Gericht bremst Partnerbörse Parship

Auch bei online abgeschlossenen Verträgen mit (langer) Laufzeit hat der Kunde zu Beginn ein gesetzliches Widerrufsrecht. Wie viel Kosten der Anbieter im Fall des zulässigen Stornos geltend machen kann, hat nun der Europäische Gerichtshof festgelegt. Das Ergebnis fällt verbraucherfreundlich aus: Verlangt werden können höchstens die anteiligen Kosten gemäß der bisherigen Laufzeit.

Ergangen ist das Urteil im Fall der Partnerbörse Parship. Für eine zwölfmonatige Mitgliedschaft berechnete Parship einer Kunden 523,98 €. Die Frau widerrief den Vertrag jedoch schon nach vier Tagen. Dennoch sollte sie 392,06 € zahlen, also weit mehr als den Zeitanteil. Parship begründete dies mit erheblichen Leistungen, die das Unternehmen bereits zu Beginn des Vertrages erbringe. Zum Beispiel sofortige Partnervorschläge sowie ein Persönlichkeitsgutachten.

Parship deklarierte dies als konkrete Nutzungen, welche die Kundin schon gehabt habe. Hierfür müsse sie auch zahlen – was gesetzlich grundsätzlich auch nicht ausgeschlossen ist (sog. Wertersatz). Allerdings kann dies nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs nicht dazu führen, dass die weitaus meisten Kosten – angeblich – an den Anfang eines Vertrages verlagert werden. Jedenfalls müsse der Kunde in diesem Fall vorab informiert werden, welche Kosten für einzelne sofortige Leistungen anfallen. Diese müssten dann auch getrennt ausgewiesen sein. Im Parship-Vertrag ist davon aber nicht die Rede.

Die Frau muss also die Gebühren nur für vier Tage zahlen und erhält deshalb den allergrößten Anteil ihres Beitrags zurück. Das Amtsgericht Hamburg hatte dem Europäischen Gerichtshof die Rechtsfragen vorgelegt. In Hamburg sollen rund 800 ähnliche Verfahren von Parship anhängig sein (Rechtssache C-641/19).

Erlebniskino – nicht nur für Paare

In der Stadt Ludwigshafen gibt es ein Erlebniskino, das in einzelne „Kinosäle“ aufgeteilt ist. In den einzelnen Räumen darf es offiziell auch zu zwischenmenschlichen Interaktionen kommen – wäre da nicht Corona. Die Stadt Ludwigshafen wollte nämlich durchsetzen, dass immer nur eine Person anwesend sein darf, es sei denn beide gehören zu einem gemeinsamen Haushalt. Also Paare. Dagegen wehrte sich der Betreiber des Kinos vor Gericht – erfolgreich.

Nach der Rechtslage in Rheinland-Pfalz dürfen sich bis zu zehn Personen treffen, ohne dass der Mindestabstand von 1,5 Metern eingehalten werden muss. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Personen aus einem Haushalt stammen. Wenn sich lediglich die Angehörigen zweier Hausstände treffen, gilt nach Auffassung des Gerichts noch nicht mal die Obergrenze von zehn Personen, sondern es dürfe sogar eine nach oben offene Zahl teilnehmen.

Wenn sich bis zu zehn Personen einfach so treffen können, spricht nach Auffassung des Gerichts auch nichts gegen ein Treffen von maximal zwei Personen in einem der Kinosäle, auch wenn diese nicht in einem gemeinsamen Haushalt leben. Die Begrenzung auf zwei Personen nehmen die Richter aus dem Umstand, dass in Rheinland-Pfalz auch wieder sexuelle Dienstleistungen angeboten werden dürfen, wenn nicht mehr als zwei Personen beteiligt sind. Demnach kann die Stadt Ludwigshafen sexuelle Begegnungen in dem Erlebniskino nicht untersagen, sofern maximal zwei Personen daran beteiligt sind (Aktenzeichen 5 L 783/20.NW).

Falsch adressiert

Wo gehobelt wird, fallen bekanntlich Späne. Neudeutsch: Shit happens. Davon bleiben mitunter auch Staatsanwaltschaften nicht verschont, wobei des einen Leid natürlich des anderen Freud ist. Das gilt insbesondere für meinen Mandanten, denn der hat jetzt – hoffentlich – ein ziemlich heftiges Strafverfahren vom Hals.

Gut, allzu viel Mühe hat sich die Staatsanwaltschaft von Anfang an nicht gegeben. Jedenfalls nicht genug, um vor den Augen der zuständigen Amtsrichterin zu bestehen. Die Richterin lehnte es nämlich ab, die von der Staatsanwaltschaft erhobene Anklage zuzulassen. Sprechen wir mal von gravierenden handwerklichen Mängeln, welche die Richterin penibel sezierte.

Die Staatsanwaltschaft hätte die schon vorab mehrfach geäußerte Kritik der Richterin aufgreifen und nachbessern können. Stattdessen schaltete sie auf stur und legte – innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Wochenfrist – gegen die Nichteröffnung den vorgesehenen Rechtsbehelf ein. Das ist die sofortige Beschwerde ein. Das sah so aus:

Das klingt erst mal gut, hat aber einen Schönheitsfehler. Der Fehler findet sich in § 306 StPO, der über § 311 StPO auch für die sofortige Beschwerde gilt:

Die Beschwerde wird bei dem Gericht, von dem oder von dessen Vorsitzenden die angefochtene Entscheidung erlassen ist, zu Protokoll der Geschäftsstelle oder schriftlich eingelegt.

Angefochten ist der Nichteröffnungsbeschluss des Amtsgerichts. Das Landgericht, an welche der Rechtsbehelf geschickt wurde, ist das Beschwerdegericht. Mit anderen Worten: Die Staatsanwaltschaft hat die Beschwerde ans falsche Gericht geschickt. Gemerkt hat man es, wenn überhaupt, erst laaaaange nach Ablauf der Wochenfrist. Folge: Die Frist ist versäumt, der Nichteröffnungsbeschluss somit wirksam.

Das wiederum hat zur Folge, dass die Anklage praktisch mausetot ist. Sie dürfte nämlich nur neu erhoben werden, wenn neue Tatsachen oder Beweismittel auftauchen (§ 211 StPO). Das jedoch wird bei dem Fall kein Schlupfloch sein, da ohnehin alles auf dem Tisch liegt. Wollen wir spekulieren, wie die Dienstbesprechung bei der Staatsanwaltschaft ausfällt, in der dieses Debakel intern zur Sprache kommt? Angenehm wird’s sicher nicht.

Scharf, schärfer, am schärfesten

Es mag nicht verwundern, aber jetzt haben wir es laut einem Beitrag in der Legal Tribune Online schwarz auf weiß: Ausweitungen des Strafmaßes (in 99 % der Fälle: Schärfungen) werden regelmäßig nicht auf ihre präventive Wirkung überprüft. Dies geht aus einer Antwort aus dem Bundesjustizministerium auf eine Anfrage der Fraktion der Linken im Bundestag hervor.

Die Praxis ist vor dem Hintergrund, dass Strafschärfungen häufig unter anderem damit begründet werden, dass dadurch potenzielle Täter abgeschreckt werden sollen, äußerst bedenklich. Wenn aber die präventive Wirksamkeit von Strafschärfungen alles andere als erwiesen ist, dann sind vornehmlich damit begründete Gesetzesänderungen schlicht und ergreifend illegitim.

In der Antwort des Ministeriums heißt es:

Es ist im Übrigen die Aufgabe des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz, unabhängig von einer Evaluierung fortwährend zu prüfen, ob die bestehenden strafrechtlichen Instrumentarien ausreichen, und gegebenenfalls nachzusteuern.

Dass es vielleicht auch mal darum gehen könnte, bestehende strafrechtliche Verbote zu entschärfen oder das Strafmaß herabzusetzen, wird offenbar überhaupt nicht in Erwägung gezogen. Es geht allein darum, „ob die bestehenden strafrechtlichen Instrumentarien ausreichen“ oder noch weiter gefasst werden müssen. Auch dies zeigt einen bedenklichen Automatismus, der anscheinend nur in Richtung Strafschärfung geht.

Autor: RA Dr. André Bohn

Am Gericht hat es keiner ausgedruckt

Der Bundesgerichtshof hat erneut über die Grundsätze entschieden, die bei der elektronischen Übermittlung von Schriftsätzen gelten.

In dem zugrunde liegenden Fall hatte ein Anwalt für seinen Mandanten fristgerecht Berufung mit entsprechender Begründung über das besondere elektronische Anwaltspostfach (beA) eingelegt. Die Berufungsbegründung wurde aber beim Gericht weder ausgedruckt noch anderweitig weitergeleitet, sodass der Vorsitzende Richter dem Berufungskläger mitteilte, dass die Berufungsbegründungspflicht abgelaufen sei, ohne dass eine Begründung erfolgt wäre. Das Oberlandesgericht verwarf die Berufung daraufhin als unzulässig.

Der Bundesgerichtshof stellt klar, dass es zur Fristwahrung ausreicht, dass das Dokument auf dem für den Empfang bestimmten Server des Gerichts gespeichert wird. Der – vom Gericht – unterlassene Ausdruck ändere daran nichts, weil es sich um einen rein gerichtsinternen Vorgang handele, an dessen Versäumnis keine Verfahrensnachteile für den Berufungskläger geknüpft werden dürften. Immerhin hat der Absender ja überhaupt keinen Einfluss darauf, was mit einem Schriftsatz am Gericht passiert.

Dieser Beschluss macht wieder einmal deutlich, dass es beim besonderen elektronischen Anwaltspostfach noch an vielen Ecken und Enden hakt. Es fängt bei der Software, deren Sicherheit und deren Benutzung an und hört bei den Gerichten, die häufig noch nicht wirklich auf den Empfang von elektronischen Schriftsätzen ausgerichtet sind, auf. Sinnvoll wäre es ja wohl, dass der Posteingang über das beA dem oder der zuständigen Richter*in ohne Systembruch sofort im Posteingang auf dem Bildschirm angezeigt und in der betreffenden elektronischen Fallakte mit einem Zeitstempel abgespeichert wird. Bis dies Standard ist, dürften aber noch einige Jahre ins Land ziehen (Aktenzeichen VI ZB 79/19).

Autor: RA Dr. André Bohn

Nebenkläger darf auch dem Angeklagten helfen

Nebenkläger in einem Strafverfahren wird man normalerweise, wenn man vom mutmaßlichen Täter körperlich verletzt wurde. Normalerweise hat der Nebenkläger also ein Interesse daran, dass der Angeklagte juristisch zur Rechenschaft gezogen wird. Aber es sind auch Konstellationen denkbar, in denen der Nebenkläger eher dem Angeklagten helfen möchte – zum Beispiel nach einer Versöhnung. Ob er dies darf, hat nun der Bundesgerichtshof entschieden.

Nebenkläger in dem Fall waren die Pflegeeltern eines damals 14-Jährigen. Dieser soll versucht haben, die Pflegeeltern im Schlaf zu erstechen. Im Prozess verhielten sich die Pflegeeltern aber anders als vielleicht erwartet. Sie stellten insbesondere Anträge, um die Schuldunfähigkeit ihres Pflegekindes zu belegen. Es ging ihnen also erkennbar um einen Freispruch oder einem mildere Strafe. Das wiederum brachte die Richter am Landgericht Koblenz auf. Sie entzogen den Nebenklägern ihre Rechte.

Das war unzulässig, urteilt der Bundesgerichtshof. In der Strafprozessordnung stehe nirgends, dass Nebenkläger nur sein darf, wer eine Verurteilung des Angeklagten will. Vielmehr sei der Nebenkläger ein eigenständiger Prozessbeteiligter, der insbesondere sein Antragsrecht nach eigenen Vorstellungen und ohne Kontrolle ausüben darf. Das entspreche auch dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers, der mit mehreren Reformschritten den Opfern von Straftaten mehr Rechte geben wollte.

Der Ausschluss der Nebenkläger war in dem Fall demnach unwirksam. Ihnen muss jetzt erst einmal das Urteil zugestellt werden, dann können sie ggf. noch Rechtsmittel gegen die Entscheidung einlegen. Ihr Pflegesohn war zu einer Freiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt worden (Aktenzeichen 3 StR 214/20).

Videoüberwachung in Hannover unrechtmäßig

Die Videoüberwachungskameras der Polizei in Hannover sind zu einem großen Teil rechtswidrig betrieben worden. Das Oberverwaltungsgericht Lüneburg hält eine Videoüberwachung zwar grundsätzlich für zulässig, wenn eine Gefährdungslage ausreichend nachvollziehbar ist. Allerdings bemängeln die Richter, dass die Bürger nicht ausreichend auf die Kameras hingewiesen werden, wie es das Gesetz verlangt.

An vielen Standorten hatte die Polizei lediglich Aufkleber an Masten im Überwachungsbereich angebracht. Diese Aufkleber seien aber, so die Richter, gekrümmt und schlecht lesbar. Hinzu komme, dass an solchen Masten sich auch viele andere Aufkleber finden. Der Hinweis auf die Kameras verliere sich dort für einen normalen Passanten.

Die Polizei wird also (wieder) Hinweisschilder anbringen müssen (Aktenzeichen 11 LC 149/16).

Richterin schmeißt hin

In Hagen ist ein großer Strafprozess geplatzt – nach bisher 13 Verhandlungstagen. Das kommt vor, doch der Grund ist jedenfalls bemerkenswert. Eine Richterin in der Strafkammer schmeißt den Job komplett; sie hat um ihre sofortige Entlassung aus dem Beamtenverhältnis gebeten.

Bei der Juristin handelt es sich um eine Richterin auf Probe, sie steht also eher noch am Anfang ihrer Karriere. „Persönlich Gründe“ sollen zu dem Entschluss geführt haben. Da sich das Verfahren vor dem Schwurgericht gegen Rocker richtet und es unter anderem um versuchten Mord geht, war in der Boulevardpresse auch über mögliche Drohungen gegen die Richterin spekuliert worden. Dafür gibt es aber jedenfalls nach Angaben des Landgerichts Hagen keine Anhaltspunkte, berichtet die Legal Tribune Online.

Unabhängig vom Einzelfall ist jedenfalls interessant, dass Beamte keine Kündigungsfrist einhalten müssen. Sie können also von heute auf morgen aufhören, wenn sie die Entlassung aus dem Dienst verlangen. Da in Hagen kein Ergänzungsrichter für den Prozess beigezogen war, muss die Verhandlung jetzt komplett neu beginnen.

Bäumchen wechsel dich

Es gibt ja so alltägliche Geschichten, da beginnt das Gehirn des Rechtsanwalts automatisch zu rattern. Dazu gehört die nun berichtete Episode, wonach ein Mann und eine Frau während der Autofahrt die Plätze im Wagen getauscht haben sollen, weil sie – wohl zu Recht – eine Polizeikontrolle fürchteten.

Die Geschichte kann man der Pressemitteilung der Polizei entnehmen. Die erste Frage wäre natürlich, wie man bei der Polizei durch Autoscheiben hindurch zwischen Mann und Frau unterscheidet. Die zweite wäre, ob es möglich ist, dass während der Fahrt jemand ein- oder ausgestiegen ist und das Personaltablau sich dadurch etwas offener präsentiert. Was aber zugegebenermaßen auf der Autobahn eher schwierig gewesen wäre und entsprechend unwahrscheinlich sein dürfte.

Na ja, hier lautet das beste Rezept: nur nicht vorzeitig resignieren. Die interessantesten Ansätze finden sich oft im Detail. Da wir diese leider nicht kennen, müssen wir Näheres wohl dem Anwalt bzw. den Anwälten überlassen, die das Ganze später mal aufdröseln dürfen.

Islamischer Gebetsruf in Oer-Erkenschwick bleibt erlaubt

In der Stadt Oer-Erkenschwchwick wird auch weiter der Gebetsruf des Muezzins über einen Lautsprecher mit reglementierter Lautstärke zu hören sein. Und zwar einmal in der Woche, zwischen 12 und 14 Uhr für maximal 15 Minuten. Das Oberverwaltungsgericht Münster wies die Klage eines Ehepaars ab, das 900 Meter von der Moschee entfernt lebt und sich durch den „Gesang in arabischer Sprache mit spezieller Melodie und religiösem Inhalt“ gestört fühlte.

Nach Auffassung der Richter überschreitet die Lautstärke bei dieser Entfernung mit Sicherheit nicht die strengsten Schutzvorschriften, wie sie selbst für reine Wohngebiete gelten. Von daher könnten sich die Kläger nicht auf den Lärmschutz berufen. Ansonsten seien die Auflagen für den Gebetsruf zu Uhrzeit, Dauer und Lautstärke so gestaltet, dass eine unzumutbare Beeinträchtigung nicht vorliege.

Auch die negative Religionsfreiheit vermittele kein Recht, von anderen Glaubensbekenntnissen verschont zu bleiben. Sie bewahre den Einzelnen nur davor, gegen seinen Willen an religiösen Zeremonien teilnehmen zu müssen. Das bloße Hören einer religiösen Aussage einmal pro Woche bei geringer Lautstärke sei damit nicht vergleichbar (Aktenzeichen 8 A 1161/18).

Ohne Abmahnung keine Kündigung

Wenn der Arbeitnehmer an einem Arbeitstag unentschuldigt nicht erscheint, rechtfertigt das noch keine fristlose Kündigung. Das gilt, so das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, auch bei einer (kurzen) Probezeit und wenn das Scheitern des Arbeitsverhältnisses ohnehin absehbar ist.

Eine Rechtsanwaltsfachangestellte hatte am 01.08. ihren ersten Arbeitstag. Am 05. und 06.08. arbeitete sie vereinbarungsgemäß nicht, da ihr Sohn in die Kindertagesstätte kam. Der Arbeitgeber kündigte am 05.08. zum 12.08. Am 07. und 08.08. kam die Klägerin nicht zur Arbeit, was den Arbeitgeber zu einer fristlosen Kündigung bewegte. Als Probezeit war eine Woche vereinbart, wobei das aber unter der gesetzlichen Mindestfrist von zwei Wochen lag. Am 09.08. schickte die Angestellte eine AU-Bescheinigung, aber nur für den 08. und 09.08.

Nach Auffassung des Arbeitgebers handelte es sich im Zeitpunkt der fristlosen Kündigung um ein „gescheitertes“ Arbeitsverhältnis; eine vorherige Abmahnung habe er deshalb nicht aussprechen müssen. Das Landesarbeitsgericht verweist dagegen darauf, dass eine Kündigung immer nur das letzte Mittel ist. Die Richter sehen keine Anhaltspunkte, dass die Klägerin trotz der Kündigungsandrohung weiter unentschuldigt gefehlt hätte. Die Fehlzeit sei auch nicht so schwerwiegend, dass man auf eine Abmahnung verzichten könne. Letztlich falle auch ins Gewicht, dass der Arbeitgeber durch die erste Kündigung auch schon zum Ausdruck gebracht hatte, dass er sie nicht weiterbeschäftigen will (Aktenzeichen 3 Ca 1180/19).

Verdacht gegen 21 Münchner Polizeibeamte

Im München wird gegen 21 (!) Polizeibeamte ermittelt. Ihnen wird Drogen- und Anabolikabesitz vorgeworfen, weiterhin sollen Beamte beschlagnahmtes Kokain aus der Asservatenkammer abgezweigt haben. Außerdem wird einigen Beschuldigten die Verfolgung Unschuldiger vorgeworfen. Sie sollen Widerstandshandlungen erfunden haben.

Das Ganze mündete heute in einer großangelegten Razzia, berichtet die Süddeutsche Zeitung. Außerdem richten sich die Ermittlungen gegen 17 weitere Beschuldigte.

Corona-Pausen

An den Gerichten finden ja wieder fleißig Strafprozesse statt; man könnte auch von Regelbetrieb sprechen. Allerdings scheinen die Probleme jetzt wieder größer zu werden – wie ich jedenfalls selbst gerade erlebe. Gleich in zwei Prozessen haben sich Beteiligte gemeldet, die (möglicherweise) mit dem SARS-CoV-2-Virus infiziert sind. Mit der Folge, dass die Verhandlungen erst mal platzen.

Bis vor kurzem hätte es in so einer Situation noch große Probleme gegeben. Längere Unterbrechungen über drei Wochen hinaus waren nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Die größte Hürde gibt es bei Verfahren, in denen noch nicht länger als 10 Tage verhandelt wurde. Oder in denen gar nicht so viele Verhandlungstage erforderlich sind, wie bei den weitaus meisten Prozessen. Da griffen die bisherigen Verlängerungsmöglichkeiten so gut wie gar nicht.

Allerdings gibt es nun auch für den Strafprozess eine Sonderregelung für den Umgang mit der COVID-19-Pandemie. Diese ist etwas versteckt, und zwar in § 10 EGStPO (Einführungsgesetz zur Strafprozessordnung). Danach kann die Hauptverhandlung wegen COVID-Schutzmaßnahmen für zwei Monate pausieren. Das lässt sich aber noch mit den allgemeinen Unterbrechungsvorschriften der StPO kombinieren (§ 229 StPO). Die Höchstpause beträgt deswegen drei Monate und zehn Tage. Das ist dann schon eine stattliche Zeit, insbesondere wenn der Angeklagte in Untersuchungshaft sitzt.

Mal schauen, wie es in meinen Prozessen weitergeht.

Ex-Anwalt sagt lieber nichts

Wenig überraschend hat der frühere Verteidiger des Angeklagten im Frankfurter Lübcke-Prozess die Aussage verweigert. Sein Ex-Mandat Stephan E. behauptet, der Anwalt habe ihm zu falschen Geständnisse geraten. Angeblich mit der Begründung, ein Angeklagter dürfe lügen.

Das ist gar nicht falsch. Allerdings bedeutet dies nicht, dass der Verteidiger sich an dem Spiel beteiligen darf. Dann steht nämlich Strafvereitelung im Raum, ein Straftatbestand, der auch für den Anwalt gilt. Von daher ist es natürlich folgerichtig, dass der Ex-Verteidiger als Zeuge zu dem Thema lieber erst mal gar nichts sagte, um sich nicht selbst zu belasten. Das Oberlandesgericht Frankfurt hat ihm ein umfassendes Auskunftsverweigerungsrecht zugebilligt, wie man zum Beispiel hier nachlesen kann.

Interessant ist sicher noch, dass der Anwalt sagt, das Mandat sei ihm durch einen Mitarbeiter der Justizvollzugsanstalt angetragen worden, den er leider nicht kenne. Er sei in der Anstalt halt „bekannt“.