungen alle Vorwürfe bestritten.

Warum das Opfer noch immer nicht von der Staatsanwalt vernommen worden ist, wollten Rolf Jäger von der SPD und Monika Düker (Grüne) mehrfach wissen. Der 16-Jährige sei sofort nach seiner richterlichen Vernehmung, der juristisch wasserdichten Krönung einer Aussage, zu einem Jugendprojekt in die Türkei geflogen worden, so die Antwort des Ministeriums.

Die Vorwürfe der Opposition, Müller-Piepenkötter wolle einen weiteren Folterskandal vertuschen, konterte die Ministerin mit dem Satz: „Ich bin sicher, dass Sie sich von Fakten und Argumenten Ihren Skandal nicht kaputt machen lassen wollen.“ Allerdings blieb sie dem Parlament die Antwort auf die Frage des Sozialdemokraten Frank Sichau schuldig: „Warum hat die Staatsanwaltschaft Detmold zunächst den Verdacht auf versuchten Totschlag, die Strafermittlungsbehörde Bielefeld aber später nur den auf sexuelle Nötigung?“

Das entscheide ein unabhängiges Gericht, antwortete die Ministerin lapidar. (pbd)