Liegen nicht vor

Weil ihre Nebenkostenabrechnungen unter aller Kanone waren, hat eine große Immobilienfirma schon ordentlich was auf die Nase bekommen. Jetzt möchte sie die Abrechnungen „überarbeiten, damit diese nachvollziehbarer werden, … um so akzeptiert werden zu können.“

Das gehe allerdings nur, wenn die Mieter helfen:

… bitten wir um Überlassung der Kopien der Betriebskosten- und der Heizkostenabrechnungen für die Abrechnungszeiträume 2001 bis einschließlich 2004; diese Unterlagen liegen uns leider nicht vor.

Ich habe der Mandantin gesagt, sie soll ausrichten, die Abrechnungen steckten bei uns in der dicken Akte. Das Raussuchen sei keine billige Angelegenheit, bei unseren brutalen Stundensätzen. Aber wenn die Kosten gezahlt werden, gerne.

Und wozu das alles? Neue Abrechnungen kämen ohnehin nach Ablauf der Jahresfrist. Sie wären unwirksam.

Geringe Schuld

Manchmal lohnt es sich, eine Verteidigungsschrift ans Gericht zu senden. Das Verfahren gegen meinen Mandanten wurde jetzt wegen geringer Schuld eingestellt. Die drei Mitangeklagten, die bisher geschwiegen haben, müssen Anfang Januar zur Hauptverhandlung antreten. Meine vier Seiten Text waren also nicht unnütz. Denn so wahnsinnig unterscheiden sich die angeblichen Tatbeiträge nicht.

Witzigerweise fragt ein Mitangeklagter schon an, ob ich ihn künftig verteidigen möchte. Nachdem das Verfahren gegen meinen Mandanten zu Ende ist, wäre das sogar zulässig. Ob mich der bisherige Verteidiger dann noch grüßt, ist allerdings eine andere Frage.

Brötchen

Aktueller Brötchenpreis in Düsseldorf: 27 Cent.

Wäre mir jetzt nicht so aufgefallen, hätte die Frau vor mir nicht fast einen Herzinfarkt gekriegt.

Eigene Zeugen

Die Gegenseite hatte zwei Zeugen benannt. Diese wurden gehört. Und sagten genau das aus, was wir behaupteten. Selbst der Gegenanwalt war der Meinung, dass wir darauf verzichten können, auch noch unsere beiden Zeugen zu vernehmen.

Das hat man auch nicht jeden Tag.

Fröhliche Combo

Gestern richtete ich mich gerade auf einen ereignislosen Feierabend ein, als sich mir die Möglichkeit bot, ein Folkkonzert zu besuchen. Meine Kollegin und ihr Mann hatten Karten geschenkt bekommen; allerdings war der edle Spender selbst erkrankt und gab ihnen sein Ticket gleich mit. So saß ich dann um 20 Uhr in einer Loge der KölnArena, zapfte Kölsch, bestellte einen Classic-Hamburger und harrte der Dinge, die da kommen.

Auf die Bühne trat eine fröhliche Combo. Im Mittelpunkt ein schnieke gescheitelter Herr mit Kinnbärtchen. Sie spielten so, wie man es für ein Rodeo erwartet, tief im Westen der USA. Auf einer Monstertruckshow habe ich so was auch schon gehört. Manchmal klang es auch nach BBQ-Party in New Orleans. Oder einer feuchtfröhlichen Feier in Irland.

Perfekt wäre es allerdings gewesen, wäre die die Hauptperson spätestens nach der Pause im Karohemd aufgetaucht, hätte ihre E-Gitarre rausgeholt und Born in the USA gespielt. Glory Days. Oder Spare Parts.

Aber um seine Hits und den Rock’n’Roll machte der Boss beharrlich einen großen Bogen. Auch wenn es so was von in der Luft lag. Nun ja, sein Wille geschehe. Irgendwann muss er sowieso zur Abschiedstour mit seinen Greatest Hits antreten. Da ginge ich glatt mal hin.

Eine ganze Gruppe

Ein Anwaltskollege berichtet mir von seinen Mühen, einem gemeinsamen Mandanten vor einem süddeutschen Gericht in einer Bußgeldsache (Rotlichtverstoß) zu helfen:

Eine „tatsächliche Verständigung“ mit dem Richter war auch deshalb nicht möglich, da im Zuschauerraum eine ganze Gruppe von z.T. uniformierten Polizisten saß, wohl zu Ausbildungszwecken.

Shit happens.

In Zukunft

„Ich habe aus diesem Vorfall gelernt und werde nie wieder auf das gesprochene Wort vertrauen, in Zukunft zählen nur schriftliche Vereinbarungen.“

Schreibt ein Beklagter. Er hatte sich verpflichtet, einem Makler zwei Monatsmieten Courtage zu zahlen. Schriftlich.

Fortbildung

„Vom 13. bis 22. November 2006 bin ich auf einer Fortbildung auf Gran Canaria, ich bitte deshalb um Verlegung des Verhandlungstermins.“

Ich persönlich glaube dem Kollegen alles. Bis auf ein Wort.

Gabriel will Geld

Bundesumweltminister Sigmar Gabriel verklagt mit Marcel Bartels einen bekennenden SPD-Wähler. Der Umweltminister fühlte sich durch eine Karikatur mit seinem Foto verunglimpft. Diese enthielt den Text: „Ich will auch zu den Nutten, Herr Hartz.“ Allerdings hatte nicht Marcel Bartels selbst das Bild in sein Wiki gestellt, sondern ein Dritter.

Gabriel klagt seine Anwaltskosten vor dem Amtsgericht Hamburg ein. Seine Anwälte werden dem Gericht sicher noch erklären, wieso ein Wiki-Betreiber ohne weiteres für Beiträge Dritter haftet. Und wieso ihr Mandant so empfindlich gestrickt ist, dass sein Persönlichkeitsrecht tatsächlich höher anzusiedeln ist als die Meinungs- und Satirefreiheit. Nach Marcels Darstellung steht davon eher wenig in der Klageschrift.

Marcels Anwälte, die ich aus gemeinsamen Mandaten sehr schätze, werden sicherlich dagegenhalten. Juristisch gebe ich ihnen einen beträchtlichen Punktvorteil. Nicht nur das Oberlandesgericht Düsseldorf hat in jüngster Zeit (mehrfach) die Haftung des Seitenbetreibers in vergleichbaren Fällen ausgeschlossen. Nebenbei gibt es auch noch eine ganze Latte von Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, in denen sinngemäß steht: Wer im öffentlichen Leben steht, muss Satire auch vertragen können, wenn sie nicht besonders geschmackvoll ist. Zumal Herr Gabriel ja nicht unbedingt wird behaupten können, dass er mit dem VW-Konzern in seiner Politikerkarriere bislang rein gar nichts zu tun hatte.

Nach meiner Meinung stehen die Chancen gut, dass Sigmar Gabriel am Ende so belämmert dasteht, wie er auf dem beanstandeten Foto guckt.

Zuletzt zum Thema im law blog.

Abmahnblog

Don Dahlmann hat mit ABMAHNUNG ein neues Gemeinschaftsblog eröffnet:

Die Idee zum Blog ist folgende: Viele Blogs die abgemahnt werden, haben nur wenig Leser und sind kaum vernetzt. Da fällt es schwer, sich Gehör zu verschaffen und auf die erhaltene Abmahnung aufmerksam machen zu können. Und wie schon erwähnt: manche Abmahnungen stehen auf derartig dünnen rechtlichen Boden, dass man sie eigentlich hätte gar nicht versenden dürfen. Aber woher soll man das wissen? …

Und am Schluss soll das Blog auch noch etwas machen: es soll die Angst ein wenig lindern. Mittlerweile kennt man irgendeinen Blogger, der schon mal abgemahnt wurde und dessen Geschichten über Kostenfestsetzungen und horrende Anwaltsrechnungen. Beim Schreiben ist Angst ein schlechter Ratgeber. Mancher verfasst seine Einträge nur noch so, in dem man alle rechtliche Risiken schon im Vorfeld zu minimieren sucht. Könnte man auch „vorauseilender Gehorsam“ nennen. Und wer weiß schon, wann er und weswegen er abgemahnt werden kann? Aber in dem Fall besteht die Gefahr, dass die Angst vor einer Abmahnung dazu führt, dass bestimmte Dinge nicht mehr geschrieben werden. Dann wird das Instrument der Abmahnung zu einer Zensurmassnahme.